Normen
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
VwRallg;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, schuldig gesprochen, sie habe es trotz der mit Bescheid vom 28. April 1997 gegen sie verfügten Ausweisung unterlassen, spätestens ab dem 17. Februar 1998 aus dem Bundesgebiet auszureisen, zumal sie sich bis zum 3. Juli 2001 weiterhin im Bundesgebiet aufgehalten habe. Wegen Übertretung des § 107 Abs. 1 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, wurde über die Beschwerdeführerin gemäß § 107 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe von EUR 363,36 sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.
Begründend stellte die belangte Behörde nach durchgeführter Berufungsverhandlung als erwiesen fest, dass eine gegen die genannte Ausweisung der Beschwerdeführerin erhobene Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17. Dezember 1997, Zl. 97/21/0394, als unbegründet abgewiesen worden sei. Dennoch habe sich die Beschwerdeführerin weiterhin, so auch im genannten Zeitraum vom 17. Februar 1998 bis zum 3. Juli 2001, unstrittig im Bundesgebiet aufgehalten. Schon deshalb habe sie den Tatbestand der ihr zur Last gelegten Übertretung in objektiver Hinsicht erfüllt. Aus dem von der Beschwerdeführerin eingewendeten Umstand, dass ihr Ehegatte als "assoziationsintegriert" anzusehen sei, könne ein Strafausschließungsgrund nicht abgeleitet werden, zumal die Beschwerdeführerin unabhängig von der Rechtsstellung ihres Ehegatten zur Ausreise verpflichtet gewesen sei. Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet sei bislang nicht legalisiert worden, "und es haben sich auch nicht die Beurteilungsgrundlagen nach § 37 Abs. 1 FrG maßgeblich zu ihren Gunsten verschoben". Entgegen dem Berufungsvorbringen sei somit nicht von der Unwirksamkeit der Ausweisung der Beschwerdeführerin auszugehen. Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin keine Umstände vorgebracht, aus denen abgeleitet werden könnte, dass ihr die unverzügliche Ausreise aus dem Bundesgebiet unmöglich oder erschwert gewesen wäre. Danach begründete die belangte Behörde die Höhe der verhängten Strafe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die Beschwerdeführerin bringt gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides u.a. vor, dass sich ihre persönlichen Verhältnisse seit der genannten Ausweisung grundlegend geändert hätten. So sei ihr, allerdings ohne Aufhebung der Ausweisung, "inzwischen" eine Aufenthaltsbewilligung erteilt worden und sie habe drei eheliche Kinder in Österreich zur Welt gebracht. Vor diesem Hintergrund sei der Beschwerdeführerin die Ausreise aus dem Bundesgebiet nicht mehr zumutbar und der angefochtene Bescheid rechtswidrig, weil die vor Jahren verhängte Ausweisung "obsolet" geworden sei.
Richtig ist, dass Ausweisungen nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wirkungslos werden können. Das wurde vor allem für Fälle einer nachträglichen Legalisierung des inländischen Aufenthalts eines Fremden - wenn diesem also nach Erlassung des Ausweisungsbescheides (wieder) ein Recht zum Aufenthalt zukommt - ausgesprochen. Aber auch dann, wenn sich die Beurteilungsgrundlagen nach § 37 Abs. 1 FrG maßgeblich zu Gunsten des Fremden verschieben, wird man davon ausgehen müssen, dass die Ausweisung ihre Wirksamkeit verliert (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2002, Zl. 2000/21/0195, und die dort wiedergegebene Rechtsprechung).
Was den in der Beschwerde erstmals geltend gemachten Umstand, es sei der Beschwerdeführerin "inzwischen" eine Aufenthaltsbewilligung erteilt worden, betrifft, so steht diesem Einwand das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG) entgegen.
Die Beschwerdeführerin hat allerdings schon in der Berufung unter Hinweis auf den "obsoleten Ausweisungsbescheid" eingewendet, dass sie in Österreich drei eheliche Kinder zur Welt gebracht habe. Dazu hat sie in der Berufungsverhandlung ausgeführt, dass ihr jüngstes Kind am 7. November 2000 - sohin nach der gegen die Beschwerdeführerin verfügten Ausweisung - geboren worden sei. Zudem findet sich im Berufungsakt der belangten Behörde ein handschriftlicher Aktenvermerk, demzufolge dem Ehegatten der Beschwerdeführerin laut Auskunft der "Staatsbürgerschafts-Abteilung" bereits die Zusicherungsbescheinigung erteilt worden sei. Das betreffe nach dem Aktenvermerk auch die Beschwerdeführerin, der "gegebenenfalls die Staatsbürgerschaft durch Erstreckung" verliehen werde.
Indem sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid mit den genannten Veränderungen im Privat- und Familienleben in Bezug auf eine maßgebliche Veränderung der Beurteilungsgrundlagen nach § 37 Abs. 1 FrG seit der Ausweisung der Beschwerdeführerin nicht auseinandergesetzt hat, hat sie Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Verfahrensergebnis hätte gelangen können.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 19. November 2003
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