Normen
FrG 1993 §82 Abs1 Z1;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
VStG §44a litb;
VStG §44a Z2 impl;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwGG §42 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1 impl;
VwRallg;
FrG 1993 §82 Abs1 Z1;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
VStG §44a litb;
VStG §44a Z2 impl;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwGG §42 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1 impl;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 25. Juli 1996, erlassen am 2. September 1996, wurde die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Die gegen diesen Ausweisungsbescheid erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 16. April 1997, Zl. 96/21/0758, als unbegründet ab. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 12. Mai 1999 wurde die Beschwerdeführerin in der Folge - ua. - für schuldig erkannt, sie sei "trotz der am 25.07.1996 von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg mit Bescheid verfügten Ausweisung (zugestellt am 02.09.1996) nicht spätestens ab dem 13.06.1997 ausgereist und" habe "sich bis zum 04.11.1998 weiterhin im Bundesgebiet aufgehalten"; sie habe dadurch die Verwaltungsvorschrift des § 107 Abs. 1 Z 1 "Fremdengesetz" (gemeint: Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75) übertreten und werde deshalb gemäß § 107 Abs. 1 leg. cit. zu einer Geldstrafe in Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verurteilt (Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses). Der gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz erhobenen Berufung, soweit sie den eben erwähnten Spruchpunkt betraf, gab der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 28. April 2000 nur insoweit Folge, als die verhängte Strafe auf S 2.000,-- (48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) herabgesetzt wurde. Bei ihrer Entscheidung ging die belangte Behörde davon aus, dass die Beschwerdeführerin entgegen ihrer Verpflichtung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet nicht ausgereist sei und sich auch im Zeitraum vom 13. Juni 1997 bis 4. November 1998 im Bundesgebiet aufgehalten habe.
Über die gegen den letztgenannten Bescheid erhobene Beschwerde - die Berufungsentscheidung zu Spruchpunkt 2. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist nicht streitgegenständlich - hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
1. Die Beschwerde macht primär geltend, dass die der gegenständlichen Bestrafung zu Grunde liegende Ausweisung durch Änderung der maßgeblichen Sach- und Rechtslage "längst obsolet" geworden sei; sie beruft sich in diesem Zusammenhang insbesondere auf Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des nach dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei eingerichteten Assoziationsrates vom 19. September 1980 (ARB Nr. 1/80) und führt weiter ins Treffen, dass der Ausweisungsbescheid "langjährig" nicht vollstreckt worden sei.
Richtig ist, dass Ausweisungen nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wirkungslos werden können. Das wurde vor allem für Fälle einer nachträglichen Legalisierung des inländischen Aufenthalts eines Fremden - wenn diesem also nach Erlassung des Ausweisungsbescheides (wieder) ein Recht zum Aufenthalt zukommt - ausgesprochen (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 25. Jänner 1999, Zl. 96/21/0980, oder vom 27. Jänner 2000, Zl. 98/21/0221, je mwN.). Aber auch dann, wenn sich die Beurteilungsgrundlagen nach § 37 Abs. 1 FrG maßgeblich zugunsten des Fremden verschieben, wird man davon ausgehen müssen, dass die Ausweisung ihre Wirksamkeit verliert. Im vorliegenden Fall jedoch ist weder eine Legalisierung des inländischen Aufenthalts der Beschwerdeführerin eingetreten (dass der Beschwerdeführerin nicht die Rechtsstellung nach Art. 7 ARB Nr. 1/80 zukommt, wurde schon in dem eingangs erwähnten, ihre Ausweisung betreffenden hg. Erkenntnis vom 16. April 1997 dargelegt; daran hat sich nichts geändert), noch kann der bloße weitere Verbleib der Beschwerdeführerin im Inland über den für die Beurteilung der seinerzeitigen Ausweisung maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Erlassung (2. September 1996) hinaus bis zum Endpunkt des hier in Frage stehenden Tatzeitraumes (4. November 1998) als ihre Privatinteressen derart verstärkend angesehen werden, dass von einer wesentlichen Änderung der Kriterien des § 37 FrG auszugehen wäre. Im Ergebnis ist daher nicht ersichtlich, was bis 4. November 1998 zur Unwirksamkeit der der gegenständlichen Bestrafung zu Grunde liegenden Ausweisung geführt haben könnte. Wenn die Beschwerde davon spricht, dass die Ausweisung über vier Jahre hinweg nicht vollstreckt worden sei, so ist ihr zu entgegnen, dass die belangte Behörde ungeachtet des Zeitpunktes ihrer Entscheidung eben lediglich die Nichtbefolgung des der Ausweisung immanenten Ausreisebefehls bis 4. November 1998, somit bezüglich eines Zeitraums von nur knapp mehr als zwei Jahren nach Erlassung der Ausweisung, zu beurteilen hatte.
2. Die Beschwerde ist indes aus einem anderen Grund erfolgreich.
Gemäß § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, ua. (Z 2) die Verwaltungsvorschrift zu enthalten, die durch die Tat verletzt worden ist. Ein Strafbescheid ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet, wenn im Spruch ein Sachverhalt einem Straftatbestand unterstellt wird, der durch die Tat nicht verletzt wurde (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, (2000) zu § 44a VStG unter E 412. f. zitierte hg. Judikatur).
Im vorliegenden Fall legte die belangte Behörde (durch Bestätigung des Spruchpunktes 1. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses in der Schuldfrage) der Beschwerdeführerin im Rahmen der Sachverhaltsumschreibung zur Last, dass sie nicht spätestens ab dem 13. Juni 1997 ausgereist sei (und dass sie sich bis zum 4. November 1998 weiterhin im Bundesgebiet aufgehalten habe). Als maßgebliche Verwaltungsvorschrift iS des § 44a Z 2 VStG führte sie die Norm des § 107 Abs. 1 Z 1 FrG an. Diese Vorschrift ist freilich erst am 1. Jänner 1998 in Kraft getreten (§ 111 Abs. 1 dritter Satz FrG), weshalb sie für den im Jahr 1997 gelegenen Tatzeitraum nicht rechtens herangezogen werden konnte. Vielmehr hätte die Unterlassung der gebotenen Ausreise bis 31. Dezember 1997 der Bestimmung des § 82 Abs. 1 Z 1 des Fremdengesetzes aus 1992 unterstellt werden müssen. Indem sich die belangte Behörde dem gegenüber im Spruch des angefochtenen Bescheides auf die Nennung des § 107 Abs. 1 Z 1 FrG beschränkte, hat sie der Beschwerdeführerin die Verletzung einer Rechtsvorschrift angelastet, die nicht bezüglich des gesamten inkriminierten Tatzeitraumes in Kraft gestanden ist. Das belastet den angefochtenen Bescheid nach dem Vorgesagten mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1999, Zl. 95/21/0433; siehe auch das hg. Erkenntnis vom 16. September 1999, Zl. 98/20/0454), weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 24. Jänner 2002
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