VwGH 2002/16/0214

VwGH2002/16/021420.2.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der A, vertreten durch Dr. Klaus Reisch und Dr. Anke Reisch, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Franz-Reisch-Straße 11a/Alfons-Petzold-Weg 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 23. Juli 2002, Zl. RV 1424/1-T6/02 , betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

GrEStG 1955 §1 Abs2;
GrEStG 1955 §1 Abs4;
GrEStG 1987 §1 Abs2;
GrEStG 1987 §1 Abs4;
GrEStG 1955 §1 Abs2;
GrEStG 1955 §1 Abs4;
GrEStG 1987 §1 Abs2;
GrEStG 1987 §1 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die in Deutschland wohnhafte Beschwerdeführerin schloss als Käuferin mit der W Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Linz als Verkäuferin folgenden Kaufvertrag vom 29. Dezember 1999/1. Februar 2000 ab:

"§ 1

Grundbuchsstand

Die W Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist unter anderem Eigentümerin von 540/4870 ideellen Anteilen an der Liegenschaft in ... verbunden mit dem Wohnungseigentum an W 1.

...

§ 2

Kauf

Mit diesem Vertrag verkauft und übereignet die W Gesellschaft mit beschränkter Haftung (im folgenden kurz Verkäuferin genannt) die angeführten ideellen Miteigentumsanteile von 540/4870 an der Liegenschaft in ..., verbunden mit dem Wohnungseigentum an W 1 an (die Beschwerdeführerin) (im folgenden kurz Käuferin genannt), und diese kauft und übernimmt diese Anteile in ihr künftiges Eigentum.

§ 3

Kaufpreis

Der Kaufpreis beträgt S 854.504,-- ... und ist bereits

entrichtet.

§ 4

Übergabe

Die Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstandes, wie ihn die Verkäuferin besessen und benützt hat oder zu besitzen und zu benützen berechtigt war, ist bereits erfolgt. Gleichzeitig sind auch schon Wag und Gefahr, Besitz und Genuss, von der Verkäuferin an die Käuferin übergegangen."

Mit der am 10. Februar 2000 eingereichten Abgabenerklärung beantragte die Beschwerdeführerin die Grunderwerbsteuerbefreiung mit dem Hinweis: "Die Grunderwerbsteuer wurde bereits wegen des eigentumsgleichen Erwerbes im Jahre 1973 vorgeschrieben u. bezahlt".

Mit Schreiben vom 7. März 2000 brachte die Beschwerdeführerin vor, ein Beleg über die bezahlte Grunderwerbsteuer sei nicht vorhanden. Es lasse sich nur anhand der Zahl "Anzeigeposten Nummer 539/73" des näher bezeichneten Finanzamtes die Anzeige eruieren und damit ergebe sich wohl zwingend, dass die Grunderwerbsteuer seinerzeit auch bezahlt worden sei.

Unter der genannten Nummer wurde beim Finanzamt ein Mietvertrag angezeigt, der zwischen dem in der Zwischenzeit verstorbenen Ehegatten der Beschwerdeführerin und der Verkäuferin am 21. Dezember 1973 abgeschlossen worden ist. Dieser Mietvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

I.

Die W Gesellschaft mit beschränkter Haftung (im folgenden kurz Vermieterin genannt) ist grundbücherliche Eigentümerin der 720/4.870 Anteile der Liegenschaft in..., mit welchen Teilen untrennbar das Wohnungseigentum an der Wohnung Nr. 1 verbunden ist.

II.

Die Vermieterin vermietet und übergibt dem Mieter und dieser übernimmt im Mietwege von der Ersteren die eingangs näher beschriebene Wohnung Nr. 1 um die Berichtigung der Gesamtherstellungskosten und ... jährlichen Mietzins von S 12.--.

...

Der Mietzins für die gesamte Bestanddauer ist bereits entrichtet.

III.

Das Mietverhältnis hat bereits begonnen und wird bis zum 31.12.2072 abgeschlossen.

Die Aufkündigung seitens der Vermieterin ist nur dann möglich, falls der Mieter seinen Zahlungs- und Leistungsverpflichtungen aus diesem Vertrage trotz dreimaliger Aufforderung binnen zwei Monaten nach der letzten Aufforderung nicht voll nachkommt, oder einen im § 10 des Wohnungseigentumsgesetzes angeführten Ausschließungsgrund setzt.

Der Mieter kann jederzeit unter Einhaltung der vereinbarten Aufkündigungsfrist aufkündigen, jedoch mit der Einschränkung, dass er solange aus diesem Vertrag verpflichtet bleibt, als er nicht eine Person namhaft macht, die in die Verpflichtungen dieses Vertrages vorbehaltlos eintritt und zur Kenntnisnahme diesen oder einen inhaltlich gleichen Vertrag unterfertigt hat.

...

VII.

Der Mieter ist berechtigt, jederzeit das Mietobjekt zur Gänze oder teilweise Dritten zu überlassen. Will er aber aus diesem Vertrag als Verpflichteter und Schuldner ausscheiden, so ist dies nur unter den im Punkt III. dieses Vertrages angeführten Bedingungen möglich.

...

IX.

Die Vermieterin verzichtet darauf, die Bestimmung des § 1116a ABGB anzuwenden."

Mit Bescheid vom 30. März 2000 schrieb das Finanzamt Innsbruck ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 854.504-- Grunderwerbsteuer von S 29.908,-- (EUR 2.173,50) vor.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, der Kaufvertrag vom 30. März 2000 sei nur die grundverkehrsrechtliche Sanierung eines bereits seinerzeitig erfolgten Erwerbes. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin habe seinerzeit die Wohnung erworben und trotz der fehlenden grundverkehrsrechtlichen Genehmigung die wirtschaftlichen Folgen belassen. Der entsprechende Vertrag sei seinerzeit unter Anzeigenregister Post 539/73 dem Finanzamt angezeigt und versteuert worden. Eine Vorschreibung sei auf Grund der eingetretenen Verjährung jetzt nicht mehr möglich. Die Beschwerdeführerin habe ordnungsgemäß den Erwerb erbschaftsteuerrechtlich erfasst und bezahlt. Glücklicherweise habe sie diese nahezu 22 Jahre zurückliegenden Unterlagen noch zur Verfügung. Diese seien der Berufung beigelegt.

Der Berufung war in Ablichtung ein Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom 19. Dezember 1978 beigelegt, mit dem der Beschwerdeführerin für die Forderung an Bestandzins die Erbschaftsteuer von S 4.394,-- vorgeschrieben wurde. Weiters vorgelegt wurde in Ablichtung der Erlagschein, mit dem dieser Betrag einbezahlt wurde.

Nach Erhebung einer Säumnisbeschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über die Berufung, nach Erlassung einer Berufungsvorentscheidung und nach erhobenem Vorlageantrag wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Grunderwerbsteuer wurde ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 62.099,23 (= 854.504,--) mit EUR 2.173,47 (= 29.908,--) festgesetzt. Dies mit der Begründung, ein Steuertatbestand nach § 1 Abs. 2 GrEStG sei dann verwirklicht, wenn eine Verwertungsbefugnis eingeräumt werde. Zweck des § 1 Abs. 2 GrEStG sei die Erfassung von Grundstücksumsätzen, die in Bezug auf die Herrschaft über ein Grundstück den in Abs. 1 erfassten Umsätzen so nahe kämen, dass sie wie diese ermöglichten, sich den Wert der Grundstücke auf eigene Rechnung nutzbar zu machen. Die eigentumsähnliche Verfügungsgewalt bestehe aus einer nahezu unbeschränkten Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeit, durch die der wirtschaftliche Eigentümer in die Lage versetzt werde, das Grundstück um einen unabhängig vom Willen des Eigentümers ermittelten Preis zu veräußern. Eine Verwertung auf eigene Rechnung sei dann rechtserheblich, wenn dem Erwerber in Bezug auf das Grundstück Einwirkungsmöglichkeiten eingeräumt würden, die über jene eines bloßen Besitz- oder Nutzungsberechtigten hinausgingen, etwa durch Verfügung über die Substanz des Grundstückes. Mieter und Pächter seien in der Regel nicht wirtschaftliche Eigentümer der Bestandsache. Dies wäre nur dann zu bejahen, wenn der Bestandnehmer berechtigt wäre, den Bestandgegenstand bis zur Substanzerschöpfung zu nutzen. Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei daher die Nutzung eines Grundstückes im Weg der Einräumung eines bloßen Bestandrechtes für die Grunderwerbsteuer unerheblich. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Mai 1968, Zl. 1546/67, reiche der Umstand, dass die Vermieter (Verpächter) auf eine Kündigung des Bestandsverhältnisses vor Ablauf von 50 Jahren verzichtet hätten, nicht aus, um darin die Übertragung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht zu erblicken. Bei der Anwendung des § 1 Abs. 2 GrEStG komme es auf die Umstände im Einzelfall an und es könne Fälle geben, in denen eine langfristige Vermietung im Zusammenhang mit den übrigen Vertragsabreden als Einräumung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht gewertet werden könne. Das Recht zur Weitervermietung bzw. Abtretung des Mietrechtes stelle zwar eine Ausweitung der Nutzungsmöglichkeit dar, wobei aber dieses Recht auch sonst in Mietverträgen vereinbart werde, sodass hieraus die Annahme einer nahezu unbeschränkten Nutzung nicht gerechtfertigt sei. Die Entrichtung der Mietzinse im Vorhinein und der Übergang der Bestandverhältnisse auf Erben und Rechtsnachfolger könnten ebenfalls an dem Gesamtbild, dass nämlich eine Verwertung des Grundstückes auf eigene Rechnung gleich einem Eigentümer nicht eingeräumt werde, nichts ändern. Im Beschwerdefall seien im Mietvertrag vom 21. Dezember 1973 zwar ebenfalls die Entrichtung der Mietzinse im Vorhinein sowie der Übergang des Bestandverhältnisses auf Erben und Rechtsnachfolger vereinbart worden. Es sei aber von keiner Seite etwa ein Kündigungsverzicht ausgesprochen worden. Weiter reichende Vereinbarungen über eine nahezu unbeschränkte Verwertungsbefugnis seitens der Mieterin seien nicht getroffen worden. In Anbetracht dessen sei daher der Mietvertrag vom 21. Dezember 1973 entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin nach dem Gesamtbild seines Inhaltes nicht als Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums an der Liegenschaft bzw. als eigentumsähnlicher oder eigentumsgleicher Erwerb zu qualifizieren und diesbezüglich Grunderwerbsteuer vorzuschreiben. Darüber hinaus sei nach den damals in Geltung stehenden Vorschriften des Tiroler Grundverkehrsgesetzes die vereinbarte Verbücherung des mit der Beschwerdeführerin als ausländischer Staatsbürgerin abgeschlossenen Bestandvertrages wohl nur deshalb möglich gewesen, weil das Rechtsgeschäft solches, nämlich als bloße Einräumung eines Nutzungsrechtes und nicht etwa als diesfalls genehmigungspflichtiger Erwerb wirtschaftlichen Eigentums bzw. als eigentumsgleicher Erwerb angesehen worden sei, wozu eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung auf Grund der Ausländereigenschaft nicht erteilt worden wäre. Im Beschwerdefall sei durch die Vorlage des Mietvertrages samt Eingangsstampiglie erwiesen, dass dieser Vertrag ordnungsgemäß am 28. Dezember 1973 bei der Abgabenbehörde zur Anzeige gelangt sei. Dem gegenüber könne aber weder die behauptete Vorschreibung von Grunderwerbsteuer noch auch die tatsächliche Entrichtung der Steuerschuld auf Grund der Umstände, dass einerseits nach einem Zeitraum von rund 27 Jahren der diesbezügliche Zahlungsbeleg bei der Beschwerdeführerin nicht mehr vorhanden sei und andererseits der Abgabenakt infolge der vorzunehmenden Skartierung zwischenzeitlich vernichtet worden sei, sowie auch sonst keinerlei zweckdienliche Unterlagen mehr vorhanden seien, eindeutig nachgewiesen werden. Der vorgelegte Erbschaftssteuerbescheid aus dem Jahre 1978 sei insofern in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, als er an Stelle des Liegenschaftserwerbes lediglich eine aus dem Bestandverhältnis an der Liegenschaft erfließende Mietzinsforderung betreffe; zudem sei - entgegen dem Berufungsvorbringen - anhand des beigebrachten Erlagscheines mangels bankmäßiger Überweisungsstampiglie auch kein Nachweis über die tatsächliche Entrichtung der Erbschaftsteuer erbracht worden.

Unter Bedachtnahme darauf, dass der Mietvertrag vom 21. Dezember 1973 mangels Vereinbarung von weit gehenden Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten der Beschwerdeführerin als bloßes Nutzungsrecht und nicht als Einräumung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG zu qualifizieren gewesen sei und auch nur als bloßes Bestandrecht ohne grundverkehrsbehördliche Genehmigung habe verbüchert werden können, gelange die belangte Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung zum Ergebnis, dass in diesem Fall die Vorschreibung einer Rechtsgebühr als weit wahrscheinlicher anzunehmen sei, als die behauptete Vorschreibung der Grunderwerbsteuer geschweige denn deren tatsächliche Entrichtung. Sollte der Mietvertrag dennoch in Verkennung der Rechtslage als eigentumsgleicher Erwerb gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG erachtet und sohin in rechtswidriger Weise im Jahre 1974 Grunderwerbsteuer zur Vorschreibung gelangt sein, dann könne infolge langjähriger Erfahrungswerte der Abgabenbehörde davon ausgegangen werden, dass genau aus diesem Grund der allfällige Grunderwerbsteuerbescheid mittels erhobener Berufung erfolgreich bekämpft worden und anschließend die zutreffende Rechtsgebühr zur Vorschreibung gelangt sei. In diesem Zusammenhang gelte auch zu bedenken, dass die betreffenden Rechtsvorgänge (z.B. 99-jährige Mietverträge oder auch Treuhandgeschäfte mit ausländischen Staatsbürgern zwecks Umgehung des TirGVG) gerade in der Absicht geschlossen worden seien, im Hinblick bzw. in der Hoffnung auf eine eintretende Novellierung des GVG in der Zukunft grundbücherliches Eigentum zu erwerben. Gerade bei einem solchen Rechtsvorgang, bei dem meist mehrere Verträge abzuschließen seien und bei dem angesichts der Bestimmung nach § 1 Abs. 4 GrEStG dem Nachweis der schon einmal vorgenommenen Besteuerung für den späteren Rechtserwerb höchste Bedeutung zukomme, erscheine es daher der belangten Behörde nicht nachvollziehbar, dass - wenn auch ein langer Zeitraum verstrichen sei - bei der Beschwerdeführerin Unterlagen über die behauptete GrEStG-Vorschreibung und der dazugehörige Einzahlungsbeleg über die tatsächliche Entrichtung der Steuer nicht mehr vorhanden sein sollen, also gerade jene Unterlagen, denen im Hinblick auf eine Beurteilung nach § 1 Abs. 4 GrEStG die meiste Relevanz zukomme. Wenn tatsächlich für einen formellen Mietvertrag vom Finanzamt Grunderwerbsteuer festgesetzt und in der Folge von der Beschwerdeführerin bezahlt worden wäre, dann dürfe wohl unter Beachtung der Bestimmung des § 1 Abs. 4 GrEStG unbedenklich angenommen werden, dass diesfalls die Beschwerdeführerin die diesbezüglichen Unterlagen auch über einen sehr langen Zeitraum aufbewahrt hätte. Dies, um in der Folge in der Lage zu sein nachzuweisen, dass für den späteren Erwerbsvorgang bereits beim vorangegangenen Rechtsvorgang Grunderwerbsteuer festgesetzt und bezahlt worden sei. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin augenscheinlich nicht in der Lage sei, zweckdienliche Unterlagen über die Vorschreibung und Bezahlung der Grunderwerbsteuer bezüglich des Mietvertrages vorzulegen, lasse in freier Beweiswürdigung wohl nur die Schlussfolgerung zu, dass an Sachverhalt unbedenklich davon auszugehen sei, dass hinsichtlich des angezeigten Mietvertrages eben nicht eine Grunderwerbsteuer rechtskräftig festgesetzt und in der Folge bezahlt worden sei. Der Einwand, die Beschwerdeführerin habe verständlicherweise nach diesen vielen Jahren keine Unterlagen mehr, lasse hingegen vollkommen unberücksichtigt, dass diesen Unterlagen bis zum Abschluss jenes Rechtsvorganges, mit dem sie zivilrechtliches Eigentum am Grundstück erlangen sollte, besondere Bedeutung zugekommen sei und damit die Beschwerdeführerin bei dieser Sachlage wohl zweifelsfrei solche Dokumente, wenn sie überhaupt vorhanden gewesen wären, als Nachweise jedenfalls bis dorthin aufbewahrt hätte. Da der Rechtsvorgang (Kaufvertrag vom 1. Februar 2000) unbestrittenermaßen als Erwerbvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliege, sei die in Frage stehende Vorschreibung unter Beachtung des § 1 Abs. 4 erster Satz GrEStG jedenfalls rechtens. Die Erhebung insoweit im Sinne des § 1 Abs. 4 GrEStG komme hingegen nicht zum Tragen, sei doch nicht davon auszugehen, dass für den vorausgegangenen Rechtsvorgang (Mietvertrag ) überhaupt gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG Grunderwerbsteuer festgesetzt worden sei. Verwirkliche aber der Kaufvertrag vom 1. Februar 2000 den grunderwerbsteuerpflichtigen Tatbestand, dann gingen unter Beachtung der Bestimmungen der §§ 207 und 208 BAO auch die Einwendungen bezüglich Verjährung im Hinblick auf die mit Bescheid vom 28. September 2000 erfolgte Abgabenfestsetzung ins Leere.

Jeder abgabenrechtliche Tatbestand sei selbständig und für sich zu beurteilen. Sogar ein und derselbe Rechtsvorgang könne grundsätzlich mehreren Abgabenbelastungen unterliegen, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes normiert sei. Die Stempel- und Rechtsgebühren im Sinne des Gebührengesetzes seien von der Grunderwerbsteuer zu unterscheidende Abgaben. Eine durch § 15 Abs. 3 GebG zu vermeidende Doppelbesteuerung mit Grunderwerbsteuer und Rechtsgebühr setze aber die Identität des Rechtsvorganges voraus. Wenn daher nach dem Obgesagten davon auszugehen sei, dass zum Mietvertrag 1973 eine Bestandvertragsgebühr vorgeschrieben worden sei, so sei dieser Rechtsvorgang vom nunmehr in Streit gezogenen Kaufvertrag vom 1. Februar 2000 gänzlich zu unterscheiden und es handle es sich um zwei abgabenrechtlich selbständig zu betrachtende und nicht idente Tatbestände, die jeweils verschiedenen Abgabenbelastungen unterlägen. Anlässlich des gegenständlichen Kaufvertrages vom 1. Februar 2000 sei sohin die Grunderwerbsteuerschuld erstmalig entstanden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung der Grunderwerbsteuer verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde vertritt im angefochtenen Bescheid die Ansicht, der Mietvertrag vom 21. Dezember 1973 habe keinen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2 GrEStG 1955 verwirklicht.

Anerkannter Zweck des § 1 Abs. 2 GrEStG 1955 und 1987 war und ist es, jene Grundstücksumsätze zu erfassen, die den Tatbeständen des § 1 Abs. 1 GrEStG so nahe kommen, dass sie es wie diese ermöglichen, sich den Wert der Grundstücke für eigene Rechnung nutzbar zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. November 1991, Zl. 88/16/0166). Dazu ist es nicht erforderlich, dass alle wesentlichen, sich aus dem Eigentumsrecht ergebenden Befugnisse eingeräumt werden; es genügt vielmehr, dass der in Rede stehende Rechtsvorgang das eine oder andere wesentliche Recht des Eigentümers überträgt (hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1972, Zlen. 1157, 1179/70). Insbesondere wurde das Vorliegen der Möglichkeit der Verwertung eines Grundstückes auf eigene Rechnung auch dann bejaht, wenn unabhängig von der Frage eines zu erzielenden Mehrerlöses die eingeräumte Position der Verfolgung anderer wirtschaftlicher Ziele diente (hg. Erkenntnis vom 27. November 1969, Zl. 994/68).

Eines dieser wesentlichen Rechte des Eigentümers ist jedenfalls die Entscheidung darüber, an wen der Verkauf des Objektes erfolgt (hg. Erkenntnis vom 25. November 1999, Zl. 99/16/0043).

Die belangte Behörde begründete ihre Ansicht damit, dass "von keiner Seite etwa ein Kündigungsverzicht ausgesprochen" und "weiterreichende Vereinbarungen über eine nahezu unbeschränkte Verwertungsbefugnis seitens der Mieterin nicht getroffen" worden seien.

Diese Feststellungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides übersehen allerdings den Kündigungsverzicht der Vermieterin in Punkt IX. des Mietvertrages, wo es heißt: "Die Vermieterin verzichtet darauf, die Bestimmung des § 1116a ABGB anzuwenden". Überdies sind in Punkt III. des Mietvertrages sehr einschränkende Vereinbarungen über die Kündigung enthalten und die "Miete" wurde auf die Dauer von 99 Jahren vereinbart.

Bei einer Gesamtbetrachtung dieses "Mietvertrages" ergibt sich aus den im Vertrag enthaltenen Vereinbarungen eine eigentumsähnliche Verfügungsgewalt mit einer nahezu unbeschränkten Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeit, die bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen den Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2 GrEStG verwirklichte. Die Ansicht der belangten Behörde, eine Besteuerung, nämlich die Vorschreibung und Entrichtung der Grunderwerbsteuer, sei dennoch nicht erfolgt, erweist sich im Ergebnis als nicht rechtswidrig.

Im angefochtenen Bescheid (die vorgenommene Beweiswürdigung wurde bereits wiedergegeben) legte die belangte Behörde dar, aus welchen Gründen sie es als erwiesen annehmen durfte, dass damals keine Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz stattgefunden habe, sondern auf Grund der Anzeige des Mietvertrages beim Finanzamt eine Rechtsgebühr nach § 33 TP 5 GebG vorgeschrieben worden sei.

Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Parteien hat sich die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung nicht bloß darauf gestützt, dass Unterlagen über eine Besteuerung nicht auffindbar gewesen seien.

In der Frage der Beweiswürdigung ist die Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in der Richtung eingeschränkt, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die hierbei angestellten Erwägungen schlüssig sind, weshalb es dem Gerichtshof verwehrt ist, die vorgenommene Beweiswürdigung darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Die im angefochtenen Bescheid dargelegte Beweiswürdigung ist nachvollziehbar und insbesondere unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung schlüssig. Danach konnte die belangte Behörde mit Recht davon ausgehen, dass der Rechtsvorgang im Jahre 1973 nicht nach dem Grunderwerbsteuergesetz besteuert wurde.

Gemäß § 1 Abs. 4 zweiter und dritter Satz GrEStG unterliegt ein im § 1 Abs. 2 GrEStG bezeichneter Rechtsvorgang der Steuer auch dann, wenn ihm einer der im § 1 Abs. 1 GrEStG bezeichneten Rechtsvorgänge vorausgegangen ist. Die Steuer wird jedoch nur insoweit erhoben, als beim späteren Rechtsvorgang eine Gegenleistung vereinbart wird, deren Wert den Betrag übersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist.

Da der Rechtsvorgang im Jahre 1973 nicht nach dem Grunderwerbsteuergesetz besteuert worden ist, konnte die Begünstigung des § 1 Abs. 4 dritter Satz GrEStG schon deswegen nicht angewendet werden.

Die Anwendung des § 1 Abs. 4 GrEStG setzt auch voraus, dass die einzelnen Erwerbsvorgänge zwischen den gleichen Vertragspartnern stattfinden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1999, Zlen. 98/16/0304-0307).

Es wäre im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin begehrte Begünstigung des § 1 Abs. 4 GrEStG ihre Sache gewesen, nicht nur die Besteuerung des Rechtsvorganges im Jahre 1973 zu behaupten und den Nachweis dazu zu führen, sondern auch zu behaupten und den Nachweis darüber zu führen, dass die Verträge zwischen gleichen Vertragsparteien abgeschlossen wurden.

Bei Vergleich des Mietvertrages vom 21. Dezember 1973 mit dem Kaufvertrag vom 29. Dezember 1999/1. Februar 2000 zeigt sich, dass der Mieter und die Käuferin unterschiedliche Personen sind. Eine Behauptung oder Darlegung, dass bei Abschluss der Verträge die gleichen Vertragsparteien mitgewirkt haben bzw. die Beschwerdeführerin allenfalls auf Grund einer Gesamtrechtnachfolge in die Rechte und Pflichten des seinerzeitigen Mieters eingetreten ist, erfolgte nicht. Auch aus diesem Grund war die Begünstigung zu versagen.

Soweit in der Beschwerde weiters behauptet wird, die Beschwerdeführerin habe für den Grundstücksanteil samt dem damit verbundenen Wohnungseigentum Vermögensteuer, Grundsteuer und auch Erbschaftsteuer bezahlt, ist darauf hinzuweisen, dass dies nicht zwingend bedeutet, dass die Steuerschuld nach dem Grunderwerbsteuergesetz damals entstanden und entrichtet worden ist.

Die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer knüpft im Beschwerdefall an das als Kaufvertrag vom 29. Dezember 1999/1. Februar 2000 bezeichnete Verpflichtungsgeschäft an. Der Bescheid über die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer datiert vom 28. September 2000. Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Parteien ist daher Festsetzungsverjährung (§§ 207 und 208 BAO) nicht eingetreten.

Aus diesen Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als nicht rechtswidrig. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Antrages auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. Februar 2003

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