VwGH 2001/20/0085

VwGH2001/20/00853.7.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des H (geboren 1963) in W, vertreten durch Mag. Andreas M. Pfeifer, Rechtsanwalt in 2514 Traiskirchen, Hauptplatz 17, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 7. November 2000, Zl. 218.146/0-IX/27/00, betreffend §§ 7 und 8 Asylgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §23;
AsylG 1997 §38;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §67d;
EGVG Art2 Abs2 D Z43a;
FlKonv Art2 AbschnA Z2;
AsylG 1997 §23;
AsylG 1997 §38;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §67d;
EGVG Art2 Abs2 D Z43a;
FlKonv Art2 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Iran, reiste am 25. Jänner 2000 in das Bundesgebiet ein und stellte an diesem Tag einen Asylantrag. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 22. Mai 2000 erklärte der Beschwerdeführer, er sei Angehöriger der armenischen Volksgruppe gregorianischen Glaubens. Aus religiösen Gründen habe ihn die Polizei verfolgt. Er sei am 4. Jänner 2000 von zwei Polizisten festgenommen und zur Polizeistation gebracht worden. Sein Geschäftspartner habe ihn davor im November 1999 gebeten, ihn mit in die Kirche zu nehmen. Der Geschäftspartner sei Moslem. Der Beschwerdeführer habe ihn einmal mitgenommen, in der Folge sei der Geschäftspartner noch einige Male in die Kirche gegangen. Am Tag vor der Festnahme habe der Geschäftspartner dem Beschwerdeführer berichtet, dass seine Gattin, die streng moslemisch eingestellt sei, zur Polizei gegangen sei um zu behaupten, dass der Beschwerdeführer missioniere und den Geschäftspartner zum christlichen Glauben gebracht habe. Drei Tage sei der Beschwerdeführer in der Polizeistation festgehalten worden. Am 7. Jänner 2000 sei er gegen 15.00 Uhr entlassen worden. Seine Gattin habe mit Unterstützung seines Onkels Schmiergeld bezahlt. Sein Onkel habe ihn mit seiner Gattin von der Polizeistation abgeholt. Nach der Entlassung habe sich der Beschwerdeführer zu dem Anwalt begeben, der zuvor das Geld zur Polizei gebracht habe. Auch sein Geschäftspartner habe Schwierigkeiten gehabt, doch wisse der Beschwerdeführer nicht in welcher Form.

Mit Bescheid vom 19. Juli 2000 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz ab und erklärte seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Iran gemäß § 8 Asylgesetz für zulässig. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Vorbringen des Beschwerdeführers sei unglaubwürdig, da die Angaben, die er rund um die Festnahme vorgebracht habe, mit jenen, die seine Gattin dargetan habe, nicht übereinstimmten. Der Beschwerdeführer habe angegeben, am 7. Jänner 2000 gegen 15.00 Uhr entlassen und von seinem Onkel gemeinsam mit seiner Gattin von der Polizeistation abgeholt worden zu sein. Die Gattin des Beschwerdeführers habe in ihrem Asylverfahren diesbezüglich jedoch angegeben, dass die Entlassung am besagten Tag gegen 10.00 Uhr vorgenommen worden sei. Der Beschwerdeführer sei von seinem Onkel und seinem Anwalt abgeholt worden. Ein weiteres Indiz für die Unglaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers sei darin zu sehen, dass er nicht in der Lage gewesen sei, die angebliche Fluchtroute durch den Iran glaubhaft zu machen. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer sich bereits am 14. September 1999 eine Glaubensbestätigung habe ausstellen lassen, sei ein Indiz dafür, dass er ganz andere Beweggründe für das Verlassen des Irans gehabt habe als er vor dem Bundesasylamt angegeben habe.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid führte der Beschwerdeführer aus, dass es die Behörde verabsäumt habe, ihm Parteiengehör einzuräumen. Im Übrigen sei er um 15.00 Uhr aus der Haft entlassen worden. Die Angabe seiner Gattin, dass dies um 10.00 Uhr gewesen sei, sei aus einem Irrtum geschehen. Die Fluchtroute durch den Iran könne der Beschwerdeführer nicht beschreiben, da es Nacht gewesen sei.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dem Bundesasylamt sei zu folgen, wenn es auf Grund der Widersprüche, die zwischen den Angaben des Beschwerdeführers und denen seiner Ehefrau bezüglich des Zeitpunktes seiner Entlassung aus der Haft sowie hinsichtlich der Personen, die den Beschwerdeführer abgeholt hätten, aufgetreten seien, angenommen habe, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen die Glaubwürdigkeit zu versagen sei. Die Glaubwürdigkeit des gesamten Vorbringens sei durch diese Widersprüche erschüttert, da sie die näheren Umstände der Inhaftierung und somit einen zentralen Punkt des Vorbringens des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen beträfen. Im Übrigen habe die Ehefrau des Beschwerdeführers durch ihre Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben bestätigt. Dafür, dass es sich beim Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen um eine konstruierte Geschichte handle, spreche auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer die ihm vor dem Bundesasylamt gestellte Frage, ob auch sein Geschäftspartner in irgendeiner Form Schwierigkeiten gehabt habe, zwar dahingehend beantwortet habe, dass dies natürlich der Fall gewesen sei, dass er aber die Nachfrage, welcher Art diese Schwierigkeiten gewesen seien, nicht habe beantworten können. Von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung habe abgesehen werden können, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung als geklärt erscheine. Die Angabe, die Aussage der Ehefrau habe auf einem Irrtum beruht, sei völlig unsubstanziiert und kein neues Sachvorbringen, zumal sie zur Auflösung der aufgetretenen Widersprüche nicht beitrage.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde wird die Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung gerügt. Bereits dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg:

Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung die Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Bescheides, dass sich aus Widersprüchen in seinen Angaben und den Angaben seiner Gattin seine Unglaubwürdigkeit ergebe, bekämpft. Ebenso hat der Beschwerdeführer sich dagegen gewandt, dass aus dem Umstand, dass er die Fluchtroute nicht habe beschreiben können, seine Unglaubwürdigkeit abzuleiten sei. Er hat auch kritisiert, dass ihm nicht ausreichend Parteiengehör gewährt worden sei.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf dann, wenn in einer Berufung die Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Bescheides substanziiert bekämpft wird, von der belangten Behörde nicht von einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 31. Jänner 2002, Zl. 99/20/0447, und vom 21. November 2002, Zl. 99/20/0549).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Wien, am 3. Juli 2003

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