VwGH 2001/06/0059

VwGH2001/06/005920.2.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der W Handelsges.m.b.H in W, vertreten durch Dorda Brugger & Jordis, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger Ring 12, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 2. April 2001, Zl. A 17 - 661/2000-2, betreffend Untersagung der vorschriftswidrigen Nutzung nach dem Stmk. BauG, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §6;
BauRallg;
LMG 1975 §2;
ROG Stmk 1974 §23 Abs5 litk;
ROG Stmk 1974 §23 Abs5;
VwRallg;
ABGB §6;
BauRallg;
LMG 1975 §2;
ROG Stmk 1974 §23 Abs5 litk;
ROG Stmk 1974 §23 Abs5;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 28. November 2000 wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 41 Abs. 4 Stmk. BauG aufgetragen, im Erdgeschoss im östlichen Bereich der Halle auf einem näher bezeichneten Grundstück auf einer Fläche von ca. 230 m2 den Verkauf von Lebensmitteln ab sofort zu unterlassen. Dieser Unterlassungsauftrag wurde damit begründet, dass anlässlich einer Erhebung festgestellt worden sei, dass auf der bezeichneten Fläche Lebensmittel, nämlich Teigwaren, Wein, Oliven, Snacks, Schokoladen, Konserven usw. verkauft worden seien. In der im Flächenwidmungsplan 1992 verfügten Flächenwidmung EZ III für diese Liegenschaft sei die Abgabe von Lebensmitteln im Warensortiment der Einkaufszentren verboten, da § 23 Abs. 5 lit. k Stmk. ROG 1974 EZ III als Sonderform der EZ II deklariere und letztere das Verbot des Führens von Lebensmitteln im Warensortiment beinhalte. In der Baubewilligung vom 12. Juni 1996 sei für die Halle als Verwendungszweck "Verkaufsgebäude mit allen in einem EZ III zulässigen Nutzungen" festgesetzt worden. Gemäß § 39 Abs. 2 Stmk. BauG sei jede widmungswidrige Nutzung zu unterlassen; nach § 41 Abs. 4 Stmk. BauG habe die Behörde die Unterlassung einer widmungswidrigen Nutzung aufzutragen, wenn eine bewilligungspflichtige Änderung des Verwendungszwecks ohne Bewilligung vorgenommen worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge. Nach wörtlicher Wiedergabe der Berufungsausführungen und Zitierung der in Anwendung gebrachten gesetzlichen Bestimmungen führte sie begründend aus:

"In der für das gegenständliche Gebäude vorliegenden Baubewilligung vom 12.6.1996, GZ.: A 17-K-8.266/1992-3, wurde die Nutzung mit 'Verkaufsgebäude mit allen in einem Einkaufszentrum III zulässigen Nutzungen' festgesetzt. Anlässlich einer örtlichen Erhebung durch Organe des Baupolizeiamtes wurde festgestellt, dass im Erdgeschoss des östlichen Hallenbereiches W auf einer Fläche von ca 230 m2 Lebensmittel, nämlich Teigwaren, Wein, Oliven, Snacks, Schokoladen, Konserven, usw. durch die Berufungswerberin verkauft werden.

Seitens der Berufungswerberin wird dazu ausgeführt, dass ihr Warensortiment zu mehr als 90 % alkoholische Getränke (Wein, Sekt, Champagner, Spirituosen) und ein geringfügiges exklusives Sortiment von ausgesuchten, zum Weinangebot passenden Genussmittel umfasst. Ebenfalls führt die Berufungswerberin auch Gläser und Weinzubehör (wie zB Bücher über Weinkultur). Frischware wird keine geführt.

Im Berufungsvorbringen wird ausgeführt, dass der von der Berufungswerberin betriebene Weinabholmarkt den Charakter eines Fachmarktes hat, da die Kunden aus einem sehr großen Sortiment (über 2.000 unterschiedliche Weinsorten) auswählen können und somit ein wesentlich umfangreicheres und spezialisierteres Angebot an alkoholischen Getränken als im Lebensmittelhandel vorliegt. Nach Ansicht der Berufungswerberin ist auch zu beachten, dass Kunden ihr Geschäft typischerweise nicht täglich, um eine einzige Flasche Wein zu erwerben besuchen, sondern nur in unregelmäßigen, größeren Abständen, dann jedoch um größere Mengen zu kaufen. Die Berufungswerberin bestreitet auch nicht, dass der Großteil der von ihr geführten Waren als Lebensmittel zu bezeichnen ist, allerdings handle es sich bei diesen Lebensmittel nicht um solche, die üblicherweise unter dem Begriff "Lebensmittelhandel" verstanden werden sondern sind diese vielmehr von einer Art, einer Qualität und einem Preis, dass sie richtigerweise ausschließlich als 'Genussmittel' zu bezeichnen sind. Nach Ansicht der Berufungswerberin liegt dem Steiermärkischen Raumordnungsgesetz der Gedanke zu Grunde, dass sich in als Einkaufszentren III ausgewiesenen Gebieten keine Supermärkte mit einem umfassenden Lebensmittelangebot einschließlich Frischware ansiedeln sollen und daher der vom Raumordnungsgesetzgeber verwendete Begriff 'Lebensmittel' so auszulegen sei, dass ausschließlich ein umfassendes Lebensmittelangebot, wie es üblicherweise in Supermärkten vorliegt, erfasst wird.

Die Berufungsbehörde vermag sich den von der Berufungswerberin getroffenen Feststellungen nicht anzuschließen. Die Bestimmung des § 23 Abs. 5 lit. k 2. Satz ROG stellt eindeutig fest, dass Einkaufszentren III Handelsbetriebe mit einem Warenangebot ohne Lebensmittel sind, das überwiegend einem Sortimentbereich zuzuordnen ist und durch seine Art einen im Vergleich zu Einkaufszentren II großen Flächenbedarf bedingt.

Durch die Verwendung des Begriffes 'Lebensmittel' in der Wortfolge 'Warenangebot ohne Lebensmittel' stellt der Gesetzgeber klar, dass der Handel von allen Waren, die dem Begriff 'Lebensmittel' untergeordnet werden können und somit auch der Handel von 'Genussmittel' in einem Gebiet für Einkaufszentren III unzulässig ist. Hätte der Landesgesetzgeber die Bestimmung des § 23 Abs. 5 lit. k in dem von der Berufungswerberin beabsichtigten Sinne verstehen wollen, dann hätte er nicht den Begriff 'Lebensmittel verwendet, sondern er hätte allenfalls auf die Unzulässigkeit von Handelsgeschäften mit einem umfassenden Lebensmittelangebot einschließlich Frischware abgestellt.

Das von der Berufungswerberin erhobene Vorbringen, dass ihr Betrieb zweifelsfrei als Sortimentbetrieb zu qualifizieren sei, vermag der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen, da es im Gegenstandsfall nicht darauf ankommt, ob es sich beim gegenständigen Handelsbetrieb um einen handelt, dessen Warenangebot überwiegend einem Sortimentbereich zuzuordnen ist sondern dass im Gegenstandsfall ausschließlich die Frage zu beurteilen ist, ob es sich beim gegenständlichen Handelsbetrieb um einen solchen mit einem Warenangebot ohne Lebensmittel handelt.

Nach Ansicht der Berufungsbehörde handelt es sich beim Warensortiment alkoholische Getränke wie Wein, Sekt, Champagner und Spirituosen, usw. sowie zum Weinangebot passenden Genussmittel um Lebensmittel im Sinne des § 23 Abs. 5 lit. k ROG und somit um einen in einem Gebiet für Einkaufszentren III unzulässigen Handelsbetrieb."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde aus den Beschwerdegründen der inhaltlichen Rechtswidrigkeit sowie der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird, und legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 23 Abs. 5 lit. j und k des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 41/1991 (Stmk. ROG 1974) bestimmen (Hervorhebungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"(j) Gebiete für Einkaufszentren II, das sind Flächen, die für Einkaufszentren, die in ihrem Warensortiment keine Lebensmittel führen, samt den zum Betrieb gehörigen Parkplätzen bestimmt sind;

(k) Gebiete für Einkaufszentren III, das sind Flächen, die für Sonderformen von Einkaufszentren II, samt den zum Betrieb gehörigen Parkplätzen bestimmt sind. Einkaufszentren III sind Handelsbetriebe mit einem Warenangebot ohne Lebensmittel, das überwiegend einem Sortimentsbereich zuzuordnen ist und durch seine Art einen im Vergleich zu Einkaufszentren II großen Flächenbedarf bedingt. Dazu zählen insbesondere Möbel-, Einrichtungs-, Kraftfahrzeug , Maschinen- und Baustoffhandelsbetriebe."

Gemäß § 41 Abs. 4 des Steiermärkischen Baugesetzes - Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995, hat die Behörde die Unterlassung der vorschriftswidrigen Nutzung aufzutragen, wenn eine bewilligungspflichtige Änderung des Verwendungszweckes von baulichen Anlagen oder Teilen derselben ohne Bewilligung vorgenommen wurde.

Die beschwerdeführende Partei bestreitet nicht den Verkauf der einzelnen im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides genannten Produkte. In Ausführung der Beschwerde vertritt sie jedoch - zusammengefasst - die Ansicht, bei ihrem Warensortiment handle es sich nicht um "Lebensmittel" im Sinne des § 23 Abs. 5 lit. k. Stmk. ROG, sondern um "Genussmittel", die nicht der Deckung des täglichen Bedarfs dienten und daher andere Nachfragestrukturen und - damit verbunden - andere Verkehrsaufkommen verursachten. Bei der beschwerdeführenden Partei handle es sich um einen Weinabholmarkt mit dem Charakter eines Fachmarktes, der von Kunden nicht täglich, sondern in unregelmäßigen größeren Abständen angefahren werde, um dann auch größere Mengen der Waren zu erwerben. Dies entspreche einem Sortimentsbetrieb, wie etwa auch Schokoladespezialitätengeschäfte. Unbestreitbar sei, dass die beschwerdeführende Partei einen "echten Lebensmittelhandel" im Sinne eines Supermarktangebots mit Frischwaren nicht betreibe.

Das Steiermärkische Raumordnungsgesetz enthält keine Definition des Begriffes "Lebensmittel". Dieser ist daher einer Interpretation zuzuführen.

Auch im öffentlichen Recht ist bei Interpretation nach jenen grundlegenden Regeln des Rechtsverständnisses vorzugehen, die im ABGB für den Bereich der Privatrechtsordnung normiert sind.

§ 6 ABGB verweist zunächst auf die Bedeutung des Wortlautes in seinem Zusammenhang. Nach dieser Bestimmung darf einem Gesetze in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet.

§ 2 des Lebensmittelgesetzes BGBl. Nr. 86/1975, definiert "Lebensmittel" (Nahrungs- und Genussmittel) als Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen in unverändertem, zubereitetem oder verarbeitetem Zustand überwiegend zu Ernährungs- oder Genusszwecken gegessen, gekaut oder getrunken werden.

Auch vom Verwaltungsgerichtshof wurde bereits wiederholt in Angelegenheiten nach dem LMG ausgesprochen, dass - ohne überdehnte Interpretation - von einem Lebensmittel gesprochen werden könne, wenn die Ware überwiegend Ernährungszwecken oder Genusszwecken diene (vgl. z.B. die hg Erkenntnisse vom 6. Juli 1987, Zl. 83/10/0148, und vom 26. April 1999, Zl. 97/10/0100). Diese Auslegung entspricht wohl auch dem allgemeinen Sprachgebrauch. Zwar lässt sich nicht ohne weiteres vom Bundes- auf den Landesgesetzgeber und dessen Wortverständnis schließen. Es lässt sich aber aus den weiteren Bestimmungen des Stmk. ROG 1974 nicht ableiten, der steiermärkische Landesgesetzgeber habe bei Formulierung des § 23 Abs. 5 ROG einen vom "üblichen" Sprachgebrauch abweichenden Wortsinn vor Augen gehabt. Obwohl auch der in der Beschwerde aufgeworfene Gedanke, der Landesgesetzgeber habe mit dieser Bestimmung eine umfassende Regelung von Verkaufsflächen einer bestimmten Größe unter Berücksichtigung der daraus abzuleitenden Auswirkungen auf die Infrastruktur der Umgebung angestrebt grundsätzlich zutreffend erscheint, ändert dies nichts am Fehlen von Hinweisen auf ein den Wortsinn im aufgezeigten Sinne korrigierendes Wortverständnis des Landesgesetzgebers.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. Februar 2003

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