Normen
AsylG 1997 §44 Abs6;
B-VG Art130 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §10 Abs5 Z4 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §10a idF 1998/I/124;
StbG 1985 §11 idF 1998/I/124;
AsylG 1997 §44 Abs6;
B-VG Art130 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §10 Abs5 Z4 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §10a idF 1998/I/124;
StbG 1985 §11 idF 1998/I/124;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 13. Oktober 2000 wies die Kärntner Landesregierung den Antrag des Beschwerdeführers, eines 1939 geborenen rumänischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft "gemäß § 10 Abs. 1 Z 7, § 10a sowie § 11" Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) ab.
Der Beschwerdeführer sei 1989 nach Österreich gelangt und habe hier am 29. Jänner 2000 eine rumänische Staatsangehörige geheiratet. Unter dem Blickwinkel der Einbürgerungsvoraussetzung des "hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes" weise der Beschwerdeführer Dienstzeiten bei namentlich angeführten Unternehmen vom 8. Jänner 1990 bis 26. Februar 1991, vom 12. September 1991 bis 16. September 1991, vom 11. Juni 1992 bis 31. Oktober 1992 und vom 9. Juni 1993 bis 11. Juni 1993 auf. Darüber hinaus läge noch eine geringfügige Beschäftigung im Zeitraum zwischen März 1994 und November 1995 vor. Daraus ergebe sich, dass der Beschwerdeführer bereits seit 1993 über kein entsprechendes, durch eigene Arbeitsleistung erzieltes Einkommen zur Besicherung des Lebensunterhaltes verfüge, und zwar obwohl infolge Anerkennung als politischer Flüchtling seitens der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich ein freier Zugang zum Arbeitsmarkt gegeben gewesen wäre. Mangels gesetzlichen Pensionsalters und fehlender Anwartschaften setze sich sein Einkommen derzeit aus S 5.881,-- gemäß Richtsatz A nach dem Kärntner Sozialhilfegesetz plus S 1.814,-- Mietbeihilfe für Alleinstehende zusammen.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 7 StbG könne einem Fremden die Staatsbürgerschaft nur verliehen werden, wenn sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert sei oder ihn an seiner finanziellen Notlage kein Verschulden treffe. Eine verschuldete Notlage werde insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Einbürgerungswerber diese Notlage zumindest fahrlässig, sei es durch berufliche "Nichtweiterbildung" oder durch Ablehnung von ihm zumutbaren Erwerbstätigkeiten, herbeigeführt habe. Wie den angeführten Beschäftigungszeiten zu entnehmen sei, sei der Beschwerdeführer seit Beginn seines Aufenthaltes in Österreich kaum Beschäftigungsverhältnisse eingegangen. Lediglich in der Zeit zwischen Jänner 1990 und Jänner 1993 habe er insgesamt rund 1 1/2 Jahre gearbeitet; letztmalig sei er zwischen März 1994 und November 1995 in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Seither sei er - für einen Zeitraum von fünf Jahren - keiner Beschäftigung mehr nachgegangen. Die vorliegenden Unterlagen ließen keine Bestrebungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes durch eigene Arbeitsleistung bzw. den Erwerb von späteren Pensionsansprüchen erkennen.
Bei Prüfung der Einbürgerungsvoraussetzung des § 10a StbG habe sich ergeben, dass nur sehr beschränkte Deutschkenntnisse vorhanden seien und dass eine Verständigung mit dem Beschwerdeführer nur äußerst mühsam erfolgen könne. Trotz relativ langem Aufenthalt in Österreich seien keine weiter reichenden persönlichen und beruflichen Integrationsbestrebungen festzustellen.
Unter Abwägung aller Umstände des konkreten Falles gelange die belangte Behörde zur Auffassung, dass eine positive Ermessensübung nach § 11 StbG nicht mit den Intentionen des Staatsbürgerschaftsgesetzes in Einklang zu bringen wäre. Der Beschwerdeführer habe (zwar) mit Schreiben vom 27. Juni 2000 in Abrede gestellt, dass die finanzielle Notlage von ihm selbst verschuldet worden sei; sie beruhe auf seiner Krankheit, die bald nach seiner Einreise in Österreich aufgetreten sei und ihn folglich zu oftmaligen Krankenhausaufenthalten gezwungen habe; der Erwerb von Pensionsanwartschaften sei ihm daher nicht möglich gewesen. Unstrittig bleibe (jedoch) die Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in Österreich nicht in den Arbeitsmarkt habe integrieren können und dass sein Lebensunterhalt in den letzten fünf Jahren zur Gänze von der öffentlichen Hand getragen worden sei. Auch eine persönliche nachhaltige Integration sei nur sehr begrenzt feststellbar. Dies beweise vor allem die Tatsache, dass nach nunmehr elfjährigem Aufenthalt im Bundesgebiet eine Verständigung mit dem Beschwerdeführer in deutscher Sprache nur sehr schwer möglich sei. Im Hinblick auf ein 1994 negativ beschiedenes (erstes) Verleihungsverfahren hätte dem Beschwerdeführer klar sein müssen, dass Erwerbseinkommen und sprachliche Integration unabdingbare Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft seien.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - nach Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde - erwogen:
Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung spruchgemäß auf die §§ 10 Abs. 1 Z 7, 10a und 11 StbG gestützt. Diese Bestimmungen lauten wie folgt:
"§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft kann einem Fremden verliehen werden, wenn
...
7. sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist oder ihn an seiner finanziellen Notlage kein Verschulden trifft und
...
§ 10a. Voraussetzungen jeglicher Verleihung sind unter Bedachtnahme auf die Lebensumstände des Fremden jedenfalls entsprechende Kenntnisse der deutschen Sprache.
§ 11. Die Behörde hat sich unter Bedachtnahme auf das Gesamtverhalten des Fremden bei der Ausübung des ihr in § 10 eingeräumten freien Ermessens von Rücksichten auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Ausmaß der Integration des Fremden leiten zu lassen."
Bei § 10 Abs. 1 Z 7 und § 10a StbG handelt es sich um - im vorliegenden Fall zu erfüllende -Verleihungsvoraussetzungen. Ob sie gegeben sind, ist von der Staatsbürgerschaftsbehörde in "gebundener" Entscheidung zu beurteilen, ein Ermessen kommt ihr insoweit nicht zu. Liegt die eine oder die andere Verleihungsvoraussetzung nicht vor, so kommt eine Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht in Betracht. Gegebenenfalls erübrigen sich daher Erwägungen zur Ermessensübung nach § 11 StbG. Umgekehrt steht die Frage dieser Ermessensübung nur dann im Raum, wenn alle sachverhaltsbezogen notwendigen Verleihungsvoraussetzung vorliegen.
Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde erkennbar eine Ermessensentscheidung nach § 11 StbG, zu Ungunsten des Beschwerdeführers, treffen wollen. Das setzt nach dem Gesagten voraus, dass sie die Verleihungsvoraussetzungen als erfüllt erachtete, insbesondere auch jene nach § 10 Abs. 1 Z 7 und § 10a StbG. Die spruchgemäße Erwähnung dieser beiden Tatbestände und die Bescheidbegründung deuten dessen ungeachtet darauf hin, dass die belangte Behörde schon ihr Vorliegen in Abrede stellte, weshalb sich der bekämpfte Bescheid von da her zunächst als widersprüchlich erweist. Dem käme allerdings keine Entscheidungsrelevanz zu, wenn tatsächlich eine der beiden Verleihungsvoraussetzungen nicht vorläge oder wenn - im umgekehrten Fall - die belangte Behörde von dem von ihr dann auch auszuübenden Ermessen, unter vollständiger Berücksichtigung der maßgeblichen Grundlagen, innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen Gebrauch gemacht hätte.
Was § 10 Abs. 1 Z 7 StbG anlangt, so kann in Anbetracht dessen, dass der Beschwerdeführer unstrittig Sozialhilfe nach dem Kärntner Sozialhilfegesetz 1996 (Lebensunterhalt gemäß § 7) bezieht, nicht zweifelhaft sein, dass sein Lebensunterhalt nicht hinreichend gesichert ist und er sich sohin in einer finanziellen Notlage befindet, (vgl. - vor dem Hintergrund der §§ 4 und 7 Kärntner Sozialhilfegesetz 1996 - das hg. Erkenntnis vom 11. März 1998, Zl. 97/01/0898). Die belangte Behörde vertrat erkennbar den Standpunkt, dass diese Notlage nicht unverschuldet sei; sie führte wörtlich aus, "die vorliegenden Unterlagen lassen keinerlei Bestrebungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes durch eigene Arbeitsleistung bzw. den Erwerb von späteren Pensionsansprüchen erkennen". Dem ist allerdings zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren (in der im bekämpften Bescheid erwähnten Stellungnahme vom 27. Juni 2000) vorgebracht hat, dass "die Tatsache der geringen Versicherungszeiten in Österreich von mir nicht selbst verschuldet ist. Durch meine bereits im Jahre 1990 begonnene Erkrankung und Krankenhausaufenthalte war ich immer wieder gezwungen, in Krankenstand zu gehen. Dies war auch der Grund, dass ich von den Dienstgebern gekündigt wurde". Im Verwaltungsakt erliegen überdies ein Bescheid des AMS Klagenfurt vom 13. August 1999, wonach die dem Beschwerdeführer gewährte Notstandshilfe mangels Arbeitsfähigkeit ab 12. August 1999 eingestellt werde, und ein ärztliches Gutachten vom 4. August 1999, demzufolge - bei Zustand nach zweimaligem Myocardinfarkt - aus ärztlicher Sicht Arbeitsunfähigkeit bestehe. Mit diesen Behauptungen bzw. Unterlagen hat sich die belangte Behörde nicht näher auseinander gesetzt, obwohl im Fall krankheitsbedingter Beschäftigungslosigkeit nicht ohne weiteres von einer verschuldeten Notlage ausgegangen werden könnte. Wenn in diesem Zusammenhang in der Gegenschrift argumentiert wird, es hätten durchaus ausreichende Möglichkeiten offen gestanden, einer kontinuierlichen Erwerbstätigkeit ab Beginn des Aufenthaltes in Österreich nachzukommen, so übersieht die belangte Behörde, dass der Beschwerdeführer den Beginn seiner Krankheit bereits mit 1990 angegeben hat. Im Übrigen ist zum Vorwurf der belangten Behörde, der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers sei in den letzten fünf Jahren zur Gänze von der öffentlichen Hand getragen worden, klarstellend zu ergänzen, dass der Beschwerdeführer gemäß dem im Verwaltungsakt erliegenden Versicherungsdatenauszug innerhalb dieses Zeitraumes überwiegend Krankengeld, Arbeitslosengeld und Notstandshilfe bezogen hat (vgl. zu derartigen Leistungen vor dem Hintergrund des § 10 Abs. 1 Z 7 StbG das zuvor erwähnte Erkenntnis vom 11. März 1998 und die hg. Erkenntnisse vom 22. Dezember 1999, Zl. 98/01/0194, und vom 19. Juni 2001, Zl. 2000/01/0151).
Zur Verleihungsvoraussetzung nach § 10a StbG sei zunächst gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 12. März 2002, Zl. 2001/01/0018, verwiesen. Hervorzuheben ist, dass es demnach bezüglich der erforderlichen Sprachkenntnisse nicht auf die Aufenthaltsdauer in Österreich ankommt und dass kein bestimmtes "Mindestniveau" an Sprachbeherrschung verlangt wird.
§ 10a StbG ist vielmehr so zu verstehen, dass die geforderten Sprachkenntnisse - entsprechend den Verhältnissen des Fremden (und angepasst an den jeweiligen Verleihungstatbestand) - innerhalb seines sozialen Umfeldes eine Verständigung in Deutsch erlauben müssen. Auf diese Frage ist die belangte Behörde nicht näher eingegangen, weshalb auch die zuletzt erwähnte Bestimmung den gegenständlichen Versagungsbescheid nicht zu tragen vermag.
Damit bleibt abschließend auf die Ermessensübung nach § 11 StbG einzugehen. In deren Rahmen hat sich die belangte Behörde zwar - den Intentionen des Gesetzgebers grundsätzlich entsprechend - mit der persönlichen und beruflichen Integration des Beschwerdeführers beschäftigt; sie hat jedoch außer Acht gelassen, dass mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 3. April 1989 festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (1968) sei. Er gilt daher gemäß § 44 Abs. 6 Asylgesetz 1997 als asylberechtigt, was gemäß § 10 Abs. 5 Z 4 StbG im Hinblick auf die besondere Integrationsgeneigtheit dieses Umstandes einen "besonders berücksichtigungswürdigen Grund" darstellt, bei dessen Vorliegen die Verleihung der Staatsbürgerschaft ausnahmsweise bereits nach einer Wohnsitzdauer von nur vier Jahren in Frage kommt. Ist damit die Einbürgerung von Asylberechtigten unter erleichterten Bedingungen möglich, so muss die Asylberechtigung - will man den Wertungen des Gesetzgebers gerecht werden - auch bei der Ermessensübung nach §§ 11 StbG Berücksichtigung finden. Demgegenüber ist dieser Umstand offenkundig nicht in die behördlichen Erwägungen eingeflossen, weshalb die Ermessensentscheidung der belangten Behörde - die im Hinblick auf das oben Gesagte zudem zu Unrecht vom Vorliegen von Einbürgerungshindernissen ausgeht - insoweit auf unvollständigen Grundlagen beruht.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die bisherigen Überlegungen der belangten Behörde eine Abweisung des Verleihungsantrages des Beschwerdeführers nicht zu begründen vermögen. Der angefochtene Bescheid war daher wegen der prävalierenden Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 14. Jänner 2003
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