VwGH 99/20/0107

VwGH99/20/01073.7.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Grünstäudl und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des B, vertreten durch Dr. Maria Hoffelner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Falkestraße 6, gegen die Bescheide 1. des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom 30. September 1998, Zl. Jv 1979-16a/98 (hg. Zl. 99/20/0107), und 2. des Bundesministers für Justiz vom 21. August 1998, Zl. 425.984/45-V.6/1998 (hg. Zl. 99/20/0108), jeweils betreffend Angelegenheiten des Strafvollzuges, I. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich bezüglich der Beleuchtung des Haftraumes gegen den zu 1. genannten Bescheid richtet, sowie hinsichtlich des zu 2. genannten Bescheides zur Gänze als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt. II. zu Recht erkannt:

Normen

StVG;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
StVG;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

A) Der Beschwerdeführer befand sich in den Jahren 1996 bis 1998 in der Justizanstalt Linz zunächst in Untersuchungshaft bzw. während eines bestimmten Zeitraumes in "Zwischenstrafhaft" und ab seiner Verurteilung durch das Landesgericht Linz mit Urteil vom 13. Jänner 1998 in Strafhaft. Die im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheide betreffen Vorkommnisse während der Untersuchungshaft des Beschwerdeführers in der Justizanstalt Linz.

B) Die mit dem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 13. Jänner 1998 verhängte dreieinhalbjährige Freiheitsstrafe verbüßte der Beschwerdeführer im Anschluss an die Untersuchungshaft zunächst in der Justizanstalt Linz und ab dem 15. April 1998 in der Justizanstalt Stein. Nach einer neuerlichen Änderung des Vollzugsortes (Verlegung in die Justizanstalt Favoriten - Außenstelle Münchendorf) wurde der Beschwerdeführer am 24. März 2000 aus der Strafhaft entlassen.

C) 1. Mit dem erstangefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 30. September 1998 gab der Präsident des Landesgerichtes Linz (die erstbelangte Behörde) zwei Administrativbeschwerden des Beschwerdeführers nicht Folge. Diesen Beschwerden liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit seiner Administrativbeschwerde vom 2. Dezember 1996 machte der Beschwerdeführer beim Leiter der Justizanstalt Linz unter anderem geltend, dass er am 27. November 1996 vom Justizwachebeamten R. geschlagen worden sei. Der Anstaltsleiter gab der Beschwerde in diesem Punkt mit Bescheid vom 30. Mai 1997 nicht Folge. Die Vollzugsoberbehörde hob diesen Bescheid des Anstaltsleiters in der Folge auf und trug der Vollzugsbehörde erster Instanz die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf, weil einige als Zeugen in Betracht kommende Vollzugsbeamte nicht einvernommen worden waren. Mit Bescheid vom 18. Mai 1998 gab der Leiter der Justizanstalt Linz nach Verfahrensergänzung durch Einvernahme der Justizwachebeamten M., A. und F. der Beschwerde erneut keine Folge. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Administrativbeschwerde wurde mit dem angefochtenen Bescheid der erstbelangten Behörde vom 30. September 1998 nicht Folge gegeben.

1.2. Mit seiner Beschwerde vom 19. Juni 1997 an den Leiter der Justizanstalt Linz monierte der Beschwerdeführer, dass in seiner Zelle Licht eingeschaltet werde, obwohl es aufgrund des herrschenden Tageslichtes ohnehin hell genug sei. Diese Beschwerde wurde zunächst vom Anstaltsleiter mit Bescheid vom 16. Dezember 1997 zurückgewiesen. Nachdem die Vollzugsoberbehörde mit Bescheid vom 8. Mai 1998 dem Anstaltsleiter die neuerliche Entscheidung in der Sache aufgetragen hatte, gab der Anstaltsleiter der Beschwerde mit Bescheid vom 18. Mai 1998 keine Folge. Der gegen diese Entscheidung erhobenen Administrativbeschwerde wurde mit dem oben zu 1. genannten angefochtenen Bescheid der erstbelangten Behörde vom 30. September 1998 nicht Folge gegeben.

2. Mit dem zweitangefochtenen, im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 21. August 1998 wies der Bundesminister für Justiz (die zweitbelangte Behörde) die gegen zwei Bescheide des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom 6. April 1998 und vom 9. April 1998 gerichtete Administrativbeschwerde des Beschwerdeführers als unzulässig zurück. Dieser Beschwerde lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer beanstandet hatte, dass die Leitung der Justizanstalt Linz ein Schachturnier unter den Strafgefangenen Anfang des Jahres 1997 begonnen, dann jedoch - ohne Angabe von Gründen - unvermittelt abgebrochen und nicht mehr weitergeführt habe; der Beschwerdeführer beantragte in seiner an den Präsidenten des Landesgerichtes Linz gerichteten Beschwerde, den Anstaltsleiter der Justizanstalt Linz anzuweisen, künftig bei derartigen "Beschäftigungen" für eine zügige Abwicklung Sorge zu tragen. Mit seiner weiteren an den Präsidenten des Landesgerichtes Linz gerichteten Beschwerde, über die von diesem mit Bescheid vom 9. April 1998 entschieden wurde, monierte der Beschwerdeführer auch, dass die Leitung der Justizanstalt Linz mehrere Ansuchen bzw. Beschwerden verschleppt habe und beantragte, die Leitung der Justizanstalt anzuweisen, "zukünftige Bescheide binnen Kürze zu bearbeiten".

II.

Über die gegen diese Bescheide gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

1. Zur Administrativbeschwerde betreffend die behauptete Misshandlung des Beschwerdeführers:

Der angefochtene Bescheid wird in Bezug auf den Vorwurf des Beschwerdeführers, er sei vom Justizwachebeamten R. geschlagen worden, damit begründet, die vom Leiter der Justizanstalt Linz einvernommenen Justizwachebeamten M., A. und F. hätten als Zeugen übereinstimmend angegeben, dass es zu keinerlei Übergriffen des beschuldigten Justizwachebeamten gegenüber dem Beschwerdeführer gekommen sei. Der Anstaltsleiter als Vollzugsbehörde erster Instanz habe aufgrund der Erhebungsergebnisse keine Veranlassung gesehen, an der Richtigkeit der Angaben des Beschuldigten R. sowie der als Zeugen befragten Justizwachebeamten zu zweifeln und habe die Behauptungen des Beschwerdeführers als unglaubwürdig erachtet, sodass ein rechtswidriges Verhalten des Justizwachebeamten R. nicht festgestellt habe werden können. Im vorliegenden Fall, bei dem sich die Behauptung des Beschwerdeführers, vom Justizwachebeamten R. geschlagen worden zu sein und die übereinstimmenden Aussagen des beschuldigten Justizwachebeamten und der Zeugen gegenüberstünden, hege die belangte Behörde keine Bedenken dagegen, dass die Vollzugsbehörde erster Instanz angesichts dieser Beweislage das vom Beschwerdeführer behauptete Verhalten nicht habe feststellen können.

In der vorliegenden Beschwerde wird die Mangelhaftigkeit der Begründung des angefochtenen Bescheides geltend gemacht. Die Vollzugsoberbehörde hätte sich zumindest mit dem Umstand auseinandersetzen müssen, dass die Einvernahme der Zeugen mindestens ein Jahr, wenn nicht bis zu eineinhalb Jahren nach dem beschwerdegegenständlichen Vorfall erfolgt sei. Es sei nach aller Lebenserfahrung davon auszugehen, dass angesichts der Beschwerde des Beschwerdeführers die in Frage kommenden Zeugen und der betroffene Justizwachebeamte Gelegenheit gehabt hätten, den Vorfall miteinander zu besprechen. Insofern würden "übereinstimmende" Angaben nach so langer Zeit nicht verwundern. Die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers werde dadurch, dass keine Eintragung einer Verletzung im Arztbuch der Justizanstalt vorzufinden sei und dass der Beschwerdeführer den Vorfall keinem Justizwachebeamten mündlich gemeldet habe, "nicht berührt". Schon nach der Aktenlage sei "somit klar, dass die getroffenen Erhebungen nicht ausreichten, um verlässliche Feststellungen über den Vorfall" zu treffen.

Nach § 41 Abs. 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid aufgrund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen. Die Beweiswürdigung ist nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um deren Schlüssigkeit - also die Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut - oder darum handelt, ob die gewürdigten Beweise in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Beweiswürdigung der Behörde ist schlüssig, wenn alle zum Beweis oder zur Widerlegung strittiger Tatsachen nach der Aktenlage objektiv geeigneten Umstände berücksichtigt wurden und die Behörde bei der Würdigung dieser Umstände (bzw. bei Gewinnung ihrer Schlussfolgerungen) deren Gewicht (auch im Verhältnis untereinander) nicht verkannt hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1993, Zl. 92/08/0159 mwN).

Mit den oben wiedergegebenen Ausführungen vermag die Beschwerde keine Bedenken gegen die Schlüssigkeit der von der Vollzugsbehörde erster Instanz vorgenommenen und im angefochtenen Bescheid bestätigten Beweiswürdigung aufzuzeigen. Insoweit in der Beschwerde geltend gemacht wird, die Behörde habe den maßgeblichen Sachverhalt nicht ausreichend erhoben, fehlen Ausführungen darüber, welche zusätzlichen Erhebungen die belangte Behörde hätte vornehmen sollen. Da der Beschwerdeführer somit weder eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung noch Verfahrensmängel aufzuzeigen vermag, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie der Administrativbeschwerde des Beschwerdeführers in Bezug auf seine behauptete Misshandlung durch einen Justizwachebeamten keine Folge gegeben hat. Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2. Zu den übrigen Punkten der mit den angefochtenen Bescheiden erledigten Eingaben des Beschwerdeführers:

Aufgrund der mittlerweile erfolgten Haftentlassung des Beschwerdeführers richtete der Verwaltungsgerichtshof am 9. Dezember 2002 die Anfrage an den Beschwerdeführer, ob sich dieser durch die angefochtenen Bescheide noch in seinen Rechten verletzt fühle. Der Beschwerdeführer hat innerhalb der für seine Äußerung vom Verwaltungsgerichtshof gewährten Frist keine Stellungnahme abgegeben und damit ein ungeachtet der Haftentlassung noch aufrechtes, konkretes rechtliches Interesse an einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht behauptet. Mangels gegenteiliger Ausführungen des Beschwerdeführers ist hinsichtlich des zweiten im erstangefochtenen Bescheid behandelten Punktes und der den Gegenstand des zweitangefochtenen Bescheides bildenden Vollzugsangelegenheiten nicht ersichtlich, inwiefern eine Entscheidung über die Beschwerde die rechtliche Position des Beschwerdeführers noch in irgendeiner Weise zu seinen Gunsten beeinflussen könnte.

Insoweit war die Beschwerde daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

3. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, § 58 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Die Beschwerde wäre auch insoweit, als das Verfahren als gegenstandslos eingestellt wurde, nicht erfolgreich gewesen.

Wien, am 3. Juli 2003

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