VwGH 2002/12/0112

VwGH2002/12/011211.12.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des W in A, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen die Bescheide des Bundesministers für Landesverteidigung je vom 10. Dezember 2001, Zlen. 1. 709.809/15- 2.1/01 und 2. 709.809/18-2.1/01, jeweils betreffend Neubemessung pauschalierter Nebengebühren, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §51 Abs1;
GehG 1956 §15 Abs2;
GehG 1956 §15 Abs5;
GehG 1956 §15 Abs6;
BDG 1979 §51 Abs1;
GehG 1956 §15 Abs2;
GehG 1956 §15 Abs5;
GehG 1956 §15 Abs6;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.176,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Beamter der Heeresverwaltung in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Heeresmunitionsanstalt P. Auf Grund seiner dortigen dauernden Verwendung bezog er bis einschließlich März 1999 folgende ihm mit Pauschalierungsbescheiden zuerkannte Nebengebühren: Gefahrenzulage, Erschwerniszulage und Aufwandsentschädigung (Schmutzzulage und Milchpauschale). Der Beschwerdeführer wurde in der Zeit vom 22. März bis 9. April 1999 sowie in der Zeit vom 24. September bis 5. Oktober 2001 jeweils aus Gründen eines kurzen vorübergehenden dienstlichen Bedarfs der Munitionslagerabteilung G dienstzugeteilt. Während dieser Dienstzuteilung verrichtete der Beschwerdeführer keinen Dienst, der Anspruch auf eine der genannten Nebengebühren begründet hätte.

Mit vier Bescheiden des Heeres-Materialamtes je vom 4. März 1999 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 15 Abs. 6 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG), "in der geltenden Fassung", für den Monat April 1999 die Gefahrenzulage, die Erschwerniszulage, die Schmutzzulage und das Milchpauschale jeweils mit Null neu bemessen.

Mit vier Bescheiden derselben Behörde je vom 25. September 2001 wurden auf Grund derselben Gesetzesbestimmung diese Zulagen für den Monat Oktober 2001 mit Null neu bemessen.

In den Begründungen dieser Bescheide heißt es im Wesentlichen gleich lautend, die anspruchsbegründenden Voraussetzungen hätten sich im Hinblick auf die Dienstzuteilung zur Munitionslagerabteilung G wesentlich geändert.

Der Beschwerdeführer erhob sowohl gegen die erstinstanzlichen Bescheide vom 4. März 1999 als auch gegen jene vom 25. September 2001 Berufung. In diesen Berufungen vertrat er ebenfalls im Wesentlichen gleich lautend die Rechtsauffassung, in seinem Fall sei § 15 Abs. 5 zweiter Satz GehG anzuwenden. Das dort vorgesehene Ruhen der pauschalierten Nebengebühr setze aber voraus, dass der Beamte länger als einen Monat vom Dienst abwesend sei. Vorliegendenfalls hätten seine vorübergehenden Verwendungen bei der Munitionslagerabteilung G jeweils unter einem Monat gedauert. Keinesfalls sei durch diese Dienstzuteilungen eine wesentliche Änderung des anspruchsbegründenden Sachverhaltes eingetreten, weshalb es an einer Rechtsgrundlage für die von der erstinstanzlichen Behörde vorgenommene Festsetzung der pauschalierten Nebengebühren mit Null fehle.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen des Beschwerdeführers gegen die erstinstanzlichen Bescheide vom 4. März 1999, mit dem zweitangefochtenen Bescheid seine Berufungen gegen die erstinstanzlichen Bescheide vom 25. September 2001 als unbegründet ab.

Begründend führte die belangte Behörde in diesen Bescheiden nach Schilderung des Ganges des Verwaltungsverfahrens sowie nach Wiedergabe des Wortlautes des § 15 Abs. 5 und 6 GehG im Wesentlichen gleich lautend aus, der Beschwerdeführer sei zwar in den Zeiten seiner Dienstzuteilung zur Munitionslagerabteilung G von seiner Dienststelle, jedoch nicht im Verständnis des § 15 Abs. 5 GehG vom Dienst abwesend gewesen. Die Bestimmungen dieses Absatzes des § 15 GehG seien daher in seinem Fall nicht anzuwenden gewesen. Der Beschwerdeführer habe auch während dieser Dienstzuteilung keine Dienste verrichtet, die mit besonderen Gefahren für Gesundheit und Leben verbunden gewesen seien bzw. die unter besonderen körperlichen Anstrengungen oder sonstigen erschwerten Umständen zu verrichten gewesen seien. Auch sei ihm kein Mehraufwand in Ausübung des Dienstes oder aus Anlass der Ausübung des Dienstes erwachsen. Damit habe sich der der Bemessung der pauschalierten Nebengebühren zu Grunde liegende Sachverhalt im Verständnis des § 15 Abs. 6 GehG wesentlich geändert. Die in Rede stehenden pauschalierten Nebengebühren seien daher für die Monate April 1999 bzw. Oktober 2001 mit Null neu zu bemessen gewesen.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die angefochtenen Bescheide in seinem Recht auf pauschalierte Nebengebühren nach § 15 GehG verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide mit dem Antrag geltend, sie aus diesem Grunde aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im April 1999 stand § 15 GehG in der Fassung dieser Gesetzesbestimmung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 30/1998 in Geltung. § 15 Abs. 1 Z. 8 bis 10, Abs. 2 erster Satz, Abs. 5 und Abs. 6 GehG in der damals in Kraft gestandenen Fassung der wiedergegebenen Absätze bzw. Ziffern nach der 24. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 214/1972, lauteten:

"§ 15. (1) Nebengebühren sind

...

  1. 8. die Erschwerniszulage (§ 19a),
  2. 9. die Gefahrenzulage (§ 19b),
  3. 10. die Aufwandsentschädigung (§ 20),

    ...

(2) Die unter Abs. 1 Z. 1, 4 bis 6 und 8 bis 11 angeführten

Nebengebühren ... können pauschaliert werden, wenn die

Dienstleistungen, die einen Anspruch auf eine solche Nebengebühr begründen, dauernd oder so regelmäßig erbracht werden, dass die Ermittlung monatlicher Durchschnittswerte möglich ist. ...

...

(5) Der Anspruch auf pauschalierte Nebengebühren wird durch einen Urlaub, während dessen der Beamte den Anspruch auf Monatsbezüge behält, oder eine Dienstverhinderung auf Grund eines Dienstunfalles nicht berührt. Ist der Beamte aus einem anderen Grund länger als einen Monat vom Dienst abwesend, so ruht die pauschalierte Nebengebühr von dem auf den Ablauf dieser Frist folgenden Monatsersten bis zum Letzten des Monates, in dem der Beamte den Dienst wieder antritt.

(6) Die pauschalierte Nebengebühr ist neu zu bemessen, wenn sich der ihrer Bemessung zu Grunde liegende Sachverhalt wesentlich geändert hat. Die Neubemessung wird im Falle der Erhöhung der pauschalierten Nebengebühr mit dem auf die Änderung folgenden Monatsersten, in allen anderen Fällen mit dem auf die Zustellung des Bescheides folgenden Monatsersten wirksam."

Im Oktober 2001 stand § 15 GehG in der Fassung durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 94/2000 in Kraft. In dieser Fassung trat in Ansehung der oben wiedergegebenen Teile dieser Gesetzesbestimmung lediglich insoweit eine Änderung ein, als dem § 15 Abs. 2 erster Satz GehG der Klammerausdruck "Einzelpauschale" angefügt wurde.

In den Materialien zu § 15 GehG in der Fassung der 24. Gehaltsgesetz-Novelle (RV 323 BlgNR 13. GP, 8) heißt es (auszugsweise):

"... Im Interesse einer Verwaltungsvereinfachung ist es auch

notwendig, Nebengebühren, die regelmäßig als Einzelleistung anfallen würden, zur Vermeidung unnötiger Verwaltungsarbeiten zu pauschalieren und generell anzuweisen. Im § 15 ist daher neben der Aufzählung der Nebengebühren die Regelung ihrer Pauschalierung enthalten. ...

...

Aus dem Zweck der Pauschalierung ergibt sich auch, dass sie nicht bei jeder Dienstverhinderung oder beim Urlaub einzustellen ist, sondern auch in Zeiten, in denen allenfalls die anspruchsbegründende Mehrleistung nicht erbracht wird, kurzfristig weiterbezahlt wird. Diese Durchschnittsmöglichkeiten der Zahlung ohne Erbringung der zu Grunde liegenden Leistung wird eben bei der Festsetzung des Pauschales auf das Jahr bezogen, zu berücksichtigen sein."

§ 51 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, in der Stammfassung dieses Gesetzes lautet:

"§ 51. (1) Der Beamte, der vom Dienst abwesend ist, ohne vom Dienst befreit oder enthoben zu sein, hat den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen."

Der Beschwerdeführer vertritt auch vor dem Verwaltungsgerichtshof primär die Auffassung, der vorliegende Sachverhalt wäre richtigerweise dem § 15 Abs. 5 zweiter Satz GehG zu unterstellen gewesen. Es könne auch in seinem Fall durchaus davon gesprochen werden, dass er während seiner Zuteilung zur Munitionslagerabteilung G im Verständnis des § 15 Abs. 5 zweiter Satz GehG "vom Dienst abwesend" gewesen sei.

Dieser Auffassung ist jedoch - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt - das hg. Erkenntnis vom 18. November 1991, Zl. 90/12/0133, sowie auch das hg. Erkenntnis vom 24. September 1997, Zl. 96/12/0215, entgegen zu halten, wonach der Begriff "Abwesenheit vom Dienst" in jenem Sinne zu verstehen ist, wie er auch in § 51 Abs. 1 BDG 1979 verwendet wird. Daraus folgt aber, dass ein einer anderen Dienststelle dienstzugeteilter Beamter nicht im Verständnis des § 15 Abs. 5 zweiter Satz GehG vom Dienst abwesend ist.

Damit ist freilich für die belangte Behörde nichts gewonnen:

Voraussetzung für die von der belangten Behörde vorgenommene Neubemessung der pauschalierten Nebengebühren wäre aus dem Grunde des § 15 Abs. 6 GehG gewesen, dass sich der der Bemessung zu Grunde liegende Sachverhalt wesentlich geändert hätte. Zutreffend weist der Beschwerdeführer zunächst darauf hin, dass sich die Bemessung der Nebengebührenpauschale nach mehrmonatigen Gegebenheiten, im Regelfall nach einem ganzen Jahr, zu richten hat. Dies folgt zum einen aus § 15 Abs. 2 erster Satz GehG, wonach Voraussetzung für die Pauschalierung ist, dass die Dienstleistungen dauernd oder so regelmäßig erbracht werden, dass die Ermittlung monatlicher Durchschnittswerte möglich ist. Zum anderen zeigt sich aus den oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung, dass der Festsetzung des Pauschales in aller Regel eine Jahresbetrachtung zu Grunde zu legen sein wird. Für die Frage der Wesentlichkeit der Änderung des Sachverhaltes spielt, wie das Abstellen auf Durchschnittswerte bei der Pauschalierung der Nebengebühren für regelmäßig (also nicht dauernd, sondern mit Unterbrechungen) geleistete nebengebührenbegründende Dienste zeigt, auch die Dauer jener Zeiträume eine Rolle, in denen solche Dienstleistungen nicht erbracht werden.

Wie der Beschwerdeführer richtig erkennt, folgt aus § 15 Abs. 5 zweiter Satz GehG e contrario, dass eine Abwesenheit vom Dienst aus anderen als den im ersten Satz leg. cit. genannten Gründen für einen ein Monat nicht übersteigenden Zeitraum keinen Einfluss auf die pauschalierten Nebengebühren hat. Damit drängt sich - wie der Beschwerdeführer weiters zutreffend ausführt - ein Größenschluss geradezu auf: Wenn sogar bei einem gänzlichen Entfall jeglicher dienstlicher Tätigkeit bis zu einer Dauer von einem Monat das Nebengebührenpauschale unverändert weiter gebührt, so erscheint dies umso mehr gerechtfertigt, wenn - als Folge einer Dienstzuteilung - zwar nicht die anspruchsbegründenden Leistungen, wohl aber andere dienstliche Leistungen auch in einem solchen Zwischenzeitraum erbracht werden. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Verständnis des § 15 Abs. 6 GehG tritt folglich frühestens dann ein, wenn als Folge einer solchen Dienstzuteilung die die Nebengebührenpauschale begründenden Tätigkeiten über ein Monat lang nicht ausgeübt werden.

Diese Auslegung findet auch insofern ihre Stütze in den Gesetzesmaterialien, als der Zweck der Pauschalierung der Nebengebühren in einer Verwaltungsvereinfachung liegt. Dem liefe es aber zuwider, wenn bei jeder vorübergehenden Änderung der Verwendung des Beamten (hier als Folge einer Dienstzuteilung), mag sie auch bloß kurze Zeiträume umfassen, jeweils mit einer Neubemessung der pauschalierten Nebengebühren vorzugehen wäre.

Indem die belangte Behörde diese Rechtslage verkannte, belastete sie die angefochtenen Bescheide mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit und verletzte den Beschwerdeführer aus nachstehenden Erwägungen auch in seinem als Beschwerdepunkt geltendgemachten subjektiven Recht:

Das GehG räumt dem Beamten nach der hg. Rechtsprechung weder ein subjektives Recht auf die Pauschalberechnung noch auf die Beibehaltung einer einmal vorgenommenen Pauschalierung von Nebengebühren ein. Von dieser Aussage ist insbesondere die Entscheidung betroffen, ob die Dienstbehörde die Pauschalierung von Nebengebühren aus verwaltungsökonomischen Gründen weiterhin für geboten erachtet, oder aber - verneinendenfalls - mit einer Aufhebung der Pauschalierung vorgeht. Vorliegendenfalls hat die belangte Behörde aber nicht etwa die Pauschalierung der Nebengebühren unter Hinweis auf verwaltungsökonomische Gründe aufgehoben, sondern vielmehr infolge Änderung des Leistungsumfanges des Beschwerdeführers eine Neubemessung der pauschalierten Nebengebühren für jeweils einen Kalendermonat, und zwar mit Null vorgenommen. Der eingangs wiedergegebene Grundsatz bedeutet nach der neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht, dass die Vornahme einer Neubemessung pauschalierter Nebengebühren subjektive Rechte des Beamten schlechthin unberührt ließe. So verletzt eine auf § 15 Abs. 6 GehG gestützte Neubemessung der pauschalierten Nebengebühren, welche aus einem Anlass vorgenommen wird, der in Wahrheit dem § 15 Abs. 5 GehG zu unterstellen ist, ohne dass (darüber hinaus) die Voraussetzungen des § 15 Abs. 6 GehG vorlägen, den Beamten in seinen Rechten (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 18. November 1991, Zl. 90/12/0233, und vom 15. Mai 2002, Zl. 2001/12/0224). Wie oben ausgeführt, erwies sich die hier vorgenommene, gleichfalls auf § 15 Abs. 6 GehG gestützte Neubemessung auch auf Grund eines Größenschlusses aus § 15 Abs. 5 zweiter Satz GehG als objektiv rechtswidrig. Der in der zitierten Vorjudikatur entwickelte Grundsatz, wonach eine auf Grund eines in der letztgenannten Bestimmung geregelten Anlasses vorgenommene Neubemessung der Nebengebühren den Beamten in Rechten verletzt, trifft zur Vermeidung der oben aufgezeigten Wertungswiderprüche auch hier zu.

Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 11. Dezember 2002

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