VwGH 2002/07/0020

VwGH2002/07/002027.6.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der V S in A, vertreten durch Dr. Wolf Günter Auer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Priesterhausgasse 3/Stiege 1/3. Stock, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 20. Dezember 2001, Zl. 8-Allg-211/15/2001, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: W A, O), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56 impl;
WRG 1959 §122 Abs1;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §31 Abs3;
WRG 1959 §32;
AVG §56 impl;
WRG 1959 §122 Abs1;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §31 Abs3;
WRG 1959 §32;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 1. Dezember 1998 teilte die Beschwerdeführerin der Bezirkshauptmannschaft F (BH) mit, der Mitbeteiligte wolle auf dem Grundstück Nr. 5/1 der KG O Baggerarbeiten zur Errichtung eines Teiches durchführen. Die Beschwerdeführerin sei Anrainerin mit dem Grundstück Nr. 5/2, auf dem sich ein wasserrechtlich bewilligter Feuerlösch- und Fischteich befinde. Durch die geplanten Baggerarbeiten im Nahebereich der Kalkgruberquelle, aus der ihr Teich gespeist werde, würde das Wasserrecht der Beschwerdeführerin (Teichanlage) gefährdet. Die Beschwerdeführerin ersuche daher um einen Ortsaugenschein.

Die BH führte ein Ermittlungsverfahren zu der Frage durch, ob die vom Mitbeteiligten geplanten Maßnahmen einer wasserrechtlichen Bewilligungspflicht unterlägen.

Mit Bescheid vom 24. August 1999 traf die BH folgende Entscheidung:

"Die Beschwerde der (Beschwerdeführerin) vom 01.12.1998, betreffend die beabsichtigten Baggerarbeiten des (Mitbeteiligten) bei dem auf dem Grundstück Nr. 5/1, KG O, befindlichen Biotop, wird mangels Bewilligungspflicht der gegenständlichen Maßnahmen abgewiesen."

Als Rechtsgrundlagen führt dieser Bescheid die §§ 32 Abs. 2 lit. c und 98 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) an.

In der Begründung ging die BH auf Grund der eingeholten Sachverständigengutachten davon aus, dass durch die geplanten Maßnahmen des Mitbeteiligten kein wasserrechtlicher Bewilligungstatbestand erfüllt werde.

Die Beschwerdeführerin berief.

Die belangte Behörde führte ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durch, das sich mit dem Thema der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht der Maßnahmen des Mitbeteiligten beschäftigte. Im Zuge dieses Ermittlungsverfahrens wurde auch festgestellt, dass der Mitbeteiligte bereits Maßnahmen verwirklicht hatte.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 20. Dezember 2001 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab.

Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die Maßnahmen des Mitbeteiligten keiner wasserrechtlichen Bewilligungspflicht unterlägen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Maßnahmen des Mitbeteiligten seien entgegen der Auffassung der belangten Behörde wasserrechtlich bewilligungspflichtig. Aus Sicht der Beschwerdeführerin sei die Vorgangsweise des Mitbeteiligten eine eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 WRG 1959.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Mitbeteiligte hat sich am verwaltungsgerichtlichen

Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin hat der BH Mitteilung über eine geplante, aber noch nicht verwirklichte Maßnahme des Mitbeteiligten gemacht und die Durchführung eines Ortsaugenscheines begehrt, was die BH als Antrag auf eine Entscheidung über die Zulässigkeit dieser geplanten Maßnahmen gedeutet hat.

Es räumt aber keine Bestimmung des WRG 1959 die Möglichkeit ein, bei der Wasserrechtsbehörde Abhilfe (in Bescheidform) gegen eine geplante Maßnahme von der Art, wie sie im Beschwerdefall in Rede steht, zu begehren.

§ 32 WRG 1959, der im Bescheid der BH wie auch im Bescheid der belangten Behörde genannt ist, regelt nur, unter welchen Voraussetzungen Einwirkungen auf Gewässer wasserrechtlich bewilligungspflichtig sind; hingegen gibt diese Bestimmung keine Handhabe dafür, ein Tätigwerden der Behörde gegen bloß geplante Maßnahmen zu beantragen.

Nach dem in der Beschwerde erwähnten § 138 Abs. 1 WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

b) Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen durch geeignete Maßnahmen zu sichern, wenn die Beseitigung gemäß lit. a nicht oder im Vergleich zur Sicherung an Ort und Stelle nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten (Aufwand) möglich ist,

c) die durch eine Gewässerverunreinigung verursachten Missstände zu beheben,

d) für die sofortige Wiederherstellung beschädigter gewässerkundlicher Einrichtungen zu sorgen.

Schon der Wortlaut dieser Bestimmung zeigt eindeutig, dass sie nur dann zur Anwendung kommt, wenn jemand bereits die Bestimmungen des WRG 1959 übertreten hat, wenn also Maßnahmen, die dem WRG 1959 zuwiderlaufen, bereits verwirklicht wurden.

Auf diese Bestimmung konnte die Beschwerdeführerin daher ihren Antrag auch nicht stützen.

Nach § 122 Abs. 1 WRG 1959 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei Gefahr im Verzuge - zur Wahrung öffentlicher Interessen von Amts wegen, zum Schutze Dritter auf deren Antrag - die erforderlichen einstweiligen Verfügungen treffen.

Einstweilige Verfügungen dürfen aber nicht "rein vorbeugend", das heißt vor Beginn einer allenfalls gefährlichen Tätigkeit, erlassen werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1988, 87/07/0108).

Auch diese Bestimmung scheidet als Grundlage für den Antrag der Beschwerdeführerin aus.

§ 31 Abs. 3 WRG kommt erst dann zum Tragen, wenn bereits die konkrete Gefahr einer Gewässerverunreinigung eingetreten ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Mai 1988, 87/07/0111 = VwSlgNF 12.723/A u.a.), scheidet daher im Beschwerdefall auch von vornherein aus.

Anträge aber, die im Gesetz nicht vorgesehen sind, sind von der Behörde keiner inhaltlichen Erledigung zuzuführen, sondern zurückzuweisen.

Die BH hat aber in ihrem Bescheid "die Beschwerde der (Beschwerdeführerin) vom 01.12.1998, betreffend die beabsichtigten Baggerarbeiten des (Mitbeteiligten) bei dem auf dem Grundstück Nr. 5/1, KG O, befindlichen Biotop" mangels Bewilligungspflicht dieser Maßnahmen abgewiesen.

Die belangte Behörde hat die Entscheidung unverändert bestätigt und damit zum Inhalt ihres Bescheides gemacht. Auch die belangte Behörde hat also eine Beschwerde gegen geplante Maßnahmen abgewiesen.

Nun muss aber eine Abweisung statt einer Zurückweisung nicht in jedem Fall zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen.

Eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides läge dann nicht vor, wenn die Behörde sich lediglich im Ausdruck vergriffen hätte und aus dem Inhalt des Bescheides hervorginge, dass der Antrag der Beschwerdeführerin ohnehin zurückgewiesen werden sollte (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1263, wiedergegebene Rechtsprechung).

Ein Vergreifen im Ausdruck liegt aber im Beschwerdefall nicht vor. Aus dem Inhalt der Bescheide beider Rechtsstufen ergibt sich, dass nicht eine Zurückweisung wegen des durch das Fehlen jeglicher gesetzlichen Grundlage für den Antrag begründeten Mangels der Antragslegitimation, sondern eine Abweisung wegen mangelnder wasserrechtlicher Bewilligungspflicht der geplanten Maßnahmen vorgenommen wurde.

Eine Abweisung statt einer Zurückweisung würde aber auch dann keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit darstellen, wenn durch die Abweisung die Rechtslage der Beschwerdeführerin nicht schlechter gestaltet würde als durch eine Zurückweisung (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1263, angeführte Rechtsprechung).

Davon kann aber im Beschwerdefall keine Rede sein. Die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin erfolgte mit der Begründung, die Maßnahmen des Mitbeteiligten seien nicht bewilligungspflichtig. Bliebe diese Entscheidung aufrecht, dann wäre gegenüber der Beschwerdeführerin rechtskräftig die Entscheidung getroffen, dass der Mitbeteiligte die Maßnahmen ohne wasserrechtliche Bewilligung durchführen kann. Die Entscheidung der belangten Behörde ist daher geeignet, in Rechte der Beschwerdeführerin einzugreifen. Dabei ist nicht zu prüfen, ob die Auffassung der belangten Behörde bezüglich der mangelnden Bewilligungspflicht richtig ist oder nicht, da diese Frage nicht in einem dafür nicht zulässigen Verfahren entschieden werden durfte. Überdies läuft die bekämpfte Entscheidung im Ergebnis auf eine Feststellung über die wasserrechtliche Bewilligungspflicht geplanter Maßnahmen hinaus, die aber jedenfalls bei einer Konstellation wie der des Beschwerdefalles, bei der die Beschwerdeführerin die Möglichkeit hat, im Falle der Verwirklichung der Maßnahmen mit einem Antrag nach § 138 WRG 1959 vorzugehen, unzulässig ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Oktober 1994, 92/07/0102).

Schließlich ist noch der Umstand zu beachten, dass im Laufe des Verfahrens vor der belangten Behörde sich der Sachverhalt insofern geändert hat, als der Mitbeteiligte Maßnahmen verwirklicht hat.

Es kann dahingestellt bleiben, ob eine solche Sachverhaltsänderung überhaupt geeignet wäre, den ursprünglich unzulässigen Antrag nunmehr zu einem zulässigen, von der belangten Behörde zu behandelnden, zu machen.

Die belangte Behörde hat nämlich den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides unverändert aufrechterhalten, das heißt, sie hat über "geplante Maßnahmen" entschieden. Für die Rechtswidrigkeit einer solchen Entscheidung ist es aber ohne Belang, dass sich gegenüber dem erstinstanzlichen Bescheid der Sachverhalt dahin geändert hat, dass geplante Maßnahmen bereits verwirklicht wurden.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2002.

Wien, am 27. Juni 2002

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