Normen
11992E073B EGV Art73b;
11997E056 EG Art56;
B-VG Art140;
B-VG Art7;
EURallg;
JagdG Stmk 1986 §3;
JagdRallg;
MRKZP 01te Art1 Abs2;
StGG Art5;
11992E073B EGV Art73b;
11997E056 EG Art56;
B-VG Art140;
B-VG Art7;
EURallg;
JagdG Stmk 1986 §3;
JagdRallg;
MRKZP 01te Art1 Abs2;
StGG Art5;
Spruch:
Die Beschwerden des Zweit- und des Drittbeschwerdeführers werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
Auf Grund der Beschwerden, den diesen angeschlossenen Ausfertigungen der angefochtenen Bescheide und des von Verfassungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsaktes ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 12. November 2001 wurde der Antrag der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers auf Feststellung der Befugnis zur Eigenjagd für die näher angeführte Grundfläche abgewiesen. Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurde die dagegen allein vom Zweitbeschwerdeführer erhobene Berufung mit der Begründung abgewiesen, dass das Gesamtausmaß der beantragten Grundflächen lediglich 31,2235 ha betrage und somit nicht dem Mindesterfordernis des § 3 Stmk. Jagdgesetz 1986 entspreche, der für die Feststellung einer Eigenjagd eine zusammenhängende Grundfläche von 115 ha verlange.
Mit dem zweitangefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Antrag des Drittbeschwerdeführers auf Feststellung der Befugnis zur Eigenjagd für seine näher angeführten Grundflächen mit der Begründung abgewiesen, dass das Gesamtausmaß der beantragten Grundflächen lediglich 50,3283 ha betrage und somit nicht dem Mindesterfordernis des § 3 Stmk. Jagdgesetz 1986 entspreche.
Die Behandlung der zunächst dagegen beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerden wurde mit den Beschlüssen vom 10. Juni 2002, B 523/02-6, bzw. B 521/02-6, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und die Beschwerden jeweils gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In den nach Aufforderung beim Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerden wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes der Bescheide, eine Verletzung des Gleichheitssatzes, des Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums und des Rechtes auf Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 73b EGV geltend gemacht.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihre sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
1. Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin war im Hinblick darauf, dass der erstangefochtene Bescheid nur vom Zweitbeschwerdeführer mit Berufung bekämpft worden war, mangels Erschöpfung des Instanzenzuges gemäß § 34 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 VwGG zurückzuweisen (vgl. Dolp, Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 1987, S. 388).
2. Zu den Beschwerden des Zweit- und des Drittbeschwerdeführers:
Gemäß § 3 Stmk. Jagdgesetz 1986, LGBl. Nr. 23, steht die Befugnis zur Eigenjagd dem Besitzer einer zusammenhängenden Grundfläche von mindestens 115 ha (Eigenjagdgebiet), wobei es keinen Unterschied macht, ob diese ganze Grundfläche in einer Gemeinde liegt oder sich auf das Gebiet mehrerer Gemeinden erstreckt. Auch macht es keinen Unterschied, ob der Besitzer eine physische oder eine juristische, eine einzelne Person oder eine Mehrheit von Personen ist; im letzteren Falle muss jedoch der Besitz räumlich ungeteilt sein.
Sofern diese Beschwerdeführer zu der in § 3 leg. cit. festgelegten Mindestgröße für eine Eigenjagd gleichheitsrechtliche Bedenken und eine Verletzung im Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums geltend machen, kann auf die angeführten Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes verwiesen werden, in denen u. a. ausgeführt wurde, dass, soweit die Beschwerde
"verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Art. 7 B-VG und Art. 5 StGG die behauptete Rechtsverletzung insbesondere hinsichtlich der Anordnung einer Mindestgröße für die Befugnis zur Eigenjagd, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung eines sonstigen Rechts wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen" lässt, "dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat."
Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt im Hinblick auf Art. 5 StGG und Art. 7 B-VG keine Bedenken gegen die verfahrensgegenständliche Festlegung einer Mindestgröße für die Einräumung der Befugnis zur Eigenjagd.
In dem von diesen Beschwerdeführern auch ins Treffen geführten Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vom 29. April 1999 im Fall Chassagnou u.a. gegen Frankreich (Pkt. 79) hat der EGMR zum Ausdruck gebracht, dass es im öffentlichen Interesse gelegen ist, die ungeregelte Jagdausübung zu vermeiden und eine vernünftige Bewirtschaftung des Wildbestandes zu fördern. Der vorliegenden Regelung über die Voraussetzungen zur Berechtigung der Jagdausübung auf einer Eigenjagd in dem Bundesland Steiermark liegt dieses öffentliche Interesse zweifellos zu Grunde. Die verfahrensgegenständliche Regelung des § 3 leg. cit. erscheint dem Verwaltungsgerichthof daher auch im Lichte des Art. 1 Abs. 2 1. ZP. MRK unbedenklich. Eine Unverhältnismäßigkeit des angefochtenen Bescheides, wie sie der EGMR in dem angeführten Urteil festgestellt hat, ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Der EGMR hat in diesem Urteil die Verpflichtung von Eigentümern kleinerer Grundstücke (unter 20 ha), ihr Jagdrecht auf eine Gesellschaft übertragen zu müssen, sodass andere davon in einer Weise Gebrauch machen können, die nicht mit ihrer Weltanschauung vereinbar ist, als unverhältnismäßige Belastung im Lichte des Art. 1 Abs. 2 MRK angesehen.
Die Beschwerdeführer machen weiters geltend, § 3 leg. cit. verstoße gegen das Recht auf Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 73b EGV. Durch die Festlegung einer Untergrenze von mindestens 115 ha zur Erlangung der Eigenjagdbefugnis werde die Nutzung des Grundstückes der Beschwerdeführer willkürlich eingeschränkt und der Wert des Grundstückes mindestens um die Hälfte vermindert. Es werde damit die Freiheit des Kapitalverkehrs beschränkt und unmittelbar anwendbares EU-Recht verletzt. § 3 Stmk. Jagdgesetz 1986 sei infolge des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechtes in verfassungswidriger und insbesondere europarechtswidrigerweise angewendet worden.
Gemäß Art. 73b EGV (nunmehr Art. 56 EG in der Fassung des Amsterdamer Vertrages BGBl. I Nr. 83/1999) sind im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten.
Der Kapitalverkehr umfasst alle finanziellen Transaktionen, die nicht direkt durch den Waren- oder Dienstleistungsverkehr bedingt sind; diese können Sachkapital (wie z. B. Direktinvestitionen und Immobilien) oder Geldkapital darstellen. Im Gegensatz zum Waren- oder Dienstleistungsverkehr handelt es sich beim Kapitalverkehr um einseitige Wertübertragungen aus einem Mitgliedstaat in einen anderen, die zugleich regelmäßig eine Vermögensanlage darstellen (vgl. Von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Hrsg., Kommentar zum EU/EG-Vertrag5, 1/1561; siehe auch den hg. Beschluss vom 19. Oktober 2001, Zl. 2000/02/0288). Die verfahrensgegenständliche Regelung und der angefochtene Bescheid betreffen keine Beschränkung des Kapitalverkehrs im dargelegten Sinne zwischen den Mitgliedstaaten bzw. zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Staaten. Die Möglichkeit der Nutzung eines Grundstückes als Jagdgebiet berührt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes diesen Kapitalverkehr nicht. § 3 Stmk. JagdG kann auch nicht als eine indirekte Beschränkung des Kapitalverkehrs gemäß Art. 56 EG qualifiziert werden (vgl. Von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Hrsg., Kommentar zum EU/EG-Vertrag5, S 1/1570, nach dem sich das Beschränkungsverbot betreffend die Kapitalverkehrsfreiheit auf alle Transaktionen bezieht, die wirtschaftlich dem Kapital- oder Zahlungsverkehr zugeordnet werden können, unabhängig davon, ob sie in nationaler oder fremder Währung oder auch in ECU ausgedrückt sind). Eine Europarechtswidrigkeit des § 3 Stmk. JagdG ist somit für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht ersichtlich.
Da bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen lässt, dass die von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick darauf, dass in der Beschwerde nur Rechtsfragen aufgeworfen wurden, gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 abgesehen werden (vgl. das Urteil des EGMR vom 26. April 1995 im Fall Fischer gegen Österreich, Pkt. 44 zweiter Absatz).
Wien, am 13. November 2002
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