Normen
UStG 1994 §3 Abs1;
UStG 1994 §3 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen einer Taxi-, Mietwagen- und Lastentransportunternehmerin (Gemeinschuldnerin). Zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung am 23. Mai 1997 bestanden offene Kreditverbindlichkeiten gegenüber der S-Bank. Diese Kreditverbindlichkeiten resultierten aus dem Kauf der Autobusse Neoplan N 316 SHD und Setra S 211 HD durch die nunmehrige Gemeinschuldnerin, bei welchem der Lieferer der Autobusse die Kaufpreisforderung sowie das ihm noch zustehende Eigentumsrecht an denselben mit Zustimmung der Gemeinschuldnerin der S-Bank übertragen hatte. Die Gemeinschuldnerin hatte gegenüber der Bank die Erklärung abgegeben, dass sie für den Fall der Verwertung des Sicherungsgutes durch die Bank mit einer Abrechnung mittels Gutschrift einverstanden sei.
Im Zuge des Insolvenzverfahrens machte die S-Bank die Rechte aus dem Eigentumsvorbehalt geltend und verkaufte in der Folge die beiden Autobusse (Kaufverträge vom 12. September 1997). Der von der Bank erzielte Erlös in Höhe von insgesamt S 3,237.196,-- wurde dem Kreditkonto der Gemeinschuldnerin gutgeschrieben.
Bei einer abgabenbehördlichen Prüfung betreffend die Umsatzsteuervoranmeldungen der Gemeinschuldnerin für Jänner bis September 1997 stellte der Prüfer u. a. fest, dass durch die Übergabe der Autobusse Neoplan N 316 SHD und Setra S 211 HD im September 1997 an die S-Bank die Verfügungsmacht an die S-Bank übertragen und somit eine umsatzsteuerpflichtige Lieferung durch die Gemeinschuldnerin ausgeführt worden sei. In der Folge ermittelte er die Bemessungsgrundlage mit S 2,182.291,-- (für den Autobus Neoplan N 316 SHD) und S 515.372,35 (für den Autobus Setra S 211 HD), also zusammen "2,697.663,35 (netto, 20 % USt.)".
Das Finanzamt folgte den Prüferfeststellungen und setzte letztlich die Umsatzsteuer für das Jahr 1997 dementsprechend fest. Der Beschwerdeführer erhob Berufung und führte in der Begründung aus, dass gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 1987, 85/15/0329, in der Herausgabe der Autobusse keine Lieferung durch die Konkursmasse zu sehen sei. Weiters brachte er vor, dass über diesen Vorgang nie eine Gutschrift ausgestellt bzw. eine solche von der S-Bank nie übermittelt worden sei, sodass keine Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung entstanden sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung mit der Begründung abgewiesen, dass das vom Beschwerdeführer herangezogene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes auf der Grundlage des UStG 1972 ergangen sei. Nunmehr müsse der Lieferbegriff des § 1 Abs. 1 UStG 1994 jedoch im Lichte des Gemeinschaftsrechtes interpretiert werden.
Gemäß Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, 77/388/EWG, gelte als Lieferung eines Gegenstandes auch die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, auch wenn das rechtliche Eigentum an diesem Gegenstand noch nicht übertragen worden ist (vgl. EuGH vom 8. Februar 1990, C-320/88 ). Werde ein Sicherungsgut durch den Sicherungsnehmer (Bank) veräußert, lägen daher zwei Lieferungen vor. Der Käufer liefere an die Bank, diese an den Dritten. Selbst wenn man dieser Rechtsansicht nicht folgen wolle, sei jedenfalls die Umsatzsteuerschuld gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 entstanden, da der Beschwerdeführer der Gutschriftsausstellung durch die Bank nicht widersprochen habe.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die Beschwerde richtet sich nicht gegen die Höhe der Bemessungsgrundlage, sondern gegen die Steuerschuld dem Grunde nach. Der Beschwerdeführer vertritt - gestützt auf das hg. Erkenntnis vom 16. März 1987, 85/15/0329 - die Ansicht, es liege kein Umsatz zwischen der Masse und der Bank vor.
Gemäß § 3 Abs. 1 UStG 1994 sind Lieferungen Leistungen, durch die ein Unternehmer den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Die Verfügungsmacht über den Gegenstand kann von dem Unternehmer selbst oder in dessen Auftrag durch einen Dritten verschafft werden.
Damit eine Lieferung zu Stande kommt, muss der Unternehmer den Abnehmer befähigen, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Der Inhalt dieser Verfügungsbefähigung wird vom Gesetz nicht näher erläutert. Die Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums ist für die Lieferung nicht erforderlich. Der Verkauf eines Gegenstandes unter Eigentumsvorbehalt des Lieferers stellt umsatzsteuerlich bereits eine Lieferung dar, weil der Lieferer dem Abnehmer trotz des Eigentumsvorbehaltes die Verfügungsgewalt über den Gegenstand der Lieferung verschafft (vgl. Kranich/Siegl/Waba, UStG 1972, § 3 Anm. 30 und 32).
Laut Angabe in der Beschwerde befindet sich in den von der S-Bank und der Vorbehaltskäuferin (Gemeinschuldnerin) unterfertigten Kreditverträgen folgende Textstelle:
"... Durch Unterfertigung der Kreditzusage bestätigen Sie uns, dass Sie Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1972 sind und das Sicherungsgut zu Ihrem Betriebsvermögen gehört. Für den Fall der Verwertung des Sicherungsgutes durch uns sind Sie damit einverstanden, dass wir mit Ihnen mittels Gutschrift über die Lieferung des Sicherungsgutes von Ihnen an uns abrechnen."
Vor dem Hintergrund dieser Vereinbarung ist mit der Geltendmachung des Eigentumsvorbehaltes die Befähigung, im eigenen Namen über die Autobusse zu verfügen, vom Beschwerdeführer auf die S-Bank übertragen worden. Damit hat umsatzsteuerrechtlich eine Lieferung der Autobusse an die S-Bank stattgefunden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 2000, 97/14/0147, bei welchem fast gleich lautende Vereinbarungen für den Fall der Geltendmachung des Eigentumsvorbehaltes zu Grunde gelegen sind, sowie das Erkenntnis vom 24. Oktober 2000, 2000/14/0086).
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen überzeugen die Beschwerdeausführungen, es liege keine Lieferung der Konkursmasse vor, nicht. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass er als Masseverwalter der Gemeinschuldnerin nie die Verfügungsmacht über die Erlöse habe erlangen können, da diese von der S-Bank "automatisch zur Abdeckung des offenen Kreditsaldos" verwendet worden seien. Mangels verfügbarer Finanzmittel habe der Masseverwalter somit keine Überweisungen an die Finanzbehörden tätigen können, um die aus der Lieferung resultierende Umsatzsteuer abzuführen. Dem ist entgegenzuhalten, dass es für die Beurteilung, ob ein Leistungsaustausch zwischen der Konkursmasse und der S-Bank vorliegt, auf die Art, wie das Entgelt geleistet wird (im gegenständlichen Fall: Aufrechnung mit einer bestehenden Schuld), nicht ankommt. Dass dadurch - wie der Beschwerdeführer weiter ausführt - die Konkursmasse Umsatzsteuerbeträge an das Finanzamt hätte abführen müssen, welche ihr gar nicht zugeflossen seien, "wodurch in logischer Konsequenz, wie im vorliegenden Fall, bei höheren Umsatzsteuerbeträgen der Konkurs im Konkurs droht", kann auf die Beurteilung des Vorliegens eines Leistungsaustausches keinen Einfluss haben.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 20. März 2002
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