VwGH 2000/14/0086

VwGH2000/14/008624.10.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde des Dr. Ernst Grubeck, Rechtsanwalt in Schärding, Lamprechtstraße 2, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der P GmbH & Co KG in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 14. März 2000, GZ RV567/1-7/2000, betreffend Umsatzsteuervorauszahlungen für Februar 1999, zu Recht erkannt:

Normen

UStG 1994 §1 Abs1 Z1;
UStG 1994 §3 Abs1;
UStG 1994 §3 Abs3;
UStG 1994 §1 Abs1 Z1;
UStG 1994 §3 Abs1;
UStG 1994 §3 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der P-KG.

Die V-Bank hat der P-KG eine mit 15. Februar 1999 datierte Gutschrift (auf der Urkunde auch als Rechnung Nr. 1 bezeichnet) über die Lieferung eines Sattelzuges samt Sattelaufhänger sowie im Einzelnen aufgelisteter Bühnenausstattungselemente für ein Gesamtentgelt von 1,385.000 S zuzüglich 20 % Umsatzsteuer von 277.000 S erteilt.

Gegen den Bescheid, mit welchem das Finanzamt gegenüber der P-KG die Umsatzsteuervorauszahlung für Februar 1999 unter Einbeziehung der in der genannten Gutschrift bzw Rechnung ausgewiesenen Lieferungen festsetzte, brachte der Beschwerdeführer Berufung ein. Die V-Bank habe im Konkursverfahren ihren Eigentumsvorbehalt am Sattelfahrzeug und den Bühnenausstattungselementen geltend gemacht. Er habe als Masseverwalter der Aussonderung zugestimmt. Die Urkunde vom 15. Februar 1999, in welcher die Umsatzsteuer ausgewiesen sei, sei nicht von ihm ausgestellt worden und werde von ihm nicht anerkannt. Es sei keine Gutschrift erteilt worden. Er spreche sich bereits jetzt gegen eine Gutschriftserteilung aus.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Im Zuge der Konkurseröffnung habe die V-Bank den zur Besicherung des der P-KG eingeräumten Kredites vereinbarten Eigentumsvorbehalt geltend gemacht. Strittig sei nunmehr, ob diese Geltendmachung des Eigentumsvorbehaltes einen Umsatz zwischen der P-KG und der V-Bank bewirke. Durch die Einräumung des Eigentumsvorbehaltes habe die P-KG zugestimmt, dass die V-Bank Eigentümerin von bestimmten Kaufgegenständen werde. Die P-KG habe somit Sicherungseigentum an den betroffenen Wirtschaftsgütern eingeräumt. "Die Einräumung von Sicherungseigentum liegt nämlich dann vor, wenn ohne körperliche Übergabe Eigentum an einer Sache und zu der auflösenden Bedingung der vollständigen Bezahlung einer Schuld übertragen wird." Zahle der Schuldner nicht, dürfe der Gläubiger, also der Sicherungseigentümer, auf die Sache greifen und sich aus ihr befriedigen. Die Übertragung des Sicherungseigentums sei keine Lieferung, weil der Gegenstand beim Sicherungsgeber bleibe. Wenn aber der Sicherungseigentümer später infolge Eintritts der Verfallsklausel die Herausgabe des Gegenstandes begehre und der Sicherungsgeber den Gegenstand dem Sicherungseigentümer übergebe, werde umsatzsteuerrechtlich die Verfügungsmacht übertragen. In diesem Zeitpunkt liefere der Sicherungsgeber an den Sicherungseigentümer. Demgegenüber vertrete die herrschende Meinung zwar den Standpunkt, dass die Lieferungen erst dann erfolge, wenn der Sicherungseigentümer den Gegenstand verwerte; eine solche Ansicht sei jedoch rechtlich nicht begründet und könne nur auf Praktikabilitätsgründe zurückgeführt werden. Überdies wäre die Konsequenz dieser herrschenden Ansicht, dass keine Lieferung vorläge, wenn der Sicherungseigentümer den Gegenstand nicht veräußerte, sondern selbst nutzte.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Im angefochtenen Bescheid ist einerseits von Eigentumsvorbehalt, andererseits von Sicherungseigentum der V-Bank die Rede.

Die Annahme der belangten Behörde, dass ein Fall des Sicherungseigentums vorliege, ist durch ihre Sachverhaltsfeststellungen nicht gedeckt. Zum einen ist es zivilrechtlich nicht möglich, aufgrund einer Sicherungsabrede Eigentum zu übertragen, wenn die für ein Pfandrecht gesetzlich normierten Publizitätserfordernisse nicht erfüllt sind, also insbesondere wenn ein Fall des Besitzkonstituts vorliegt (vgl Spielbüchler in Rummel2, Rz 3 zu § 360, und Koziol/Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts I11, 361). Der angefochtene Bescheid stellt nicht konkret dar, auf welche Weise im gegenständlichen Fall das Eigentum übertragen worden sei, spricht aber jedenfalls von einer Eigentumsübertragung ohne körperliche Übergabe. Zum anderen kommt dem Sicherungseigentümer im Konkurs des Sicherungsgebers lediglich ein Absonderungsrecht zu, also ein Recht auf vorrangige Befriedigung aus der Masse. Dem Sicherungseigentümer steht kein Aussonderungsrecht zu, weshalb er nicht die Ausfolgung des Gegenstände erzwingen kann. Der Beschwerdefall betrifft aber gerade die Aussonderung von Gegenständen aus der Masse und die Übergabe dieser Gegenstände an die V-Bank. Darauf verwiesen sei auch, dass im Falle von Sicherungseigentum die Verfallsklausel - auf diese nimmt der angefochtene Bescheid ausdrücklich Bezug - infolge einer analogen Anwendung des § 1371 ABGB keine Wirkungen zu entfalten vermag (vgl nochmals Spielbüchler, aaO, und Koziol/Welser, aaO, 363, mwN).

Aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid wird davon auszugehen sein, dass es der Eigentumsvorbehalt war, der zur Übergabe des Sattelfahrzeuges und der Bühnenausstattungselemente an die V-Bank geführt hat. Der angefochtene Bescheid geht offenkundig davon aus, dass es nicht die V-Bank selbst war, die die Gegenstände der P-KG verkauft (und unter Eigentumsvorbehalt übertragen) hat; der V-Bank sei nur die Stellung der Kreditgeberin zugekommen. Solcherart liegt der Fall der Übertragung des vorbehaltenen Eigentums vom seinerzeitigen Verkäufer (des Sattelfahrzeuges und der Bühnenausstattung) an die V Bank vor. Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist die umsatzsteuerliche Konsequenz aus der tatsächlichen Übergabe des Sattelfahrzeuges und der Bühnenausstattung von der P-KG an die V-Bank aufgrund der Geltendmachung des Eigentumsvorbehaltes.

Der Eigentumsvorbehalt ist nicht gesetzlich geregelt. Grundsätzlich kann, wenn der Käufer säumig ist, der Verkäufer - insbesondere im Wege der Rückforderung der Kaufgegenstände - vom Kauf zurücktreten; allerdings kann vertraglich anderes vereinbart sein. Vom Inhalt der Parteienvereinbarung hängt es ab, in welchem Umfang Rechte mit der Übertragung des vorbehaltenen Eigentums (und gegebenenfalls der Abtretung der Kaufpreisforderung durch den seinerzeitigen Verkäufer) auf die V-Bank übergegangen sind. Mangels entsprechender Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde über die Parteienvereinbarungen ist nicht erkennbar, ob es im gegenständlichen Fall zu einem bloßen Rücktritt vom Vertrag gekommen ist, oder ob - vergleichbar etwa dem dem hg Erkenntnis vom 27. Juni 2000, 97/14/0147, zugrundeliegenden Sachverhalt - spezielle Vereinbarungen für den Fall der Geltendmachung des Eigentumsvorbehaltes zur Anwendung gekommen sind.

Damit eine Lieferung iSd § 1 Abs 1 Z 1 und § 3 Abs 1 UStG gegeben ist, muss der Unternehmer den Abnehmer befähigen, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (vgl nochmals das hg Erkenntnis 97/14/0147). Ist die Parteienvereinbarung dergestalt, dass bereits mit der Herausgabe der Gegenstände von der P-KG an die V-Bank die Geldforderungen (anteilig) erlöschen, liegt darin eine Lieferung (von der P-KG an die V-Bank). Sollte aber etwa eine Parteienvereinbarung bestehen, aufgrund welcher die Bank die Kaufgegenstände im eigenen Namen, aber auf Rechnung der P-KG (unter Anrechnung auf deren Geldschuld) durch Verkauf an Dritte verwerten muss, wird zwar die Lieferung der Bank an den Dritten die Lieferung der P-KG an die V-Bank voraussetzen; der Zeitpunkt der Lieferung an die V-Bank wird in einem solchen Fall allerdings - vergleichbar der Regelung des § 3 Abs 3 zweiter Satz UStG 1994 zum Kommissionsgeschäft (siehe hiezu Ruppe, UStG2, § 3 Tz 78, und Reiß, StuW 1981, 86) - erst gegeben sein, wenn die Lieferung der V-Bank an den Dritten ausgeführt ist. In einem solchen Fall steht auch die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage für die Lieferung der P-KG an die V-Bank erst in diesem Zeitpunkt fest.

Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, lässt sich wegen des Fehlens der erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen im Beschwerdefall nicht beurteilen, ob die Ausfolgung der Gegenstände an die V-Bank als Lieferung und somit als Umsatz iSd § 1 Abs 1 Z 1 UStG 1994 des Monates Februar 1999 anzusehen ist.

Die belangte Behörde hat es in Verkennung der Rechtslage unterlassen, die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen zu treffen. Der angefochtene Bescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl 416/1994.

Wien, am 24. Oktober 2000

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