VwGH 2001/19/0064

VwGH2001/19/006414.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, in der Beschwerdesache des am 30. März 1975 geborenen H A in W, vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang Kiechl, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Lerchenfelder Straße 115/9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Mai 2001, Zl. 127.244/2-III/11/00, betreffend Nichtigerklärung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 68 Abs. 4 AVG, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §68 Abs4;
AVG §68 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31. Mai 2001 wurde eine dem Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten am 28. Dezember 1999 erteilte Niederlassungsbewilligung mit einer Geltungsdauer vom 28. Dezember 1999 bis 14. Dezember 2000 gemäß § 68 Abs. 4 AVG für nichtig erklärt.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, gemäß § 68 Abs. 4 AVG könnten Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid von einer unzuständigen Behörde erlassen worden sei. Es stehe fest, dass der Beschwerdeführer am 11. Jänner 2000 an einer näher bezeichneten Anschrift in N., in Niederösterreich Unterkunft genommen habe und von der Türkei direkt zugezogen sei. Am 10. Mai 2000 habe er sich von der genannten Anschrift in Niederösterreich abgemeldet und sei seit 15. Mai 2000 an einer näher bezeichneten Anschrift in Wien 5 aufrecht gemeldet. Dem Beschwerdeführer sei am 28. Dezember 1999 von der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten eine Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft - ausgenommen Erwerbstätigkeit" erteilt worden, obwohl er niemals in diesem örtlichen Wirkungsbereich wohnhaft gewesen sei. Dem Beschwerdeführer sei somit von einer (örtlich) unzuständigen Behörde eine Niederlassungsbewilligung erteilt worden, wobei diese Erteilung ohne erforderlichen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung erfolgt und "auch als strafrechtswidrig" zu sehen sei. Aus diesem Grund sei die in Rede stehende Niederlassungsbewilligung gemäß § 68 Abs. 4 AVG als nichtig zu erklären gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid (zusammengefasst) in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Aufenthalt in Österreich verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

§ 68 Abs. 4 AVG lautet (auszugsweise):

"§ 68. ...

...

(4) Außerdem können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid

1. von einer unzuständigen Behörde oder von einer nicht richtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen wurde,

2. einen strafgesetzwidrigen Erfolg herbeiführen würde,

..."

§ 23 Abs. 1 sowie § 31 Abs. 3 Z. 2 FrG 1997 lauten (auszugsweise):

"§ 23. (1) Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, ist - sofern die Voraussetzungen des 2. Abschnittes weiterhin gesichert erscheinen - auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung mit demselben Zweckumfang zu erteilen. ...

....

§ 31. ...

...

(3) Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthaltes eines Fremden im Bundesgebiet richtet sich nach

...

2. der Befristung des Einreise- oder Aufenthaltstitels.

Nach übereinstimmender Rechtsprechung beider Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes bewirkt die Erklärung eines formell und materiell rechtskräftigen Bescheides als nichtig gemäß § 68 Abs. 4 AVG lediglich, dass der Bescheid für die Zukunft nicht mehr besteht ("ex-nunc-Wirkung"). Demgegenüber bleiben für die Vergangenheit die rechtlichen Wirkungen unberührt, die ein solcher Bescheid während der Zeit seines Bestehens mit sich gebracht hat (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Juni 1984, VfSlg. Nr. 10.086, das hg. Erkenntnis vom 17. November 1992, Zlen. 91/08/0043, 0094; Letzteres mit weiteren Hinweisen auf die bis dahin ergangene Rechtsprechung, sowie auch das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1995, Zl. 94/07/0007).

Aus dem Vorgesagten folgt, dass die Erlassung des angefochtenen Bescheides am 31. Mai 2001 nichts daran zu ändern vermochte, dass sich der Beschwerdeführer auf Grund der ihm erteilten, für den gesamten Zeitraum ihrer Geltungsdauer auch wirksam gebliebenen, Niederlassungsbewilligung bis 14. Dezember 2000 gemäß § 31 Abs. 3 Z. 2 FrG 1997 rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Nach den Beschwerdebehauptungen wurde dem Beschwerdeführer mittlerweile auf Grund einer vor Ablauf der Geltungsdauer der genannten Bewilligung erfolgten Antragstellung eine weitere Niederlassungsbewilligung bis 20. November 2001 erteilt. Diese (weitere) Niederlassungsbewilligung wird durch den angefochtenen Bescheid, der die von der Nichtigerklärung betroffene Niederlassungsbewilligung bis zu dem vor der Nichtigerklärung gelegenen Zeitpunkt ihres Ablaufes unberührt gelassen hat, nicht betroffen.

Daraus folgt, dass der angefochtene Bescheid ins Leere gegangen ist und es an der Möglichkeit einer Verletzung des Beschwerdeführers in seinem als Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht auf Aufenthalt in Österreich durch diesen Bescheid fehlt (vgl. zum Ganzen auch den hg. Beschluss vom 20. April 2001, Zlen. 2001/19/0016, 0017).

Aus diesem Grund war die Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 14. September 2001

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