Normen
AVG §56;
AVG §64 Abs2;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §68 Abs4 litd;
AVG §68 Abs4 Z4;
AVG §68 Abs4;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art130 Abs2;
SHG Wr 1973 §10 Abs1;
SHG Wr 1973 §12;
SHG Wr 1973 §13 Abs1;
SHG Wr 1973 §13;
SHG Wr 1973 §38a;
SHG Wr 1973 §7a Abs3;
SHG Wr 1973 §8 Abs1;
SHG Wr 1973 §8;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §64 Abs2;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §68 Abs4 litd;
AVG §68 Abs4 Z4;
AVG §68 Abs4;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art130 Abs2;
SHG Wr 1973 §10 Abs1;
SHG Wr 1973 §12;
SHG Wr 1973 §13 Abs1;
SHG Wr 1973 §13;
SHG Wr 1973 §38a;
SHG Wr 1973 §7a Abs3;
SHG Wr 1973 §8 Abs1;
SHG Wr 1973 §8;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
1. Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. Der zweitangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 17. Juni 1988 beim Magistrat der Stadt Wien (Magistratsabteilung 12, Sozialreferat für den
19. Bezirk; im folgenden erstinstanzliche Behörde) mündlich die "Gewährung einer Dauerleistung der Sozialhilfe für sich selbst" rückwirkend ab 1. März 1988. (Vor seiner Übersiedlung vom 3. in den 19. Wiener Gemeindebezirk hatte er nämlich schon am 11. März 1988 einen Antrag auf Sozialhilfeleistungen an das Sozialreferat für den 3. Bezirk gestellt.) In der darüber aufgenommenen Niederschrift gab er u.a. an, staatenlos zu sein.
Mit Bescheid vom 20. Juni 1988 gewährte die erstinstanzliche Behörde dem Beschwerdeführer gemäß den §§ 8, 12 und 13 des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. für Wien Nr. 11/1973, in der geltenden Fassung (WSHG), im Zusammenhalt mit den §§ 1, 4 und 5 der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe, LGBl. für Wien Nr. 13/1973, in der Fassung der Verordnung LGBl. für Wien Nr. 55/1987 (Richtsatzverordnung), ab 1. März 1988 auf die Dauer unveränderter Verhältnisse Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes durch Gewährung einer monatlichen Geldleistung von S 5.252,-- einschließlich Mietbeihilfe. Begründend wurde ausgeführt, daß sich die Höhe der Geldleistung nach den Richtsätzen bestimme, die durch die im Spruch genannten Richtsatzverordnungen festgelegt seien. Die Zuerkennung gelte nur solange, als die diesem Bescheid zugrundliegenden Einkommens-, Familienverhältnisse und sonstigen Umstände unverändert blieben. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. In der Folge wurden dem Beschwerdeführer auf Grund dieses Bescheides, nach Richtsatzerhöhungen allerdings auch entsprechend erhöhte, Geldleistungen ausgezahlt.
Mit Bescheid vom 12. Juni 1990 stellte die erstinstanzliche Behörde von Amts wegen die dem Beschwerdeführer mit dem genannten Bescheid vom 20. Juni 1988 zuerkannte monatliche Geldleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes mit 31. Mai 1990 ein. Gemäß § 64 Abs. 2 AVG wurde "die aufschiebende Wirkung der Berufung ausgeschlossen". Nach der Bescheidbegründung ergebe sich die Einstellung aufgrund geänderter Einkommens- und Familienverhältnisse. Nach den bei einem Hausbesuch festgestellten Fakten dürfte zwischen dem Beschwerdeführer und L eine Wirtschaftsgemeinschaft bestehen. Deren Einkommen sei bei der Berechnung der Sozialhilfedauerleistung des Beschwerdeführers miteinzubeziehen. Ihr Nettoeinkommen belaufe sich derzeit auf S 20.451,-- und übersteige damit "weitgehend" den Sozialhilferichtsatz für Dauerleistungsbezieher.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung mit dem Antrag, die Berufungsbehörde möge nach Verfahrensergänzung der Berufung Folge geben, den bekämpften Bescheid ersatzlos aufheben und aussprechen, daß die Voraussetzungen zur Gewährung der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes beim Beschwerdeführer nach wie vor gegeben seien. Zur Begründung brachte er vor, daß - entgegen der Vermutung der erstinstanzlichen Behörde - keine Wirtschafts- und Lebensgemeinschaft zwischen ihm und L. bestehe.
Mit dem erstangefochtenen, dem Beschwerdeführer am 12. Dezember 1990 zugestellten Bescheid erklärte die belangte Behörde gemäß § 68 Abs. 4 lit. d AVG in Verbindung mit den §§ 7a und 38a WSHG den Bescheid der erstinstanzlichen Behörde vom 20. Juni 1988 für nichtig. Begründet wurde diese Entscheidung - nach Zitierung des § 7a WSHG und der Feststellung, daß der Beschwerdeführer staatenlos sei - damit, daß er aufgrund dieser Rechts- und Sachlage keinen Rechtsanspruch auf Sozialhilfeleistung habe; es sei lediglich allenfalls eine Unterstützung durch den Sozialhilfeträger als Träger von Privatrechten zur Vermeidung einer sozialen Härte in Frage gekommen. Dennoch habe die erstinstanzliche Behörde über das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 11. März 1988 mit bescheidmäßiger Zuerkennung einer wiederkehrenden Geldleistung (Dauerleistung) nach den Bestimmungen des WSHG entschieden. Gemäß § 68 Abs. 4 lit. d AVG könne ein Bescheid von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn er an einem durch gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leide. Nach § 38a WSHG litten Bescheide über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Geldleistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes gemäß § 13, die den materiellrechtlichen Bestimmungen dieses Gesetzes nicht entsprächen, an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler. In Ausübung des Aufsichtsrechtes sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die zur hg. Zahl 91/08/0043 protokollierte Beschwerde.
Mit dem zweitangefochtenen, dem Beschwerdeführer am 25. Februar 1991 zugestellten Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 12. Juni 1990 gemäß § 66 Abs. 4 AVG statt und behob diesen Bescheid ersatzlos. Begründet wurde diese Entscheidung - ebenfalls nach Zitierung des § 7a WSHG und der Feststellung, daß der Beschwerdeführer staatenlos sei - damit, daß er aufgrund dieser Rechts- und Sachlage keinen Rechtsanspruch auf Sozialhilfeleistung habe; im vorliegenden Fall sei nur allenfalls eine Unterstützung durch den Sozialhilfeträger als Träger von Privatrechten zur Vermeidung einer sozialen Härte in Frage gekommen, was allerdings einer bescheidmäßigen Erledigung nicht zugänglich sei. Es sei daher - ohne auf das Berufungsvorbringen näher einzugehen - spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die zur hg. Zl 91/08/0094 protokollierte Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete je eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges verbunden und darüber erwogen:
1. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Rechtmäßigkeit eines bei ihm angefochtenen Bescheides grundsätzlich nach jener Sach- und Rechtslage zu beurteilen, wie sie sich der belangten Behörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung dargestellt hat (vgl. u. a. das Erkenntnis vom 17. September 1991, Zlen. 91/08/0004, 0093). Es sind daher für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des erstangefochtenen, dem Beschwerdeführer am 12. Dezember 1990 zugestellten und damit rechtskräftigen Bescheides der Inhalt und die Rechtmäßigkeit des zweitangefochtenen Bescheides vom 14. Februar 1991 sowie die daraus erfließenden Konsequenzen ohne Bedeutung. Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des zweitangefochtenen Bescheides ist hingegen von der formellen Rechtskraft des erstangefochtenen Bescheides auszugehen, aber auch diesfalls ohne Bedachtnahme auf eine allfällige Rechtswidrigkeit dieses Bescheides und die daraus erwachsenden Konsequenzen.
2. Zum erstangefochtenen Bescheid:
Gemäß § 68 Abs. 4 lit. d AVG (in der noch anzuwendenden Fassung vor der Wiederverlautbarung BGBl. Nr. 51/1991) können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid an einem durch gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leidet.
Gemäß § 38a WSHG leiden Bescheide über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Geldleistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes gemäß § 13, die den materiellrechtlichen Bestimmungen dieses Gesetzes nicht entsprechen, an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler.
Gemäß § 7a Abs. 1 WSHG stehen Leistungen nach diesem Gesetz grundsätzlich nur Staatsbürgern zu. Nach § 7a Abs. 2 leg. cit. sind den Staatsbürgern folgende Personen gleichgestellt, wenn sie sich erlaubterweise im Inland aufhalten: a) Fremde, insoweit sich eine Gleichstellung aus Staatsverträgen ergibt, oder b) Fremde, wenn mit ihrem Heimatstaat auf Grund tatsächlicher Übung Gegenseitigkeit besteht, insoweit sie dadurch nicht besser gestellt sind als Staatsbürger in dem betreffenden Staat, oder c) anerkannte Flüchtlinge im Sinne des Bundesgesetzes über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 126/1968. Nach § 7a Abs. 3 WSHG kann der Sozialhilfeträger Fremden, die nicht nach Abs. 2 den Staatsbürgern gleichgestellt sind und sich für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten erlaubterweise in Österreich aufhalten, als Träger von Privatrechten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, Krankenhilfe und Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen gewähren, wenn das auf Grund ihrer persönlichen familiären oder wirtschaftlichen Verhältnisse zur Vermeidung einer sozialen Härte geboten erscheint.
Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, sie habe unter Vorspiegelung der Ausübung des Aufsichtsrechtes und unter rechtswidriger Heranziehung der Bestimmung des § 38a WSHG die gewährte Sozialhilfe ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, insbesondere unter Heranziehung der im erstinstanzlichen Bescheid vom 12. Juni 1990 aufgestellten, aber in keiner Weise durch Erhebungen erhärteten Behauptung, der Beschwerdeführer lebe mit L. in Wirtschaftsgemeinschaft, entzogen. Die Anspruchsvoraussetzungen, die zum rechtskräftigen Bescheid vom 20. Juni 1988 geführt hätten, seien daher auch heute noch gegeben. Diesbezüglich liege auch eine relevante Verletzung des Parteiengehörs vor, weil der Beschwerdeführer bei dessen Gewährung das Nichtbestehen der von der Behörde fälschlicherweise angenommenen Lebensgemeinschaft hätte erweisen können. Mangelhaft sei der angefochtene Bescheid weiters deshalb, weil er entgegen den Bestimmungen der §§ 58 und 18 AVG kein Datum enthalte. Dieser Mangel sei deshalb nicht als unwesentlich anzusehen, weil die Wirkung der Entziehung der Sozialhilfe nach dem Inhalt des bekämpften Bescheides sichtlich ab dem Datum der Bescheiderlassung einzutreten habe.
Aus folgenden Erwägungen unbegründet ist zunächst der Beschwerdeeinwand, die belangte Behörde habe bei ihrer Entscheidung § 38a WSHG rechtswidrig herangezogen und (zu ergänzen) schon daher von der ihr nach § 68 Abs. 4 lit. d AVG zustehenden Befugnis, einen formell und materiell rechtskräftigen Bescheid (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rdz. 656) unter bestimmten Voraussetzungen für nichtig zu erklären, zu Unrecht Gebrauch gemacht:
Nach § 38a WSHG leiden (nach dem WSHG ergangene) Bescheide zwar (nur) unter zwei Voraussetzungen an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler, nämlich daß es sich 1. um "Bescheide über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Geldleistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes gemäß § 13" handelt, die 2. "den materiellrechtlichen Bestimmungen dieses Gesetzes nicht entsprechen" (zum Nichtentsprechen bzw. zum Widerspruch vgl. die auch im vorliegenden Zusammenhang beachtlichen Ausführungen in dem zu § 16 Abs. 2 OFG ergangenen Erkenntnis vom 15. Jänner 1982, Slg. 10.631/A). Auf den rechtskräftigen Bescheid der erstinstanzlichen Behörde vom 20. Juni 1988 treffen aber - auch unter Bedachtnahme darauf, daß Gründe, aus denen kraft gesetzlicher Anordnung rechtskräftige Bescheide im Aufsichtswege aufgehoben werden können, als Durchbrechung des allgemeinen Grundsatzes der Unabänderlichkeit rechtskräftiger Bescheide im Prinzip eng auszulegen sind (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 23. Jänner 1992, Zlen. 91/06/0166, 0175, mit weiteren Judikaturhinweisen) - beide Voraussetzungen zu.
Denn mit diesem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß den §§ 8, 12 und 13 WSHG in Verbindung mit Bestimmungen der Richtsatzverordnung ab 1. März 1988 "auf die Dauer unveränderter Verhältnisse" (nämlich der Verhältnisse, von denen die erstinstanzliche Behörde bei der Bescheiderlassung ausging) Hilfe zur Sicherung des (nach § 11 Abs. 1 Z. 1 WSHG zum Lebensbedarf zählenden) Lebensunterhaltes durch Gewährung einer näher genannten monatlichen Geldleistung einschließlich (der nach den § 12 und 13 WSHG der Deckung eines Teiles des Lebensunterhaltes dienenden) Mietbeihilfe, also "monatlich wiederkehrende Geldleistungen", gewährt. Diese Gewährung entsprach aber im Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides deshalb nicht den materiellrechtlichen Bestimmungen des WSHG, weil der staatenlose Beschwerdeführer - unbestritten - nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach § 7a Abs. 1 und 2 WSHG zählte und ihm daher keine Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes nach dem zweiten Abschnitt des WSHG, sondern - nach Maßgabe des § 7a Abs. 3 WSHG - nur Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem dritten Abschnitt gewährt werden durfte.
Daran hat sich mangels einer diesbezüglichen Änderung der Rechtslage und zufolge Fortbestandes der Staatenlosigkeit des Beschwerdeführers bis zur Erlassung des erstangefochtenen Bescheides am 12. Dezember 1990 nichts geändert. Der Bescheid vom 20. Juni 1988 litt daher auch noch im zuletzt genannten Zeitpunkt an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler; allerdings nur, wenn er auch noch damals, worauf später einzugehen sein wird, ungeachtet der nach seiner Erlassung erfolgenden wiederholten Änderung der Richtsatzverordnung und der dadurch bedingten Erhöhung der dem Beschwerdeführer gewährten monatlichen Geldleistungen einerseits und der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom 12. Juni 1990 sowie der Anhängigkeit des diesen Bescheid betreffenden Berufungsverfahrens auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des erstangefochtenen Bescheides andererseits, dem Rechtsbestand angehörte bzw. auf Dauer Rechtswirkungen zu entfalten vermochte.
Andernfalls wäre freilich der Beschwerdeführer durch den (dann ins Leere gehenden) erstangefochtenen Bescheid in keinem Recht verletzt worden. Denn nach ständiger Rechtsprechung der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Februar 1947, VfSlg. 1532, und vom 28. Juni 1984, VfSlg. 10086, sowie die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. September 1949, VwSlg 993/A, vom 11. Juli 1950, VwSlg. 1607/A, vom 11. Oktober 1977, VwSlg. 9.403/A, und vom 15. Mai 1981, VwSlg. 10.452/A) und einem Teil der Lehre (vgl. u. a. Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen I, S 433, Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren I/1, S 381, Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, S 523; anderer Meinung Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rdz. 664, Ringhofer, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I, S 665) bewirkt die Erklärung eines formell und materiell rechtskräftigen Bescheides als nichtig gemäß § 68 Abs. 4 AVG nur, daß der Bescheid für die Zukunft nicht mehr besteht ("ex-nunc-Wirkung"), daß aber für die Vergangenheit die rechtlichen Wirkungen unberührt bleiben, die der Bescheid während der Zeit seines Bestehens mit sich gebracht hat. Auf den Beschwerdefall bezogen bedeutet dies, daß der erstangefochtene Bescheid - mangels eines die Rückwirkung anordnenden (dann freilich schon deshalb rechtswidrigen) Ausspruches - lediglich bewirken konnte, daß der rechtskräftige erstinstanzliche Bescheid vom 20. Juni 1988 unter den genannten Voraussetzungen, daß er auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des erstangefochtenen Bescheides dem Rechtsbestand angehörte bzw. auf Dauer Rechtswirkungen zu entfalten vermochte, für die Zukunft, d.h. ab seiner Erlassung am 12. Dezember 1990, keine Rechtswirkungen mehr entfaltet. Lagen hingegen diese Voraussetzungen im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des erstangefochtenen Bescheides nicht mehr vor, so vermochte er auch keine Rechtswirkungen hinsichtlich des Bescheides vom 20. Juni 1988 nach sich zu ziehen und den Beschwerdeführer demgemäß auch nicht im geltend gemachten Recht zu verletzen.
Die eben genannten Voraussetzungen waren aber im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 12. Dezember 1990 gegeben. Denn der rechtskräftige erstinstanzliche Bescheid vom 20. Juni 1988 enthält - vor dem Hintergrund der Bestimmungen des WSHG und der Richtsatzverordnung über Dauerleistungen (vgl. u. a. die Erkenntnisse vom 11. März 1988, Zl. 87/11/0228, und vom 20. Dezember 1988, Zl. 88/11/0156) - zugleich einen Abspruch über den Grund des Anspruchs des Beschwerdeführers auf monatlich wiederkehrende Leistungen bzw. Dauerleistungen ("auf die Dauer unveränderter Verhältnisse") und über die derzeitige Höhe dieser Dauerleistungen. Die spätere Änderung der Richtsatzverordnung und die damit bewirkte Erhöhung der dem Beschwerdeführer gewährten monatlichen Geldleistungen stand daher nicht einem Fortbestand der aus dem rechtskräftigen Bescheid vom 20. Juni 1988 hinsichtlich des Grundes des Anspruches erfließenden Rechtswirkungen entgegen. Er verlor seine Rechtswirkungen aber (für den Fall, daß sich tatsächlich die zu berücksichtigenden Einkommensverhältnisse ab 1. Juni 1990 geändert haben sollten) auch nicht schon kraft Gesetzes; es bedurfte dazu vielmehr der bescheidmäßigen Einstellung der bisher gewährten Sozialhilfeleistungen (vgl. u. a. das Erkenntnis vom 21. Juni 1988, Zl. 87/11/0161). Der diesbezügliche - im Zeitpunkt der Erlassung des erstangefochtenen Bescheides noch nicht rechtskräftige - Bescheid der erstinstanzlichen Behörde vom 12. Juni 1990, mit dem die dem Beschwerdeführer gewährte Dauerleistung wegen Änderung der zu berücksichtigenden Einkommensverhältnisse mit 31. Mai 1990 eingestellt und einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, beseitigte den rechtskräftigen Bescheid vom 20. Juni 1988 (noch) nicht aus dem Rechtsbestand. Auch stand zum Zeitpunkt der Erlassung des erstangefochtenen Bescheides noch nicht rechtskräftig fest, daß der Bescheid vom 20. Juni 1988 am Tag der Erlassung des erstangefochtenen Bescheides (dem Grunde nach) auf Dauer keine Rechtswirkungen mehr zu entfalten vermochte. Dies wäre erst im Falle einer Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides vom 12. Juni 1990 durch die belangte Behörde als Berufungsbehörde festgestanden. Der in diesem Bescheid enthaltene Ausspruch nach § 64 Abs. 2 AVG genügte für den Eintritt dieser Dauerwirkung wegen seines akzessorischen und provisorischen Charakters nicht. Wäre nämlich der erstinstanzliche Bescheid vom 12. Juni 1990 von der belangten Behörde als Berufungsbehörde deshalb behoben worden, weil die erstinstanzliche Behörde zu Unrecht eine Änderung der zu berücksichtigenden Einkommensverhältnisse angenommen habe, so wäre damit nicht nur für die Zukunft, sondern auch für den Zeitraum des Berufungsverfahrens davon auszugehen, daß der Ausspruch nach § 64 Abs. 2 AVG aus der Rechtsordnung ausgeschieden ist (vgl. den Beschluß vom 19. Juni 1990, Zl. 88/04/0068) und daher der rechtskräftige Bescheid vom 20. Juni 1988 nicht wegen des Anspruches nach § 64 Abs. 2 AVG in diesem Zeitraum keine Rechtswirkungen entfaltet hat.
Diese im Zeitpunkt der Erlassung des erstangefochtenen Bescheides mangels Abschlusses des Berufungsverfahrens noch nicht endgültig geklärte Frage machte aber die Erlassung des erstangefochtenen Bescheides auch nicht etwa deshalb unzulässig, weil bei einer solchen Fallkonstellation zuerst eine Klärung der genannten Frage erforderlich sei. Dies wäre dann anders, wenn die belangte Behörde den im vorliegenden Fall gegebenen Nichtigkeitsgrund im Berufungsverfahren im Rahmen der "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG hätte wahrnehmen dürfen. Dem stand aber der Umstand entgegen, daß sich, wie bereits ausgeführt wurde, diesbezüglich weder die Sach- noch die Rechtslage geändert hat. Die belangte Behörde durfte demgemäß als Berufungsbehörde lediglich beurteilen, ob sich ab 1. Juni 1990 die tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere hinsichtlich der zu berücksichtigenden Einkommensverhältnisse, so geändert haben, daß dem Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt deshalb die ihm im rechtskräftigen Bescheid vom 20. Juni 1988 zuerkannten (in der Folge der Höhe nach geänderten) Geldleistungen nicht mehr zustanden. An der Zulässigkeit der Nichtigerklärung des rechtskräftigen Bescheides vom 20. Juni 1988 während des Berufungsverfahrens änderte es aber auch nichts, daß eine spätere Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides vom 12. Juni 1990 durch die belangte Behörde als Berufungsbehörde zur Konsequenz gehabt hätte, daß der rechtskräftige Bescheid vom 20. Juni 1988 schon ab 1. Juni 1990 keine Rechtswirkungen mehr entfaltete und daher der erstangefochtene Bescheid - aus der späteren Sicht eines solchen Berufungsbescheides - ins Leere gegangen wäre. Denn weder der Wortlaut noch der Zweck des § 68 Abs. 4 lit. d AVG gebieten eine andere Deutung, nämlich dahingehend, daß die Zulässigkeit der Nichtigerklärung von der vorherigen Klärung dieser Frage als Vorfrage abhinge. Eine solche Deutung hätte nämlich - vor dem Hintergrund der "ex nunc-Wirkung" einer Nichtigerklärung - zur Konsequenz, daß wegen der deshalb erforderlichen Klärung dieser mit dem Nichtigkeitsgrund als solchem nicht in untrennbarem Zusammenhang stehenden Vorfrage die bescheidmäßige Wahrnehmung der Nichtigkeit und damit die Beseitigung der Rechtswirkungen des mit dem Nichtigkeitsgrund behafteten Bescheides ohne Notwendigkeit hinausgezogen würde; ohne Notwendigkeit deshalb, weil, wie bereits ausgeführt wurde, die Konsequenz einer späteren Klärung dieser Vorfrage dahin, daß der nichtig erklärte Bescheid bereits vor seiner Nichtigerklärung keine Rechtswirkungen mehr entfaltet hatte, lediglich darin bestünde, daß die Nichtigerklärung ins Leere gegangen wäre.
Der rechtskräftige erstinstanzliche Bescheid vom 20. Juni 1988 litt aber nicht nur vom Zeitpunkt seiner Erlassung an bis zur Erlassung des erstangefochtenen Bescheides an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler, den die belangte Behörde schon während des mehrfach genannten Berufungsverfahrens wahrnehmen durfte; es ist - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch nicht rechtswidrig, daß die belangte Behörde von dem ihr durch § 68 Abs. 4 lit. d AVG eingeräumten Ermessen (vgl. die Judikatur und Schrifttumshinweise in den Erkenntnissen vom 19. September 1991, Zl. 90/06/0022, und vom 23. Jänner 1992, Zlen. 91/06/0166, 0175, und 91/06/0130, deren Ausführungen zum Ermessen unter Ausklammerung der spezifisch für das Gemeinderecht geltenden Klarlegungen auch im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung sind) zum Nachteil des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht hat. Dabei ließ sie sich, wie die Begründung des erstangefochtenen Bescheides klar erweist, nämlich - entgegen dem Bschwerdevorbringen - keinesfalls von der (wie ausgeführt) erst im Berufungsverfahren zu klärenden Frage eines wegen einer allenfalls bestehenden Wirtschaftsgemeinschaft mit L. zu berücksichtigenden Einkommens der L. leiten. Sie ging vielmehr erkennbar - dem Gebot der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in private Rechte entsprechend (das Erkenntnis vom 18. Jänner 1974, Slg. Nr. 8.536/A, steht der Beachtlichkeit eines solchen Grundsatzes nicht entgegen, da darin lediglich einem Vorrang der privaten Interessen eine Absage erteilt wurde) - von anderen Gesichtspunkten aus; nämlich davon, daß die Nichtigerklärung des rechtskräftigen Bescheides vom 20. Juni 1988 das in Anbetracht der genannten Dauerwirkung dieses Bescheides einzige zum Ziel führende Mittel darstelle, die angesichts dieser Dauerwirkung nicht nur geringfügigen, sondern schwerwiegenden Nachteile dieses Bescheides in bezug auf das durch die verletzte Norm (nämlich § 7a WSHG) geschützte öffentliche Interesse (an einem näher geregelten Ausschluß nichtösterreichischer Staatsbürger vom Bezug von Sozialhilfeleistungen nach dem zweiten Abschnitt des WSHG) zu beseitigen; demgegenüber habe das durch die Nichtigerklärung des Bescheides in bezug auf die Rechtssicherheit geschützte Interesse des Beschwerdeführers in den Hintergrund zu treten; dies vor allem auch deshalb, weil durch § 7a Abs. 3 WSHG zur Vermeidung einer sozialen Härte die Möglichkeit einer Unterstützung des Beschwerdeführers durch den Sozialhilfeträger als Träger von Privatrechten bestehe. Diese Erwägungen sind aber, gerade auch unter Bedachtnahme auf die bloße "ex nunc"-Wirkung des erstangefochtenen Bescheides, nicht als rechtswidrig zu erachten.
Wegen des Feststehens des Zeitpunktes der Wirksamkeit des erstangefochtenen Bescheides kommt schließlich auch der unterlassenen Datierung keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu.
Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
3. Zum zweitangefochtenen Bescheid:
Wie schon ausgeführt wurde, hatte die belangte Behörde als Berufungsbehörde in bezug auf den erstinstanzlichen Bescheid vom 12. Juni 1990 - entsprechend dem Gebot des § 66 Abs. 4 AVG, in der "Sache" selbst zu entscheiden - ausschließlich zu klären, ob sich ab dem 1. Juni 1990 die tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere die zu berücksichtigenden Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers, so geändert haben, daß ihm ab diesem Zeitpunkt nicht mehr die nach dem rechtskräftigen Bescheid vom 20. Juni 1988 dem Grunde nach zustehenden Sozialhilfeleistungen gebührten. Auf die Staatenlosigkeit des Beschwerdeführers sowie darauf, daß der rechtkräftige Bescheid vom 20. Juni 1988 nach den obigen Darlegungen zufolge der Staatenlosigkeit des Beschwerdeführers mit einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler vom Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides an bis zu seiner Nichtigerklärung mit dem am 12. Dezember 1990 erlassenen erstangefochtenen Bescheid gelitten hat, durfte (und mußte) die belangte Behörde als Berufungsbehörde nur insofern Bedacht nehmen, als sie davon auszugehen hatte, daß dem Beschwerdeführer zufolge der "ex nunc-Wirkung" des erstangefochtenen Bescheides ab dem 12. Dezember 1990 nicht mehr die im Bescheid vom 20. Juni 1988 gewährten Sozialhilfeleistungen zustünden. Insofern war die "Sache", über die die belangte Behörde zu entscheiden hatte, auf den Zeitraum vom 1. Juni 1990 bis 11. Dezember 1990 eingeschränkt. Diesbezüglich kam es aber nicht auf die Staatenlosigkeit des Beschwerdeführers, sondern ausschließlich darauf an, ob sich die tatsächlichen Verhältnisse im schon genannten Sinn gegenüber dem Bescheid vom 20. Juni 1988 geändert haben. Die in der Begründung des zweitangefochtenen Bescheides zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung der belangten Behörde, auf den sie diesen Bescheid stützte, daß nämlich der erstinstanzliche Bescheid vom 12. Juni 1990 deshalb (arg "es war daher...") ersatzlos zu beheben gewesen sei, weil der Beschwerdeführer als Staatenloser keinen Rechtsanspruch auf Sozialhilfeleistungen habe, ist daher, soweit sie den Zeitraum vom 1. Juni 1990 bis 11. Dezember 1990 betrifft, rechtsirrig. Durch diesen Rechtsirrtum der belangten Behörde, der für die ersatzlose Behebung des erstinstanzlichen Bescheides vom 12. Juni 1990 entscheidend war, ist der Beschwerdeführer aber zufolge der Bindungswirkung dieses Bescheides dahin, daß ihm auch für den eben genannten Zeitraum ungeachtet der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber dem erstinstanzlichen Bescheid vom 20. Juni 1988 kein Anspruch mehr auf Sozialhilfeleistungen zugekommen sei, auch in Rechten verletzt.
Der zweitangefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
4. Die Kostenentscheidungen stützen sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Das Kostenmehrbegehren des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid war abzuweisen, da ihm gemäß § 48 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 49 Abs. 1 Z. 1 VwGG und der eben genannten Verordnung des Bundeskanzlers an Schriftsatzaufwand nur der in der Verordnung festgesetzte Pauschbetrag, nicht aber auch noch die davon errechnete Umsatzsteuer zusteht.
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