VwGH 2001/07/0065

VwGH2001/07/006517.5.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der G reg. Gen.m.b.H. in G, vertreten durch E & Partner gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 4. April 2001, Zl. 38.00 218-01/13, betreffend Zuerkennung der Parteistellung und Abweisung eines Antrages auf Fristeinräumung zur Erstattung eines Gegengutachtens in einer Angelegenheit des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes,

Normen

AVG §13 Abs1;
AVG §17 Abs4;
AVG §45 Abs3;
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §13 Abs1;
AVG §17 Abs4;
AVG §45 Abs3;
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

1. den Beschluss gefasst:

Soweit sich die Beschwerde gegen Spruch II des angefochtenen Bescheides richtet, wird sie zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom heutigen Tag, Zlen. 2001/07/0024 und 2001/07/0054 verwiesen.

Aus der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Die belangte Behörde stellte mit Bescheid vom 23. Februar 2001 gemäß § 2 Abs. 10 des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes, LGBl. Nr. 5/1991 in der Fassung der Novellen LGBl. Nr. 34/1995 und 66/1997 (in der Folge: StAWG), von Amts wegen fest, dass es sich bei den anlässlich der Veranstaltungen der Beschwerdeführerin anfallenden Abfällen um Abfälle im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 StAWG, sohin um hausmüllähnliche Abfälle, handle. Gegen diesen Bescheid, der der Beschwerdeführerin am 1. März 2001 zugestellt wurde, erhob diese am 6. April 2001 eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (Zl. 2001/07/0054).

Nach den - unbestritten gebliebenen - Feststellungen des angefochtenen Bescheides hatte die Beschwerdeführerin während des Feststellungsverfahrens am 23. Februar 2001 Akteneinsicht genommen, wobei ihr im Rahmen der Akteneinsicht eine Kopie des im dortigen Verfahrens eingeholten Gutachtens des Amtsachverständigen für Abfallwirtschaft ausgehändigt und sie neben dem Inhalt des Gutachtens auch darüber informiert wurde, dass der Feststellungsbescheid unmittelbar vor Erlassung stehe; ein Antrag auf Einräumung einer Frist zur Erstattung eines Gegengutachtens wurde nicht gestellt.

Mit Anträgen vom 23. Februar 2001, bei der Behörde am 26. Februar 2001 eingelangt, begehrte die Beschwerdeführerin einerseits die Zuerkennung der Parteistellung im Feststellungsverfahren nach § 2 Abs. 10 StAWG und andererseits die Einräumung einer Frist zur Erstattung eines Gegengutachtens zum von der Behörde eingeholten Gutachten des Amtsachverständigen für Abfallwirtschaft.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde unter Spruch I der Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung zurückgewiesen; unter Spruch II wurde der Antrag auf Einräumung einer Frist zur Erstattung eines Gegengutachtens abgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass die Beschwerdeführerin im Feststellungsverfahren ohnehin Parteistellung gehabt habe, was auch durch den Umstand der Gewährung der Akteneinsicht und der Ausfolgung einer Kopie des Gutachtens ersichtlich gewesen sei. Die Abweisung des Antrages auf Fristeinräumung wurde mit dem Hinweis darauf begründet, dass Parteiengehör nur zu Sachverhaltsfragen und nicht auch zu Rechtsfragen zu gewähren sei. Die Beschwerdeführerin habe aber im Feststellungsantrag nicht auf Sachverhaltsfragen Bezug genommen, sondern nur mit der Menge des Abfalls argumentiert; darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin im Rahmen der Akteneinsicht und der Information über die baldige Bescheiderlassung keinen Antrag auf Fristeinräumung zur Erstattung eines Gegengutachtens gestellt. Die Behörde sei daher davon ausgegangen, dass der dem Verfahren zu Grunde liegende Sachverhalt unbestritten sei. Im Übrigen sei der Feststellungsbescheid am 26. Februar 2001 der Kanzlei der Behörde zur Entfertigung gegeben und von dieser am 27. Februar 2001 entfertigt worden; die Anträge der Beschwerdeführerin seien am 26. Februar 2001 in der Kanzlei eingelangt und seien dem Vertreter der Behörde am 27. Februar 2001 zugekommen. Aus diesem Grund sei der Feststellungsbescheid zeitlich vor dem gegenständlichen Bescheid erlassen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten auf meritorische Erledigung ihres Antrages auf Zuerkennung der Parteistellung nach § 8 AVG, in ihrem Recht auf Wahrung des Parteiengehörs nach §§ 37 und 45 Abs. 3 AVG und auf Feststellung, die Abfälle der G Messe durch private Entsorger entsorgen zu lassen sowie auf Erlassung eines Feststellungsbescheides, dass es sich bei den Abfällen der G Messe um Abfälle im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 2 StAWG handle, verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über Anträge der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der Parteistellung und auf Einräumung einer Frist zur Erstellung eines Gegengutachtens entschieden. Der angefochtene Bescheid konnte die Beschwerdeführerin daher in ihrem als Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht auf "Feststellung, die Abfälle der G Messe durch private Entsorger entsorgen zu lassen sowie auf Erlassung eines Feststellungsbescheides, dass es sich bei den Abfällen der G Messe um Abfälle im Sinne des § 2Abs. 3 Z. 2 StAWG handle," nicht (unmittelbar) verletzen. Insoweit die Beschwerdeführerin unter Punkt 3.a) ihrer Beschwerdeausführungen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin zu erblicken vermeint, dass ihre Anträge vom 23. Februar 2001 rechtswidrigerweise im Feststellungsverfahren nicht berücksichtigt worden seien, so weist sie damit zwar allenfalls auf eine mögliche Rechtswidrigkeit des dortigen Bescheides hin, zeigt aber keine Rechtswidrigkeit des im vorliegenden Fall angefochtenen Bescheides auf. Ein solches Vorbringen hätte sie erfolgreich nur in ihrer Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid vom 23. Februar 2001 und nicht im vorliegenden Beschwerdefall geltend machen können. Abgesehen davon irrt die Beschwerdeführerin, wenn sie der belangten Behörde vorwirft, diese sei von einer Bescheiderlassung vor dem Zeitpunkt der Einbringung ihrer Anträge ausgegangen. Im diesbezüglich letzten Absatz des angefochtenen Bescheides erklärt die belangte Behörde lediglich den Umstand, warum der Feststellungsbescheid zeitlich vor dem angefochtenen Bescheid erlassen wurde und gibt keineswegs zu erkennen, dass sie von einer Bescheiderlassung vor dem Einlangen der Anträge ausgegangen ist.

§ 63 AVG unterscheidet von den Bescheiden (Abs. 1) "nur das Verfahren betreffende Anordnungen" (Abs. 2), gegen die eine abgesonderte Berufung ausgeschlossen ist. Das Vorliegen einer selbständig unanfechtbaren Verfahrensanordnung ist jedenfalls immer dann zu verneinen, wenn durch den in Rede stehenden Verwaltungsakt die materielle Rechtslage gestaltet wird. Ein - ebenfalls einer abgesonderten Berufung zugänglicher - verfahrensrechtlicher Bescheid liegt vor, wenn damit über die sich aus den verfahrensrechtlichen Bestimmungen ergebenden formalrechtlichen Rechtsverhältnisse gestaltend oder feststellend abgesprochen wird; selbständig unanfechtbare Verfahrensanordnungen sind hingegen solche, die nur den Gang des Verwaltungsverfahrens regeln (vgl. unter anderen z.B. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1986, Zl. 86/04/0044, und das Erkenntnis vom 26. September 1994, Zl. 94/10/0093, mwN).

Vor diesem Hintergrund ergibt sich folgendes Schicksal der vorliegenden Beschwerde:

Zu Spruch I (Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung der Parteistellung):

Die Frage, ob jemandem die Parteistellung in einem bestimmten Verfahren zukommt, ist Gegenstand eines verfahrensrechtlichen Bescheides.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die belangte Behörde die begehrte Parteistellung der Beschwerdeführerin im Feststellungsverfahren ohne jeden Zweifel anerkannt. So hat die Beschwerdeführerin nicht nur Akteneinsicht nehmen können und wurde ihr eine Kopie des Gutachtens ausgehändigt - ein Recht, das nach § 17 AVG nur Parteien zusteht - , sondern es wurde ihr gegenüber als einziger Partei des Verfahrens auch der Bescheid vom 23. Februar 2001 erlassen, gegen den sie schließlich - wie dargestellt - auch Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben hat.

Vorauszuschicken ist, dass die Anhängigkeit eines Verfahrens, für welches Parteistellung begehrt wird, verfahrensrechtliche Zulässigkeitsvoraussetzung des Antrags auf Einräumung der Parteistellung ist (vgl. den hg. Beschluss vom 15. Oktober 1991, Zl. 90/05/0214). Im Zeitpunkt der Bescheiderlassung über den Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung war das Verfahren, in welchem diese begehrt wurde, aber bereits rechtskräftig abgeschlossen. Wie die Beschwerdeführerin zudem selbst unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1994, Zl. 91/07/0139, ausführt, besteht dann, wenn die Parteistellung von der Behörde anerkannt wird bzw. im abgeschlossenen Verfahren anerkannt wurde, keine Notwendigkeit, über eine Parteistellung gesondert abzusprechen, weshalb die belangte Behörde weder verpflichtet noch berechtigt war, über diesen Antrag der Beschwerdeführerin bescheidmäßig abzusprechen.

Freilich ist nicht erkennbar, dass die Beschwerdeführerin durch die (nach dem Vorgesagten entbehrliche) Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung der Parteistellung in einem Recht verletzt wurde.

Insoweit ließ bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, dass die gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt; die Beschwerde war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Zu Spruch II (Abweisung eines Antrages auf Fristeinräumung zur Erstattung eines Gegengutachtens):

Die Nichteinräumung einer Frist zur Erstattung eines Gegengutachtens stellt eine Verfahrensanordnung im Sinne des § 63 Abs. 2 AVG dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1982, Zl. 82/04/0233), die bloß den Gang des Verfahrens bestimmt. Wie bereits dargestellt, sind Verfahrensanordnungen nicht als Bescheide zu erlassen, sie regeln nur den Gang des Verwaltungsverfahrens.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass eine während eines anhängigen Verwaltungsverfahrens ergangene Verfahrensanordnung auch dann keinen Bescheid darstellt, wenn diese Verfügung in die äußere Form eines Bescheides gekleidet ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. Juli 1950, Slg. Nr. 1623/A, vom 25. November 1952, Slg. Nr. 2743/A, vom 16. Juli 1986, Zl. 86/04/0121, vom 2. Juli 1997, Zl. 95/12/0219, und den Beschluss vom 24. März 1999, Zl. 99/12/0036, u.a.). Nach Abschluss des Verfahrens ergehende prozessuale Anordnungen können demgegenüber Bescheidqualität besitzen. Dies wurde etwa für die Versagung der Akteneinsicht bejaht (vgl. u.a. den hg. Beschluss vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/12/0073). Voraussetzung für diese abweichende Qualifikation derartiger Entscheidungen im Falle ihres Ergehens nach Abschluss des Verfahrens ist es freilich, dass davon ein rechtliches Interesse der betroffenen Partei berührt ist, welches über jenes an der Entscheidung der materiellen Verwaltungsangelegenheit hinausgeht (wie das etwa bei der Akteneinsicht der Fall sein kann). In Ansehung der hier in Rede stehenden Frage der Einräumung von Parteiengehör zu einem Sachverständigengutachten besteht ein solches gesondertes Interesse jedoch nicht.

Demzufolge stellt sich die von der belangten Behörde unter Spruch II vorgenommene "Abweisung" des Antrages auf Fristgewährung - ungeachtet ihrer Bezeichnung - als eine lediglich das Verfahren betreffende Anordnung im Sinne des § 63 Abs. 2 AVG dar, die ihrem Inhalt nach mangels Bescheidcharakters einer Anfechtung vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht zugänglich ist (vgl. dazu auch den Beschluss vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/18/0534). Durch einen solchen Abspruch könnte daher - wie wenn er in gleicher Form vor Abschluss des Verfahrens ergangen wäre - keine rechtskraftfähige Entscheidung darüber getroffen werden, ob die Nichteinräumung des Gehörs im beantragten Umfang den Sachbescheid mit Mangelhaftigkeit des Verfahrens belastet (hat) oder nicht.

Es gibt nämlich kein von einem Verwaltungsverfahren losgelöstes abstraktes Recht auf Parteiengehör; dieses Verfahrensrecht dient der Sicherung der Rechte einer Partei während eines offenen Verwaltungsverfahrens. Im vorliegenden Fall war im Zeitpunkt der Entscheidung über den diesbezüglichen Antrag der Beschwerdeführerin das bezughabende Verwaltungsverfahren aber bereits rechtskräftig entschieden. Gibt es aber kein von einem konkreten Verfahren losgelöstes Recht auf Parteiengehör, konnte die diesbezügliche Entscheidung der belangten Behörde die Beschwerdeführerin auch nicht in diesem von ihr als Beschwerdepunkt geltend gemachtem Recht verletzen.

Die Beschwerde war daher, aber auch wegen des Fehlens eines geeigneten Anfechtungssubstrates, insoweit sie sich gegen die als Spruch II bezeichnete Erledigung der belangten Behörde richtet, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung nach § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 17. Mai 2001

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