VwGH 2000/21/0022

VwGH2000/21/002211.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des S in Graz, geboren am 25. Mai 1965, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 27. Dezember 1999, Zl. FR 313/1999, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §19 Abs2;
AsylG 1997 §6 Z2;
AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
AsylG 1997 §19 Abs2;
AsylG 1997 §6 Z2;
AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 27. Dezember 1999 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (die belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer, seinen Angaben zufolge Staatsangehöriger der Republik Ghana, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z 7 iVm den §§ 37 Abs. 1 und Abs. 2, 38 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer gemäß seinen Behauptungen am 21. November 1998 über den Flughafen Wien-Schwechat illegal in das Bundesgebiet eingereist sei. Sein Asylantrag sei (zunächst) mit Berufungsbescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 23. März 1999 gemäß § 6 AsylG abgewiesen worden, doch habe der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid aufgehoben, sodass sich das Asylverfahren wieder im Berufungsstadium befinde. Dem Beschwerdeführer sei allerdings keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 AsylG erteilt worden, weshalb das Fremdengesetz gemäß § 21 Abs. 1 leg. cit. in vollem Umfang auf ihn Anwendung finde.

Der Beschwerdeführer erfülle den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 7 FrG, weil er den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht habe nachweisen können. Mit seinen in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz aufgestellten Behauptungen, dass er als Zeitungskolporteur eines namentlich genannten Unternehmens ein monatliches Nettoeinkommen von ca. S 2.500,-- verdiene, habe er keineswegs darzutun vermocht, dass er tatsächlich die erforderlichen Mittel zur Bestreitung seines Unterhaltes besitze. Auch der Hinweis, dass er unentgeltlich eine Unterkunft in einem Caritas-Wohnheim zur Verfügung gestellt erhalte und dass ihm das Sozialamt einen monatlichen Unterstützungsbeitrag von S 800,-- bezahle, reiche zur Erbringung des Nachweises der Mittel zu seinem Unterhalt nicht aus; damit werde nämlich einerseits nur der derzeitige tatsächliche Zustand beschrieben, aus dem eine nicht bloß vorübergehende Sicherung seines künftigen Unterhaltes mangels Dartuung eines ihm zustehenden durchsetzbaren Rechtsanspruches nicht abgeleitet werden könne, und andererseits im Hinblick auf den behaupteten Rechtsanspruch auf Sozialhilfe die Richtigkeit der Auffassung, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 7 FrG sei erfüllt, bestätigt. Überdies müssten im Falle einer zukünftigen Erkrankung des Beschwerdeführers die notwendigen Heilbehandlungs- bzw. Krankenhauskosten vom Sozialamt getragen werden, womit er in einem solchen Fall der öffentlichen Hand zur Last fallen würde.

Der Beschwerdeführer sei unter Mithilfe eines Schleppers illegal in das Bundesgebiet eingereist, halte sich hier unrechtmäßig auf und habe nicht einmal ansatzweise Bemühungen unternommen, sich ein nationales Reisedokument seines Heimatstaates zu besorgen. Angesichts dessen und weil er nicht in der Lage sei, die Mittel für seinen Unterhalt im Bundesgebiet initiativ nachzuweisen, sei im Hinblick auf die aus der Mittellosigkeit erwachsende Gefahr einer illegalen Beschäftigung die im § 36 Abs. 1 Z 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt.

Der Beschwerdeführer sei ledig, weise im Bundesgebiet keine familiären Bindungen auf und gehe keiner Berufsausübung nach. Im Hinblick darauf bewirke ein Aufenthaltsverbot keinen relevanten Eingriff in sein Privat- oder Familienleben. Selbst unter der Annahme eines solchen Eingriffs könne es jedoch keinem Zweifel unterliegen, dass die Verhinderung des Aufenthaltes undokumentierter, mittelloser, illegal ins Bundesgebiet gelangter und sich hier nicht rechtmäßig aufhaltender und straffällig gewordener Fremder zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Gesundheit (Art. 8 Abs. 2 EMRK) dringend geboten wäre. Das bisher vom Beschwerdeführer an den Tag gelegte "Charakterbild" lasse zweifelsohne den Schluss zu, dass er gegenüber den die Einreise und den Aufenthalt Fremder im Bundesgebiet regelnden Vorschriften bzw. gegenüber der österreichischen Rechtsordnung überhaupt negativ eingestellt sei und dass er solcherart eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bilde. Daraus folge, dass das Aufenthaltsverbot auch iS des § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei.

Die Ermessensübung nach § 36 Abs. 1 FrG könne gleichfalls nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers ausfallen. Während seines etwas mehr als sechsmonatigen, seit seiner Einreise unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet sei es weder zu einer sozialen noch wirtschaftlichen Integration gekommen; der Beschwerdeführer habe hier keine Verwandten und sei nicht in der Lage, von sich aus initiativ die Mittel für seinen Unterhalt nachzuweisen. Außerdem sei er unter Mithilfe eines Schleppers in das Bundesgebiet gelangt, was die Notwendigkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes verstärke.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer betont mehrfach, dass sich sein Asylverfahren noch im Berufungsstadium befinde. Ihm komme daher die "Rechtswohltat" des § 19 AsylG zu, weshalb er sich berechtigt im Bundesgebiet aufhalte.

Richtig ist - das hat freilich auch die belangte Behörde festgestellt -, dass der zunächst ergangene zweitinstanzliche Asylbescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 23. März 1999 vom Verwaltungsgerichtshof (mit Erkenntnis vom 23. Juli 1999, Zl. 99/20/0208) aufgehoben worden ist und dass das Asylverfahren bei Erlassung des hier bekämpften Bescheides daher noch nicht rechtskräftig entschieden war. Die daran anknüpfende Schlussfolgerung, dem Beschwerdeführer stehe eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 AsylG zu, ist indes verfehlt. Der Beschwerdeführer ist nämlich unstrittig "illegal" (das heißt unter Umgehung der Grenzkontrolle) in das Bundesgebiet eingereist, sodass eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Abs. 2 AsylG nur dann in Frage käme, wenn sie dem Beschwerdeführer von der Behörde zuerkannt worden wäre. Das war - gleichfalls unstrittig - nicht der Fall. Es trifft aber auch nicht zu, dass die Asylbehörde zur Zuerkennung einer vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinn der genannten Gesetzesstelle verpflichtet gewesen wäre, weil der Asylantrag des Beschwerdeführers schon vom Bundesasylamt gemäß § 6 AsylG als offensichtlich unbegründet abgewiesen worden ist. Das schon erwähnte aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes bewirkte zwar, dass dieser Bescheid noch nicht rechtskräftig ist, seine rechtliche Existenz blieb dadurch jedoch unberührt. Damit liegt eine - wenn auch noch nicht endgültige - Entscheidung über den Asylantrag des Beschwerdeführers vor, die gemäß § 19 Abs. 2 AsylG der Zuerkennung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung entgegen steht (siehe näher das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2000, Zl. 2000/21/0033). Davon ausgehend begegnet einerseits die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer halte sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, keinen Bedenken. Andererseits lässt sich für den Beschwerdeführer aber auch unter dem Blickwinkel des § 21 Abs. 1 AsylG aus dem Umstand, dass sein Asylverfahren noch nicht rechtskräftig entschieden ist, nichts gewinnen.

Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwider läuft (Z 2). Gemäß § 36 Abs. 2 Z 7 FrG hat als bestimmte Tatsache iS des Abs. 1 - von einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme abgesehen - insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfügt, sondern dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. April 2001, Zl. 2001/18/0059).

Der Ansicht der belangten Behörde, dass vom Beschwerdeführer ein derartiger Nachweis nicht erbracht worden sei, kann nicht mit Erfolg entgegen getreten werden. Das erhellt ungeachtet der auch noch in der Beschwerde ins Treffen geführten, dort allerdings nicht näher bezifferten Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Zeitungskolporteur schon daraus, dass der Beschwerdeführer unbestritten - das wird in der Beschwerde ausdrücklich angeführt - Sozialhilfeleistungen empfängt. Dass in dem der Beschwerde beigelegten Vermögensbekenntnis ausschließlich diese Sozialhilfeleistungen als "Einkommen" angegeben werden, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Schon angesichts dieser Sozialhilfeleistungen rechtfertigt auch die Unterbringung in einem Wohnheim der Caritas keine andere Beurteilung. Wenn der Beschwerdeführer darauf hinweist, dass er keine Möglichkeit habe, eine Beschäftigungsbewilligung zu erhalten und dass er alles daran setze, auf Grund seiner bescheidenen Möglichkeiten auch ein regelmäßiges monatliches Nettoeinkommen zu erzielen, so ist ihm zu entgegnen, dass es auf die Ursachen der Mittellosigkeit nicht ankommt. Soweit er der belangten Behörde im gegebenen Zusammenhang eine Verletzung der ihr obliegenden Ermittlungspflicht vorwirft, wird jedenfalls die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan. Zusammenfassend begegnet die Auffassung, der Beschwerdeführer habe den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 7 FrG verwirklicht, daher keinen stichhaltigen Einwänden.

Im Hinblick auf die nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. März 2001, Zl. 98/21/0344, mwN) aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultierende Gefahr strafbarer Handlungen und/oder einer finanziellen Belastung der Republik Österreich - letztere hat sich im gegenständlichen Fall angesichts der behaupteten Sozialhilfeleistungen bereits verwirklicht - hegt der Verwaltungsgerichtshof auch dagegen keine Bedenken, dass die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Diese Annahme wird noch dadurch verstärkt, dass sich der Beschwerdeführer - wie oben gezeigt - unrechtmäßig in Österreich aufhält. Vor diesem Hintergrund spielt es keine Rolle, dass die belangte Behörde zu Unrecht dem Umstand, dass er unter Beihilfe eines Schleppers in das Bundesgebiet gelangte, besondere Bedeutung beigemessen hat und dass sie ohne sachverhaltsmäßige Grundlage von einer negativen Einstellung gegenüber der österreichischen Rechtsordnung "überhaupt" ausging. Schließlich ist aber auch kein Umstand ersichtlich, der die belangte Behörde im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes hätte Abstand nehmen lassen müssen; entgegen den Beschwerdeausführungen lässt sich in diesem Zusammenhang insbesondere aus dem noch nicht rechtskräftig erledigten Asylverfahren nichts gewinnen (vgl. näher das hg. Erkenntnis vom 5. Oktober 2000, Zl. 98/21/0270).

Angesichts der Kürze seines inländischen Aufenthaltes (bis zur Erlassung des bekämpften Bescheides hat sich der Beschwerdeführer knapp 14 Monate - nicht sechs Monate, wie die belangte Behörde ausführt - im Bundesgebiet aufgehalten) und angesichts des unbestrittenen Fehlens familiärer Anknüpfungspunkte in Österreich ist jedenfalls im Ergebnis auch die Auffassung der belangten Behörde, der Verhängung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes stehe weder § 37 Abs. 1 FrG noch Abs. 2 der genannten Bestimmung entgegen, nicht zu beanstanden. Soweit die Beschwerde auch in diesem Zusammenhang Verfahrensmängel geltend macht (Verletzung der Ermittlungspflicht und Übergehen eines in der Berufung gestellten Beweisantrages), unterbleibt wiederum die Darstellung ihrer Relevanz.

Nach dem Gesagten war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. September 2001

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