VwGH 2000/20/0504

VwGH2000/20/050422.2.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 16. Oktober 2000, Zl. 219.040/0-VI/17/00, betreffend § 4 Abs. 1 AsylG (mitbeteiligte Partei: Z), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §32 Abs1;
AsylG 1997 §4 Abs1;
AsylG 1997 §4;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AsylG 1997 §32 Abs1;
AsylG 1997 §4 Abs1;
AsylG 1997 §4;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid vom 7. September 2000 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Mitbeteiligten vom 10. Juli 2000 gemäß § 4 Abs. 1 AsylG 1997 als unzulässig zurück. Dieser Bescheid wurde dem Mitbeteiligten am 11. September 2000 zugestellt. Dagegen erhob er eine (erst) am 25. September 2000 zur Post gegebene Berufung. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2000 erklärte der Mitbeteiligte, seinen Antrag auf Asylgewährung "vom 08.09.2000" zurückzuziehen (wobei es sich bei dieser Datumsangabe möglicherweise nur um einen Irrtum handelt).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. Oktober 2000 behob die belangte Behörde "in Erledigung der Berufung" des Mitbeteiligten den erwähnten Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos. Nach Wiedergabe der Aktenlage führte die belangte Behörde begründend aus, eine ersatzlose Behebung des Bescheides habe (u.a.) dann zu erfolgen, wenn der dem Bescheid der Unterinstanz zugrundeliegende Antrag, der durch den mit Berufung bekämpften Bescheid erledigt wurde, zurückgezogen wird.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 32 Abs. 1 erster Satz AsylG 1997 kann gegen Bescheide, mit denen ein Asylantrag - wie hier - aus dem Grunde des § 4 wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen wurde, nur binnen zehn Tagen Berufung erhoben werden. Die vom Mitbeteiligten gegen den erstinstanzlichen Bescheid erst am 14. Tag nach der Zustellung zur Post gegebene Berufung ist daher nach der vorangeführten Bestimmung verspätet. Das hat die belangte Behörde auch erkannt und dem Mitbeteiligten dazu - von diesem ungenützt - Parteiengehör eingeräumt. Mit dem Ablauf der Rechtsmittelfrist ist der (den Asylantrag zurückweisende) Bescheid des Bundesasylamtes aber in Rechtskraft erwachsen; die Zurückweisung der Berufung hat lediglich feststellenden Charakter (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 unter E. 38 zu § 68 AVG abgedruckte hg. Judikatur).

Gemäß dem durch die Novelle BGBl I Nr. 158/1998 angefügten Abs. 7 des § 13 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden. Das entspricht der zur Rechtslage vor dieser Änderung ergangenen ständigen Rechtsprechung, wonach Anträge in jeder Lage des Verfahrens bis zur Erlassung des Bescheides und noch im Berufungsverfahren zurückgezogen werden können (hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1994, Zl. 91/17/0070, mwN; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2000, Zl. 97/12/0185). Das ist dahin zu verstehen, dass die (rechtswirksame) Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages im Berufungsverfahren eine zulässige und fristgerechte Berufung voraussetzt. Eine nach Eintritt der Rechtskraft des erstinstanzlichen Bescheides erklärte Antragsrückziehung kann nicht mehr die Wirkung haben, dass dem bereits rechtskräftigen Bescheid die Grundlage entzogen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Februar 1995, Zl. 92/12/0286). Die darauf gestützte (ersatzlose) Behebung des Bescheides des Bundesasylamtes durch die belangte Behörde stellt daher einen unzulässigen Eingriff in die Rechtskraft dieses Bescheides dar und war somit verfehlt. Dies hätte - wie erwähnt - eine zulässige und fristgerechte Berufung vorausgesetzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. September 1991, Zl. 90/04/0302). Die verspätete Berufung des Mitbeteiligten wäre von der belangten Behörde vielmehr zurückzuweisen gewesen, was der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf § 66 Abs. 4 AVG zutreffend geltend macht.

Ist die Berufung verspätet eingebracht worden, reicht die aus der Einbringung der Berufung erwachsende Zuständigkeit der Berufungsbehörde nur soweit, dass sie die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG durch verfahrensrechtlichen Bescheid zurückzuweisen hat. Mit der angefochtenen Erledigung hingegen überschritt die Berufungsbehörde ihre Zuständigkeit und belastete ihren Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit infolge ihrer Unzuständigkeit (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. Mai 1994, Zl. 93/07/0167, und vom 16. Mai 1997, Zl. 95/19/1303). Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben.

Wien, am 22. Februar 2001

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