VwGH 93/07/0167

VwGH93/07/016719.5.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der J Ges.m.b.H. in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des BM für Land- und Forstwirtschaft vom 7. Oktober 1993, Zl. 510.298/01-I5/93, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mP: Stadtgemeinde Salzburg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg (LH) vom 11. April 1991 wurde der mitbeteiligten Partei (MP) die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb der Gebietskanalisation K.-Mitte in einem näher bezeichneten Bereich unter einer Reihe von Auflagen erteilt. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin nach dem Inhalt des in den Akten einliegenden Zustellnachweises am 19. April 1991 - im Wege der Ersatzzustellung - zugestellt.

Am 11. Juni 1991 langte beim LH ein mit dem 10. Juni 1991 datiertes, persönlich abgegebenes Schreiben der Beschwerdeführerin ein, in welchem diese unter anderem auch erklärte, gegen den vorgenannten Bescheid "fristgerecht Einspruch" zu erheben. Die vom Vertreter der Beschwerdeführerin im Zuge der Verhandlung gemachte Aussage über die Beschaffenheit der Fundierung der vom Projekt berührten Baulichkeiten der Beschwerdeführerin sei unrichtig; unter Berücksichtigung der tatsächlichen Beschaffenheit der Fundamente sei die Verlegung eines Kanales im höchsten Maße baukörpergefährdend. Die Beschwerdeführerin bitte aus diesem Grund, die Sachverständigen unverzüglich zu informieren, um das Verfahren "neu aufzurollen bzw. von der geplanten Kanalführung in der bisherigen Form Abstand zu nehmen".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab, wobei sie sich in der Begründung ihres Bescheides auf die Aussagen beschränkte, daß mit dem dargestellten Berufungsvorbringen kein Eingriff in ein wasserrechtlich geschütztes Recht geltend gemacht werde, der bekämpfte Bescheid im Auflagenteil für die Gefahr einer Beeinträchtigung der Gebäude der Beschwerdeführerin Maßnahmen vorsehe und im übrigen auf § 26 WRG 1959 hingewiesen werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt; eben denselben Antrag hat die MP auch in ihrer Gegenschrift gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zutreffend hat die belangte Behörde das am 11. Juni 1991 beim LH eingelangte Schreiben der Beschwerdeführerin vom 10. Juni 1991 dahin interpretiert, daß die Beschwerdeführerin mit dieser Eingabe (jedenfalls auch) Berufung gegen den Bescheid des LH vom 11. April 1991 erhoben hat. Die belangte Behörde hat es allerdings verabsäumt, in die der Sachlage nach gebotene Prüfung der Frage einzutreten, ob die als solche zu erkennende Berufung der Beschwerdeführerin als rechtzeitig erhoben anzusehen war.

Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat, oder bei der Behörde, die über die Berufung zu entscheiden hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Falle bloß mündlicher Verkündigung mit dieser.

Da der Bescheid des LH der Beschwerdeführerin dem aktenkundigen Zustellnachweis zufolge am 19. April 1991 zugestellt, ihre Berufung aber erst am 11. Juni 1991 beim LH überreicht worden war, sprach das Bild der der belangten Behörde vorgelegenen Aktenlage dafür, die Berufung als verspätet erhoben zu erkennen. Diesfalls reichte die der belangten Behörde aus der Einbringung der Berufung erwachsende Zuständigkeit zur Entscheidung nur soweit, daß sie die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG durch verfahrensrechtlichen Bescheid (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, RZ 535) zurückzuweisen hatte (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 582, angeführten Judikaturnachweise). Mit der meritorischen Erledigung der aus dem Grunde der Verfristung zurückzuweisenden Berufung hingegen hat die belangte Behörde die Grenzen ihrer Zuständigkeit überschritten und ihren Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit infolge ihrer Unzuständigkeit belastet (vgl. Obendorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 172).

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie wird hinsichtlich des gemäß § 63 Abs. 1 VwGG zu erlassenden Ersatzbescheides allerdings auf die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichsichen Verwaltungsverfahrens4, ENr. 45 und 50 zu § 66 Abs. 4 AVG, sowie ENr. 14 zu § 16 ZustellG, angeführte Judikatur (vgl. dazu auch die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 736, wiedergegebene Rechtsprechung) verwiesen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991; das Kostenmehrbegehren an Stempelgebühren war abzuweisen, weil es der Vorlage des angefochtenen Bescheides in lediglich einfacher Ausfertigung bedurfte und die Vorlage der übrigen, der Beschwerdeschrift angeschlossenen Beilagen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich war.

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