VwGH 2000/04/0138

VwGH2000/04/013826.6.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des R in B, vertreten durch Dr. M und Dr. K, Rechtsanwälte in B, 1. gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 30. Juli 1999, Zl. UVS - 06/13/855/98, und 2. gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 4. August 1999, Zl. UVS - 06/42/00684/99, jeweils betreffend Übertretungen des Bundesstatistikgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

BundesstatistikG 1965 §11 Z1;
BundesstatistikG 1965 §8 Abs1;
Statistik Konjunkturelle Entwicklung des Bergbaus 1995 §5 Abs2;
Statistik Konjunkturelle Entwicklung des Bergbaus 1995 §5 Abs3 litb;
VStG §44a Z2;
BundesstatistikG 1965 §11 Z1;
BundesstatistikG 1965 §8 Abs1;
Statistik Konjunkturelle Entwicklung des Bergbaus 1995 §5 Abs2;
Statistik Konjunkturelle Entwicklung des Bergbaus 1995 §5 Abs3 litb;
VStG §44a Z2;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des UVS Wien vom 30. Juli 1999 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er sei als Inhaber eines näher beschriebenen Betriebes seiner Verpflichtung, vier im einzelnen bezeichnete Monatsmeldungen bis zu bestimmten Terminen zu übermitteln, trotz mehrmaliger Mahnung nicht nachgekommen, indem die vom Österreichischen Statistischen Zentralamt gemäß der Verordnung BGBl. Nr. 826/1995, i.d.F. BGBl. II Nr. 271/1997 verlangte Auskunft verweigert worden sei. Er habe dadurch § 8 Abs. 1 des Bundesstatistikgesetzes in Verbindung mit § 5 Abs. 2 und Abs. 3 lit. d der zitierten Verordnung verletzt, weshalb über ihn gemäß den §§ 8 und 11 des Bundesstatistikgesetzes 1965 vier Geldstrafen zu je S 650,-- (je 15 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurden.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 4. August 1999 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er sei als Inhaber eines näher beschriebenen Betriebes seiner Verpflichtung, vier im einzelnen bezeichnete Monatsmeldungen dem Österreichischen Statistischen Zentralamt bis zu bestimmten Terminen zu übermitteln, trotz mehrmaliger Mahnung nicht nachgekommen, in dem die vom Österreichischen Statistischen Zentralamt gemäß der Verordnung BGBl. Nr. 826/1995, in der Fassung BGBl. II Nr. 271/1997 verlangte Auskunft verweigert worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 8 Abs. 1 des Bundesstatistikgesetzes in Verbindung mit § 5 Abs. 2 und Abs. 3 lit. b der zitierten Verordnung übertreten, weshalb über ihn gemäß den §§ 8 und 11 des Bundesstatistikgesetzes 1965 vier Geldstrafen zu je S 650,-- (je 15 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurden.

Die gegen diese Bescheide an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom 19. Juni 2000, B 1564, 1565, abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete in Ansehung des Bescheides vom 4. August 1999 eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die angefochtenen Bescheide im Recht, der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht schuldig erkannt und dafür auch nicht bestraft zu werden, verletzt. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, in erster Instanz habe eine örtlich unzuständige Behörde entschieden. Nicht der Magistrat der Stadt Wien, sondern die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn sei zuständig gewesen, weil die Monatsmeldungen am Sitz des Unternehmens in Burgkirchen, das zum Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn gehöre, auszufüllen gewesen wären. Solcherart sei auch die belangte Behörde zur Erlassung der angefochtenen Bescheide nicht zuständig gewesen. Hingewiesen wird auf § 67 des Bundesstatistikgesetzes 2000, wo eine entsprechende Regelung nunmehr ausdrücklich getroffen worden sei. Im Übrigen sei die für das Vorliegen einer Meldungspflicht erforderliche Mindestzahl von Beschäftigten im Betrieb des Beschwerdeführers gesetzwidrig angenommen worden. In diesem Betrieb seien nämlich - mit geringen saisonalen Schwankungen - immer nur maximal zehn Personen mit Produktionstätigkeiten beschäftigt, wobei der Beschwerdeführer "innerhalb dieser Personanzahl von zehn Personen" sei. Der Unternehmer dürfe bei der Ermittlung der Mindestzahl von Beschäftigten aber nicht mitgezählt werden. Überdies dürften auch die im Betrieb des Beschwerdeführers beschäftigten Halbtagskräfte nicht mitgezählt werden, was von der belangten Behörde gleichfalls verkannt worden sei. Der Beschwerdeführer habe auch nicht über die erforderlichen Unterlagen verfügt, um die Auskünfte ordnungsgemäß erteilen zu können, sodass ihm Wissentlichkeit nicht zur Last gelegt werden könne. Schließlich seien die angefochtenen Bescheide erlassen worden, ohne dass zuvor über den beim Statistischen Zentralamt gestellten Antrag des Beschwerdeführers, ihn von der Verpflichtung zur Auskunftserteilung zu befreien, entschieden worden sei. Auch beeinträchtige die normierte Auskunftspflicht den Beschwerdeführer in der Erwerbsausübungsfreiheit.

Gemäß § 8 Abs. 1 des - im vorliegenden Fall anzuwendenden - Bundesstatistikgesetzes 1965 sind natürliche und juristische Personen sowie die Personengesellschaften des Handelsrechtes verpflichtet, über die bei statistischen Erhebungen gestellten Fragen Auskünfte zu erteilen. Die Auskünfte müssen rechtzeitig, vollständig und wahrheitsgetreu sein.

Gemäß § 11 Z. 1 Bundesstatistikgesetz begeht, wenn darin keine strenger zu bestrafende Handlung gelegen ist, eine Verwaltungsübertretung, wer der Auskunftspflicht (§ 8) durch Verweigerung der Auskunft nicht nachkommt oder wissentlich unvollständige oder wahrheitswidrige Angaben macht.

Gemäß § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 826/1995 idF BGBl. II Nr. 211/1997, hat das Österreichische Statistische Zentralamt statistische Erhebungen in den Bereichen des Bergbaus, der Gewinnung von Steinen und Erde, der Sachgütererzeugung, der Energie- und Wasserversorgung sowie des Bauwesens durchzuführen.

Die Erhebungen erstrecken sich gemäß § 2 Abs. 1 der zitierten Verordnung auf alle Unternehmen, Arbeitsgemeinschaften gemäß Abs. 3 sowie fachliche Einheiten auf örtlicher Ebene, die eine Tätigkeit ausüben, die nach näher bezeichneten Rechtsvorschriften dem "Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden", die "Sachgütererzeugung", die "Energie- und Wasserversorgung" oder dem "Bauwesen" zuzuordnen ist oder eine mit diesen Tätigkeiten verbundene Dienstleistung erbringen.

Gemäß § 3 Abs. 1 der zitierten Verordnung sind bei Unternehmen mit mehr als 19 Beschäftigten im einzelnen angeführte Daten festzustellen. Bei Unternehmen mit mindestens zehn und nicht mehr als 19 Beschäftigten sind gemäß § 3 Abs. 2 der zitierten Verordnung festzustellen:

1. Stand der Beschäftigten, gegliedert nach tätigem Inhaber und mithelfenden Familienangehörigen, nach Arbeitern und Angestellten, die beiden Letztgenannten jeweils unterschieden nach Eigen- und Fremdpersonal sowie Voll- und Teilzeitbeschäftigung, Heimarbeitern und Lehrlingen, ...

Gemäß § 3 Abs. 3 der zitierten Verordnung ist die Meldepflicht nach Abs. 1 oder Abs. 2 jeweils für ein Kalenderjahr gegeben und wird die entsprechende Zahl von Beschäftigten am 30. September des vorangegangenen Jahres ermittelt.

Gemäß § 5 Abs. 1 der zitierten Verordnung hat das Österreichische Statistische Zentralamt die amtlichen Erhebungsunterlagen für das Bundesgebiet aufzulegen und für ihre Zustellung zu sorgen.

Gemäß § 5 Abs. 2 der zitierten Verordnung sind die Inhaber oder verantwortlichen Leiter der in § 2 genannten Unternehmen, Arbeitsgemeinschaften sowie fachlichen Einheiten auf örtlicher Ebene verpflichtet, die im Abs. 1 bezeichneten Erhebungsunterlagen sorgfältig auszufüllen und bis zu den in Abs. 3 angegebenen Terminen firmenmäßig gezeichnet an das Österreichische Statistische Zentralamt einzusenden.

Was die Rüge des Beschwerdeführers anlangt, es sei eine örtlich unzuständige Behörde eingeschritten, ist ihm zu entgegnen, dass die Auskunftspflicht gemäß § 8 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz iVm § 5 Abs. 2 der zitierten Verordnung erfüllt ist, wenn die ausgefüllten und an das Österreichische Statistische Zentralamt eingesendeten Erhebungsunterlagen bei dieser auch einlangen; erst mit dem Einlangen der Unterlagen kann davon gesprochen werden, dass über die gestellten Fragen Auskunft erteilt wurde. Erfüllungsort dieser Verpflichtung ist daher der Sitz des anfragenden Österreichischen Statistischen Zentralamtes, der damit auch der Tatort der Unterlassung der gebotenen Auskunft ist (vgl. zu dieser Frage die Ausführungen im hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 5. März 1997, Zl. 96/03/0154). Soweit der Beschwerdeführer zur Begründung seiner Auffassung jedoch auf die Regelung des § 67 Bundesstatistikgesetz 2000 verweist, übersieht er, dass diese Regelung getroffen wurde, um eine - andernfalls zu erwartende - Konzentration der Verwaltungsstrafverfahren beim Magistrat der Stadt Wien zu vermeiden (vgl. RV, 1830 Blg. NR, 20. GP).

Mit dem Vorbringen, im Betrieb des Beschwerdeführers seien lediglich unter Einrechnung seiner Person sowie von Teilzeitbeschäftigten zehn Personen beschäftigt, wird - abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer damit unter das Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG fällt -, schon deshalb keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufgezeigt, weil § 3 Abs. 2 Z. 1 der zitierten Verordnung ausdrücklich festlegt, dass der Stand der Beschäftigten, "gegliedert nach tätigem Inhaber ... sowie Voll- und Teilzeitbeschäftigung" festzustellen ist, woraus zu erschließen ist, dass sowohl der tätige Inhaber, als auch die eine Teilzeitbeschäftigung Ausübenden zu den "Beschäftigten" zu zählen sind.

Schließlich könnte auch die vom Beschwerdeführer beantragte Entscheidung, ihn - in Hinkunft - von der Auskunftspflicht zu befreien, nichts an der Rechtswidrigkeit von - in der Vergangenheit - unterlassenen Auskünften ändern.

Dennoch ist die Beschwerde im Ergebnis aus folgenden Gründen berechtigt:

Gemäß § 44a Z. 2 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten. Die belangte Behörde berief sich in dem von ihr jeweils unverändert übernommenen Spruch des Straferkenntnisses erster Instanz auf folgende Bestimmungen "§ 8 Abs. 1 des Bundesstatistikgesetzes, BGBl. Nr. 91/1965, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit den §§ 5 Abs. 2 und Abs. 3 lit. b der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten und des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 19. Dezember 1995, BGBl. Nr. 826/1995, i.d.F. vom 19. September 1997, BGBl. II Nr. 271/1997." Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Vorgangsweise ergibt sich aber in Ansehung ihres strafrechtlichen Gehaltes erst im Zusammenhalt mit der Bestimmung des § 11 Z. 1 Bundesstatistikgesetz (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, Zl. 96/04/0084 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die belangte Behörde belastete die angefochtenen Bescheide aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes. Diese waren daher - ohne auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen der gestellten Begehren - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Juni 2001

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