Normen
BundesstatistikG 1965 §4 Abs5;
BundesstatistikG 1965 §8 Abs1;
B-VG Art140 Abs1;
DSG 1978 §1;
BundesstatistikG 1965 §4 Abs5;
BundesstatistikG 1965 §8 Abs1;
B-VG Art140 Abs1;
DSG 1978 §1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 31. August 1995 wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie habe es "als Gewerbeinhaberin der Firma P, Erdarbeiten, B-Platz 1, M, im Zeitraum vom 21.4.1995 bis zumindest 30.6.1995 trotz mehrmaliger Mahnung (zuletzt vom 23.5.1995) unterlassen, den 1. Auftragsbestand 1995 dem Österr. Statistischen Zentralamt in Wien zu übermitteln". Sie sei somit ihrer Auskunftspflicht nach § 8 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz im genannten Zeitraum nicht nachgekommen. Dadurch habe sie "§ 8 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz BGBl. Nr. 91/1965 idgF in Verbindung mit § 4 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik, BGBl. Nr. 117/1977", verletzt und es werde über sie wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 11 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz eine Geldstrafe in Höhe von S 30.000,-- (14 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt).
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 29. Februar 1996 insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafe auf S 10.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf vier Tage und sechzehn Stunden herabgesetzt wurde. Im übrigen wurde die Berufung abgewiesen, der Spruch des Straferkenntnisses jedoch dahin geändert, "daß an die Stelle des Begriffes "Gewerbeinhaberin" das Wort "Betriebsinhaberin" tritt". Hiezu wurde u.a. ausgeführt, die Person des Auskunftspflichtigen ergebe sich aus der genannten Verordnung; die Auskunftspflicht treffe die Beschwerdeführerin aber nicht als "Gewerbeinhaberin", sondern als "Betriebsinhaberin". Aus diesem Grunde sei das Straferkenntnis zu korrigieren gewesen. Die Zulässigkeit dieser Korrektur sei umso weniger anzuzweifeln, als die Verordnung offensichtlich von dem (tatsächlich gegebenen) engen Zusammenhang zwischen Gewerbeberechtigung und Betriebsinhaberschaft ausgehe, was schon aus dem Abstellen der Verordnung auf die Zugehörigkeit des Unternehmens (Betriebes) zur Bundesinnung der Baugewerbe nach der Fachgruppenordnung - mithin auf die gewerberechtliche Einordnung, welche sich aber nur nach der vorhandenen Gewerbeberechtigung des Einzelunternehmers richten könne - ersichtlich sei. Die Beschwerdeführerin habe in der Berufung ihre Betriebsinhabereigenschaft nicht bestritten, sondern einerseits die abstrakte Behauptung aufgestellt, es sei zwischen dem Gewerberechtsträger und dem Unternehmer (Betriebsinhaber) zu unterscheiden und andererseits nur vage darauf hingewiesen, daß sie Gewerbeinhaberin sei und ihr Ehegatte das Unternehmen de facto führe. Diese Argumentation stelle die Betriebsinhaberschaft der Beschwerdeführerin schon deshalb nicht in Frage, weil sie unbestritten lasse, daß das Unternehmen auf Rechnung und unter dem wirtschaftlichen Risiko der Beschwerdeführerin betrieben werde. Die Beschwerdeführerin gehe in ihrer Berufung aber nicht so weit, zu behaupten, daß ihr Gatte ein Einzelunternehmen ohne Gewerbeberechtigung betreibe, während sie die Gewerbeberechtigung besitze, aber kein Unternehmen betreibe. Indem sie (für die Zeit nach der Tat) eine Beauftragung ihres Ehegatten im Sinne des § 9 VStG für Belange des Bundesstatistikgesetzes behaupte, gebe die Beschwerdeführerin unmißverständlich zu erkennen, daß sie als Einzelunternehmerin verantwortlich sei. In diesem Zusammenhang führe sie in ihrer Berufung überdies aus, daß sie den Arbeitsaufwand alleine nicht mehr bewältigen könne, weshalb sie organisatorische Maßnahmen treffen werde. Für den unabhängigen Verwaltungssenat bestehe daher kein Grund, an der Betriebsinhaberschaft der Beschwerdeführerin im Sinne des § 4 Abs. 2 der genannten Verordnung zu zweifeln. Die Beschwerdeführerin habe nicht bestritten, daß sie es unterlassen habe, die Formblätter gemäß § 4 Abs. 2, Abs. 3 lit. b der Verordnung termingerecht auszufüllen und firmenmäßig gezeichnet an das Österreichische Statistische Zentralamt einzusenden. Selbst unter der Prämisse, daß das der Beschwerdeführerin unter dem Blickwinkel der Innungsmitgliedschaft zuzurechnende Unternehmen keine Aufträge mehr entgegennehme, wäre sie - wie im Straferkenntnis ausgeführt - verpflichtet gewesen, eine Leer- bzw. Nullmeldung zu erstatten. Die Beschwerdeführerin habe somit den ihr vorgeworfenen Tatbestand in objektiver Hinsicht verwirklicht. Mangels erkennbarer Entschuldigungsgründe sei ihr die Tat auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht, der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und dafür auch nicht bestraft zu werden, verletzt. Sie bringt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes im wesentlichen vor, sie sei in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt worden. Wäre ihr die Möglichkeit einer Stellungnahme zu ihrer Heranziehung als Betriebsinhaberin statt als Gewerbeinhaberin gegeben worden, hätte sie vorbringen können, daß nicht sie, sondern ihr Gatte Betriebsinhaber sei. Im übrigen hätte diese Änderung des Spruches nicht vorgenommen werden dürfen, weil ein Tatbestandsmerkmal der angewendeten Norm betroffen werde und daher vom Eintritt der Verfolgungsverjährung auszugehen gewesen sei. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. November 1989, VfSlg. 12.228, sei im § 8 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz die Wortfolge "Natürliche und" aufgehoben worden, wobei im Tatzeitraum die Rechtslage wiederum der durch den Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Stammfassung des § 8 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz entsprochen habe. Die als verfassungswidrig aufgehobene Norm sei durch die gleiche Wortfolge ersetzt worden. Es bestünden daher Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Wortfolge, sodaß die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof angeregt werde.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 2 Bundesstatistikgesetz ist die Bevölkerung zur Mitwirkung an statistischen Erhebungen im Sinne des § 1 dieses Gesetzes nur insoweit verpflichtet, als sich die statistischen Erhebungen auf die im Anhang zu diesem Bundesgesetz angeführten Erhebungsgegenstände beziehen.
Gemäß Punkt I Z. 11 des Anhanges zum Bundesstatistikgesetz sind der Stand, die Entwicklung und die Grundlagen der Bauwirtschaft ein solcher Erhebungsgegenstand. Statistische Erhebungen hierüber bedürfen gemäß § 2 Abs. 2 Bundesstatistikgesetz der Anordnung durch Verordnung, die den Gegenstand und die Art der Erhebung, die zu erhebenden Datenarten und insbesondere auch die Mitwirkung der Gemeinden und der Bevölkerung sowie die Mitwirkung der Bezirkshauptmannschaften gemäß Abs. 4 näher zu regeln hat.
Gemäß § 8 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz sind natürliche und juristische Personen sowie die Personengesellschaften des Handelsrechtes verpflichtet, über die bei statistischen Erhebungen gestellten Fragen Auskünfte zu erteilen. Die Auskünfte müssen rechtzeitig, vollständig und wahrheitsgetreu erteilt werden.
Gemäß § 11 Z. 1 Bundesstatistikgesetz begeht, wenn darin keine strenger zu bestrafende Handlung gelegen ist, eine Verwaltungsübertretung, wer der Auskunftspflicht (§ 8) durch Verweigerung der Auskunft nicht nachkommt oder wissentlich unvollständige oder wahrheitswidrige Angaben macht.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung betreffend statistische Erhebungen über die der Bundesinnung der Baugewerbe angehörenden Bauunternehmen, BGBl. Nr. 117/1977, hat das Österreichische Statistische Zentralamt monatliche, halbjährliche und jährliche Erhebungen in der Bauwirtschaft durchzuführen. Die Erhebungen erstrecken sich gemäß § 1 Abs. 2 dieser Verordnung auf alle Unternehmen (Betriebe) der im § 1 Abs. 1 Z. 1 des Anhangs der Verordnung BGBl. Nr. 223/1947 (Fachgruppenordnung) in der Fassung der Kundmachung BGBl. Nr. 381/1975 genannten Baugewerbe und auf jene Arbeitsgemeinschaften, deren kaufmännische Leitung (kaufmännische Federführung) einem solchen Unternehmen obliegt.
Gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung hat das Österreichische Statistische Zentralamt für das Bundesgebiet einheitliche Erhebungsbögen aufzulegen und an die Auskunftspflichtigen zu versenden. Der Inhaber oder verantwortliche Leiter des Unternehmens (Betriebes) oder der Arbeitsgemeinschaft ist gemäß § 4 Abs. 2 dieser Verordnung verpflichtet, die im Abs. 1 bezeichneten Formblätter sorgfältig auszufüllen und bis zu den im Abs. 3 angegebenen Terminen firmenmäßig gezeichnet an das Österreichische Statistische Zentralamt einzusenden.
Gemäß § 4 Abs. 3 lit. b der Verordnung hat die Einsendung für die Halbjahresmeldung über den Auftragsbestand jeweils bis zum den Berichtszeitraum folgenden 20. April und 20. Oktober zu erfolgen.
Die Bedenken der Beschwerdeführerin gegen die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "Natürliche und" in § 8 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz in der geltenden Fassung teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht. Die Wortfolge "Natürliche und" in § 8 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz, BGBl. Nr. 91/1965, wurde nämlich mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. November 1989, VfSlg. 12.228, mit der Begründung als verfassungswidrig aufgehoben, diese die Auskunftspflicht anordnende Bestimmung verletze aufgrund der (damals vorgesehenen) umfassenden Veröffentlichungspflicht des Ergebnisses der Erhebungen das Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG). Die derzeit geltende Veröffentlichungspflicht (§ 4 Abs. 5 Bundesstatistikgesetz) ist jedoch - was auch von der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogen wird - in einer den Anforderungen des § 1 DSG entsprechenden Weise geregelt. Es bestehen daher auch gegen die die Auskunftspflicht anordnende Bestimmung unter diesem Gesichtspunkt - aber auch im übrigen - keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die Beschwerde ist aber aus folgenden Gründen berechtigt:
Gemäß § 44a Z. 2 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten. Die belangte Behörde berief sich in dem von ihr in dieser Hinsicht unverändert übernommenen Spruch des Straferkenntnisses erster Instanz auf die Bestimmungen "§ 8 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz, BGBl. Nr. 91/1965 idgF i.V.m. § 4 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik, BGBl. Nr. 117/1977". Die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Vorgangsweise ergibt sich aber in Ansehung ihres strafrechtlichen Gehaltes erst im Zusammenhalt mit der Bestimmung des § 11 Z. 1 Bundesstatistikgesetz (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. April 1988, Zl. 87/04/0274).
Die belangte Behörde belastete den angefochtenen Bescheid aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher - ohne auf das übrige Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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