VwGH 99/12/0035

VwGH99/12/003519.7.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. Michaela Iro, Rechtsanwalt in Wien III, Invalidenstraße 13/1/15, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Dezember 1998, Zl. 130.485/39-II/2/98, betreffend die Feststellung, dass die Befolgung eines Dienstauftrages (Anordnung einer Verwendungsänderung) zu den Dienstpflichten gehöre, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §41a Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z2;
BDG 1979 §41a Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Polizeibeamter in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; er ist im Bereich der Bundespolizeidirektion Wien eingesetzt.

Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens wurde der Beschwerdeführer - soweit dem für den Beschwerdefall Bedeutung zukommt - mittels schriftlichen Dienstauftrages des Leiters des Kriminalbeamteninspektorates vom 26. Februar 1998 von seiner bis dahin innegehabten Verwendung in der Wirtschaftspolizei abgezogen und dem Büro für Erkennungsdienst, Kriminaltechnik und Fahndung (EKF) zur Dienstleistung zugewiesen.

Unter Bezug auf diesen Dienstauftrag stellte der Beschwerdeführer bei der Dienstbehörde erster Instanz folgenden Antrag vom 12. Mai 1998:

"Da es sich bei der Wirtschaftspolizei bzw deren Kriminalbeamtenabteilung um eine Dienststelle iSd § 273 Abs 1 BDG 1979 handelt, wird von mir der Antrag

gestellt, der Polizeipräsident von Wien möge feststellen, dass die Befolgung einer bloßen Weisung (eines Dienstauftrages), mit der ich von der Kriminalbeamtenabteilung bei der Wirtschaftspolizei einer anderen im Geschäftsplan und der Geschäftsordnung der Bundespolizeidirektion Wien vorgesehenen Organisationseinheit zur dauernden Dienstleistung zugewiesen werde, nicht zu meinen Dienstpflichten zählt."

Dieser Antrag wurde von der Dienstbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 27. Mai 1998 gemäß § 3 DVG 1984 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 leg. cit. als unzulässig zurückgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides wird unter Angabe von hg. Rechtsprechung zunächst dargelegt, dass es unzulässig sei, eine Vorfrage, die in einem anderen Verfahren zu lösen wäre, zum Gegenstand einer selbstständigen Feststellungsentscheidung zu machen. Der Beschwerdeführer habe gegen den schriftlichen Dienstauftrag vom 26. Februar 1998 Berufung bei der nach § 41 a BDG 1979 eingerichteten Berufungskommission erhoben. Da das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers zweifellos eine "Versetzungsangelegenheit" betreffe und das diesbezügliche Verfahren ohnehin bei der zuständigen Behörde anhängig sei, sei der vorher genannte Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom "12.6.1997" (richtig: 1998) eine umfangreiche Berufung, in der er inhaltliche Rechtswidrigkeit, Willkür und Befangenheit des bescheiderlassenden Organwalters geltend machte.

Ergänzend dazu legte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16. Juni 1998 die Entscheidung der Berufungskommission vom 5. Juni 1998, GZ. 38/8-BK/98, vor, mit der seine Berufung gegen den Dienstauftrag vom 26. Februar 1998 im Wesentlichen deshalb zurückgewiesen worden war, weil es sich bei diesem Dienstauftrag nicht um einen Bescheid gehandelt habe.

Die belangte Behörde leitete daraufhin die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 6 AVG an die von ihr für zuständig erachtete Berufungskommission weiter.

Da seitens des für Bedienstete aus dem Ressortbereich der belangten Behörde zuständigen Senates der Berufungskommission - aber ohne dass es zu einer formellen Behandlung der Berufung gekommen wäre - die Auffassung vertreten wurde, es liege keine Versetzungsangelegenheit und daher keine Zuständigkeit der Berufungskommission vor, wurde die Berufung der belangten Behörde wieder rückübermittelt.

Die belangte Behörde entschied daraufhin mit dem angefochtenen Bescheid wie folgt:

"Ihrer Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 27.5.1998, Zl. P 92/DR/98, wird gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes keine Folge gegeben. Gleichzeitig wird jedoch der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wie folgt abgeändert:

'Es wird festgestellt, dass die Befolgung des Dienstauftrages der Bundespolizeidirektion Wien, Kriminalbeamteninspektorat, vom 26.2.1998, Zahl KI-2-210/17/98, demzufolge Sie mit Wirksamkeit vom 28.2.1998 von Ihrer Verwendung bei der Wirtschaftspolizei abgezogen und dem Referat 2 im Büro für Erkennungsdienst, Kriminaltechnik und Fahndung zur Dienstleistung zugewiesen worden sind, gemäß § 44 Absatz 1 BDG zu Ihren Dienstpflichten zählt.'"

Zur Begründung wird nach Darstellung der "Vorgeschichte" (vgl. diesbezüglich das in einem besoldungsrechtlichen Verfahren des Beschwerdeführers ergangene hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1998, Zl. 98/12/0086) und des Verfahrensablaufes sowie nach Hinweis auf die §§ 38 und 40 BDG 1979 weiter ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Wirtschaftspolizei bzw. deren Kriminalbeamtenabteilung um eine Dienststelle im Sinne des § 273 Abs. 1 BDG 1979 handle. Die Abberufung von seiner Verwendung bei der Wirtschaftspolizei mittels Dienstauftrages und die Zuweisung zum Büro für EKF sei daher unzulässig. Aus der Sicht der belangten Behörde sei dazu zunächst festzustellen, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Zweck eines Feststellungsverfahrens über die Rechtmäßigkeit eines Dienstauftrages sei, bei der Auferlegung von Pflichten, die nicht durch Bescheid vorzunehmen seien, nachträglich rechtlich Klarheit darüber zu schaffen, ob der Beamte durch die Erteilung der Weisung in einem sich aus dem Dienstrecht ergebenden Recht verletzt worden sei. Nur dort, wo eine Klarstellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses eine Rechtsgefährdung des Antragstellers beseitigen könne, komme der Klarstellung für die Zukunft rechtliche Bedeutung zu und sei daher ein Feststellungsbescheid zulässig. Dies bedeute für den Beschwerdefall, dass der Beschwerdeführer - entgegen der Ansicht der erstinstanzlichen Behörde - ein rechtliches Interesse an der Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber gehabt habe, ob die Befolgung einer erteilten Weisung, nämlich des Dienstauftrages vom 26. Februar 1998 betreffend seine Abberufung von der Wirtschaftspolizei und die Zuweisung zum Büro für EKF, zu seinen Dienstpflichten zähle. Dementsprechend sei die im Spruch ausgeführte Sachentscheidung ergangen.

In der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides legt die belangte Behörde dar, aus welchen Gründen sie zu der im Spruch vorgenommenen Sachentscheidung gelangt ist.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende umfangreiche Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich "durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht im Falle des Vorliegens einer Versetzung (dauernden Zuweisung von einer Dienststelle zu einer anderen Dienststelle) auf Erlassung eines Bescheides gemäß § 38 Abs. 1 BDG, durch unrichtige Anwendung dieser Bestimmung sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung und die Bescheidbegründung (§§ 38, 40, 44 BDG iVm §§ 37, 39, 60 AVG) verletzt, wobei der Bescheid sowohl an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes als auch an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften leidet".

Nach § 41 a Abs. 1 BDG 1979 in der Fassung des Besoldungsreform-Gesetzes 1994, BGBl. Nr. 550, ist beim Bundeskanzleramt eine Berufungskommission einzurichten, die aus dem Vorsitzenden, den erforderlichen Stellvertretern und weiteren Mitgliedern besteht. Die Bescheide der Berufungskommission, die eine Behörde nach Art. 133 Z. 4 B-VG ist, unterliegen nach Abs. 5 dieser Bestimmung nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungswege. Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ist in diesen Angelegenheiten ausgeschlossen. Die Berufungskommission entscheidet nach der Verfassungsbestimmung des Abs. 6 u. a. über Berufungen gegen in erster Instanz ergangene Bescheide in Angelegenheiten der §§ 38 und 40.

Nach ständiger Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts besteht dann, wenn eine Verwendungsänderung durch Weisung angeordnet wurde und der betroffene Beamte der Auffassung ist, dass diese Verwendungsänderung einer Versetzung gleichzuhalten ist und daher mit Bescheid zu verfügen gewesen wäre, die Möglichkeit, bei der zuständigen Dienstbehörde die Erlassung eines Feststellungsbescheides über die Frage, ob eine qualifizierte oder lediglich eine schlichte Verwendungsänderung vorliegt, zu beantragen (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998, Zl. 96/12/0236, m.w.N.). Unter Bejahung dieses Feststellungsinteresses hat der Verwaltungsgerichtshof ferner in seinem Erkenntnis vom 15. Jänner 1990, Zl. 89/12/0069, im Zusammenhang mit einer Verwendungsänderung das Recht auf bescheidmäßige Feststellung der Rechtmäßigkeit eines Dienstauftrages (mit diesem Inhalt) wegen der Subsidiarität dieser Feststellung gegenüber der vorher aufgezeigten Feststellungsmöglichkeit verneint (vgl. hg. Erkenntnis vom 29. März 2000, Zl. 99/12/0323).

Im Beschwerdefall steht fest, dass der Beschwerdeführer mit schriftlichem Dienstauftrag des Leiters des Kriminalbeamteninspektorates vom 26. Februar 1998 von seiner bisherigen Verwendung abgezogen und ihm eine neue Verwendung im Bereich des Kriminaldienstes zugewiesen wurde. Der Beschwerdeführer beantragte daraufhin zwar die Feststellung, dass die Befolgung einer bloßen Weisung (dieses schriftlichen Dienstauftrages) nicht zu seinen Dienstpflichten zähle, aus dem rechtlichen Zusammenhang in Verbindung mit der Begründung seines Antrages folgt aber, dass er sinngemäß eine Feststellung darüber begehrte, ob die verfügte Personalmaßnahme im Sinne der §§ 38 und 40 BDG 1979 qualifiziert sei und daher nur in Bescheidform hätte verfügt werden dürfen.

Wenn die Dienstbehörde erster Instanz in der Begründung ihres Bescheides vom 27. Mai 1998 diesbezüglich ausführte, das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers hätte zweifellos eine "Versetzungsangelegenheit" betroffen, so hat sie dies zutreffend erkannt, aber in weiterer Folge dann einen unzulässigen Schluss gezogen. Sie wies den Antrag des Beschwerdeführers nämlich als unzulässig deshalb zurück, weil der Beschwerdeführer bei der Berufungskommission gegen den schriftlichen Dienstauftrag vom 26. Februar 1998 ohnehin Berufung erhoben habe und das diesbezügliche Verfahren daher bei der zuständigen Behörde anhängig sei. Diese Berufung wurde aber von der Berufungskommission, weil es sich nicht um eine Berufung gegen einen Bescheid gehandelt hat, mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes - wie auch der Verfassungsgerichtshof in dieser Sache erkannt hat (vgl. VfSlg. 15.330) - zu Recht zurückgewiesen.

Vor diesem Hintergrund ist das Anbringen des Beschwerdeführers vom 12. Mai 1998 als Antrag auf bescheidmäßige Absprache darüber zu verstehen, ob es sich bei der bloß mit Dienstauftrag verfügten Personalmaßnahme vom 26. Februar 1998 um eine im Sinne der §§ 38 und 40 BDG 1979 qualifizierte Personalmaßnahme gehandelt hat oder nicht. Über einen solchen auf Grundlage der §§ 38 und 40 BDG 1979 ergangenen Abspruch hätte im Berufungsweg gemäß der Verfassungsbestimmung des § 41 a Abs. 6 BDG 1979 die nach § 41 a Abs. 1 leg. cit. eingerichtete Berufungskommission zu entscheiden gehabt.

Dem entgegen hat die Dienstbehörde erster Instanz den Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen. Es liegt demnach eine bloß prozessuale Entscheidung der Unterbehörde vor. Abgesehen davon, dass es bereits deshalb der belangten Behörde verwehrt war, in der Sache zu entscheiden (vgl. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, Rz 538, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts), hätte - ausgehend von dem dargelegten Verfahrensgegenstand - auch die Berufung gegen eine solche Formalentscheidung von der Berufungskommission behandelt werden müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. September 1997, Zl. 96/12/0203). Rechtlich zutreffend versuchte die belangte Behörde zunächst die Berufung des Beschwerdeführers an die Berufungskommission abzutreten. Diese leitete die Berufung aber ausgehend von der unzutreffenden Rechtsauffassung, es habe sich hiebei um keine Versetzungsangelegenheit gehandelt, wieder nach § 6 AVG an die belangte Behörde zurück.

Daraufhin erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, der aber aus den vorher genannten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. Juli 2001

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