Normen
B-VG Art139 Abs1;
FerienreiseV 1993 §1a idF 1999/II/277;
FerienreiseV 1993 §2 idF 1999/II/277;
GGBG 1998 §2 Z1;
StVO 1960 §99 Abs2a;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art139 Abs1;
FerienreiseV 1993 §1a idF 1999/II/277;
FerienreiseV 1993 §2 idF 1999/II/277;
GGBG 1998 §2 Z1;
StVO 1960 §99 Abs2a;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Jänner 2000 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 14. August 1999 um 7.10 Uhr ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Sattelkraftfahrzeug auf der B 108 bei Straßenkilometer 22,2 in Richtung Lienz gelenkt, wobei er einen Gefahrenguttransport durchgeführt habe (Kennzeichnung mittels oranger Tafel Kemlerzahl 23 UN-Nr. 1965), obwohl das Fahren mit Lastkraftwagen oder Sattelkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t oder von Lastkraftwagen mit Anhängern, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht eines der beiden Fahrzeuge mehr als 3,5 t beträgt und die gemäß § 2 Z. 1 GGBG mit orange farbenen Tafeln zu kennzeichnen sind, auf der Felbertauern-Bundesstraße von 15. Juni 1999 bis 15. September 1999 ab Freitag von 13.00 Uhr an verboten ist, und er nicht unter die Ausnahmebestimmungen der Ferienreiseverordnung gefallen sei. Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Übertretung nach § 99 Abs. 2a StVO 1960 iVm § 1a der Ferienreiseverordnung, BGBl. Nr. 259/1993 in der Fassung BGBl. II Nr. 277/1999 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor, und beantragte, dem Land Tirol im Falle des Obsiegens S 565,-- an Vorlageaufwand zuzusprechen, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 1. März 2000, V 75/99-7, V 94/99-8, die Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 20. April 1993, BGBl. Nr. 259, in der Fassung BGBl. II Nr. 277/1999, mit der zur Erleichterung des Ferienreiseverkehrs für bestimmte Straßen ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge verfügt wurde (Ferienreiseverordnung), als gesetzwidrig aufgehoben. Dieses Erkenntnis wurde am 12. Mai 2000, in BGBl. II Nr. 139/2000, kundgemacht. Mangels Anlaßfallwirkung auf die hier zu beurteilende Übertretung des Beschwerdeführers ist im vorliegenden Fall diese Verordnung vom Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides noch anzuwenden.
Mit der am 13. August 1999 - somit 1 Tag vor der gegenständlichen Übertretung - in Kraft getretenen Novelle der genannten Verordnung, kundgemacht in BGBl. II Nr. 277/1999, wurden die §§ 1a und 2 der Verordnung geändert. Nach der Bestimmung des § 1a ist (war) das "Fahren mit LKW oder Sattelkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht über 7,5 t oder von Lastkraftwagen mit Anhängern, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht eines der beiden Fahrzeuge mehr als 3,5 t beträgt, und die gemäß § 2 Z 1 GGBG mit orangefarbenen Tafeln zu kennzeichnen sind", auf den in § 1 genannten Straßen (darunter auch an der gegenständlichen Tatörtlichkeit auf der B 108) vom 15. Juni bis 15. September bereits ab Freitag von 13 Uhr an bis zu der am darauffolgenden Samstag um 8 Uhr beginnenden Beschränkung gemäß § 1 verboten. Nach § 2 lit. a) sind von den im § 1 und § 1a genannten Fahrverboten - unter anderem - Fahrten ausgenommen, die dem Einsatz von Fahrzeugen des Straßenerhalters oder Fahrzeugen in seinem Auftrag zur Aufrechterhaltung des Straßenverkehrs und dem Straßen- oder Bahnbau dienen.
Die belangte Behörde verwarf in der wesentlichen Begründung des angefochtenen Bescheides das Argument des Beschwerdeführers, er habe dringend - wobei keine längere Lagermöglichkeit bestanden habe - Flüssiggasbehälter zur Bitumenherstellung für den Straßenbau zu einem Bauunternehmen liefern müssen, sodass seine Fahrt unter den genannten Ausnahmetatbestand gefallen sei, und vertrat die Auffassung, dass sich die Ausnahme nur auf Fahrten beziehe, die dem unmittelbaren Straßenbau dienten. Es sei vom Verkehrsberuhigungszweck dieser Verordnung ausgeschlossen, die Ausnahme extensiv auszulegen.
Auch wenn die belangte Behörde zutreffend auf den Zweck der genannten Bestimmungen hinwies, ist die Beschwerde dennoch im Ergebnis gerechtfertigt.
Der Beschwerdeführer hatte in seinem Schriftsatz vom 13. Jänner 2000, bei der belangten Behörde eingelangt am 14. Jänner 2000, unter anderem vorgebracht - und Beweismittel dafür angeboten -, daß es notwendig war, diese Fahrt innerhalb der Verbotszeit durchzuführen, um die Kontinuität des Straßenbaus zu gewährleisten, und es wäre im konkreten Fall, falls die Zulieferung des Flüssiggases nicht erfolgt wäre, zur Unterbrechung der Straßenbauarbeiten durch Stillstand der Bitumenherstellung durch den genannten Unternehmer gekommen. Wenn der belangten Behörde zuzustimmen ist, daß die gegenständliche Ausnahmebestimmung nicht extensiv interpretiert werden soll, so ist dennoch aus der Bestimmung nicht ersichtlich, dass ausschließlich Fahrzeuge, die "Materialien befördern, die dem unmittelbaren Straßenbau dienen," (gemeint offensichtlich, Fahrzeuge, die Material zur Baustelle befördern, das unmittelbar an Ort und Stelle verbaut wird) vom Fahrverbot ausgenommen wären; bei zweckgerichteter Interpretation der Bestimmung dient jedenfalls auch der Transport eines Materials zum Hersteller des Straßenbelages, wenn ohne diese Zulieferung die Straßenbauarbeiten nicht fortgeführt werden könnten, dem "Straßenbau". Die belangte Behörde hätte sich daher mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in dessen Schriftsatz vom 13. Jänner 2000 auseinandersetzen und allenfalls die Ermittlungen fortsetzen müssen, um zu der hier entscheidungswesentlichen Frage Feststellungen treffen zu können.
Da sie dies, ausgehend von ihrer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht unterlassen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 7. Juni 2000
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