Normen
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs3
FerienreiseV idF BGBl II Nr. 277/1999
StVO 1960 §42 Abs5
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs3
FerienreiseV idF BGBl II Nr. 277/1999
StVO 1960 §42 Abs5
Spruch:
Die Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 20. April 1993, BGBl. Nr. 259/1993, in der Fassung BGBl. II Nr. 277/1999, mit der zur Erleichterung des Ferienreiseverkehrs für bestimmte Straßen ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge verfügt wird (Ferienreiseverordnung), wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr erließ am 20. April 1993, kundgemacht in BGBl. Nr. 259/1993, auf Grundlage des §42 Abs5 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, idF BGBl. Nr. 423/1990, eine Verordnung, mit der zur Erleichterung des Ferienreiseverkehrs für bestimmte Straßen ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t an allen Samstagen vom 1. Juli bis zum 31. August jeweils in der Zeit von 8.00 Uhr bis 15.00 Uhr auf näher bezeichneten Teilstücken von Autobahnen, Schnellstraßen und Bundesstraßen verordnet wurde.
Mit der Novelle BGBl. Nr. 406/1995 wurde die Verordnung an die Baufortschritte im Bereich der Ostautobahn angepaßt.
Mit der Novelle vom 14. Juni 1999, kundgemacht in BGBl. II Nr. 181/1999 am 18. Juni 1999 und gemäß §44 Abs5 StVO 1960 durch Verlesung des vollen Wortlauts am Donnerstag, dem 17. Juni 1999, kurz vor Mitternacht im ORF-Radioprogramm Ö1, wurde der zeitliche Geltungsbereich der Ferienreiseverordnung auf den Zeitraum von 15. Juni bis 15. September ausgedehnt und der örtliche Geltungsbereich geändert bzw. diesem weitere Teilstrecken von Autobahnen, Schnellstraßen und Bundesstraßen angefügt. Weiters wurde der Verordnung ein §1a eingefügt, mit dem das "Fahren mit Fahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 t oder von Fahrzeugen mit Anhängern, bei denen die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte beider Fahrzeuge mehr als 3,5 t beträgt und die gemäß §2 Z1 GGBG mit orangefarbenen Tafeln zu kennzeichnen sind, auf den in §1 genannten Straßen in dem in §1 genannten Zeitraum von 15. Juni bis 15. September Freitag von 8.00 Uhr an bis zu der am darauffolgenden Samstag um 8.00 Uhr beginnenden Beschränkung gemäß §1 verboten" wurde.
Mit der am 13. August 1999 in Kraft getretenen Novelle, kundgemacht in BGBl. II Nr. 277/1999, wurden die §§1a und 2 geändert, sodaß die Verordnung nunmehr lautet:
"Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, mit der zur Erleichterung des Ferienreiseverkehrs für bestimmte Straßen ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge verfügt wird (Ferienreiseverordnung)
Auf Grund des §42 Abs5 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 423/1990, wird verordnet:
§1. (1) Das Fahren mit Lastkraftwagen oder Sattelkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t und von Lastkraftwagen mit Anhängern, bei denen die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte beider Fahrzeuge mehr als 7,5 t beträgt, ist auf den in Abs2 und Abs3 genannten Straßen an allen Samstagen vom 15. Juni bis zum 15. September jeweils in der Zeit von 8 Uhr bis 15 Uhr verboten.
(2) Das Verbot des Abs1 gilt auf folgenden Autobahnen in beiden Fahrtrichtungen:
Westautobahn A 1 vom Knoten Wien/Auhof bis zur Anschlußstelle Wallersee;
Ostautobahn A 4 von der Anschlußstelle Schwechat bis zur Staatsgrenze bei Nickelsdorf;
Mühlkreisautobahn A 7 vom Knoten Linz (A 1 - A 7) bis zur Anschlußstelle Salzburgerstraße;
Pyhrnautobahn A 9 vom Knoten Voralpenkreuz (A 9 - A 1) bis zur Anschlußstelle Graz-Webling,
Murtal Schnellstraße S 36 im gesamten Bereich.
Tauernautobahn A 10 von der Anschlußstelle Salzburg/Süd bis zur Anschlußstelle Werfen und von der Anschlußstelle Eben bis zur Anschlußstelle Villach,
Inntalautobahn A 12 im gesamten Bereich;
Brennerautobahn A 13 im gesamten Bereich;
Wiener Außenring Autobahn A 21 vom Knoten Steinhäusl (A 1 - A 21) bis zur Anschlußstelle Brunn am Gebirge;
Linzerautobahn A 25 vom Knoten Haid (A 1 - A 25) bis zur Anschlußstelle Wels/Ost;
Kremser Schnellstraße S 33 vom Knoten St. Pölten (A 1 - S 33) is zur Anschlußstelle St. Pölten-Ost.
(3) Das Verbot des Abs1 gilt auf folgenden Bundesstraßen außerhalb des Ortsgebietes in beiden Fahrtrichtungen:
Seefelder Bundesstraße B 177 im gesamten Bereich;
Achensee Bundesstraße B 181 im gesamten Bereich;
Loferer Bundesstraße B 312 von Lofer bis Wörgl;
Fernpaß Bundesstraße B 314 von Nassereith bis Bieberwier,
Arlberg Schnellstraße S 16 im gesamten Bereich,
Felbertauern Bundesstraße B 108 von Mittersill bis Lienz, Ennstal Bundesstraße B 147 von Radstadt bis Liezen.
§1a. Das Fahren mit Lastkraftwagen oder Sattelkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht über 7,5 t oder von Lastkraftwagen mit Anhängern, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht eines der beiden Fahrzeuge mehr als 3,5 t beträgt, und die gemäß §2 Z1 GGBG mit orangefarbenen Tafeln zu kennzeichnen sind, ist auf den in §1 genannten Straßen vom 15. Juni bis 15. September bereits ab Freitag von 13 Uhr an bis zu der am darauffolgenden Samstag um 8 Uhr beginnenden Beschränkung gemäß §1 verboten.
§2. Ausgenommen von den im §1 und §1a genannten Fahrverboten sind:
a) Fahrten, die ausschließlich der Beförderung von Schlacht- oder Stechvieh, oder leicht verderblichen Lebensmitteln, periodischen Druckwerken, der Getränkeversorgung in Ausflugsgebieten, der unaufschiebbaren Belieferung von gastronomischen Betrieben und Veranstaltungen oder Reparaturen an Kühlanlagen, dem Abschleppdienst, der Pannenhilfe, dem Einsatz in Katastrophenfällen, der medizinischen Versorgung, dem Einsatz von Fahrzeugen des Straßenerhalters oder Fahrzeugen in seinem Auftrag zur Aufrechterhaltung des Straßenverkehrs, dem Straßen- oder Bahnbau, dem Einsatz von Fahrzeugen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der Feuerwehr, der Müllabfuhr, der Entsorgung von Abfällen, dem Betrieb von Kläranlagen oder dem Einsatz von Fahrzeugen eines Linienverkehrsunternehmers zur Aufrechterhaltung des regelmäßigen Linienverkehrs dienen, sowie unaufschiebbare Fahrten mit Lastkraftwagen des Bundesheeres oder der UNPROFOR, SFOR oder KFOR oder Fahrten von Hilfstransporten anerkannter Organisationen;
b) Fahrten im kombinierten Güterverkehr Schiene-Straße vom Versender bis zum nächstgelegenen technisch geeigneten Verladebahnhof oder vom nächstgelegenen technisch geeigneten Entladebahnhof bis zum Empfänger und zurück zum nächsten Verladebahnhof, sofern ein vollständig ausgefülltes Dokument (CIM/UIRR Vertrag) mitgeführt wird, aus dem hervorgeht, daß das Fahrzeug oder dessen Aufbauten (Wechselbehälter, Container) mit der Eisenbahn befördert werden oder bereits befördert wurden;
c) Fahrten mit Leerfahrzeugen an Samstagen in der Zeit von 8 bis 10 Uhr bis zum Wohnsitz des Lenkers, Sitz des Firmenunternehmens, Güterterminals, LKW-Hofes, dauernden Standort des Fahrzeuges oder jenem Standort, an dem der Unternehmer dem Lenker eine entsprechende Rückfahrtmöglichkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder einem Firmenkraftfahrzeug bereitstellt.
§3. Rechtsvorschriften, mit denen weitergehende Fahrverbote angeordnet werden, bleiben unberührt."
1.2. Der für die Ferienreiseverordnung maßgebliche §42 StVO 1960, BGBl. Nr. 159, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/1998, lautet:
"§42. Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge
(1) An Samstagen von 15 Uhr bis 24 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00 Uhr bis 22 Uhr ist das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen mit Anhänger verboten, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftwagens oder des Anhängers mehr als 3,5 t beträgt; ausgenommen sind die Beförderung von Milch sowie unaufschiebbare Fahrten mit Lastkraftwagen des Bundesheeres mit Anhänger.
(2) In der im Abs1 angeführten Zeit ist ferner das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten.
(2a) Von den in Abs1 und 2 angeführten Verboten sind Fahrten ausgenommen, die ausschließlich im Rahmen des Kombinierten Verkehrs (§2 Z40 KFG 1967) innerhalb eines Umkreises mit einem Radius von 65 km von den durch Verordnung gemäß Abs2b festgelegten Be- oder Entladebahnhöfen durchgeführt werden.
(2b) Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr hat die Be- und Entladebahnhöfe gemäß Abs2a unter Bedachtnahme auf die technischen Anforderungen für den Kombinierten Verkehr mit Verordnung festzusetzen.
(3) Von dem im Abs2 angeführten Verbot sind Fahrten ausgenommen, die ausschließlich der Beförderung von Schlacht- oder Stechvieh oder leicht verderblichen Lebensmitteln, der Getränkeversorgung in Ausflugsgebieten, unaufschiebbaren Reparaturen an Kühlanlagen, dem Abschleppdienst, der Pannenhilfe, dem Einsatz in Katastrophenfällen, dem Einsatz von Fahrzeugen des Straßenerhalters zur Aufrechterhaltung des Straßenverkehrs, dem Einsatz von Fahrzeugen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der Müllabfuhr oder dem Einsatz von Fahrzeugen eines Linienverkehrsunternehmens zur Aufrechterhaltung des regelmäßigen Linienverkehrs dienen, sowie unaufschiebbare Fahrten mit Lastkraftwagen des Bundesheeres und mit selbstfahrenden landwirtschaftlichen Arbeitsmaschinen und Fahrten im Ortsgebiet an den letzten beiden Samstagen vor dem 24. Dezember. Diese Ausnahme gilt jedoch nicht für die Beförderung von Großvieh auf Autobahnen.
(4) Zur Verhinderung von Übertretungen der in Abs1, 2 und 6 angeführten Verbote sowie einer Verordnung nach Abs5 ist, falls erforderlich, ein für eine Fahrt mit dem betreffenden Fahrzeug nötiges Dokument abzunehmen oder eine der im §5b angeführten Zwangsmaßnahmen anzuwenden. Die getroffene Maßnahme ist mit Ablauf der im Abs1 oder 6 oder der in einer Verordnung nach Abs5 angeführten Zeit aufzuheben.
(5) Wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs, insbesondere zu Zeiten starken Verkehrs (zB Ferienreiseverkehr), oder eine gleichartige Verkehrsregelung in Nachbarstaaten Österreichs erfordert, kann der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr durch Verordnung bestimmen, daß die Lenker der in Abs1 oder 2 genannten Fahrzeuge zu den im Abs1 angeführten Zeiten bestimmte Straßen befahren oder zu anderen als den im Abs1 angeführten Zeiten bestimmte Straßen nicht befahren dürfen (idF BGBl. Nr. 105/1986).
(6) Ab 1. Jänner 1995 ist das Fahren mit Lastkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in der Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr verboten. Ausgenommen von diesem Fahrverbot sind Fahrten
a) mit Fahrzeugen des Straßendienstes,
b) mit Fahrzeugen des Bundesheeres, die zur Aufrechterhaltung des militärischen Dienstbetriebes unumgänglich sind und
c) mit lärmarmen Kraftfahrzeugen, bei denen eine Bestätigung nach §8b Abs4 KDV 1967 mitgeführt wird.
(7) Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr kann durch Verordnung bestimmte Straßen oder Straßenstrecken vom Verbot gemäß Abs6 ausnehmen, soweit dies zur Förderung oder Erleichterung des Kombinierten Verkehrs notwendig ist.
(8) Ab 1. Jänner 1995 dürfen Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in der Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr nicht schneller als 60 km/h fahren. Die Behörde hat für bestimmte Gebiete, Straßen oder Straßenstrecken durch Verordnung diese erlaubte Höchstgeschwindigkeit zu erhöhen, sofern dadurch nicht der Schutz der Bevölkerung vor Lärm beeinträchtigt wird.
(9) Für die Kundmachung von Verordnungen gemäß Abs7 und 8 gilt §44 sinngemäß.
(10) Rechtsvorschriften, mit denen weitergehende Fahrverbote oder Geschwindigkeitsbeschränkungen angeordnet werden, bleiben unberührt."
2.1. In dem zu V75/99 protokollierten Verfahren stellt die Vorarlberger Landesregierung auf Grundlage ihres Beschlusses vom 14. September 1999 gemäß Art139 Abs1 B-VG den Antrag,
"a) Im §1 Abs3 der Ferienreiseverordnung, BGBl. Nr. 259/1993, in der Fassung BGBl. II Nr. 181/1999, die Wortfolge 'Arlberg Schnellstraße S 16 im gesamten Bereich', als gesetzwidrig aufzuheben
b) in eventu den §1a der Ferienreiseverordnung, BGBl. Nr. 259/1993, in der Fassung BGBl. II Nr. 181/1999 und II Nr. 277/1999, als gesetzwidrig aufzuheben."
2.2. Die Vorarlberger Landesregierung begründet ihren Antrag im wesentlichen wie folgt:
2.2.1. Verordnungen nach §42 Abs5 StVO 1960 müßten ihrer gesetzlichen Grundlage zufolge aus Gründen der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, insbesondere zu Zeiten starken Verkehrs (zB bei Ferienreiseverkehr) oder im Zuge einer gleichartigen Verkehrsregelung in Nachbarstaaten Österreichs, erforderlich sein. Um eine solche "Erforderlichkeit" feststellen zu können, sei vor Erlassung der Verordnung die Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens unabdingbar. Der Verfassungsgerichtshof habe in seiner Judikatur zur im wesentlichen gleichgelagerten Verordnungsermächtigung in §43 Abs2 StVO 1960 den Grundsatz erarbeitet, daß eine nach dieser Gesetzesstelle ergehende Verkehrsbeschränkung sowohl einer näheren sachverhaltsmäßigen Klärung der Gefahren oder Belästigungen für Bevölkerung oder Umwelt, vor denen die Verkehrsbeschränkung schützen solle, als auch einer Untersuchung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse durch ein entsprechendes Anhörungs- und Ermittlungsverfahren bedürfe. Fehle es an der Erhebung entsprechender Entscheidungsgrundlagen oder werde im Zuge der gebotenen Interessenabwägung auf die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen und Verkehrserfordernisse nicht hinreichend Bedacht genommen, sei eine verkehrsbeschränkende Verordnung nach §43 Abs2 StVO 1960 gesetzwidrig. Diese Grundsätze seien nach Ansicht der Vorarlberger Landesregierung insoweit auch auf die Verordnungsermächtigung nach §42 Abs5 StVO 1960 anzuwenden, als das Erfordernis der Verkehrsbeschränkung jedenfalls zu erheben sei, wobei auch hier implizit (im Rahmen der Erforderlichkeit) eine Interessenabwägung durchzuführen sei.
Das Ermittlungsverfahren müsse auch dazu dienen, dem Verordnungsgeber hinreichenden Aufschluß darüber zu geben, wie er sein ihm durch die "Kann-Bestimmung" eingeräumtes Ermessen wahrzunehmen habe. Erst dann, wenn der Verordnungsgeber die betroffenen Interessen hinreichend gegeneinander abgewogen habe, könne man davon ausgehen, daß das Ermessen "im Sinne des Gesetzes" ausgeübt worden sei.
Demgegenüber seien die dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr vorgelegenen Entscheidungsgrundlagen jedoch nicht klar. Tatsächlich habe der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr nämlich die Durchführung eines geeigneten Ermittlungsverfahrens unterlassen und die Verordnung keiner Begutachtung unterzogen. Er habe auch nicht die zur Beurteilung der Verkehrsverhältnisse zuständigen Stellen in den Landesverwaltungen gehört. Die Verordnung sei daher jedenfalls wegen mangelhafter Entscheidungsgrundlagen gesetzwidrig.
2.2.2. Darüber hinaus erachtet die Vorarlberger Landesregierung die Einbeziehung der S 16 Arlberg Schnellstraße, in die Verordnung als inhaltlich unsachlich und daher gleichheitswidrig:
Der Beurteilung der Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs während der Ferienreisezeit müßten konkrete Untersuchungen hinsichtlich der im maßgeblichen Zeitraum von 15. Juni bis 15. September an Freitagen und Samstagen ohne die Verordnung der Verkehrsbeschränkung zu erwartenden Verkehrsdaten zugrunde gelegt werden. Auch die zugehörigen und gegebenenfalls den Reiseverkehr beeinträchtigenden Güterschwerverkehrsanteile bzw. die betreffenden Gefahrguttransportanteile wären zu erheben gewesen.
Die Auswertung der Daten des Jahres 1998 der automatischen Zählstelle Nr. 81, Arlbergtunnel, habe für die S 16 Arlberg Schnellstraße, wie ein Vergleich mit der klassischen Urlauberverkehrsroute A 10 Tauernautobahn, Zählstelle Nr. 67, Katschbergtunnel, gezeigt habe, keine ausgeprägte Urlauberverkehrscharakteristik ergeben. Hinsichtlich dieser Zählergebnisse sei zu beachten, daß beide automatischen Zählstellen sogenannte Langfahrzeuge, nämlich Pkw mit Anhängern wie zB Wohnwagengespanne, Busse, Lkw ohne und mit Anhänger und Sattelzüge, zählen und sohin vergleichbare Zählergebnisse liefern würden.
Der Gesamtverkehr auf der A 10 Tauernautobahn, Zählstelle Nr. 67, Katschbergtunnel, sei bedingt durch den Urlauberverkehr im Zeitraum von Juni bis September 1998 an den Freitagen ca. 1,2 bis 1,9-fach und an den Samstagen ca. 1,6 bis 2,4-fach so hoch wie im Jahresschnitt gewesen. Die Anzahl der Langfahrzeuge habe in diesem Zeitraum im Vergleich zum Jahresschnitt an Freitagen um das ca. 1,15 bis ca. 1,5-fache, an Samstagen um das ca. 1,3 bis 1,8-fache zugenommen.
Im Gegensatz dazu sei der Gesamtverkehr im Arlbergtunnel im Vergleich zum Jahresschnitt sogar im Juni 1998 an Freitagen um ca. 12 % und an Samstagen um ca. 37 % gesunken. Der Gesamtverkehr sei im Zeitraum von Juli bis September 1998 an Freitagen und Samstagen teilweise gleich geblieben bzw. habe sich um das 1,19-fache bzw. knapp 1,17-fache des Jahresschnitts gesteigert. Die Anzahl der Langfahrzeuge habe im Zeitraum von Juni bis September 1998 an Freitagen um das ca. 1,08 bis 1,15-fache und an Samstagen um das ca. 1,12 bis 1,35-fache des Jahresschnitts zugenommen. Diese Zunahme sei jedoch vor allem auf eine größere Anzahl an Reisebussen und Wohnwagengespannen und nicht auf eine Zunahme des Güterschwerverkehrs zurückzuführen.
Absolut gesehen habe daher die Zunahme bei den Langfahrzeugen von Juni bis September 1998 im Arlbergtunnel an Freitagen zwischen ca. 80 und 160 Fahrzeugen und an Samstagen zwischen ca. 50 und 150 Fahrzeugen betragen. Im Vergleich dazu wäre auf der A 10 Tauernautobahn im Katschbergtunnel bei den Langfahrzeugen von Juni bis September 1998 eine Zunahme zwischen ca. 560 und 1840 Fahrzeugen und an Samstagen zwischen ca. 680 und 2040 Fahrzeugen zu verzeichnen gewesen.
Diese genannten Verkehrsdaten zeigten deutlich, daß in die Beurteilung der Verkehrszunahmen im Urlaubszeitraum auch die Absolutbelastung miteinzubeziehen sei. Es mache nämlich einen Unterschied, ob wie im Falle der A 10 Tauernautobahn, Katschbergtunnel, die Verkehrsbelastung an Freitagen (zB im August 1998) von jahresdurchschnittlich 15.758 Kfz/24h auf 30.004 Kfz/24h bzw. an Samstagen von jahresdurchschnittlich 16.665 Kfz/24h auf
40.339 Kfz/24h anwachse, sich sohin mehr als verdoppeln würde, oder ob der Gesamtverkehr, wie auf der S 16 Arlberg Schnellstraße, (zB im Juli 1998) von jahresdurchschnittlich 6.333 Kfz/24h auf 7.556 Kfz/24h an Freitagen bzw. von jahresdurchschnittlich 6.877 Kfz/24h auf 8.014 Kfz/24h an Samstagen (zB im August) zunehmen würde.
Während auf der A 10 Tauernautobahn die höchste Gesamtverkehrsbelastung infolge der Urlauberverkehrscharakteristik im Sommer auftreten würde (zB 41.626 Kfz/24h am Samstag, dem 1. August 1998), seien auf der S 16 Arlberg Schnellstraße die Höchstwerte niemals im Sommer, sondern immer an den Samstagen zwischen Jänner und März (zB 14.956 Kfz/24h am Samstag, dem 28. Februar 1998) festzustellen gewesen. Die Auswertung der Ergebnisse der beiden automatischen Zählstellen zeige darüber hinaus, daß zwischen Juni und September 1998 auf der A 10 Tauernautobahn die Maximalanzahl für Langfahrzeuge überwiegend an Freitagen aufgetreten sei, wohingegen auf der S 16 Arlberg Schnellstraße die Maximalanzahl für Langfahrzeuge immer zwischen Dienstag und Donnerstag, nie aber an Freitagen oder Samstagen, zu verzeichnen gewesen sei. Die Einbeziehung der S 16 Arlberg Schnellstraße in die Ferienreiseverordnung erscheine sohin im Vergleich mit anderen Straßen als nicht gerechtfertigt und eine Erforderlichkeit im Sinne des §42 Abs5 StVO 1960 als nicht gegeben.
2.2.3. Zur Begründung des Eventualantrages führt die Vorarlberger Landesregierung aus, daß der Vorwurf eines mangelnden Ermittlungsverfahrens auch für die Erlassung der Bestimmung des §1a der Verordnung gelte. In sachlicher Hinsicht sei auszuführen, daß Gründe, die für eine besondere Behandlung von Gefahrguttransporten auf der S 16 sprechen würden, nicht vorlägen. Es könne - wie aufgezeigt - nicht davon ausgegangen werden, daß auf der S 16 während des fraglichen Zeitraumes ein so starker Verkehr zu erwarten sei, daß über die allgemeine Beschränkung hinaus der Verkehr von Gefahrguttransporten, welcher nur einen verschwindend geringen Anteil des Gesamtverkehrsaufkommens ausmache, zusätzlich verboten werden müsse.
Im übrigen komme es durch die getroffene Regelung zur paradoxen - und unsachlichen - Situation, daß an Freitagen ein Fahrverbot für Gefahrguttransporte mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 t, an Samstagen jedoch von 7,5 t gelte.
Zum Antragsumfang führt die Vorarlberger Landesregierung aus, daß - sehe man die Einbeziehung der S 16 Arlberg Schnellstraße in die Ferienreiseverordnung als grundsätzlich gerechtfertigt an - die Gesetzwidrigkeit der Regelung des §1a im Zusammenhang mit der S 16 Arlberg Schnellstraße nur durch die gänzliche Aufhebung des §1a beseitigt werden könne.
3.1. Die Kärntner Landesregierung stellt in dem zu V94/99 protokollierten Verfahren auf Grundlage ihres Beschlusses vom 10. November 1999 gemäß Art139 Abs1 B-VG den Antrag,
"a) folgende Bestimmungen der Ferienreiseverordnung, BGBl. Nr. 259/1993, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 277/1999,
als gesetzwidrig aufzuheben:
- 1. §1 Abs1 und das Zitat '§1' im Einleitungssatz des §2 und/oder
- 2. Im §1 Abs1 die Wortfolge 'Abs2 und' und §1 Abs2
und/oder
- 3. §1a und die Wortfolge 'und §1a' im Einleitungssatz des §2.
b) in eventu die Ferienreiseverordnung, BGBl. Nr. 259/1993, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 277/1999, als gesetzwidrig aufzuheben".
3.2. Die Kärntner Landesregierung erachtet die angefochtenen Bestimmungen der Ferienreiseverordnung zum einen wegen Verfahrensmängel bei der Erlassung der Novellen BGBl. II Nr. 181/1999 und BGBl. II Nr. 277/1999 für gesetzwidrig und führt dazu aus:
3.2.1. Die in §94f StVO 1960 festgelegten Anhörungsrechte würden weder bei Verordnungen des Bundesministers noch bei Gefahr im Verzuge gelten. Spezielle Anhörungsrechte normierten jedoch einerseits §93 Abs2 zweiter Satz Arbeiterkammergesetz 1992, BGBl. Nr. 626/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 166/1998, wonach Verordnungen und Kundmachungen vor ihrer Erlassung, soweit sie den Aufgabenbereich der Arbeiterkammer berührten, der zuständigen Arbeiterkammer, wenn sie jedoch den Zuständigkeitsbereich einer Arbeiterkammer überschritten, der Bundesarbeitskammer zur Stellungnahme bzw. Begutachtung zu übermitteln seien, und andererseits §10 Abs1 Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103, demzufolge Gesetzes- und Verordnungsentwürfe, die Interessen berührten, deren Vertretung den Organisationen der gewerblichen Wirtschaft zukomme, den jeweils zuständigen Kammern unter Einräumung einer angemessenen Frist zur Begutachtung zu übermitteln seien.
Es bestehe kein Zweifel, daß durch die Ferienreiseverordnung Interessen der gewerblichen Wirtschaft, insbesondere der Transportwirtschaft, aber auch der Industrie, in Kärnten speziell der chemischen Industrie, berührt würden. Soweit bekannt, seien in das Verordnungserlassungsverfahren zur Novelle BGBl. II Nr. 181/1999 nur das Kuratorium für Verkehrssicherheit und die Bundesländer Salzburg, Tirol und Oberösterreich eingebunden gewesen. Im Verfahren zur Erlassung der Novelle BGBl. II Nr. 277/1999 habe man zwar die Wirtschaftskammer und die Arbeiterkammer beteiligt, dieses Begutachtungsverfahren habe sich jedoch ausschließlich auf eine Dnderung des §2, nicht jedoch auf die Änderung des §1a der Verordnung bezogen. §10 Wirtschaftskammergesetz und §93 Abs2 Arbeiterkammergesetz würden keine Gefahr im Verzug-Klauseln enthalten. Wegen Verletzung der Anhörungsrechte gemäß §10 Wirtschaftskammergesetz und §93 Abs2 Arbeiterkammergesetz sei die Verordnung sohin gesetzwidrig.
3.2.2. Auch sei die Verordnung wegen Unterlassung eines Ermittlungsverfahrens im Sinne des §42 Abs5 StVO gesetzwidrig:
Die Kärntner Landesregierung verweist - im wesentlichen mit gleicher Begründung wie die Vorarlberger Landesregierung - darauf, daß der Prüfung der "Erforderlichkeit" auch bei auf §42 Abs5 StVO 1960 gestützten Verordnungen die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens voranzugehen habe und daß auch diesbezüglich die vom Verfassungsgerichtshof zu §43 Abs1 und 2 StVO 1960 entwickelte Rechtsprechung herangezogen werden müsse.
Gehe man davon aus, daß die Verordnung BGBl. II Nr. 181/1999 eine Reaktion auf den Brand im Tauerntunnel am 29. Mai 1999 gewesen sei, so sei es unsachlich, zwar die Bundesländer Tirol, Salzburg und Oberösterreich, nicht jedoch Kärnten anzuhören, obwohl vor dem Unfall ein nicht unbeträchtlicher Teil des Nord-Süd-Verkehrs durch Österreich über Kärnten verlaufen sei. Vor allem die exportorientierte Kärntner Wirtschaft habe am schwersten unter der Unterbrechung der für Kärnten bedeutendsten Nord-Süd-Straßenverbindung zu leiden gehabt. Dasselbe gelte natürlich auch für die Kärntner Tourismuswirtschaft, die vor allem auf Campingplätzen bedeutende Umsatzeinbußen zu verzeichnen gehabt habe.
Auch vor Novellierung des §1a der Ferienreiseverordnung durch die Verordnung BGBl. II Nr. 277/1999 sei keinerlei Ermittlungsverfahren durchgeführt worden, weshalb die angefochtenen Bestimmungen der Ferienreiseverordnung auch aus diesem Grund gesetzwidrig seien.
3.3. Die Kärntner Landesregierung erachtet die angefochtenen Bestimmungen aber auch aus inhaltlichen Gründen für gesetzwidrig:
3.3.1. Zum einen sei die Ausdehnung des Geltungszeitraumes der Verordnung gesetzwidrig, weil sie in §42 Abs5 StVO keine Deckung finde. Weder aus Gründen des starken Verkehrs oder gleichartiger Regelungen in den Nachbarstaaten noch aus anderen Gründen sei die Ferienreiseverordnung für die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs erforderlich. Wie sich aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage betreffend die 13. StVO Novelle (467 der Blg. NR 16. GP) zur Regelung des §42 Abs5 ergebe, sei Zweck dieser Regelung eine Trennung zwischen Individual-Freizeitverkehr und Schwerverkehr in Zeiten vermehrten Freizeitverkehrs einerseits und die Harmonisierung der Beschränkung des Schwerverkehrs mit jenen der Nachbarstaaten andererseits. Es sollte dabei jedoch auch den Interessen der Wirtschaft und der Versorgung Rechnung getragen werden. Wie in den Erläuternden Bemerkungen ersichtlich, sehe der Gesetzgeber in der sich in der Hauptreisezeit ergebenden Kolonnenbildung, hervorgerufen durch ein Zusammentreffen von Reisespitzen im Individualverkehr und Schwerverkehr, eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs. Daß aber nicht jeglicher Reiseverkehr zu einer solchen Beeinträchtigung führe, bringe der Gesetzgeber in den Erläuternden Bemerkungen damit zum Ausdruck, daß das Verbot "in sinnvoller und zielführender Weise an die besonderen Verkehrsverhältnisse anzupassen" sei.
Nur bei einer Abwägung dieser Interessen auf Grundlage eines ordnungsgemäß durchgeführten Ermittlungsverfahrens werde dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Kriterium der Erforderlichkeit der Regelung Rechnung getragen.
3.3.2. Gerade vor dem Hintergrund der Termingestaltung der einzelnen Sommerferien in der Bundesrepublik Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Polen, Slowakei, Ungarn und Tschechien - der Antrag enthält eine detaillierte Aufstellung der einzelnen Feriendaten - sei die Ausdehnung des Geltungszeitraumes der Verordnung auf den Zeitraum von 15. Juni bis 15. September nicht erforderlich. So insbesondere auch deshalb, weil speziell für den September das in §42 Abs1 StVO 1960 geregelte Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr und an Sonntagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr ausreichend sei.
Die Ferienreiseverordnung sei zum anderen auch deshalb unsachlich, weil sie lediglich das vermehrte Verkehrsaufkommen in der Vor- und Nachsaison, nicht jedoch jenes während der Oster- bzw. Pfingstzeit und an den sogenannten verlängerten Wochenenden zu Christi Himmelfahrt und Fronleichnam berücksichtige.
3.3.3. In Anbetracht dessen, daß der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr die Novelle zur Ferienreiseverordnung, BGBl. II Nr. 181/1999, vor allem als flankierende Maßnahme im Zusammenhang mit Regelungen aus Anlaß des Brandes im Tauerntunnel am 29. Mai 1999 bezeichne und mit der darauf folgenden Sperre des Tunnels bis 22. August 1999 begründe, hätte auch mit einer zeitlich begrenzten Regelung das Auslangen gefunden werden können, sei doch schon bald nach dem Unglücksereignis festgestanden, daß die Reparatur etwa drei bis vier Monate in Anspruch nehmen werde. Die durch die Ferienreiseverordnung getroffenen Maßnahmen seien daher aufgrund ihres dauerhaften Charakters überschießend und aufgrund der Verkehrslage für die Kärntner Wirtschaft erheblich benachteiligend.
Spätestens bei Erlassung der Novelle BGBl. II Nr. 277/1999 müsse dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr bekannt gewesen sein, daß die der Novelle BGBl. II Nr. 181/1999 zugrunde liegenden Voraussetzungen bereits Ende August 1999 (das heißt längstens zwei Wochen nach der Kundmachung dieser Verordnung) nicht mehr vorliegen würden. Auch ergebe eine Auswertung der Unfallzahlen keine überdurchschnittliche, durch Lkw-Verkehr verursachte Unfallhäufigkeit an Freitagen und Samstagen auf Kärntner Autobahnen.
3.3.4. Weiters ist die Kärntner Landesregierung der Auffassung, daß die Festlegung der betroffenen Autobahnen nach unsachlichen Kriterien erfolgt und die Verordnung auch deswegen gleichheitswidrig sei. So sei die A 2 Südautobahn, die in Österreich die wichtigste Ost-Süd-Verbindung darstelle, nicht von der Ferienreiseverordnung erfaßt, obwohl es dort für den Reiseverkehr zweifellos zu Verkehrsbeeinträchtigungen komme. Auch hätte der Verordnungsgeber außer acht gelassen, daß der Urlauber- und Schwerverkehr aus Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Polen stetig im Wachsen begriffen sei. Die Aufnahme der A 2 Südautobahn in die Ferienreiseverordnung sei im ursprünglichen Entwurf, der im Juni 1992 vom Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr zur Begutachtung versendet worden sei, vorgesehen gewesen. Warum dieser Straßenzug in der Folge aus dem Katalog der betroffenen Autobahnen herausgenommen worden sei, könne mangels Vorliegens von Erläuterungen zu den Verordnungsentwürfen nicht nachvollzogen werden.
Das Anwachsen des Transitverkehrs auf der A 2 Südautobahn sei eine notorisch offenkundige Tatsache. Die fehlende Einbeziehung der A 2 Südautobahn in den Geltungsbereich der Ferienreiseverordnung könne nur die Folge des bei der Erlassung der Novellen zur Ferienreiseverordnung unterbliebenen Ermittlungsverfahrens sein, denn auch die A 2 Südautobahn sei von dem durch die Sperre des Tauerntunnels verursachten Umleitungsverkehr, nämlich über die Abfahrten Bad St. Leonhard und Klagenfurt, betroffen gewesen.
Die Unsachlichkeit der Regelung ergebe sich auch aus einem Vergleich der Verkehrsbelastung auf der A 2 Südautobahn mit jener auf der A 10 Tauernautobahn. Die Ergebnisse der automatischen Zählstellen auf den beiden genannten Straßen seien ähnlich ausgeglichen und es bestünden daher keine besonderen Gründe, die beiden Straßenzüge unterschiedlich zu behandeln. Die fehlende Berücksichtigung der Südautobahn A 2 begründet daher die Unsachlichkeit der Aufzählung der vom Fahrverbot betroffenen Autobahnen in §1 Abs2 der Ferienreiseverordnung.
4. Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr erstattete unter Vorlage der Verordnungsakten zu den Anträgen jeweils Äußerungen, in denen er die Abweisung der Anträge beantragt.
4.1.1. Zur Frage der Sachlichkeit des örtlichen Geltungsbereiches in §1 Abs2 der Ferienreiseverordnung allgemein bringt der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr vor, daß sowohl die Vorarlberger als auch die Kärntner Landesregierung mit ihren Vorbringen den Sinn des §42 Abs5 StVO ins Gegenteil kehren würden. Wollte man nämlich der Ansicht beider Landesregierungen folgen, müßte man zu dem Schluß kommen, daß sämtliche Straßen Österreichs unter dauernder Beobachtung und Überprüfung durch den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr stehen müßten, um bei einer Änderung der Verkehrsverhältnisse auf irgendeiner Straße des Bundesgebietes unverzüglich die Ferienreiseverordnung zu ändern, andernfalls die Verordnung verfassungswidrig würde. Daß eine derartige Rechtslage dazu führte, daß eine Verordnung gemäß §42 Abs5 StVO praktisch niemals verfassungskonform erlassen werden bzw. auf Dauer bestehen könnte, liege auf der Hand.
Sinn der Verordnungsermächtigung in §42 Abs5 StVO 1960 könne daher nur sein, daß auf einer bestimmten Straße, die für eine Verordnung gemäß §42 Abs5 ins Auge gefaßt werde, die in der genannten Bestimmung aufgezählten Gründe - Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs - eine Ausdehnung oder Einschränkung des Lkw-Fahrverbotes erforderlich machen würden. Da statistisch gesehen Unfälle mit Lkw-Beteiligung schwerwiegendere Folgen zeitigen würden als andere Verkehrsunfälle, würde jedes Fahrverbot für Lkw jedenfalls die Sicherheit des Verkehrs erhöhen und somit "erforderlich" sein, was außerdem auch auf alle anderen Straßen des Bundesgebietes zutreffe.
4.1.2. Anlaßfall für die mit der Verordnung BGBl. II Nr. 181/1999 vorgenommene Änderung des örtlichen Geltungsbereiches der Ferienreiseverordnung sei die Sperre des Tauerntunnels gewesen. Es seien daher solche Straßen in die Aufzählung des §1 Abs2 der Ferienreiseverordnung aufgenommen worden, auf denen aufgrund von Untersuchungen des Umwegverkehrs und den zu erwartenden Verkehrszahlen eine besondere Belastung durch diesen Ausweich- bzw. Umwegverkehr zu erwarten gewesen sei. Die Entlastung dieser Ausweichrouten habe nur durch eine Verlagerung des Schwerverkehrs vom Samstag weg auf andere Tage oder auf andere Verkehrsträger erreicht werden können. Unmittelbar nach Sperre des Tauerntunnels seien in Deutschland und Österreich Ausweichrouten publiziert worden. Eine Untersuchung der verkehrsgeographischen Gegebenheiten auf diesen Routen habe dieselben Steigungsstrecken und Engstellen aufgezeigt, die bereits im Jahre 1992 zur Grundfassung der Ferienreiseverordnung geführt hätten. Im Auftrag des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr sei daher in der ersten Juni-Woche 1999 durch Experten des Kuratoriums für Verkehrssicherheit eine "Bereisung" dieser Alternativrouten erfolgt, die eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit dieser Straßen infolge bereits begonnener Bauarbeiten, Ortsdurchfahrten im Bundesstraßenbereich sowie Lücken im hochrangigen Netz ergeben habe. Im kurzen Weg seien daraufhin die Bundesländer Salzburg, Tirol und Oberösterreich, wohin die Verkehrsaufteilung und Umleitungswegweisung von der A 10 Tauernautobahn erfolgt sei, von der Absicht der Änderung der Verordnung in Kenntnis gesetzt und Vorschläge zur Erweiterung des Streckennetzes eingeholt worden.
4.2. Den Bedenken der Vorarlberger Landesregierung betreffend das Fehlen eines Ermittlungsverfahrens hält der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr entgegen, daß bei der Novellierung der Ferienreiseverordnung auf die Ermittlungen bei Erlassung der Grundverordnung in den Jahren 1991 und 1992 sowie auf Feststellungen im Zusammenhang mit der Untersuchung des Umwegtransitverkehrs und den Verkehrserfahrungen im Zusammenhang mit der sogenannten Mautflucht wegen Erhöhung der Brennermaut bzw. mit Verkehrsbeschränkungen auf der A 12 Inntalautobahn zurückgegriffen habe werden können.
Tatsächlich sei dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr ein Antrag des Bundeslandes Tirol vorgelegen, der die Ausdehnung der gegenständlichen Verordnung auf die Route A 12 und S 16 vorgeschlagen habe. Die im Gegensatz zu Tirol generell ablehnende Haltung der Vorarlberger Landesregierung sei bereits aus dem Begutachtungsverfahren zur Grundverordnung bekannt gewesen. Der Geltungsbereich der Verordnung betreffend die S 16 Arlberg Schnellstraße habe aber nicht so festgelegt werden können, daß die Verordnung in der Mitte des Arlbergtunnels geendet hätte.
4.3. Außerdem sei dem Ministerium für Wissenschaft und Verkehr eine Studie des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vorgelegen und bedürfe es wohl keiner weiteren Erläuterung, daß die aufgrund des Unfalles im Tauerntunnel notwendig gewordene Verordnung nur besonders rasch und nicht mit entsprechenden Begutachtungsverfahren erlassen werden habe können.
4.4. Zur Frage der Gesetzmäßigkeit des §1a der Ferienreiseverordnung führt der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr aus, daß das aufgrund der Größe und Schwere von Lkw den Verkehrsunfällen mit Lkw-Beteiligung immanente und durch die Unfallstatistik erwiesene hohe Gefahrenpotential bei Unfällen mit Gefahrguttransporten aufgrund der Eigenschaften ihrer Ladung noch zusätzlich erhöht sei. Außerdem lasse sich aus der Unfallstatistik über Unfälle mit Lkw-Beteiligung auch ableiten, daß insbesondere Unfälle mit Tankwagen besonders gehäuft an Freitagen auftreten würden.
Hinsichtlich des Beginns des Fahrverbots für Gefahrguttransporte ab Freitag 8.00 Uhr wird ausgeführt, daß Verkehrserfahrungen und -beobachtungen auf hochbelasteten Autobahnen wie der Brennerautobahn ein Ausweichen des Verkehrs auf an sich weniger belastete Zeiten wie die frühen Morgenstunden ergeben hätten. Das Bundesland Tirol habe insbesondere den Urlaubertransitreisenden angeraten, Österreich bereits in den Nachstunden zu durchqueren. Es sei daher nicht auszuschließen gewesen, daß Urlauber, um nicht in die Stauzeiten am Freitag nachmittag oder Samstag vormittag zu geraten, bereits am Freitag Morgen starten und sohin Österreich früher erreichen würden. Tatsächlich sei die Wirtschaft auf Grund der Verordnung auf andere Beförderungstage ausgewichen, sodaß eine Überlastung der von der Verordnung erfaßten Straßen am Freitag vormittag nicht eingetreten sei.
Diese Aspekte in Verbindung mit den zuvor dargestellten, zu erwartenden zusätzlichen Verkehrsbelästigungen auf den in die Verordnung einbezogenen Straßen hätten die Bestimmung des §1a der Ferienreiseverordnung erforderlich im Sinne des §42 Abs5 StVO 1960 gemacht.
4.5. Zur Frage des zeitlichen Geltungsbereiches der Ferienreiseverordnung meint der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr, daß §42 StVO 1960 entgegen der Ansicht der Kärntner Landesregierung nicht zu entnehmen sei, daß eine Ausdehnung des zeitlichen Geltungsbereiches des in Abs1 normierten Fahrverbotes nur innerhalb eines Zeitraumes erfolgen dürfe, in dem ein gegenüber dem Durchschnitt erhöhtes Verkehrsaufkommen bestehe, bzw. nur dann, wenn eine zeitliche Harmonisierung mit ähnlichen Verkehrsregelungen in Nachbarländern notwendig erscheine. Oberstes, gesetzlich vorgegebenes Ziel sei es vielmehr, den Erfordernissen der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zu entsprechen, wobei das Gesetz beispielhaft für ein solches Erfordernis "Zeiten starken Verkehrs" anführe (arg. "insbesondere"). In Anbetracht der im Vergleich zum Jahresdurchschnitt fast doppelt so hohen Anzahl von Verkehrsunfällen mit Lkw-Beteiligung ab Beginn des Sommerreiseverkehrs - wie eine Statistik der Jahre 1995 bis 1998 deutlich aufzeige, ereigneten sich in diesem Zeitraum in der ersten Junihälfte fast um die Hälfte weniger Unfälle als in der zweiten Junihälfte - sei Ziel der Verordnung gewesen, den Schwerverkehr und Individualreiseverkehr zu trennen. Dabei sei jedoch darauf geachtet worden, die verordneten Verkehrsverbote auf einen Zeitraum einzuschränken, der einerseits den Schwerverkehr nicht länger als notwendig einschränke, andererseits jedoch sicherstelle, daß in Zeiten erfahrungsgemäß besonders starken Verkehrsaufkommens die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs gewährleistet werde.
4.6. Zur Frage der Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretungen vertritt der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr die Ansicht, daß eine Nichtbefassung der Interessenvertretungen, insbesondere der von der Kärntner Landesregierung angesprochenen Transportwirtschaft, nicht zu einer Gesetzwidrigkeit der gegenständlichen Verordnung führen könne. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des §10 Abs1 Wirtschaftskammergesetz, BGBl. I Nr. 103/1998, wonach Gesetze und Verordnungen hinsichtlich des Begutachtungsrechtes der Kammern gleichbehandelt würden. Da die genannte Bestimmung des Wirtschaftskammergesetzes einerseits jedoch nicht im Verfassungsrang stehe, andererseits einfache Gesetze aber nicht "gesetzwidrig" sein könnten, hätte eine Nichtbeachtung des §10 Wirtschaftskammergesetz keine Auswirkungen auf die rechtliche Qualität eines Gesetzes. Für die Nichtübermittlung einer Verordnung zur Begutachtung sehe §10 Wirtschaftskammergesetz keine Rechtsfolge vor, weshalb daraus nicht die Gesetzwidrigkeit der Ferienreiseverordnung abgeleitet werden könne. Hinsichtlich des Begutachtungsrechts der Arbeiterkammer hätte die Kärntner Landesregierung ihre Bedenken nicht näher konkretisiert.
4.7. Wenn die Kärntner Landesregierung nun einwende, daß dem Verordnungsgeber bereits zum Zeitpunkt der Novellierung im August 1999 bekannt hätte sein müssen, daß die Sperre des Tauerntunnels als der Verordnung zugrundeliegende Voraussetzungen bereits spätestens Ende August aufgehoben würde, so werde dem entgegengehalten, daß der Brand im Tauerntunnel ein entscheidendes Kriterium für die Novellierung der Verordnung mit BGBl. II Nr. 181/1999 gewesen sei. Inwieweit aber die Tatsache der Aufhebung der Sperre des Tauerntunnels die Verordnung gesetzwidrig machen sollte, sei nicht nachvollziehbar. Für die Novelle BGBl. II Nr. 277/1999 seien vielmehr die vor ihrer Erlassung gewonnenen Erfahrungen verwertet worden. Es müsse dem Verordnungsgeber unbenommen bleiben, die - für die Verkehrssicherheit nach den ersten Erfahrungen positiven - Ergebnisse der Novelle BGBl. II Nr. 181/1999 auszuwerten.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Verfassungsgerichtshof hat die - zulässigen - Anträge gemäß §35 Abs1 VerfGG 1953 iVm. §187 ZPO zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.
2.1. Die angefochtene Verordnung stützt sich auf §42 Abs5 StVO 1960.
Gemäß §42 Abs1 StVO 1960 ist an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen mit Anhänger verboten, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftwagens oder des Anhängers mehr als 3,5 t beträgt; ausgenommen davon sind die Beförderung von Milch sowie unaufschiebbare Fahrten mit Lastkraftwagen des Bundesheeres mit Anhänger.
Gemäß §42 Abs2 leg.cit. ist in der in Abs1 angeführten Zeit ferner das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten.
Gemäß §42 Abs5 leg.cit. kann der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr, wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs, insbesondere zu Zeiten starken Verkehrs (zB Ferienreiseverkehr), oder eine gleichartige Verkehrsregelung in Nachbarstaaten Österreichs erfordert, durch Verordnung bestimmen, daß die Lenker der in Abs1 oder 2 genannten Fahrzeuge zu den in Abs1 angeführten Zeiten bestimmte Straßen befahren oder zu anderen als den in Abs1 angeführten Zeiten bestimmte Straßen nicht befahren dürfen.
2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in seiner Rechtsprechung noch nicht mit auf §42 Abs5 StVO 1960 gestützten Verordnungen befaßt. Ganz allgemein hat er zu verkehrsbeschränkenden Verordnungen ausgesprochen, daß die Behörde vor Erlassung solcher Verordnungen die im einzelnen umschriebenen Interessen an der Verkehrsbeschränkung mit dem Interesse an der ungehinderten Benützung der Straße abzuwägen und dabei die (tatsächliche) Bedeutung des Straßenzuges zu berücksichtigen hat (vgl. VfSlg. 9089/1981, 13482/1993). Die sohin gebotene Interessenabwägung erfordert sowohl eine nähere sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren oder Belästigungen für Bevölkerung oder Umwelt, vor denen die Verkehrsbeschränkung schützen soll, als auch eine Untersuchung "der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse" durch ein entsprechendes Anhörungs- und Ermittlungsverfahren (vgl. VfSlg. 11493/1987, 12485/1990). Auch wenn die Vorschrift des §94f StVO 1960 über die bei Vorliegen der Voraussetzungen obligatorische Durchführung eines Anhörungsverfahrens nach ihrem Wortlaut für Verordnungen des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr nicht zur Anwendung kommt, kann es im durchzuführenden Ermittlungsverfahren auch notwendig sein, etwa gesetzliche Interessenvertretungen, Behörden der Straßenaufsicht oder Gebietskörperschaften im Rahmen eines Anhörungsverfahrens in das Verordnungserlassungsverfahren miteinzubeziehen, um überhaupt erst die gebotene Interessenabwägung vornehmen zu können.
2.3. Die Verordnungsermächtigung des §42 Abs5 StVO 1960 ermöglicht dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr, das grundsätzlich in Abs1 normierte Wochenendfahrverbot für näher bezeichnete Lastkraftwagen aus Gründen der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an insbesondere zu Zeiten starken Verkehrs (zB Ferienreiseverkehr) veränderte Verkehrsgegebenheiten anzupassen. §42 Abs5 leg.cit. ist sohin eine Regelung, die es erlaubt, auf konkrete Verkehrserfordernisse angepaßte Verkehrsmaßnahmen zu setzen. Ist - wie im vorliegenden Fall - die Erlassung einer verkehrsbeschränkenden Maßnahme in möglichst rascher Weise geboten, kann es sich ergeben, daß an das vor Erlassung der Verordnung durchzuführende Ermittlungsverfahren erleichterte Anforderungen zu knüpfen sind. Der dieser Verordnungsermächtigung zugrundeliegende und durch die Determinanten Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs bzw. Erforderlichkeit umschriebene Normzweck gebietet aber auch, daß eine solche zum Zeitpunkt ihrer Erlassung dringend erforderliche - uU unter erleichterten Voraussetzungen zustande gekommene - Verkehrsmaßnahme dann ihre Geltung verliert, wenn der Grund für ihre Erlassung fortfällt.
2.4. Auslösend für die Novellierung der seit 1993 geltenden Ferienreiseverordnung durch den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr im Juni 1999 war die wegen eines Brandes im Tauerntunnel am 29. Mai 1999 notwendige Sperre des davon betroffenen Abschnitts der A 10 Tauernautobahn. Angesichts der bevorstehenden Ferienreisezeit und eines befürchteten Verkehrszusammenbruchs auf den Ausweichrouten war eine möglichst rasche Verhängung verkehrslenkender Maßnahmen aus Gründen der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs dringend geboten.
Der Verfassungsgerichtshof hat daher in diesem Verfahren zu prüfen, ob der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr - auch in Anbetracht der Konzeption der Ferienreiseverordnung als Dauerverordnung - die für die angefochtene Verordnung erforderliche Interessenabwägung vorgenommen hat bzw. ob er alle für die gebotene Interessenabwägung entscheidungsrelevanten Sachverhalte hinsichtlich der Gefahren oder Belästigungen, vor denen die Verordnung schützen sollte, und der sonst zu berücksichtigenden Verkehrsbeziehungen und Verkehrserfordernisse in einem entsprechenden Verfahren ausreichend ermittelt hat:
2.4.1. Dazu finden sich in den Verordnungsakten nachstehende Dokumente:
a. Ein von einem Beamten des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr nach dem Tauerntunnelbrand erstelltes Informationspapier für den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr vom 30. Mai 1999 über ein Neun-Punkte-Maßnahmenprogramm samt einer Beilage betreffend die Möglichkeiten der Ausweitung der Bahnkapazitäten. Aus Punkt 5. dieses Papiers ergibt sich die Absicht, zu prüfen,
"inwieweit - jedenfalls für die Zeit der Ausnahmesituation/Sperre Tauernstrecke - ein vorgezogenes Wochenend- und Feiertagsfahrverbot aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich ist (zB ab Freitag 22.00 Uhr; an bestimmten 'Festtagen')".
Der Einleitung zu diesem Neun-Punkte-Maßnahmenprogramm ist freilich auch zu entnehmen, daß sich
"aus dieser Katastrophe (Tauerntunnelbrand) aber auch eine riesen Chance (ergebe), verkehrspolitische Maßnahmen zur Verlagerung auf die Schiene (Schiene kann beweisen, daß sie tatsächlich eine Alternative sein kann) und zum Schutz der Bevölkerung zu setzen, die nicht ungenützt bleiben sollte."
b. Ein Tonbandprotokoll über die von der Salzburger Landesregierung durchgeführte Verkehrsreferententagung vom 2. Juni 1999, an der aktenkundig jedoch kein Vertreter des österreichischen Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr teilgenommen hat. Bei diesem Treffen wurden die Auswirkungen der Tauerntunnelsperre auf das Verkehrsgeschehen sowie die (ua. auf den Ausweichrouten) notwendigen Verkehrsmaßnahmen erörtert.
c. Eine interne Notiz des Instituts für Verkehrstechnik und Unfallstatistik, die detailliertes und statistisch ausgewertetes Zahlenmaterial zum Unfallgeschehen auf Österreichs Straßen im Zeitraum von 1989 bis 1998 enthält.
d. Ein Schreiben des Landeshauptmannes von Tirol an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr vom 1. Juni 1999, in dem unter Bezugnahme auf die Sperre des Tauerntunnels und die damit in Tirol für den Sommer zu erwartenden Verkehrsprobleme die zeitliche Vorverlegung des bestehenden Lkw-Wochenendfahrverbotes auf Freitag 19.00 Uhr sowie die Einbeziehung der gesamten S 16 Arlberg Schnellstraße in den räumlichen Geltungsbereich der Ferienreiseverordnung angeregt wird.
e. Die Unterlage des Vortrags des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr an die - hier nicht zuständige - Bundesregierung (Ministerrat vom 14. Juni 1999) samt Verordnungsentwurf.
2.4.2. Daraus ergibt sich, daß der vorliegenden Verordnung das Ergebnis der statistischen Auswertung der Verkehrsdaten der vergangenen Jahre zugrunde gelegt wurde, daß jedoch zur Feststellung der Entscheidungsgrundlagen keine Untersuchung der durch die Sperre des Tauerntunnels hervorgerufenen Folgen und der mit der Verordnung beabsichtigten Wirkungen vorgenommen wurde. Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr hat sohin im Juni 1999 keine Ermittlungshandlungen hinsichtlich der bei Erlassung einer solchen Verordnung zu erwartenden Auswirkungen auf das gesamtösterreichische Verkehrsgeschehen gesetzt und zudem nicht geprüft, wie sich die vorliegende Verordnung - ihrem sachlich wie räumlich geänderten Geltungsbereich nach - konkret auf das Verkehrsgeschehen auf den von ihr erfaßten bzw. nicht erfaßten Straßen und damit für Bevölkerung und Wirtschaft auswirken würde. Der Verordnungserlassung ist zur Entscheidungsfindung kein wie immer geartetes Anhörungs-, Informations- oder Begutachtungsverfahren vorausgegangen. Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr hat die Verordnung offenkundig auch nicht auf aktuelle, erst nach der Tauerntunnelsperre erhobene Daten gestützt. Nach der Aktenlage wurden vom Verordnungsentwurf weder die Gebietskörperschaften, noch die gesetzlichen Interessenvertretungen oder die Behörden der Straßenaufsicht in Kenntnis gesetzt. Es hat sohin vor Erlassung der Ferienreiseverordnung im Juni 1999 - insbesondere im Hinblick auf ihre Konzeption als Dauerverordnung - kein Verfahren stattgefunden, das geeignet gewesen wäre, das gesamte Spektrum der entscheidungsrelevanten Sachverhalte zu ermitteln und das der besonderen Bedeutung und Tragweite dieser verkehrslenkenden Maßnahme für das Verkehrsgeschehen auf Österreichs Straßen während der Ferienreisezeit eines jeden Sommers Rechnung getragen hätte.
Der Verfassungsgerichtshof hält in diesem Zusammenhang auch fest, daß es dem Verordnungsgeber in Anbetracht der Zeitspanne zwischen Tauerntunnelsperre und Verordnungserlassung - immerhin drei Wochen - grundsätzlich möglich gewesen wäre, die entscheidungsrelevanten Sachverhalte durch konkrete Ermittlungshandlungen, wie etwa durch Einbeziehung der oben genannten Einrichtungen - Gebietskörperschaften, gesetzliche Interessenvertretungen und Straßenaufsichtsbehörden - in das Verfahren, zu erfassen.
Insgesamt bilden daher weder die vom Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr für die Verordnung ins Treffen geführten allgemeinen Ausführungen über die Häufigkeit und besondere Gefährlichkeit von Unfällen mit Lkw-Beteiligung noch sonstige aktenkundige Erhebungen eine ausreichende Grundlage für die gemäß §42 Abs5 StVO 1960 gebotene Interessenabwägung. Die diesbezüglichen Vorbringen der Vorarlberger und der Kärntner Landesregierung sind daher im Ergebnis berechtigt.
Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr hat es unterlassen, die für die gemäß §42 Abs5 StVO 1960 gebotene Interessenabwägung erforderlichen sachlichen Entscheidungsgrundlagen zu ermitteln. Die Verordnung ist daher wegen Widerspruchs zu §42 Abs5 StVO 1960 gesetzwidrig.
3.1. Aus den dargelegten Erwägungen folgt, daß sich die erwiesene Gesetzwidrigkeit nicht auf die von den Anträgen V75/99 und V94/99 erfaßten Verordnungsbestimmungen allein beschränkt, sondern die gesamte Verordnung belastet.
Art139 Abs3 B-VG ist von dem Gedanken getragen, den Verfassungsgerichtshof in die Lage zu versetzen, in all jenen Fällen, in denen die festgestellte Gesetzwidrigkeit der präjudiziellen Verordnungsstelle offenkundig auch alle übrigen Verordnungsbestimmungen erfaßt, die ganze Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben. Eine am Zweck des Gesetzes orientierte Auslegung ergibt sohin, daß der in diesem Verfahren festgestellte Mangel den im Art139 Abs3 B-VG in lita) bis c) ausdrücklich genannten Fällen gleichzuhalten (vgl. VfSlg. 8213/1977, 13707/1994, 14140/1995) und demnach die ganze Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben ist.
Der Verfassungsgerichtshof sieht sich auch in diesem Verordnungsprüfungsverfahren dazu veranlaßt, die Verordnung zur Gänze aufzuheben. Umstände, die dem im Sinne des Art139 Abs3 letzter Satz B-VG entgegenstünden, haben sich im Verfahren nicht ergeben. Ein Eingehen auf den Eventualantrag der Kärntner Landesregierung erübrigte sich daher.
3.2. Bei diesem Verfahrensergebnis war auf die weiteren von den antragstellenden Landesregierungen vorgetragenen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung nicht mehr einzugehen.
4. Die Verpflichtung zur Kundmachung ergibt sich aus Art139 Abs5 B-VG.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergehen.
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