Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und des nachzitierten Schreibens vom 30. September 1999, geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:
Nach einem Betriebsbesuch in der Kanzlei der Beschwerdeführer am 1. September 1999 richtete das Arbeitsinspektorat für den
2. Aufsichtsbezirk am 30. September 1999 ein Schreiben mit folgendem Inhalt an die Beschwerdeführer:
"Sehr geehrte Damen und Herren!
Anläßlich des oben angeführten Betriebsbesuches wurde festgestellt, dass Arbeitnehmerschutzbestimmungen nicht eingehalten wurden.
Sie werden daher gemäß § 9 Abs. 1 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 (ArbIG), BGBl. Nr. 27, aufgefordert, mit der Mängelbehebung unverzüglich zu beginnen und sie spätestens innerhalb der im einzelnen genannten Fristen abzuschließen.
1. Die Bildschirme sind im rechten Winkel zur Fensterfront aufzustellen (§ 67 ASchG)
Frist gemäß § 9 Abs. 1 ArbIG: 8 Wochen.
2...
3...
Aufgrund des § 7 Abs. 2 ArbIG ist die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes dem Arbeitsinspektorat bis zum 1. Dezember 1999 schriftlich mitzuteilen.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Setzung von Fristen den Verantwortlichen während dieser Zeitspanne nicht von der Verantwortung für die Einhaltung von gesetzlichen Vorschriften befreit.
Mit freundlichen Grüßen
Für das Arbeitsinspektorat ......."
Die lediglich gegen Punkt 1 dieses Schreibens von den Beschwerdeführern erhobene Berufung hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 28. Dezember 1999 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen und nach Wiedergabe des Sachverhaltes und der maßgeblichen Rechtslage unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes begründend ausgeführt, einer Aufforderung nach § 9 Abs. 1 ArbIG komme mangels rechtserzeugenden und rechtsfeststellenden Inhalts der Charakter eines Bescheides nicht zu. Darüber hinaus lege § 9 Abs. 1 ArbIG fest, dass das Arbeitsinspektorat die ArbeitgeberInnen formlos schriftlich aufzufordern habe. Auch aus diesem Wortlaut sei ersichtlich, dass es sich bei einer Aufforderung nach § 9 Abs. 1 ArbIG um keinen Bescheid handeln könne, sodass die Berufung als unzulässig zurückzuweisen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die auf den Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993, BGBl. Nr. 27 - § 9 in der Fassung BGBl. Nr. 871/1995 - (ArbIG) lauten:
"Feststellung und Anzeige von Übertretungen
§ 9. (1) Stellt die Arbeitsinspektion die Übertretung einer Arbeitnehmerschutzvorschrift fest, so ist der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin oder die gemäß § 4 Abs. 7 beauftragte Person nach Möglichkeit im erforderlichen Umfang mit dem Ziel einer möglichst wirksamen Umsetzung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zu beraten und hat das Arbeitsinspektorat den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin formlos schriftlich aufzufordern, innerhalb einer angemessenen Frist den den Rechtsvorschriften und behördlichen Verfügungen entsprechenden Zustand herzustellen. Eine Ablichtung der Aufforderung ist den Organen der Arbeitnehmerschaft und dem/der gemäß § 23 Abs. 1 gemeldeten verantwortlichen Beauftragten zur Kenntnis zu übersenden. Den Sicherheitsvertrauenspersonen sowie den Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmediziner/innen ist eine Ablichtung der Aufforderung zur Kenntnis zu übersenden, soweit deren Aufgabenbereich berührt ist.
(2) Wird der Aufforderung nach Abs. 1 innerhalb der festgelegten Frist nicht entsprochen, so hat das Arbeitsinspektorat Anzeige an die zuständige Verwaltungsstrafbehörde zu erstatten.
(3) .....
Anträge und Verfügungen
§ 10. (1) Ist das Arbeitsinspektorat der Ansicht, daß in einer Betriebsstätte oder auf einer Arbeitsstelle Vorkehrungen zum Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sittlichkeit der Arbeitnehmer/innen zu treffen sind, so hat es im Rahmen der Arbeitnehmerschutzvorschriften bei der zuständigen Behörde die Vorschreibung der erforderlichen Maßnahmen zu beantragen. Eine Ablichtung des Antrages ist den Organen der Arbeitnehmerschaft zur Kenntnis zu übersenden.
(2) Die zuständige Behörde hat über Anträge des Arbeitsinspektorates gemäß Abs. 1 ohne Verzug, längstens jedoch binnen zwei Wochen, das Ermittlungsverfahren einzuleiten und dieses beschleunigt abzuschließen.
(3) ....."
Im Beschwerdefall ist allein die Frage - was die Beschwerdeführer mit ihren Ausführungen teilweise offenbar verkennen - entscheidend, ob einem ausdrücklich auf § 9 Abs. 1 ArbIG 1993 gestützten Schreiben eines Arbeitsinspektorates Bescheidcharakter zukommt oder nicht.
Die Beschwerdeführer führen hiezu aus, ein Bescheid liege stets dann vor, wenn ein individueller, hoheitlicher, im Außenverhältnis ergehender normativer Verwaltungsakt erlassen werde. Ein Bescheid könne auch in der Auferlegung einer Leistungsverpflichtung bestehen; diesfalls liege ein Leistungsbescheid vor. In Leistungsbescheiden sei eine vom Gesetz vorgesehene oder aber auch angemessene Leistungsfrist zu setzen. Die Anordnung vom 30. September 1999 richte sich an individuell bestimmte Personen, aus der genannten Anordnung folge auch, dass die gesetzliche Bestimmung des § 9 ArbIG vollzogen werden solle. Urheber dieser Anordnung sei eine Verwaltungsbehörde, nämlich das Arbeitsinspektorat; dass diesem behördliche Aufgaben zukämen, sei in Judikatur und Literatur unstrittig. Das Arbeitsinspektorat sei in behördlicher Funktion aufgetreten und sei im Rahmen seiner abstrakten Kompetenz zur Ausübung der Hoheitsverwaltung tätig geworden. Es teile den Beschwerdeführern nicht bloß unverbindlich eine Rechtsansicht mit. Die Beschwerdeführer würden vielmehr aufgefordert, eine bestimmte Maßnahme innerhalb einer bestimmten Frist zu setzen und dies nachzuweisen. Der vorliegende Rechtsakt sei auch nach außen getreten; die für Bescheid gebotene notwendige Auswirkung sei gegeben, sodass ein Leistungsbescheid vorliege.
Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof zu der hinsichtlich der "schriftlichen Aufforderung" durch das Arbeitsinspektorat im wesentlichen gleichlautenden Regelung des § 6 Abs. 1 ArbIG 1974 bereits in seinem Erkenntnis vom 28. Jänner 1990, Zl. 90/19/0258, ausgeführt hat, dass der Arbeitsinspektion zwar hoheitliche Befugnisse übertragen seien, das Schwergewicht der gesetzlichen Regelung jedoch auf der vorausgehenden Aufforderung des Arbeitsinspektors an den Arbeitgeber liege, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen. Nur ausnahmsweise könnten die Arbeitsinspektorate selbst Bescheide erlassen. Für die erstgenannte Tätigkeit dieser Verwaltungsorgane werde von einem Teil der Lehre die Bezeichnung "schlichte Hoheitsverwaltung" verwendet. Darunter verstehe man ein Verwaltungshandeln, das nicht privatwirtschaftlicher Natur sei, sondern zum Bereich der Hoheitsverwaltung gehöre, auch wenn im konkreten Fall kein Hoheitsakt gesetzt werde. In der schlichten Hoheitsverwaltung würden die Verwaltungsorgane nicht in den Handlungsformen des Bescheides, des unmittelbaren Befehls- und Zwangsaktes sowie der Verordnung tätig, obwohl diese ihre Befugnis, anzuordnen und durchzusetzen, im Hintergrund vorhanden sei. In diesem Sinn sei die schlichte Hoheitsverwaltung eine potentiell hoheitliche Verwaltung, die durch Einsatz von Imperium zur aktuell hoheitlichen Verwaltung werden könne; es handle sich also um eine "verschiedene Intensität" einer Verwaltungstätigkeit, die insgesamt zum Bereich der Hoheitsverwaltung gehöre. Im Lichte dieser Betrachtungsweise stelle die zwar zum Bereich der Hoheitsverwaltung zählende Aufforderung, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen, keinen Hoheitsakt dar.
Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt an, ergibt sich, dass auch einer Aufforderung nach § 9 Abs. 1 ArbIG 1993 mangels rechtserzeugenden oder rechtsfeststellenden Inhaltes der Charakter eines Bescheides nicht zukommt. Es war daher schon aus diesem Grunde nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer als unzulässig zurückgewiesen hat.
Da die Beschwerde bereits ihrem Inhalt nach erkennen läßt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 31. März 2000
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