VwGH 99/20/0087

VwGH99/20/00878.6.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, in den Beschwerdesachen 1. des N in G, geboren am 8. November 1960, und 2. der DS alias DS in G, geboren am 14. Dezember 1967, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen die Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates 1. vom 20. Jänner 1999, Zl. 204.284/0-XII/37/98, und 2. vom 21. Jänner 1999, Zl. 204.286/0-XII/37/98, betreffend Abweisung von Asylanträgen gemäß § 7 AsylG und Feststellungen gemäß § 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundeskanzleramt) hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die seit dem 26. Dezember 1990 miteinander verheirateten Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo und reisten am 8. März 1998 in das Bundesgebiet ein. Sie beantragten am 9. März 1998 Asyl und wurden zu ihren Fluchtgründen vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck, am 23. März 1998 einvernommen.

Der Erstbeschwerdeführer gab an, seit dem 4. Jänner 1992 Mitglied der "UDPS" zu sein. Er sei von dieser Partei ab dem 1. März 1994 mit der Öffentlichkeitsarbeit betraut worden und habe insbesondere Ansprachen zu halten gehabt. Die UDPS sei am 15. Februar 1982 unter Etienne Tshisekedi Wa Mulumba und anderen ins Leben gerufen worden. Im März 1996 habe sich ein Teil der Partei unter der Führung Kibassa Malibas wiederum unter dem Namen UDPS abgespalten und sei eine Allianz mit Kabila eingegangen. Der Erstbeschwerdeführer habe aber weiterhin der ursprünglichen, von Kabila verfolgten UDPS unter Tshisekedi angehört. Seine erste Verhaftung sei bereits am 3. August 1997 anlässlich einer Ansprache in Yolo-Sud erfolgt und er sei erst nach siebzehn Tagen frei gekommen, nach dem er sich Bedenkzeit wegen eines Übertritts zu Kabila erbeten habe. Am 10. Oktober 1997 sei er ein weiteres Mal verhaftet worden, weil er sich nicht zu Kabila bekehrt und weitere Treffen abgehalten habe. Damals hätten die Soldaten sogar seine Frau vergewaltigt. Er sei etwa einen Monat in Haft gehalten worden und erst Dank einer Manifestation für eine Entlassung politischer Gefangener frei gelassen worden.

Der Erstbeschwerdeführer gab ferner an:

"Die Manifestation, die mir zum Verhängnis geworden ist, begann beim Stadion 'Rafael' am 11.1.1998, gegen 09.00 Uhr. Die Manifestation führte über die Viktualstraße in Richtung Boulevard 30. Juni. Die Militärs von Kabila versuchten unseren Zug aufzuhalten. Militär hat auf uns geschossen. Es hat an die 10 Tote und viele Verletzte gegeben. An die 1.000 Personen waren an diesem Marsch beteiligt. Ich war mit dabei. Ich bin verhaftet worden und hat man mich in das Militärcamp "Tshiatshi" gebracht.

F: Unter welchem Vorwurf sind Sie verhaftet worden?

A: Kabila hat die Partei verboten. Außer der Kabila-Partei

gibt es keine mehr im ehemaligen Zaire. Man hat mir einfach gesagt, dass es verboten ist, politische Kundgebungen durchzuführen und daß ich deswegen verhaftet werde.

Am 21.2.1998 ist mir die Flucht aus dem Gefängnis gelungen.

Dies ist auf folgende Art und Weise geschehen: Zwei Männer der Wache sind am 21.2.1998, zur Nachtzeit, in die Zelle gekommen, wo ich allein angehalten gewesen bin. Diese beiden Wachen haben mir eröffnet, dass meine Kollegen und sie beide entschieden hätten mir die Flucht aus dem Gefängnis zu ermöglichen. Die beiden Männer haben mich aus dem Gefängnis herausgeführt und damit auch ihren Dienst quittiert.

(...)

Ich bin dort moralisch mißhandelt worden. Man hat mir gesagt, daß ich keine Politik machen sollte, sonst würde ich getötet. Man hat mich geschlagen und hat mich gezwungen, verschiedene Getränke zu trinken. Ich mußte sogar Urin trinken und Exkremente essen."

Der Erstbeschwerdeführer hatte dem Bundesasylamt einen grünen, am 26. Dezember 1990 ausgestellten Personalausweis mit der Angabe vorgewiesen, dass er zwar veraltet, aber authentisch sei. Nach dem Bericht des kriminaltechnischen Dienstes der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 16. April 1998 handelt es sich dabei aber um eine Totalfälschung.

Das österreichische Konsulat in Kinshasa teilte am 25. Mai 1998 mit, dass 1998 bisher keine politischen Demonstrationen stattgefunden haben, weil politische Parteien für die Transitionszeit verboten gewesen seien. Auch am 11. Jänner 1998 sei es zu keiner Demonstration gekommen. Das österreichische Konsulat bezog sich hierbei auf einen in französischer Sprache abgefassten Bericht eines beauftragten Rechtsanwaltes vom 21. Mai 1998, von dem keine Übersetzung aktenkundig ist. Die belangte Behörde entnahm diesem Bericht, dass dem Generalsekretär der UDPS, J. Kapika, der Name des Beschwerdeführers unbekannt sei. Der Beschwerdeführer hielt dem entgegen, dass der Generalsekretär der UDPS nicht J. Kapika, sondern Adrienne Pongo heiße. Mit dem Untersuchungsbericht betreffend der Echtheit der Identitätskarte konfrontiert, gab der Beschwerdeführer an, dass er selbst keine Ausweiskarte produziere.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab bei ihrer Vernehmung durch das Bundesasylamt am, dass sie gemeinsam mit ihrem Gatten, dem Erstbeschwerdeführer, am 25. Juli 1997 an einer Demonstration der UDPS in Kinshasa teilgenommen habe. Bei dieser Demonstration sei der Erstbeschwerdeführer verhaftet und bis zum 1. August 1997 festgehalten worden. Den Vorhalt, dass der Erstbeschwerdeführer diese Verhaftung nicht erwähnt habe, beantwortete die Zweitbeschwerdeführerin damit, dass sie sich diesen Vorfall gemerkt habe, weil sie selbst daran teilgenommen habe. Es habe Verhaftungen gegeben, das Militär habe geschossen und es habe Verletzte gegeben. Auf Vorhalt, dass am 25. Juli 1997 nicht die UDPS sondern die PALU demonstriert habe, erwiderte die Beschwerdeführerin, auch die UDPS sei mit dabei gewesen.

Die Zweitbeschwerdeführerin führte weiter aus:

"Am 3.08.1997 veranstaltete mein Ehegatte ein Meeting. Das war in Yolo Sud. Ich war nicht mit dabei. Ich bin bei den Kindern zu Hause geblieben. Jemand klopfte zu Hause. Es standen zwei Militärs und ein Zivilbeamter vor der Tür. Der Zivilist sagte, daß er ein Inspektor der Geheimbrigade wäre. Es sagte, daß er Informationen über die Tätigkeit des Gatten brauche. Zuerst hab ich mich geweigert, irgendetwas zum Mann zu sagen, dann habe ich doch gesagt, daß dieser bei diesem Meeting dabei ist. Die beiden Militärs durchsuchten dann das Haus. Die drei verließen dann das Haus. Ich begab mich zum Kassier der Partei. Dieser Kassier beruhigte mich und ich habe dann meine beiden Kinder genommen und zur Schwester gebracht. Dort habe ich die Kinder belassen bis zum 20.08.1997. Der Mann ist nämlich am 20.08.1997 freigelassen worden. Der Mann soll in einem Gefängnis gewesen sein. Ich weiß nicht wo und hat mir der Gatte hierzu auch nichts erklärt.

Der 10.10.1997 ist dann der schlimmste Tag für mich geworden, wo man aus dem Haus heraus den Gatten verhaftet und mich vor dessen Augen vergewaltigt hat.

(...)

Am 22.02.1998 ist es zum nächsten mich betroffenen Vorgang

gekommen.

Sehr früh an diesem Tag sind Militärs zu mir ins Haus gekommen und haben nach meinem Gatten gesucht. Die Militärs habe mir gedroht, daß dann, wenn Sie meinen Mann nicht finden, ich umgebracht werden würde. Einer davon packte mich beim Hals und würgte mich, während diese Drohung ausgesprochen wurde.

Um den Grund des Erscheinens dieser Leute wußte ich zu diesem Zeitpunkt nicht Bescheid. Ich habe erst im Verlaufe des Tages dann erfahren, daß mein Gatte aus einer Haft freigekommen ist. Ich habe dies erst erfahren, als ich den Mann wieder getroffen habe.

Die Leute, die zu mir ins Haus gekommen waren, waren dann der Art mit der Durchsuchung unseres Hauses beschäftigt, dass ich noch während der Durchsuchung die Gelegenheit zum Entwischen nutzen konnte. An diesem Tag war ich mit meinen beiden Schwagern zu Hause. Die beiden Schwager wohnen ja mit uns unter dem gleichen Dach. Meine beiden Kinder waren bei der Schwester. Diese hatte ich Wochen vorher aus moralischen Gründen zur Schwester gebracht gehabt."

Auch die Zweitbeschwerdeführerin gab an, dass ihr Gatte am 11. Jänner 1998 anlässlich einer Demonstration verhaftet worden sei. Bei ihrer am 24. März 1998 fortgesetzten Vernehmung schilderte die Zweitbeschwerdeführerin die näheren Umstände ihrer Vergewaltigung am 10. Oktober 1997.

Auch bei der von der Zweitbeschwerdeführerin vorgelegten Identitätskarte handelte es sich nach dem Bericht des kriminaltechnischen Dienstes der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 16. April 1998 um eine Totalfälschung.

Mit den Bescheiden vom 7. und vom 8. Juli 1998 hat das Bundesasylamt die Asylanträge der Beschwerdeführer gemäß § 7 AsylG abgewiesen und ausgesprochen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführer in die Demokratische Republik Kongo gemäß § 8 AsylG zulässig sei. Begründend führte das Bundesasylamt aus, dass die Angaben der Beschwerdeführer in Anbetracht der gefälschten Identitätskarten und der Widersprüche zu den Angaben des österreichischen Konsulats in Kinshasa unglaubwürdig seien.

In den gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen brachten die Beschwerdeführer übereinstimmend vor, dass auf die Mitteilung des österreichischen Konsulates in Kinshasa nicht Verlass sei, weil sich diese auf eine Auskunft des Generalsekretärs der UDPS namens "Kapika" stütze, dieser Generalsekretär jedoch in Wirklichkeit "Adrienne Pongo" heiße. Kapika sei übrigens ein Regierungsmitglied und stünde auf Seiten Kabilas. Auch aus einem mit der Berufung vorgelegten Mitgliedsausweis gehe hervor, dass der Erstbeschwerdeführer Mitglied der UDPS sei. Dieser Ausweis sei in Graz von dortigen UDPS-Funktionären ausgestellt worden. Am 11. Jänner 1998 habe sehr wohl eine Demonstration der UDPS stattgefunden, die vom Erstbeschwerdeführer mit einem der Berufung beigelegten, in französischer Sprache verfassten Handschreiben des Erstbeschwerdeführers vom 23. Juli 1998 nochmals geschildert wird. Von diesem Schreiben liegt keine Übersetzung vor.

Mit den angefochtenen Bescheiden hat die belangte Behörde diese Berufungen gemäß § 7 AsylG abgewiesen und ausgesprochen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführer in die Demokratische Republik Kongo gemäß § 8 AsylG zulässig sei.

Die belangte Behörde führte unter Billigung der Feststellungen der erstinstanzlichen Behörde aus, dass die von den Beschwerdeführern zum Nachweis ihrer Identität vorgelegten Zairischen Identitätskarten Totalfälschungen darstellten. Da die Beschwerdeführer die belangte Behörde offenbar über ihre wahre Identität täuschen wollten, sei ihnen jegliche persönliche Glaubwürdigkeit abzusprechen. Darüber hinaus seien die Angaben der Beschwerdeführer durch den Bericht des österreichischen Konsulats in Kinshasa widerlegt.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende, Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, die angefochtenen Bescheide aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und nahm

von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit der Überlegung, dass die von den Beschwerdeführern behaupteten Verhaftungen wohl kaum in offiziellen Statistiken der Demokratischen Republik Kongos aufscheinen würden, wenden sich die Beschwerden gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde und insbesondere gegen die von dieser angenommenen Verlässlichkeit des Berichtes des österreichischen Konsulates in Kinshasa. Der unabhängige Bundesasylsenat habe in anderen Verfahren desselben Inhaltes sehr wohl festgestellt, dass im Jänner 1998 Demonstrationen, Verhaftungen und Folterungen stattgefunden hätten. Der UNHCR habe darüber informiert, dass am 17. Jänner 1999 (richtig wohl: "1998") demonstriert, verhaftet und gefoltert worden sei, wobei am 12. Februar 1998 der Anführer der UDPS festgenommen und unter Hausarrest gestellt worden sei. Es sei denkbar, dass sich die Beschwerdeführer mit dem Datum des 11. Jänner 1998 irrten und den 17. Jänner 1998 meinten. Die verfälschten Ausweisdokumente hätten mit den Fluchtgründen der Beschwerdeführer nichts zu tun und könnten die grundsätzliche Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführer nicht beeinträchtigen. Ausgehend von der Glaubwürdigkeit der Angaben der Beschwerdeführer über die Zugehörigkeit des Erstbeschwerdeführers zur UDPS hätte die belangte Behörde Feststellungen über die allgemeinen Zustände im Heimatland der Beschwerdeführer treffen müssen, insbesondere über eine Verfolgung von Mitgliedern der UDPS.

Die Beschwerden sind im Ergebnis berechtigt:

Die belangte Behörde hätte sich nicht lediglich mit dem in deutscher Sprache abgefassten Bericht des österreichischen Konsulates in Kinshasa vom 25. Mai 1998 begnügen dürfen, sondern hätte auch die diesem Bericht zu Grunde liegenden Erhebungen des vom österreichischen Konsulat beauftragten Rechtsanwaltes in die deutsche Sprache übersetzen und berücksichtigen müssen. Sollte dieser Rechtsanwalt tatsächlich mit einem Generalsekretär "Kapika" zum Zwecke der Verifikation der Angaben der Beschwerdeführer Kontakt augenommen haben, so wäre es nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen nicht von der Hand zu weisen, dass es sich hiebei um einen Repräsentanten der von der UDPS abgespalteten, nunmehr regierungstreuen UDPS-Partei handelt. Dies würde den Beweiswert der zitierten Auskunft erheblich beeinträchtigen. Die belangte Behörde hätte die Fehlerhaftigkeit des Berichtes, auf welche die Beschwerdeführer sowohl bei ihrer Vernehmung als auch in ihrer Berufung hinwiesen, zum Anlass für ergänzende Erhebungen nehmen müssen. Der Verfahrensmangel ist relevant, weil die Beschwerdeführer ihre Verfolgungsgefahr gerade aus der Mitgliedschaft des Erstbeschwerdeführers zu einer oppositionellen UDPS ableiten und die Beweiswürdigung zu einem erheblichen Teil auf den an die österreichische Botschaft in Nairobi ergangenen Bericht des österreichischen Konsulates in Kinshasa vom 25. Mai 1998 aufbaut, sodass sie bei einem Wegfall der Glaubhaftigkeit dieser Ermittlungsergebnisse nicht mehr als schlüssig betrachtet werden könnte. Sollten weitere Erhebungen in Form in einer ergänzenden Anfrage an die österreichische Botschaft in Nairobi notwendig werden, so wird die belangte Behörde den gesetzlichen Schutz für personenbezogene Daten von Asylwerbern zu wahren haben (§§ 21 Abs. 2 und 36 Abs. 3 Z 6 AsylG; Art. 15 des Dubliner Übereinkommens, BGBl. III Nr. 165/1997, § 1 Abs. 1 und 2 DSG sowie Art. 20 Abs. 3 B-VG; vgl. hierzu das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2000, Zl. 99/20/0488).

In Anbetracht des über das Ergebnis des erstinstanzlichen Verfahrens hinaus gehenden (teilweise noch nicht in die deutsche Sprache übersetzten) Vorbringens der Beschwerdeführer in den Berufungen ist für das weitere Verfahren auch davon auszugehen, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung noch nicht geklärt erscheint (Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG), sodass eine mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt werden muss (vgl. insoweit dazu das hg. Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0308).

Die belangte Behörde hat ihre Beweiswürdigung - in Kombination mit den aus dem Konsulatsbericht gezogenen Schlüssen - auch auf die Ansicht gestützt, die von den beschwerdeführenden Parteien im Asylverfahren vorgelegten zairischen Identitätskarten seien "Totalfälschungen". Den beschwerdeführenden Parteien wird vorgehalten, sie hätten "ein sich als Totalfälschung herausgestellt habendes ... Personaldokument zum Nachweis Ihrer Identität - offenbar in Täuschungsabsicht - vorgelegt" und seien "die Asylbehörden über Ihre wahre Identität zu täuschen gewillt" gewesen, was einer der Gründe dafür sei, dass ihnen "jegliche persönliche Glaubwürdigkeit abgesprochen werden" müsse.

Das nach Ansicht der belangten Behörde "objektivierbare Untersuchungsergebnis" der Urkundenuntersuchung durch den kriminaltechnischen Dienst der Bundespolizeidirektion Innsbruck, auf das sich dieser Teil der Beweiswürdigung stützt, lautet - für beide Identitätskarten wortgleich - wie folgt:

"Zum vorliegenden Untersuchungsmaterial liegen hier keine authentischen Vergleichsstücke, sondern lediglich eine vage Ausführungsbeschreibung auf, sodaß über die Echtheit der Identitätskarte keine letztlich verläßliche Aussage getroffen werden kann. Dasselbe gilt auch für die 'Soll'-Beschaffenheit von Ausstellungsmodalitäten und Stempelabdrücken. Die Ausführung des Ausweises hinsichtlich der Beschaffenheit von Bedruckstoff und des Schwarzdruckes sowie das gänzliche Fehlen sicherungstechnischer Merkmale lassen jedoch den Schluß zu, daß es sich hiebei um eine T o t a l f ä l s c h u n g handelt. Das Falsifikat, das somit ... keine Gültigkeit besitzt, verbleibt ... in der hiesigen Urkundensammlung ..."

Auf Vorhalt dieses Untersuchungsergebnisses gab der Erstbeschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren an, er "produziere selbst keine Ausweiskarte". Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, der Ausweis sei echt. Er sei ihr und dem Erstbeschwerdeführer nach der Verehelichung ausgestellt worden (beide Ausweise tragen jeweils das Lichtbild sowohl des Trägers als auch des Ehepartners).

Im anwaltlichen Berufungsschriftsatz der beiden Beschwerdeführer wurde ausgeführt, es werde "offenbar auch die Identität der Asylwerber in Zweifel gezogen", weshalb eine Kopie der Geburtsurkunde der Zweitbeschwerdeführerin vorgelegt werde. Angeschlossen war der Berufung stattdessen die Kopie eines mit Lichtbild versehenen Abschlussdiploms der Zweitbeschwerdeführerin.

Mit Schreiben vom 19. November 1998 forderte die belangte Behörde den - damaligen - Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Parteien zur Vorlage der Geburtsurkunde auf. Dieses Schreiben wurde dahingehend beantwortet, dass sich die Zweitbeschwerdeführerin bemühen werde, eine Geburtsurkunde aus ihrem Heimatstaat zu erhalten. Mit Schreiben vom 17. Dezember 1998 übermittelte der Rerchtsvertreter der beschwerdeführenden Parteien eine am 30. November 1998 in Kinshasa ausgestellte "Attestation de Naissance", mit Schreiben vom 13. Jänner 1999 eine am 17. Dezember 1998 in Kinshasa ausgestellte amtliche Abschrift des "Acte de Naissance" der Zweitbeschwerdeführerin jeweils im Original.

In den angefochtenen Bescheiden wird den beschwerdeführenden Parteien beweiswürdigend entgegengehalten, mit ihren jeweiligen Reaktionen auf das ihnen vorgehaltene Untersuchungsergebnis sei es ihnen "keineswegs ... möglich, das Feststehen der Totalfälschung Ihres vorgelegten Dokumentes in Zweifel zu ziehen". Auf die im Berufungsverfahren vorgelegten Originalurkunden der Zweitbeschwerdeführerin wird in der Entscheidung hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers nicht Bezug genommen. Im zweitangefochtenen Bescheid heißt es, die Zweitbeschwerdeführerin habe "ungeachtet Ihrer im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgelegten Geburtsbestätigungen (Ausstellungsdaten 30.11. sowie 17.12.1998 !!) ein sich als Totalfälschung herausgestellt habendes" Personaldokument "offenbar in Täuschungsabsicht" vorgelegt.

In der Beschwerde wird hiezu ausgeführt, auf diesen Teil der Beweiswürdigung werde "nicht näher eingegangen", weil "nicht nachvollziehbar" sei, was die Feststellung der belangten Behörde, die beschwerdeführenden Parteien hätten gefälschte Auweisdokumente vorgewiesen, mit ihren Fluchtgründen zu tun habe. Flüchtlingen könne auch "kaum zugemutet werden ..., sich vor der geplanten Flucht aktuelle Reisepässe zu besorgen". Dieser Standpunkt ist zwar nicht schlüssig, aber auch kein Eingeständnis der von der belangten Behörde angenommenen und der Beweiswürdigung zugrunde gelegten Absicht der beschwerdeführenden Parteien, die österreichischen Asylbehörden "über ihre wahre Identität zu täuschen".

Der Annahme einer solchen Absicht auf der Grundlage der in den Bescheidbegründungen dargebotenen Argumente steht schon die Untauglichkeit des ins Treffen geführten "Untersuchungsergebnisses" entgegen. Die einleitende Bemerkung in den von der belangten Behörde herangezogenen Untersuchungsberichten, wonach als Beurteilungsmaßstab "lediglich eine vage Ausführungsbeschreibung" zur Verfügung stehe, steht in Verbindung mit dem Hinweis, es sei daher "keine letztlich verläßliche Aussage" möglich, in krassem Widerspruch zu der anschließenden Feststellung, die "Beschaffenheit von Bedruckstoff und des Schwarzdruckes" sowie das "gänzliche Fehlen sicherungstechnischer Merkmale" erlaubten dem Verfasser dieser Untersuchungsberichte den Schluss, dass es sich um "Totalfälschungen" handle. Ein solcher Schluss wäre aber auch ohne vorangegangene Offenlegung mangelnder Sachkenntnis nur nachvollziehbar, wenn dargelegt würde, welche "Beschaffenheit von Bedruckstoff und des Schwarzdruckes" bei einer authentischen zairischen Identitätskarte zu erwarten und welche stattdessen hier gegeben sei und welche "sicherungstechnischen Merkmale" eine echte zairische Identitätskarte aufzuweisen habe. Da dies alles fehlt, handelt es sich bei den vorliegenden Untersuchungsberichten bloß um unbegründete Meinungsäußerungen, denen nicht wie einem Gutachten "auf gleicher fachlicher Ebene" entgegengetreten zu werden braucht (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 832f, wiedergegebene Rechtsprechung).

Der Authentizitätsgrad der Identitätskarten ist in den vorliegenden Verfahren aber auch nicht für sich genommen, sondern nur im Zusammenhang mit der von der belangten Behörde angenommenen Absicht einer Täuschung über die "wahre Identität" der beschwerdeführenden Parteien von Bedeutung. Schon unter diesem Gesichtspunkt hätte sich die belangte Behörde auch über die im Berufungsverfahren vorgelegten Originalurkunden nicht mit dem bloßen Hinweis auf deren Ausstellungsdatum hinwegsetzen dürfen. Auch das völlige Fehlen einer Auseinandersetzung mit der Echtheit und Richtigkeit dieser Urkunden lässt die Annahme eines Täuschungsversuches in Bezug auf die Identität der beschwerdeführenden Parteien als nicht schlüssig begründet erscheinen.

Für das fortgesetzte Verfahren ist auch in diesem Zusammenhang auf die - von der belangten Behörde bisher nicht beachtete - Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung hinzuweisen.

Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 8. Juni 2000

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