VwGH 99/06/0127

VwGH99/06/01275.12.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des F F und der M F, beide in L, beide vertreten durch Dr. W W und Dr. H L, Rechtsanwälte in B, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 28. Juli 1997, Zl BHDO II 4151- 0009/1996, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. R L in L, vertreten durch Dr. J B, Rechtsanwalt in D, 2. Marktgemeinde L, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs10;
BauG Vlbg 1972 §6;
BauRallg;
AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs10;
BauG Vlbg 1972 §6;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen

Die Beschwerdeführer haben dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- jeweils zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der erstmitbeteiligten Partei sowie das Kostenbegehren der zweitmitbeteiligten Partei werden abgewiesen.

Begründung

Mit dem am 21. August 1995 eingelangten Baugesuch vom 31. Juli 1995 kam die erstmitbeteiligte Partei (in der Folge kurz: Bauwerber) um baubehördliche Bewilligung für den Neubau eines "Gewerbebetriebes (Steinmetz)", nämlich einer Stahlhalle in den Ausmaßen von ca. 25,50 m x 13,15 m als Werkstätte und eines Ausstellungs-, Verwaltungs- und Bürogebäudes von 10,50 m x 13,10 m auf einem Grundstück im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde ein, welches (ebenso wie ein angrenzendes Grundstück, das auch für Betriebszwecke verwendet werden soll) als Baufläche - Mischgebiet gewidmet ist (die entsprechende Umwidmung der Grundstücke erfolgte im Jahr 1995). Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines (nicht angrenzenden, aber) in der Nähe gelegenen Grundstückes.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 14. November 1995 wurde die angestrebte Baubewilligung antragsgemäß mit einer Reihe von Vorschreibungen erteilt.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid der belangten Behörde vom 6. Oktober 1995 waren die entsprechende gewerbepolizeiliche Genehmigung sowie die Genehmigung nach dem Landschaftsschutzgesetz, jeweils mit verschiedensten Vorschreibungen, erteilt worden. Die Einwendungen unter anderem der Beschwerdeführer wurden "soweit ihnen nicht ohnehin durch entsprechende Klarstellungen im Sachverhalt und durch Auflagen bereits Rechnung getragen" worden sei (so der Wortlaut des entsprechenden Spruchteiles) teils als unbegründet abgewiesen und teils als unzulässig zurückgewiesen (Anmerkung: Zu diesen Auflagen siehe später). In der Begründung heißt es dazu, mit den im Sachverhalt getroffenen Klarstellungen und den vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen beantragten Auflagen sei den Einwendungen der betroffenen Nachbarn praktisch vollständig Rechnung getragen worden. Insbesondere würden die Umfassungsbauteile der Werkstätte mit einer entsprechenden Schalldämmung ausgeführt. Zusätzlich würden in der Werkstätte selbst - vor allem auch zum Schutz der Arbeitnehmer - weitere Schallschutzmaßnahmen (schallabsorbierende Hallendecke und Schallschutzwand im Bereich der Steinfräse, Verwendung eines Sandwichblattes bei der Fräse) vorgenommen. Weiters sei die Vorschreibung, dass die süd- und westseitigen Werkstättenfenster während lärmerzeugenden Tätigkeiten nicht geöffnet werden dürften, in den Bescheid aufgenommen worden. Auch die Tore der Werkstätte dürften nur für die betriebsnotwendigen Tätigkeiten (Warentransporte) geöffnet werden. Durch die Festlegung der sich aus dem Sachverhalt ergebenden Betriebszeiten und der Anzahl der Fahrbewegungen des Hubstaplers im Bereich des Lagerplatzes sowie der erforderlichen Warenanlieferungen würden hinsichtlich des Betriebsumfanges ebenfalls entsprechende Einschränkungen vorgenommen. Die in Aussicht genommenen Betriebszeiten und der äußerst geringe Umfang an Fahrbewegungen auf dem Betriebsgelände ließen in Verbindung mit der baulichen Ausführung und den zu beachtenden Vorschreibungen beim Betrieb der Werkstätte unzumutbare Lärmbelästigungen gar nicht zu. Weiters heißt es in der Begründung, bezüglich der befürchteten Staubbelästigung werde festgestellt, dass die Parkplätze auf dem Betriebsgelände und die Verkehrswege im Bereich des Lagerplatzes staubfrei gemacht würden. Schneid- und Polierarbeiten in der Werkstätte erfolgten ausnahmslos unter Zuhilfenahme von Wasser. Bei solchen Arbeiten sei daher keine Staubentwicklung gegeben. Der Gravurraum werde mechanisch entlüftet, wobei die Abluft mittels Filter von Staub gereinigt werde. Auf Grund sämtlicher zuvor erwähnter Maßnahmen sei auch mit keinen Staubbelästigungen bei den Anrainern zu rechnen.

Die Beschwerdeführer, die zwar dem gewerbebehördlichen, nicht aber dem baubehördlichen Verfahren beigezogen worden waren, und denen zunächst der erstinstanzliche baubehördliche Bewilligungsbescheid nicht zugestellt wurde, bezogen in Schriftsätzen Stellung gegen das Bauvorhaben, in welchen sie einerseits Bedenken gegen die erfolgte Umwidmung der verfahrensgegenständlichen Grundstücke in Baufläche - Mischgebiet erhoben, andererseits Lärm- und Staubbelästigungen befürchteten.

Schließlich sprach die erstinstanzliche Baubehörde mit Bescheid vom 21. Dezember 1995 aus, dass den Beschwerdeführern im Bauverfahren Parteistellung nicht zuerkannt werde, was näher begründet wurde.

Dagegen und gegen den ihnen nun zugestellten erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung (mit einem umfangreichen Vorbringen). Mit Berufungsbescheid vom 11. Juli 1996 (zugestellt am 17. Juli) gab die Berufungsbehörde (Berufungskommission der mitbeteiligten Gemeinde) der Berufung gegen den Bescheid vom 21. Dezember 1995 dahin Folge, dass den Beschwerdeführern die Parteistellung zuerkannt werde; die Berufung gegen den erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid hingegen wurde als unbegründet abgewiesen, wobei im Spruch die erhobenen Einwendungen auf Festlegung größerer Abstände gemäß § 6 Abs. 10 des Vorarlberger Baugesetzes (BauG.) als unzulässig abgewiesen und jene hinsichtlich der "Einhaltung des Flächenwidmungsplanes" als unzulässig zurückgewiesen wurden.

Begründend führte die Berufungsbehörde nach Darstellung des Verfahrensganges aus, auf Grund der vorliegenden Plan- und Bescheidunterlagen sowie des Bescheides der belangten Behörde vom 6. Oktober 1995 (gewerberechtliche Bewilligung bzw. Bewilligung nach dem Landschaftsschutzgesetz) ergebe sich nachstehender wesentlicher Sachverhalt:

Das zur Bebauung vorgesehene Grundstück stehe im Eigentum des Bauwerbers, während das südlich angrenzende Grundstück, auf welchem der Lagerplatz errichtet werden solle, im Eigentum der Gemeinde stehe und vom Bauwerber längerfristig gepachtet worden sei. Beide Grundstücke seien im Flächenwidmungsplan als Baufläche - Mischgebiet gewidmet. Die Zufahrt zur Betriebsliegenschaft erfolge von der B 203 aus.

Die Steinmetzwerkstätte werde als eingeschossige Halle in einer Stahlkonstruktion mit Maßen von 13,15 m x 25,40 m und einer Traufenhöhe von 5 m ausgeführt. Die Umfassungsbauteile dieses Gebäudes würden mit einem A-bewerteten Schalldämmmaß von mindestens 35 dB ausgeführt. Nördlich anschließend an die Werkstätte werde ein zweigeschossiger Büro- und Ausstellungstrakt errichtet, in welchem auch die Sozialräume und die "Haustechnik" untergebracht seien. Dieser Trakt werde in Ziegelmauerwerk hergestellt. Die Halle und der Bürotrakt erhielten ein Satteldach, im Bereich der Halle erfolge die Dacheindeckung mittels Trapezblech, beim Bürodach mittels Ziegeln. Die Außenfassaden würden in Blech (betreffend die Halle) bzw. in Marmor und Putz (betreffend den Bürotrakt) hergestellt.

Die Belichtung und Belüftung der Werkstätte, der Büro-, der Sozial- und der Ausstellungsräume erfolge über in Klarsichtglas ausgeführte öffenbare Fenster. In der Werkstatt werde in der nordwestlichen Ecke ein Gravurraum mit einer Fläche von ca. 22 m2 eingerichtet. Für die Warenmanipulation würden an der Süd- und Ostseite der Werkstätte Sektionaltore eingerichtet.

Die Maschinen- und Geräteausstattung bestehe aus einem Hallenlaufkran mit einer Tragkraft von 3,2 t. Für die Materialbearbeitung werde neben diversen Kleingeräten und Handwerkszeug eine wassergekühlte Steinfräse verwendet. Das für diese Fräse verwendete Schneid- und Kühlwasser werde im Kreis geführt. Weiters solle in der Werkstätte ein elektrisch betriebener Schraubenkompressor aufgestellt werden. Polier- und Schleifarbeiten würden nur in geringem Umfang mit Handmaschinen (Schleifapparat unter Zuhilfenahme von Wasser- und Druckluft) durchgeführt.

Für die innerbetriebliche Warenmanipulation und den Betrieb des Lagerplatzes werde neben dem Kran ein dieselbetriebener Hubstapler eingesetzt. Es würden täglich ca. 5-10 Fahrbewegungen von und zur Werkstätte erforderlich sein. Der Stapler werde in der Werkstätte betankt. Es erfolgten durchschnittlich monatlich ca. 5 Warenanlieferungen mittels Lkw. Bei der Warenauslieferung würden firmeneigene Fahrzeuge direkt in der Halle mit einem Laufkran beladen, wobei für die Ausfahrt normalerweise das östliche Tor verwendet werde.

Der Gravurraum werde be- und entlüftet. Die Zuluftführung erfolge über die Halle. Die Abluft werde gereinigt (Staubfilter) und über Dach abgeleitet.

Für eine verbesserte Schallisolierung werde im Bereich der dritten Hallenachse von Süden bei der Steinfräse bis zur Hallenmitte hin eine Trennwand in Höhe von ca. 2,5 m eingezogen (mobile Schallschutzwand). Im Bereich über der Steinfräse werde die Hallendecke schallschluckend verkleidet.

Folgende Betriebszeiten seien vorgesehen: Montag bis Freitag:

07.00 Uhr bis 12.00 Uhr, 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr, Samstag 07.00 Uhr bis 13.00 Uhr, jeweils ausgenommen Feiertage.

Für die Betriebsangehörigen und die Kunden würden unmittelbar beim Betriebsgebäude 10 Pkw-Parkplätze eingerichtet.

Im Endausbau sollten im Unternehmen ca. 5 Arbeitnehmer beschäftigt werden, wovon zwei ständig in der Werkstätte tätig werden sollten.

Der Lagerplatz selbst diene praktisch ausschließlich zur Lagerung von Rohware. Zur Befestigung erhalte der Lagerplatz eine ca. 70 cm starke Schotterschüttung. Eine Versiegelung des Lagerplatzes erfolge nicht. Die anfallenden Oberflächenwässer könnten daher auf dem Platz versickern. Es würden lediglich die Verkehrswege staubfrei und eben ausgeführt, um beim Staplerbetrieb Staub- und Lärmentwicklungen zu verhindern. Die betriebseigenen Parkplätze würden mittels Rasengittersteinen oder Ähnlichem staubfrei gemacht (keine Versiegelung).

Die Liegenschaft der Beschwerdeführer grenze nicht unmittelbar an die beiden projektgegenständlichen Grundstücke an; dazwischen liege ein (wasserführender) Graben sowie jeweils mindestens ein Baugrundstück (diese werden aufgezählt). Die kürzeste Entfernung zwischen dem Grundstück der Beschwerdeführer (nordöstliche Ecke) betrage zum Baugrundstück ca. 22 m, zum Betriebsgebäude ca. 26,5 m, zum Lagerplatz ca. 21 m. Das Grundstück der Beschwerdeführer sei als Baufläche-Wohngebiet gewidmet.

Die belangte Behörde habe mit dem Bescheid vom 6. Oktober 1995 dem Bauwerber die beantragte gewerbepolizeiliche Genehmigung erteilt und dabei folgende, "lärm- bzw. staubrelevanten gewerbetechnischen Auflagen" erteilt:

1. Die süd- und westseitigen Fenster der Werkstätte seien bei lärmerzeugenden Tätigkeiten geschlossen zu halten. Die Türe und die beiden Sektionaltore dürften nur für betriebsnotwendige Tätigkeiten (Warentransporte, etc.) geöffnet werden.

2. Aus der Lüftungsöffnung der Abluftanlage des Gravurraumes austretenden Betriebsgeräusche dürften in einem Abstand von 10 m einen Beurteilungspegel im Sinne der Ö-NORM S 5004 in der Höhe 60 dB nicht überschreiten. Allenfalls sei dies durch den Einbau von schalldämpfenden Bauteilen sicherzustellen.

3. Bei der Steinsäge seien so genannte Sandwichblätter zu verwenden.

Sodann folgt eine auszugsweise Wiedergabe der Begründung dieses Bescheides vom 6. Oktober 1995.

In weiterer Folge ging die Berufungsbehörde davon aus, dass Auswirkungen des Vorhabens auf das Grundstück der Beschwerdeführer zumindest denkmöglich seien, weshalb ihnen die Parteistellung zukomme. Ihre Einwendungen seien aber unbegründet. Hinsichtlich des Flächenwidmungsplanes selbst komme ihnen kein Mitspracherecht zu. Auch das Begehren, gemäß § 6 Abs. 10 BauG größere Abstände wegen der befürchteten Immissionen festzusetzen, sei unbegründet. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergebe sich nämlich, dass der vorliegendenfalls geplante Betriebstyp eines Steinmetz-Kleinbetriebes im plan- und beschreibungsgemäßen Umfang sowie unter Einhaltung der Auflagen im gewerberechtlichen Bewilligungsbescheid keinerlei das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigungen oder gar eine Gefährdung der Nachbarschaft erwarten lasse.

Gegen den abweislichen Teil dieser Berufungsentscheidung erhoben die Beschwerdeführer eine umfangreiche Vorstellung, in welcher sie unter anderem auch geltend machten, es sei zu Unrecht eine mündliche Verhandlung unterblieben. Bei Durchführung eines Lokalaugenscheines hätte nämlich der Berufungsbehörde nicht entgehen können, dass die Belästigungen durch das Vorhaben das ortsübliche Immissionsniveau erheblich überschritten. Es wäre feststellbar gewesen, dass der Balkon des Wohnhauses der Beschwerdeführer wegen des immittierten Schleifstaubs des Betriebes des Bauwerbers "unbewohnbar geworden" sei. Da das Bauvorhaben bereits ausgeführt worden sei, hätte die Berufungsbehörde ihre Tatsachenfeststellungen anhand der gegebenen Realität und nicht anhand der Baueingabe zu treffen gehabt. Die Umwidmung der verfahrensgegenständlichen Grundstücke sei gesetzwidrig erfolgt (wird näher ausgeführt). Die Errichtung eines Steinmetzbetriebes im Baumischgebiet sei nach § 14 Abs. 4 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes (RPG) unzulässig, weil ein solcher Betrieb niemals als "nicht störend" angesehen werden könne. Der Abstand von 20 m zum Grundstück der Beschwerdeführer sei völlig unzureichend.

Die belangte Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren durch Einholung eines Betriebstypen-Gutachtens.

In diesem Gutachten vom 4. Juli 1997 heißt es nach Darstellung des Auftrages, der Verhandlungsniederschrift der belangten Behörde vom 4. Oktober 1995 (Anmerkung: das ist jene im Gewerbe- bzw. Landschaftsschutzverfahren; diese liegt nicht vor) sei zu entnehmen, dass die Werkstätte als eingeschossige Stahlkonstruktionshalle errichtet werden solle. Die Belichtung und Belüftung erfolge durch öffenbare Fenster und die Warenmanipulationen über Sektionaltore.

Neben den diversen Kleingeräten und Handwerkzeugen gelange eine wassergekühlte Steinfräse zum Einsatz. Polier- und Schleifarbeiten würden mit Handmaschinen durchgeführt. Die dazu erforderliche Druckluft werde über einen Schraubenkompressor erzeugt.

Für die Warenmanipulationen im Freien solle ein Dieselstapler angeschafft werden. In der Halle erfolge der Transport auch mittels eines Laufkranes. Monatlich sei mit etwa fünf Warenanlieferungen mit Lkw zu rechnen.

Die Betriebsanlage sei von der B 203 aus erreichbar. Sie befinde sich am südlichen Ende des sich links und rechts entlang dieser Straße erstreckenden Bau - Mischgebietes. Die Halle weise eine mittlere Entfernung von 10 m bis zum Straßenrand auf. Bis zum nächstgelegenen Wohnhaus betrage der Abstand etwa 20 m.

Das eigentliche Gutachten lautet:

"3. Gutachten:

Bei Steinmetzbetrieben werden verschiedene lärmerzeugende Tätigkeiten, wie das Sägen, Fräsen, Schleifen, Gravieren und Behauen von Steinen durchgeführt. Dies geschieht im allgemeinen in einer geschlossenen Halle. Außerdem werden aus Gründen des Arbeitnehmer- und Nachbarschutzes verschiedene Vorkehrungen getroffen. Dazu gehört der Einsatz möglichst lärmarmer Arbeitsmittel ebenso wie schallschluckende Verkleidungen und die Begrenzung der Emissionen von Lüftungsanlagen.

Die oben erwähnten Vorkehrungen sind für derartige Betriebe durchaus üblich. Wenn sie getroffen werden, ist nach Auffassung des Amtssachverständigen davon auszugehen, dass es sich um einen nicht störenden Kleinbetrieb handelt. Das heißt aber nicht, dass überhaupt keine Störungen zu erwarten sind. Nur werden diese, ein das Wohnen nicht wesentlich störendes Ausmaß nicht überschreiten. Der gegenständliche Betrieb weist die charakteristischen Merkmale eines Steinmetzbetriebes auf. Es sind daher weder andere noch darüber hinausgehende Emissionen zu erwarten. Die oben getroffenen Aussagen gelten somit vollinhaltlich auch für den Betrieb des Herrn (Bauwerbers).

Die im gewerbepolizeilichen Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen können im Vergleich zu ähnlichen Projekten im Bau-Mischgebiet als üblich bezeichnet werden. So gehört es beispielsweise zum Standard, die Emissionen von Lüftungsanlagen zu begrenzen.

Was die konkrete Nutzung anlangt, konnte festgestellt werden, dass sich in unmittelbarer Nähe eine Autolackiererei und ein Autohändler befinden. Ebenso verläuft hier die relativ stark befahrene B 203. Auch im Hinblick auf diese Gegebenheiten ist davon auszugehen, dass die gegenständliche Betriebsanlage in der Umgebung nicht als Störfaktor anzusehen ist."

Die belangte Behörde gewährte Parteiengehör zu diesem Gutachten; der Bauwerber äußerte sich zustimmend, die Beschwerdeführer gaben keine Erklärung ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage heißt es begründend, die Durchführung einer neuerlichen Bauverhandlung sei nicht erforderlich gewesen, weil die Beschwerdeführer die Gelegenheit gehabt hätten, ihre Einwendungen zu erheben. Auch sei das Vorhaben anhand der Projektunterlagen zu beurteilen und nicht anhand dessen, was ausgeführt wurde (wird jeweils näher ausgeführt). Ein Nachbarrecht auf Einhaltung des Flächenwidmungsplanes bestehe nicht, wohl aber gegebenenfalls auf Festsetzung höherer Abstände im Sinne des § 6 Abs. 10 BauG.

Nach § 14 Abs. 4 RPG in der zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung noch geltenden Fassung hätten in Mischgebieten Gebäude und Anlagen, die in Kern- und Wohngebieten zulässig seien, und nicht störende Klein- und Mittelbetriebe errichtet werden dürfen.

Zur Frage der nicht störenden Klein- und Mittelbetriebe habe die Berufungsbehörde zwar richtig festgestellt, dass die Widmungsverträglichkeit anhand der Betriebstype zu beurteilen sei. Die Feststellung der Berufungsbehörde, dass der projektierte Betriebstyp eines Steinmetz-Kleinbetriebes im plan- und beschreibungsgemäßen Umfang sowie unter Einhaltung der Auflagen des gewerbebehördlichen Bewilligungsbescheides keinerlei das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigungen oder gar eine Gefährdung der Nachbarschaft erwarten lasse, lasse jedoch die Frage, ob es sich beim Betrieb seiner Type nach um einen nicht störenden Klein- oder Mittelbetrieb handle, unbeantwortet. Die belangte Behörde habe hiezu entsprechende Ermittlungen durchgeführt (Hinweis auf das eingeholte Gutachten).

Der gewerbetechnische Amtssachverständige habe hiezu festgestellt, dass die im gegenständlichen Betrieb durchgeführten Tätigkeiten und die vorgeschriebenen Auflagen im Vergleich zu ähnlichen Projekten im Bau-Mischgebiet durchaus üblich seien. Der Betriebstyp sei daher im Bau-Mischgebiet zulässig. Der Umstand, dass die Liegenschaft der Beschwerdeführer als Bau-Wohngebiet gewidmet sei, vermöge daran nichts zu ändern, weil es allein auf die Widmung des zu bebauenden Grundstückes ankomme. Zum konkreten Nutzen der näheren Umgebung führe der Amtssachverständige aus, dass sich in unmittelbarer Nähe eine Autolackiererei und ein Autohändler befänden und schließlich die hier relativ stark befahrene B 203 verlaufe. Im Hinblick auf diese Gegebenheiten sei davon auszugehen, dass die Betriebsanlage in der Umgebung nicht als Störfaktor anzusehen sei.

Aus den Ergebnissen des parallel zum Bauverfahren durchgeführten gewerbepolizeilichen Betriebsanlagenverfahrens, insbesondere aus den in diesem Verfahren eingeholten Gutachten, ergebe sich, dass bei dem Verwendungszweck des Gebäudes, der durch den gewerberechtlichen Betriebsanlagenbescheid abgegrenzt sei, unzumutbare Lärmbelästigungen nicht möglich seien und auch mit keinen Staubbelästigungen zu rechnen sei. Diese Beweisergebnisse des gewerberechtlichen Verfahrens seien den Beschwerdeführern bekannt gewesen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne ein im parallel durchgeführten gewerberechtlichen Verfahren eingeholtes Gutachten auch im Bauverfahren herangezogen und der Beurteilung zugrundegelegt werden. Auf Grund der Beweisergebnisse des Betriebsanlagenverfahrens, die auch der baurechtlichen Entscheidung zugrundegelegt worden seien, sei die Baubehörde zu Recht davon ausgegangen, dass der Verwendungszweck des Bauwerkes eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarn nicht erwarten lasse. Größere als die gesetzlich vorgesehenen Bauabstände seien daher nicht vorzuschreiben gewesen.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (in der sie insbesondere die Gesetzwidrigkeit der Flächenwidmung geltend machten), welcher aber nach Einleitung des Vorverfahrens mit Beschluss vom 7. Juni 1999, B 2186/97-8, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie über gesonderten Antrag mit Beschluss vom 13. August 1999, B 2186/97- 10, dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Im Beschluss vom 7. Juni 1999 heißt es, soweit die Beschwerde insofern verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes betreffend die Umwidmung der beiden Grundstücke behauptet werde, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Hinweis auf das Erkenntnis VfSlg. 11374/1987) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Die fehlende Aussicht auf Erfolg ergebe sich aus den vom Verfassungsgerichtshof beigeschafften Flächenwidmungsplanakten, welche erkennen ließen, dass die Änderungsvoraussetzungen im Sinne des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes gegeben seien.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde machen die Beschwerdeführer (weiterhin) die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend, weiters inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Angeregt wird "die gesetzwidrige Umwidmung (...) beim Verfassungsgerichtshof anzufechten". Weiters wird die Durchführung eines Ortsaugenscheines zur Beweisaufnahme, hilfsweise eine mündlichen Verhandlung begehrt, bei welcher "die persönliche Einvernahme und kontradiktorische Anhörung" einer Reihe von Personen erfolgen solle.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie beide mitbeteiligten Parteien, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die Beschwerdeführer haben eine Replik zu den Gegenschriften der mitbeteiligten Parteien erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Rechte der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nach dem Vorarlberger Baugesetz, LGBl. Nr. 39/1972 (BauG.), werden in § 30 Abs. 1 und Abs. 2 leg. cit. wie folgt umschrieben:

"(1) Über Einwendungen der Nachbarn, die sich auf Rechte stützen, die durch folgende Vorschriften begründet werden, ist in der Erledigung über den Bauantrag abzusprechen:

a) § 4, soweit mit Auswirkungen auf Nachbargrundstücke zu rechnen ist;

b) § 6, insoweit er den Schutz der Nachbarn aus Rücksichten des Brandschutzes und der Gesundheit, insbesondere Belichtung, Luft und Lärm, betrifft;

c) § 9 Abs. 1, hinsichtlich von Einfriedungen an der Grenze eines Nachbargrundstückes;

d) § 12 Abs. 1, insoweit er sich auf Einrichtungen auf Nachbargrundstücken bezieht, die eines besonderen Schutzes gegen Lärm und sonstige Belästigungen bedürfen;

e) § 17, soweit mit Auswirkungen auf Nachbargrundstücke zu rechnen ist;

f) § 37 Abs. 4, soweit er dem Schutz der Nachbarn dient.

(2) Einwendungen der Parteien, mit denen die Verletzung anderer als im Abs. 1 genannter öffentlich-rechtlicher Vorschriften behauptet wird, sind als unzulässig zurückzuweisen, Einwendungen, die sich auf das Privatrecht stützen, sind auf den Rechtsweg zu verweisen."

Die Aufzählung der Nachbarrechte im § 30 Abs. 1 BauG. ist - wie sich aus Abs. 2 dieser Bestimmung zweifelsfrei ergibt - eine taxative (siehe dazu das Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 91/06/0143, unter Hinweis auf Vorjudikatur u.a.).

Aus der taxativen Aufzählung der Nachbarrechte in § 30 Abs. 1 BauG. ergibt sich weiters, dass weder hinsichtlich der Einhaltung des Flächenwidmungsplanes noch hinsichtlich eines allgemeinen Schutzes vor Immissionen ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht besteht, wohl aber - fallbezogen - gemäß § 30 Abs. 1 lit. b BauG. hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften des § 6 leg. cit. über die Abstandsflächen (vgl. dazu ebenfalls das Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 91/06/0143, unter Hinweis auf Vorjudikatur).

Nur soweit in den Vorschriften über die Abstandsflächen auch an jene über die Flächenwidmung bzw. an die in diesem Zusammenhang jeweils zulässigen Immissionen angeknüpft wird, sind diese auch im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Nachbarrechten im Sinne des § 6 BauG. von Bedeutung.

§ 6 BauG. lautet im hier interessierenden Zusammenhang auszugsweise:

"(7) Von der Nachbargrenze müssen oberirdische Gebäude mindestens drei Meter entfernt sein.

(8) ...

(9) Wegen der besonderen Form oder Lage des Baugrundstückes oder aus Gründen einer zweckmäßigeren Bebauung kann die Behörde mit Genehmigung des Gemeindevorstandes von den in Abs. 2 bis 8 vorgeschriebenen Abstandsflächen und Abständen Ausnahmen zulassen, wenn dadurch die Interessen des Brandschutzes, der Gesundheit sowie des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes nicht beeinträchtigt werden.

(10) Die Behörde kann auch größere als in den Abs. 2 bis 8 vorgeschriebene Abstandsflächen und Abstände festsetzen, wenn der Verwendungszweck eines Bauwerkes eine das ortsübliche Maß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarn erwarten lässt."

Die Beschwerdeführer berufen sich auf § 6 Abs. 10 BauG.

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat, hat nur der unmittelbare Nachbar bzw. der einer Verkehrsfläche gegenüberliegende Nachbar ein Recht auf Einhaltung von Abstandbestimmungen, damit auch des § 6 Abs. 10 BauG. (siehe die hg. Erkenntnisse vom 23. November 1995, Zl. 94/06/0263, unter Hinweis auf Vorjudikatur, bzw. vom 23. September 1999, Zl. 99/06/0060). Die Beschwerdeführer können sich daher im Hinblick auf die Lage ihres Grundstückes (welches von den projektgegenständlichen Grundstücken durch einen Wassergraben und jeweils mindestens ein Baugrundstück getrennt sind) nicht mit Erfolg auf § 6 Abs. 10 BauG. stützen.

Fragen der Einhaltung der für die Baugrundstücke vorgesehenen Widmung (insbesondere der Einhaltung des im Rahmen der Widmung vorgesehenen Immissionsstandards) konnten von ihnen daher unter Berufung auf die Abstandsbestimmungen des § 6 iVm § 30 Abs. 1 lit b BauG. nicht releviert werden.

Schon im Hinblick darauf sah sich der Verwaltungsgerichtshof auch nicht zur angeregten Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof veranlasst.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte (daher) unterbleiben, zumal der Antrag verspätet, nämlich erst im Schriftsatz, mit welchem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde ergänzt wurde, gestellt wurde (siehe dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 540, wiedergegebene hg. Judikatur).

Zur Prüfung der Frage, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde, ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berufen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens der erstmitbeteiligten Partei betrifft irrig zu hoch verzeichnete Stempelgebühren. Der zweitmitbeteiligten Partei hingegen war der angesprochene Schriftsatzaufwand nicht zuzuerkennen, weil sie nicht tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war (§ 49 Abs. 1 VwGG idF der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997).

Wien, am 5. Dezember 2000

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