VwGH 97/17/0154

VwGH97/17/015415.5.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des G sen., vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in S, gegen die Bescheide des Geschäftsführers des Milchwirtschaftsfonds (nun: Vorstand für den Geschäftsbereich III der Agrarmarkt Austria) vom 13. Februar 1991, Zl. IVb/(unleserliche Beifügung), betreffend zusätzlichen Absatzförderungsbeitrag für die Wirtschaftsjahre 1982/83, 1983/84, 1985/86 und 1986/87 (mitbeteiligte Partei: Sennereigenossenschaft E reg. GenmbH), zu Recht erkannt:

Normen

MOG 1985 §76 Abs1;
MOG 1985 §76 Abs2 idF 1988/330;
MOG 1985 §76 Abs1;
MOG 1985 §76 Abs2 idF 1988/330;

 

Spruch:

Die Bescheide werden, soweit sie die Abgabenfestsetzung auf Grund von Milchlieferungen durch den Beschwerdeführer betreffen, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.610,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war in dem im Beschwerdefall maßgeblichen Zeitraum vom 1. Juli 1982 bis 30. Juni 1987 Eigentümer des milcherzeugenden Betriebes M und Pächter des milcherzeugenden Betriebes L, beide in E. Der für den Beschwerdeführer zuständige Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb rechnete die Milchlieferungen aus diesen Betrieben getrennt ab, obwohl zu diesem Zeitpunkt auf Grund der maßgeblichen Rechtslage (§ 57e Abs. 4 vorletzter Satz MOG in der Fassung BGBl. Nr. 309/1982, gemäß BGBl. Nr. 263/1984 § 57e Abs. 1 und nach der Wiederverlautbarung mit BGBl. Nr. 210/1985 § 73 Abs. 1 MOG 1985) eine Zusammenzählung der Milchlieferungen erfolgen hätte müssen. Der Umstand, dass die Betriebe M und L getrennt abgerechnet wurden, wirkte sich insofern zugunsten des Beschwerdeführers aus, als die durch die höhere Milchanlieferung bewirkte Erhöhung der Einzelrichtmenge größer war, als sie es bei einer Zusammenrechnung der Milchlieferungen der beiden Betriebe gewesen wäre.

Die Höhe der Einzelrichtmenge hinsichtlich der beiden Betriebe wurde dem Beschwerdeführer durch die monatlichen Milchgeldabrechnungen, auf welchen die Einzelrichtmenge angegeben war, mitgeteilt (ausdrückliche Mitteilungen des Milchwirtschaftsfonds gemäß § 76 Abs. 1 MOG, BGBl. Nr. 210/1985, erfolgten offenbar nicht; auch eine Antragstellung des Beschwerdeführer nach § 76 Abs. 1 MOG erfolgte nicht). Auf Grund einer Revision durch den Milchwirtschaftsfonds beim zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb (mitbeteiligte Partei) wurde die fälschliche Verrechnung hinsichtlich der beiden Betriebe des Beschwerdeführers festgestellt. Es ergingen daher dem zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb gegenüber für die einzelnen Wirtschaftsjahre von 1981/82 bis 1986/87 neue Abgabenbescheide (des Geschäftsführers des Milchwirtschaftsfonds) hinsichtlich des zusätzlichen Absatzförderungsbeitrages. Die Bescheide sind alle mit 13. Februar 1991 datiert und tragen die Geschäftszahl IVb/(unleserliche Beifügung).

Der Neufestsetzung wurde - wie sich aus dem Akt ergibt, in den Bescheiden an den Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb sind keine detaillierten Angaben enthalten - unter anderem zugrunde gelegt, dass hinsichtlich des Beschwerdeführers für die Jahre 1982/83, 1983/84, 1985/86 und 1986/87 Zahllasten in der Höhe zwischen S 12.255,-- und S 25.836,-- festgestellt wurden, die insgesamt S 80.339,56 ausmachten (saldiert mit einem Guthaben aus dem Jahre 1981/82 S 79.975,35). Der Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb bezahlte die geltend gemachten Nachforderungsbeträge.

Da der Beschwerdeführer dem Verfahren zur (Neu-)Festsetzung des zusätzlichen Absatzförderungsbeitrages gegenüber dem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb nicht beigezogen worden war, stellte er mit Schreiben vom 27. Juni 1991 verschiedene Anträge, die unter anderem auf Feststellung, dass er keinen zusätzlichen Absatzförderungsbeitrag nachzuentrichten hätte und auf Zustellung der erwähnten Abgabenbescheide gerichtet waren. Über diese Anträge wurde mit Bescheid des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 13. November 1991 entschieden. Dieser Bescheid war Gegenstand des hg. Erkenntnisses vom 22. November 1996, Zl. 92/17/0207. Mit diesem Erkenntnis wurde unter anderem die mit Spruchpunkt 3. des genannten Bescheides erfolgte Abweisung des Antrages auf Zustellung der Abgabenbescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

In der Folge wurden dem Beschwerdeführer (mit Schreiben des Vorstandes für den Geschäftsbereich III der Agrarmarkt Austria vom 12. März 1997) die Abgabenbescheide für die Wirtschaftsjahre 1981/82, 1982/83, 1983/84, 1985/86 und 1986/87 zugestellt. Mit der vorliegenden Beschwerde bekämpft der Beschwerdeführer die Bescheide für die Wirtschaftsjahre 1982/83, 1983/84, 1985/86 und 1986/87 (im Jahre 1984/85 wurde bei der Neufestsetzung hinsichtlich des Beschwerdeführers keine Veränderung angenommen). Begründend wird in der Beschwerde insbesondere ausgeführt, dass gemäß § 80 Abs. 6 MOG idgF, welcher gemäß § 81 Abs. 6 MOG idgF sinngemäß anzuwenden sei, die den Milcherzeugern angelasteten Beiträge als durchlaufende Posten im Sinne des § 4 Abs. 3 UStG 1972 gälten. Durchlaufende Posten im Sinne der genannten Bestimmung seien Beträge, die ein Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahme und verausgabe. Daraus folge, dass die Frage, ob überhaupt eine Verpflichtung zur Zahlung der gegenständlichen Abgabe bestehe, nicht aus der Sicht des Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebes, sondern aus der Sicht des Milcherzeugers zu beurteilen sei, weil es sich um eine Schuld des Milcherzeugers handle, für die der Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb lediglich hafte.

Eine Bestimmung, die den Beschwerdeführer im vorliegenden Fall mit zusätzlichen Absatzförderungsbeiträgen belasten würde, wäre auch gleichheitswidrig. Mit näherer Darstellung der Rechtsgrundlagen für die Einhebung der zusätzlichen Absatzförderungsbeiträge wird insbesondere darauf hingewiesen, dass eine Anpassung der Milchproduktion immer nur pro futuro, niemals jedoch für die Vergangenheit möglich sei. Der mit der Einführung der zusätzlichen Absatzförderungsbeiträge verfolgte Zweck könne nur erreicht werden, wenn der Milcherzeuger die Milchmenge, die er liefern darf, im Vorhinein kenne. Gemäß § 76 Abs. 1 MOG, BGBl. Nr. 210/1985, sei durch den zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb den Milcherzeugern die ihnen im nächsten Wirtschaftsjahr zustehende Einzelrichtmenge schriftlich bis zum 15. Juni mitzuteilen. Personen, die bis zu diesem Termin keine solche Mitteilung erhielten, sowie Milcherzeuger, welche die Mitteilung durch den zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb als unrichtig ansähen, könnten bis 30. Juni einen Antrag auf Feststellung der Einzelrichtmenge beim Milchwirtschaftsfonds stellen. Eine derartige Regelung könne nur den Sinn haben, dass die Mitteilung der Einzelrichtmenge zumindest als Grundlage für die laufende Lieferung verbindlich werde. Der Beschwerdeführer habe von dem für ihn zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb im Zuge der monatlichen Milchgeldabrechnungen laufend schriftliche Mitteilungen über die ihm zustehende Einzelrichtmenge erhalten. Diese Mitteilungen seien als Mitteilungen gemäß § 76 Abs. 1 MOG zu qualifizieren. Bis zum Inkrafttreten der MOG-Novelle 1988, BGBl. Nr. 330/1988, sei die Rechtslage so zu beurteilen, dass die gemäß § 76 Abs. 1 MOG mitgeteilte Einzelrichtmenge die Grundlage für die Berechnung der zusätzlichen Absatzförderungsbeiträge zu bilden hatte, soweit die Milcherzeuger nicht fristgerecht den dort vorgesehenen Feststellungsantrag gestellt hätten. Mit BGBl. Nr. 330/1988 sei in beschränktem Umfang die Rückforderung zugelassen worden. Eine solche rückwirkende Feststellung sei jedoch im Beschwerdefall nie erfolgt. Sie hätte auch zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide gegenüber der mitbeteiligten Partei für den hier gegenständlichen Zeitraum, der am 30. Juni 1987 geendet hat, nicht mehr erfolgen dürfen (gemäß § 76 Abs. 2 MOG war die rückwirkende Feststellung der tatsächlich zustehenden Einzelrichtmenge bei unrichtigen Mitteilungen gemäß § 76 Abs. 1 "bis zum Ablauf von drei Jahren ab erfolgter Mitteilung durch Bescheid" möglich).

In der Beschwerde wird weiters auf die Neufassung des § 76 Abs. 2 MOG mit BGBl. Nr. 969/1993 eingegangen. Zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide (dies sei dem Beschwerdeführer gegenüber am 14. März 1997 der Fall gewesen) sei die in § 76 Abs. 2 vorgesehene Fünfjahresfrist abgelaufen gewesen.

Die belangte Behörde (der Vorstand für den Geschäftsbereich III der Agrarmarkt Austria als jenes Organ, auf welches die Agenden des Geschäftsführers des Milchwirtschaftsfonds nach dem Abschnitt D des MOG nach § 36 Abs. 2 AMA-Gesetz, BGBl. Nr. 376/1992, übergegangen sind) hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie darauf hinweist, dass zwar der Verwaltungsgerichtshof die Parteistellung des Milcherzeugers im Verfahren zur Festsetzung des zusätzlichen Absatzförderungsbeitrages gegenüber dem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb mehrfach zum Ausdruck gebracht habe, dass jedoch "der Bereich der anteiligen Überwälzung der Absatzförderungsbeiträge auf den betroffenen Landwirt (§ 80 Abs. 6 MOG) eine Angelegenheit des Zivilrechtes" sei. In diesem Zusammenhang wird auf die näheren Ausführungen in dem oben genannten Bescheid vom 13. November 1991 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1996, Zl. 92/17/0207) verwiesen. Das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers beschäftige sich mit dem Bereich der Überwälzung vom Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb auf den Landwirt, konkret auf den Beschwerdeführer, nicht aber auf das abgabenrechtliche Verhältnis zwischen Milchwirtschaftsfonds und Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb, in welchem dem Landwirt Parteistellung zuzukommen habe.

Als Konsequenz zur Überlegung, dass der Milchwirtschaftsfonds gegenüber dem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb richtig vorgegangen sei und gegen diesen Vorgehen, "wie eben dargelegt", seitens des Beschwerdeführers auch nichts vorgebracht worden sei, werde der Antrag gestellt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der mitbeteiligte Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb hat

keine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde verkennt mit den wiedergegebenen Ausführungen in der Gegenschrift, dass für die Frage, welche Abgabenschuld an zusätzlichem Absatzförderungsbeitrag gegenüber dem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb vorgeschrieben werden kann, entscheidungserheblich ist, welche Mengen an Milch und Erzeugnissen aus Milch in einem bestimmten Zeitraum von konkreten Milcherzeugern übernommen wurden und welche Einzelrichtmengen diesen Milcherzeugern zustanden. Die Bemessung des zusätzlichen Absatzförderungsbeitrages dem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb gegenüber ergibt sich einzig und allein aus den Umständen, die auf Seiten der Milcherzeuger vorliegen. Die Einräumung der Parteistellung an die Milcherzeuger im Abgabenfestsetzungsverfahren gemäß § 78 BAO durch die hg. Rechtsprechung erfolgte im Hinblick darauf, dass mit der Festsetzung der Abgabe dem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb gegenüber auch der (zivilrechtliche) Anspruch des Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebes gegenüber dem jeweiligen Erzeuger determiniert wird. Diese Parteistellung würde leerlaufen, wollte man dem Milcherzeuger die Möglichkeit nehmen, die für die Berechnung des zusätzlichen Absatzförderungsbeitrages im Zusammenhang mit der Anlieferung von Milch durch ihn maßgebenden Fragen ins Verfahren einzubringen. Die Parteistellung und das Berufungs- und Beschwerderecht des Milcherzeugers muss gegebenenfalls auch zu einer Berichtigung der Abgabenhöhe betreffend den Milcherzeuger (woraus auch eine Reduktion der Abgabenschuld des Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebes folgt) führen. Die Feststellung, ob "gegenüber dem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb richtig vorgegangen" wurde, kann sich nur auf Grund einer Überprüfung ergeben, ob die auf Grund der Milchlieferungen der einzelnen Milcherzeuger angenommenen zusätzlichen Absatzförderungsbeiträge zutreffend berechnet wurden. Es ist daher verfehlt, wenn die belangte Behörde davon ausgeht, dass jedenfalls "dem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb gegenüber richtig vorgegangen" worden sei und dass der Beschwerdeführer dagegen nichts vorgebracht hätte. Das Vorbringen des Beschwerdeführers lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass keine Rechtsgrundlage für eine nachträgliche Neuberechnung des zusätzlichen Absatzförderungsbeitrages auf Grund des Umstandes, dass rückwirkend die dem Milcherzeuger mitgeteilte Einzelrichtmenge neu angenommen wird, vorhanden war. Dies würde selbstverständlich auch bedeuten, dass die dem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb gegenüber festgesetzte Abgabenschuld insoweit nicht gesetzmäßig war (der Umstand, dass der Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb die vorgeschriebene Abgabe und somit auch die hinsichtlich des Beschwerdeführers berechnete Abgabe bereits bezahlt hat, ist rechtlich nicht relevant).

Es ist daher im Beschwerdefall sehr wohl auf das Vorbringen des Beschwerdeführers gegen die Vorschreibung zusätzlichen Absatzförderungsbeitrages aufgrund rückwirkender Änderung der für die einzelnen Wirtschaftsjahre zustehenden Einzelrichtmenge einzugehen.

Die Beschwerde ist insoferne auch berechtigt.

Die belangte Behörde hat weder im Bescheid vom 13. November 1991, noch in den nunmehr angefochtenen Bescheiden eine Rechtsgrundlage dafür genannt, dass eine nachträgliche Neuberechnung des zusätzlichen Absatzförderungsbeitrages unter Zugrundelegung einer anderen Einzelrichtmenge, als die dem Beschwerdeführer mitgeteilt wurde, zulässig wäre.

In der Beschwerde wird zutreffend darauf hingewiesen, dass § 76 Abs. 2 MOG erst seit der Novelle mit BGBl. Nr. 330/1988 ausdrücklich vorsieht, dass die tatsächlich zustehende Einzelrichtmenge rückwirkend bis zum Ablauf von drei Jahren ab erfolgter Mitteilung durch Bescheid neu festgesetzt werden könnte, wenn die Mitteilung ursprünglich unrichtig war. Diese Bestimmung kann aufgrund verfassungskonformer Interpretation erst auf Wirtschaftsjahre nach 1988 angewendet werden (vgl. zu § 79 Abs. 2 MOG idF BGBl. Nr. 969/1993, das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Juni 1997, B 2683/94, in welchem der Verfassungsgerichtshof die Regelung für die Rückforderung vom Rechtsnachfolger erst für Betriebsübergänge nach dem Inkrafttreten des Gesetzes als anwendbar erklärt hat, oder das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1997, Zl. 96/17/0459, ebenfalls zu § 79 Abs. 2 MOG, betreffend die Rückforderung vom Milcherzeuger).

Es ist dem Beschwerdeführer beizupflichten, dass im Falle einer Abgabe, wie sie der zusätzliche Absatzförderungsbeitrag darstellt, eine nachträgliche Änderung der Bemessungsgrundlage (durch nachträgliche Veränderung der Einzelrichtmenge) insofern verfassungsrechtliche Bedenken hervorruft, als bei einer derartigen Abgabe die Abgabenhöhe von der Disposition des Abgabepflichtigen abhängt; werden erst nachträglich die für diese Disposition maßgeblichen Parameter geändert, steht dem Abgabepflichtigen keine Möglichkeit mehr zu, sein Handeln in der Vergangenheit gegebenenfalls anzupassen. Es kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob eine Vorschrift wie § 76 Abs. 2 MOG in der Fassung BGBl. Nr. 330/1988 verfassungskonform ist (wenn sie auch die rückwirkende Neuberechnung des zusätzlichen Absatzförderungsbeitrages ermöglicht). Die Regelung ist im Beschwerdefall nicht anwendbar, sodass auch eine Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 iVm Art. 89 Abs. 2 B-VG nicht in Betracht kommt.

Die belangte Behörde hat weder in den angefochtenen Bescheiden noch in der Gegenschrift ausgeführt, worin sie die Grundlage für die Zulässigkeit der vorgenommenen nachträglichen Neuberechnung unter Abweichung von der jeweils mitgeteilten Einzelrichtmenge, erblickt. Auch dem Verwaltungsgerichtshof ist keine entsprechende Vorschrift im MOG in der Fassung, wie sie bis 1987 gegolten hat, ersichtlich. Der Umstand allein, dass bei der Bekanntgabe der Einzelrichtmenge durch den Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb gesetzliche Bestimmungen außer Acht gelassen wurden, vermag die Möglichkeit der Neuberechnung nicht zu begründen. Wenngleich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den Mitteilungen gemäß § 76 Abs. 1 MOG insoweit nur eine eingeschränkte Bindungswirkung zukommt, als die Bindungswirkung nur für das jeweilige Wirtschaftsjahr besteht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1997, Zl. 96/17/0481, mit Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Juni 1988, V 139/87, V 140/87, und die hg. Erkenntnisse vom 20. Juni 1986, Zl. 86/17/0068, und vom 9. Februar 1990, Zl. 89/17/0161), bedeutet diese Einschränkung nur, dass im Rahmen der Festsetzung für das folgende Wirtschaftsjahr gegebenenfalls ein Sachverhalt, der möglicherweise schon im vorangegangenen Jahr in gleicher Weise gegeben war, rechtlich anders beurteilt werden könnte. Auch dieser Rechtsprechung lag jedoch die Annahme zugrunde, dass eine entsprechende Bindung für das jeweilige Wirtschaftsjahr eintritt. Auch der Umstand, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall keine ausdrücklichen Mitteilungen des zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebes nach § 76 Abs. 1 MOG festgestellt hat, vermag daran nichts zu ändern, lagen doch solche - wie in der Beschwerde zutreffend zugrunde gelegt wird - im Hinblick auf die regelmäßigen Milchgeldabrechnungen, in denen die Einzelrichtmenge angegeben war, der Sache nach vor.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie die Abgabenbescheide für die Wirtschaftsjahre 1982/83, 1983/84, 1985/86 und 1986/87 mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die Bescheide waren daher, soweit die Abgabenfestsetzung dem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb gegenüber auf Grund der Milchlieferungen des Beschwerdeführers erfolgte, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft zu viel verzeichneten Stempelaufwand, da nur drei Ausfertigungen der Beschwerde vorzulegen gewesen wären und die Vorlage der Beilagen (Milchgeldabrechnungen) nur einmal erforderlich war.

Wien, am 15. Mai 2000

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