VwGH 99/11/0124

VwGH99/11/012414.12.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des W in M, vertreten durch

Dr. Fritz Wintersberger, Rechtsanwalt in 2340 Mödling, Badstraße 14, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 8. September 1998, Zl. MA 65 - 8/373/98, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

FSG 1997 §25 Abs3 neu;
FSG 1997 §7 Abs2;
FSG 1997 §7 Abs4;
FSG 1997 §7 Abs5;
KFG 1967 §73 Abs2 impl;
StGB §146;
FSG 1997 §25 Abs3 neu;
FSG 1997 §7 Abs2;
FSG 1997 §7 Abs4;
FSG 1997 §7 Abs5;
KFG 1967 §73 Abs2 impl;
StGB §146;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 25 Abs. 3 des Führerscheingesetzes die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klasse B für die Dauer von 18 Monaten ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides (10. Juli 1998), somit bis 10. Jänner 2000, wobei die Haftzeit in die Entziehungszeit nicht einzuberechnen sei, entzogen. Weiters wurde verfügt, dass der Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 Führerscheingesetz binnen drei Tagen ab Zustellung des Bescheides im Verkehrsamt der Bundespolizeidirektion Wien seinen Führerschein abzugeben habe.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Anlass für die bekämpfte Entziehungsmaßnahme war die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 9. März 1998 wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 erster Deliktsfall StGB und des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148 zweiter Deliktsfall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren. Die überwiegende Zahl dieser strafbaren Handlungen wurde im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen begangen, und zwar bei der Übernahme eines Pkw zum Verkauf, durch Einbehaltung des bezahlten Kaufpreises, bei einem Leasingvertrag über einen Pkw, durch Nichtweitergabe der kassierten Geldbeträge, im Zusammenhang mit der Vorgabe, mit Gebrauchtwagen zu handeln, bei dem Ankauf von Autoradios, durch Nichtbezahlung des Kaufpreises, bei betrügerischen Autoverkäufen bzw. bei einer Pkw-Rücküberstellung nach Österreich durch die Einbehaltung des geleisteten Entgelts und bei der Reparatur eines Kraftfahrzeuges, durch Nichtbezahlung der Reparaturkosten, wobei die Täuschung der Geschädigten durch die äußere Erscheinung des Beschwerdeführers und die Benützung von Automarken der gehobenen Klasse erfolgte. Darin erblickte die belangte Behörde eine der Aufzählung von strafbaren Handlungen in § 7 Abs. 4 FSG gleichwertige bestimmte Tatsache, die die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers nach sich ziehe.

Der Beschwerdeführer vertritt zunächst die Ansicht, bei der in § 7 Abs. 4 Z. 1 bis 5 FSG enthaltenen Aufzählung von strafbaren Handlungen handle es sich um eine taxative Aufzählung.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der in § 7 Abs. 4 Z. 1 bis 5 FSG enthaltenen Aufzählung von strafbaren Handlungen, die als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 2 leg. cit. gelten, nicht um eine taxative, sondern um eine demonstrative Aufzählung (arg. "insbesondere"). Der Umstand, dass Veruntreuungs- und Betrugshandlungen nicht in der Aufzählung des § 7 Abs. 4 leg. cit. enthalten sind, hindert somit nicht ihre Beurteilung als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 2 leg. cit., sofern sie nach ihrer Art und Schwere den beispielsweise aufgezählten strafbaren Handlungen gleichzustellen sind (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1999, Zl. 98/11/0270).

Im Zusammenhang mit den vom Beschwerdeführer begangenen Vergehen der Veruntreuung und des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges hat er sich der oben dargestellten Art und Weise eines Kraftfahrzeuges bedient, sodass der Zusammenhang zwischen den strafbaren Handlungen und der in § 7 Abs. 2 FSG genannten Erleichterung der Begehung durch das Lenken von Kraftfahrzeugen evident ist.

Der Beschwerdeführer stellt weiters in Abrede, dass eine Gleichwertigkeit der von ihm begangenen strafbaren Handlungen mit den in § 7 Abs. 4 FSG aufgezählten gegeben sei, wobei es sich hiebei nach Ansicht des Beschwerdeführers tatsächlich um allenfalls schwerer wiegende Taten handeln müsse.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können Veruntreuungen bzw. Betrugshandlungen, die im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen begangen wurden, jedenfalls bei mehrfacher Begehung und hoher Schadenssumme die Verkehrszuverlässigkeit der betreffenden Person ausschließen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1999, Zl. 98/11/0243).

Nach den Feststellungen des Strafgerichtes hat der Beschwerdeführer zwischen November 1996 und Februar 1997 Veruntreuungshandlungen mit einem Schadensausmaß von weit über S 100.000,-- und zwischen Dezember 1995 und Juni 1997 Betrugshandlungen mit einem Schadensausmaß von ebenfalls weit über S 100.000,-- gesetzt. Im Hinblick auf die mehrfache - und sich über längere Zeiträume erstreckende - Begehung der Straftaten und die Höhe der Schadenssummen kann es somit nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers annahm.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die von der belangten Behörde durchgeführte Wertung sei fehlerhaft, da sich § 7 Abs. 5 FSG, in welchem die Wertungskriterien Verwerflichkeit, Gefährlichkeit der Verhältnisse und die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit aufgezählt seien, lediglich auf die Wertung nach § 7 Abs. 3 FSG beziehe.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit nicht darzutun. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 7 Abs. 4 FSG hat bei Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne dieser Bestimmung eine Wertung gemäß § 7 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5 FSG zu erfolgen (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1999, Zl. 98/11/0270).

Gemäß § 7 Abs. 5 FSG sind für die Wertung der bestimmten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Unter Berücksichtigung von Art und Schwere der hier zu beurteilenden Handlungen kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Verwerflichkeit dieser Taten als offensichtlich angesehen hat. Vor dem Hintergrund des Tatzeitraumes und ihrer Vielzahl ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine gefährliche Neigung zur Begehung derartiger Delikte aufweist. Die zwischen den Taten und der Entziehung der Lenkberechtigung durch Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 6. Juli 1998 verstrichene Zeit von etwas mehr als einem Jahr ist für den Beschwerdeführer schon wegen der Anhängigkeit des gerichtlichen Strafverfahrens bis 9. März 1998 von verhältnismäßig geringer Bedeutung.

Zuletzt wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Bemessung der Zeit gemäß § 25 FSG.

Dem Beschwerdeführer ist zwar insofern beizupflichten, als die Begründung für die Bemessung der Dauer der Entziehung gemäß § 25 Abs. 3 FSG - was die Begründungselemente "allgemeine Erfahrung" betrifft - von der Behörde mit einer Leerformel versehen wurde. Dieser Mangel ist aber unter Bedachtnahme auf die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht wesentlich. In Anbetracht des Tatzeitraumes , der hohen Gesamtschadenssumme und der mehrfach vorliegenden einschlägigen Vorstrafen des Beschwerdeführers bestehen gegen den Ausspruch nach § 25 Abs. 3 FSG keine Bedenken. Was die Nichteinrechnung der Haft in die Entziehungszeit anlangt, so hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seiner Rechtsprechung zu § 73 Abs. 2 KFG dargetan, dass der Ausspruch hinsichtlich der Nichteinrechnung der Haftzeit im Hinblick auf die während dieser Zeit fehlende Freizügigkeit und damit nicht gegebene Möglichkeit, die Änderung seiner Sinnesart unter Beweis zu stellen, zulässig ist, um dem Sinn und Zweck dieser Zeit zu entsprechen, und daher nicht als gesetzwidrig anzusehen ist (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 10. November 1998, Zl. 97/11/0107). Es besteht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung - aus Anlass dieses Beschwerdefalles - abzugehen.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet, sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 14. Dezember 1999

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