VwGH 99/05/0147

VwGH99/05/01479.11.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Marktgemeinde Seewalchen am Attersee, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5. Mai 1999, Zl. BauR-012355/1-1999-Um/Pa, betreffend Untersagung der Fortsetzung der Bauausführung (mitbeteiligte Partei: PHK-Immo-Bau Gesellschaft m.b.H. in Linz, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück, Dr. Peter Wagner, Dr. Walter Müller und Dr. Wolfgang Graziani-Weiss, Rechtsanwälte in Linz, Kroatengasse 7), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
VwRallg;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 375, KG Litzlberg, bestehend aus dem Grundstück Nr. 1011/7.

Der Bürgermeister der beschwerdeführenden Marktgemeinde hatte das gegenständliche Grundstück mit Bescheid vom 13. August 1997 als Bauplatz bewilligt. Mit Bescheid vom 1. September 1998 erteilte er der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung für ein Wohnhaus mit acht Wohnungen. Der Baubewilligungsbescheid wurde am 2. September 1998 zugestellt, Berufungen wurden nicht erhoben. Der Bescheid ist somit rechtskräftig. Der Spruch des Bescheides lautete im hier maßgeblichen Teil wörtlich wie folgt:

"Auf Grund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens, insbesondere der am 24.9.1997 durchgeführten Bauverhandlung, wird Ihnen gemäß § 35 (1) der Oö. Bauordnung 1994 - OÖ. BauO 1994, LGBl. 66/1994, vom Bürgermeister der Marktgemeinde Seewalchen am Attersee als Behörde I. Instanz im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde im Rahmen der Landesvollziehung, sowie gemäß § 35 (2) Oö. Bauordnung unter der Bedingung der Errichtung der Zufahrtsverbreiterung im Bereich der Einmündung in die Attersee-Bundesstraße auf eine Länge von 10 m auf 5 m Fahrbahnbreite gemäß dem Gutachten des verkehrstechn. Sachverständigen vom 19.01.1998 die Baubewilligung

für das Bauvorhaben Wohnhaus mit 8 Wohnungen auf dem Grundstück Nr. 1011/7, EZ 375, KG. 50310 entsprechend dem bei der mündlichen Bauverhandlung aufgelegenen und als solchen gekennzeichneten Bauplan des Ing. M. Schlagnitweit GmbH, Wien, vom Jänner 1997, erteilt ..."

Im Folgenden wurden diverse Auflagen vorgeschrieben.

Die Verbindung des Baugrundstückes zum öffentlichen Straßennetz soll durch einen über zwei nicht im Eigentum der mitbeteiligten Partei stehende Grundstücke führenden Zufahrtsweg gewährleistet werden. In diesem Sinn enthält die - gleichfalls in Rechtskraft erwachsene - Bauplatzbewilligung vom 13. August 1997 eine Nebenbestimmung, dass das Geh- und Fahrrecht über diese beiden Grundstücke grundbücherlich sicherzustellen ist.

Mit Schreiben vom 30. Oktober 1998 teilte die STRABAG Österreich AG der Baubehörde mit, dass mit der Bauausführung des mit Bescheid vom 1. September 1998 bewilligten Bauvorhabens am 3. November 1998 begonnen werde.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 23. November 1998 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 41 Abs. 3 der Oö. Bauordnung 1994 die Fortsetzung der Bauausführung des mit Bescheid vom 1. September 1998 bewilligten Bauvorhabens untersagt. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass die Baubewilligung zwar formell rechtskräftig sei, auf Grund der Nichterfüllung der im Bescheid angeführten Bedingung jedoch nicht wirksam sei. Die Baubehörde habe die Bedingung in Kenntnis der daraus resultierenden Konsequenz, dass von der Baubewilligung erst nach Erfüllung dieser Bedingung Gebrauch gemacht werden könne, formuliert. Eine Auflage komme nur in den Fällen in Frage, in denen der Partei, gegenüber der der Verwaltungsakt ergehe, selbst eine Verpflichtung zur Handlung, Duldung oder Unterlassung auferlegt werde. Hingegen sei die Rechtsform der Bedingung zu wählen, wenn die Erfüllung der Voraussetzung vom Handeln einer dritten Person abhänge. Im konkreten Fall sei die Erfüllung der geforderten Fahrbahnverbreiterung vom Handeln dritter Personen abhängig.

Die mitbeteiligte Partei erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in der sie unter anderem die Rechtmäßigkeit der in die Baubewilligung aufgenommenen "Bedingung" bestritt. In weiterer Folge hat die mitbeteiligte Partei unter Bezugnahme auf eine von der beschwerdeführenden Marktgemeinde eingeholte schriftliche Rechtsauskunft des Amtes der Oö. Landesregierung vom 19. November 1998 die Ansicht vertreten, dass es sich bei der gegenständlichen Vorschreibung nicht um eine Bedingung, sondern um eine Auflage handle. Der Baubeginn sei daher von der in der Baubewilligung gar nicht terminisierten Errichtung der Zufahrtsverbreiterung nicht abhängig.

Mit Bescheid vom 16. März 1999 hat der Gemeinderat der beschwerdeführenden Marktgemeinde die Berufung der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid des Bürgermeisters abgewiesen. Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der mitbeteiligte Partei hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 5. Mai 1999 den Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Marktgemeinde zurückverwiesen. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen ausgeführt, ungeachtet des Wortlautes in der Baubewilligung handle es sich um eine Auflage. Eine Auslegung in dem Sinn, dass die Baubewilligung vom Eintritt eines künftigen, ungewissen Ereignisses, nämlich der Zufahrtsverbreiterung, abhängig gemacht werde, wäre denkbar. Genauso wäre aber die Interpretation, dass dem Rechtsinhaber für den Fall der Gebrauchnahme von der Baubewilligung die Verbreiterung der Zufahrt vorgeschrieben werde, vom Wortlaut "Errichtung der Zufahrtsverbreiterung" gedeckt. Dazu wurde auf ein auf einem angeblich vergleichbaren Sachverhalt beruhendes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. November 1981, Zl. 06/640/80, verwiesen, in welchem im Zusammenhang mit einer Auflage in einem Baubewilligungsbescheid, mit der dem Konsenswerber die Errichtung einer Zufahrt aufgetragen wurde, festgestellt wurde , dass es Sache des Bewilligungsinhabers sei, die der Erfüllung der Auflage allenfalls entgegenstehenden Hindernisse - wie etwa die mangelnde privatrechtliche Verfügungsgewalt - zu beheben.

Für die Ermittlung des Sinnes des Spruches eines Bescheides sei auch die Begründung heranzuziehen. Im gegenständlichen Fall sei in der Bescheidbegründung (des Baubewilligungsbescheides) u.a. ausgeführt, dass die Baubewilligung zu erteilen gewesen sei, weil die baurechtlichen Vorschriften bei Einhaltung der aufgetragenen Bedingungen und Auflagen voll erfüllt seien. Aus dieser Formulierung lasse sich nun nach Ansicht der Gemeindeaufsichtsbehörde ableiten, dass (auch) die Vorschreibung der als Bedingung bezeichneten Nebenbestimmung als Auftrag an den Rechtsinhaber gedacht gewesen sei, wobei dieser im Fall der Inanspruchnahme der Baubewilligung den Auftrag zu erfüllen und in weiterer Folge die Verpflichtung auch (dauernd) einzuhalten hätte. Mit dem Vorliegen einer Bedingung wäre ein derartiger Auftrag aber unvereinbar, sodass der Zweck der Regelung eher dem Charakter eines "bedingten Polizeibefehls", mithin einer Auflage, entspreche. Das würde bedeuten, dass die Vorschreibung der Zufahrtsverbreiterung nach dem Willen der Behörde wohl eine der Vollstreckung zugängliche Verpflichtung des Rechtsinhabers darstellen sollte. Eine Vollstreckung käme hingegen bei Vorliegen einer Bedingung nicht in Betracht, was unter Umständen das Problem zur Folge hätte, dass dann die Aufrechterhaltung des der Nebenbestimmung entsprechenden Zustandes von der Behörde nicht erzwungen werden könnte.

Zusammenfassend gehe die Vorstellungsbehörde davon aus, dass die Nebenbestimmung betreffend den Auftrag zur Zufahrtsverbreiterung entgegen ihrer Bezeichnung als Auflage anzusehen sei. Zwischen Auflage und Bedingung bestehe ein wesentlicher Rechtsfolgeunterschied: Während von Bedingungen die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes abhängig sei, berühre die Nichterfüllung der Auflagen den Bestand des Aktes, dem sie beigefügt würden, nicht. Die Baubehörden erster und zweiter Instanz seien daher zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Baubewilligung vom 1. September 1998 zwar formell rechtskräftig, inhaltlich aber auf Grund der Nichterfüllung der angeführten Bedingung nicht wirksam sei. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 41 Abs. 3 Z. 1 Oö. BauO 1994, wonach die Fortsetzung der Bauausführung bei Ausführung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens ohne Baubewilligung zu untersagen sei, hätten die Baubehörden den vorliegenden Sachverhalt unzutreffenderweise unter den Tatbestand der zitierten Gesetzesbestimmung subsumiert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Gemeinde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt, und, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Baubewilligungsbescheid vom 1. September 1998 bildete die Rechtsgrundlage für Rechte und Pflichten und hat Normqualität. Auch Bescheide können auslegungsbedürftig sein. Bescheide stehen Gesetzen (im materiellen Sinn) viel näher als privatrechtlichen Verträgen, sodass es angebracht ist, bei Auslegung von Bescheiden nach den Grundsätzen der §§ 6 und 7 ABGB vorzugehen. Innerhalb der Grenzen der Rechtskraft sind die Bescheide verbindlich und binden die Verwaltungsbehörden, auch wenn sie rechtswidrig sind. Nebenbestimmungen eines Bescheides bilden infolge eines engen sachlichen Zusammenhanges mit dem Hauptinhalt des Spruches eine notwendige, nicht trennbare Einheit; sie unterliegen somit ebenfalls den Rechtskraftwirkungen des Bescheidspruches (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1991, Zl. 91/07/0039). Die individuelle Norm der Nebenbestimmung muss gleich generellen Normen ausgelegt werden wie der Bescheid. Auch für sie gilt daher, dass nach Erschöpfung insbesondere der verbalen und grammatikalischen Methoden zur Ermittlung ihres Inhaltes auch der Zweck der Regelung in die Betrachtung miteinzubeziehen ist. Es muss also auch nach dem Grund und dem Zweck der Nebenbestimmung ebenso geforscht werden wie des übrigen Spruchinhaltes eines Bescheides (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. April 1997, Zl. 96/05/0158, sowie aus jüngster Zeit das hg. Erkenntnis vom 31. August 1999, Zl. 99/05/0082).

Im vorliegenden Fall ist nun rechtlich zu beurteilen, ob die nach dem klaren Wortlaut des Baubewilligungsbescheides als Bedingung bezeichnete Nebenbestimmung der Errichtung der Zufahrtsverbreiterung tatsächlich eine aufschiebende Bedingung ist, die die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes von einem ungewissen künftigen Ereignis abhängig macht, oder ob es sich dabei um eine Auflage handelt, die eine pflichtenbegründende Nebenbestimmung eines (an sich) begünstigenden Verwaltungsaktes ist.

Dem vorgelegten Bauakt ist zu entnehmen, dass über Ersuchen der beschwerdeführenden Marktgemeinde am 19. Jänner 1998 in der Zufahrtsstraße zum Haus Litzlbergerstraße 42 zur Feststellung der Sichtverhältnisse bei der Einmündung in die Attersee Bundesstraße ein Lokalaugenschein durchgeführt wurde. Nach Durchführung des Lokalaugenscheines erstattete der verkehrstechnische Amtssachverständige eine gutächtliche Stellungnahme, wonach bei dem in Rede stehenden Straßenstück der Attersee Bundesstraße eine sehr hohe Fahrzeugfrequenz auf Grund des Badebetriebes auftrete. Entlang der Aufschließungsstraße solle auf dem Grundstück Nr. 1011/7, EZ 375, KG Litzlberg, ein Wohnhaus mit acht Wohnungen errichtet werden. Bei einer derartigen Anlage sei von mindestens 12 Fahrzeugen mit zwei- bis dreifacher Wechselbewegung auszugehen. Aus diesem Grunde sei es nicht auszuschließen, dass ein in die Bundesstraße einbiegendes Fahrzeug mit einem von der Bundesstraße in den Zufahrtsweg einmündenden Fahrzeug zusammentreffe. Dieser Begegnungsverkehr habe noch auf der Zufahrtsstraße stattzufinden. Aus diesem Grunde müsse die Zufahrtsstraße im Bereich der Einmündung in die Bundesstraße auf eine Länge von ca. 10 m auf 5 m Fahrbahnbreite ausgeweitet werden. Die entsprechenden Radien, welche ein harmonisches Einmünden ermöglichten, seien ebenfalls einzuhalten. Die für ein Geschwindigkeitsprofil von 50 km/h (Ortsgebiet) erforderlichen Knotensichtweiten von 70 m seien nach beiden Seiten gegeben.

Zu diesem Gutachten gab die mitbeteiligte Partei mit Eingabe vom 8. Juni 1998 bekannt, dass der Begegnungsverkehr noch auf der Zufahrtsstraße stattfinden könne, weil dort bereits ein Einmündungstrichter ausgebildet sei, allerdings nicht auf eine Länge von 10 m, immerhin aber auf eine PKW-Länge. Zur Vermeidung einer entbehrlichen Diskussion über dieses Thema erkläre die Mitbeteiligte ihr Einverständnis damit, dass in den Baubwilligungsbescheid eine entsprechende Auflage aufgenommen werde. Mit Schreiben vom 6. Juli 1998 teilte der Bürgermeister der beschwerdeführenden Marktgemeinde der mitbeteiligten Partei mit, dass er sich den Ausführungen der mitbeteiligten Partei in ihrem Schreiben vom 8. Juni 1998 nicht anschließen könne, weil die Verkehrssituation in diesem Bereich sehr gut bekannt sei. Die mitbeteiligte Partei werde daher aufgefordert, der beschwerdeführenden Marktgemeinde innerhalb einer Frist von 12 Monaten nachzuweisen, wie die geforderte Fahrbahnbreite im Einmündungsbereich erreicht werden könne. Sollte diese Frist versäumt werden, werde das Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung zurückgewiesen werden. Mit Eingabe vom 30. Juli 1998 gab die mitbeteiligte Partei zur Aufforderung vom 6. Juli 1998 bekannt, dass für den geforderten Nachweis eine Rechtsgrundlage fehle, ebenso für die Fristsetzung. Es stehe der Baubehörde frei, eine entsprechende Auflage in den Baubewilligungsbescheid aufzunehmen. Sollte daher der Baubewilligungsbescheid nicht bis Ende August 1998 zugestellt sein, werde die Mitbeteiligte von einer rechtswidrigen Säumnis der Behörde ausgehen. Der Vollständigkeit halber werde mitgeteilt, dass die Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern noch nicht abgeschlossen werden konnten.

Einem Aktenvermerk vom 26. August 1998 des Ernst Gebetsberger zufolge habe dieser am 26. August 1998 mit einem Vertreter der Baurechtsabteilung des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung telefoniert; dieser habe festgestellt, dass die verkehrsmäßige Erschließung eines Grundstückes ausschließlich im Bauplatzbewilligungsverfahren zu berücksichtigen sei. Da die Bauplatzbewilligung bereits erteilt sei, habe die Gemeinde keine Möglichkeit, im Baubewilligungsverfahren zusätzliche Vorschreibungen zu erlassen. Wenn dies doch geschehen sollte, dann wäre die Erweiterung der Zufahrtsstraße als Bedingung in den Baubewilligungsbescheid aufzunehmen. Dies hätte zur Folge, dass der Bescheid ohne Erfüllung dieser Bedingung nicht rechtsgültig werden würde. Sollte kein Bewilligungsbescheid ergehen, so habe der Bauwerber die Möglichkeit, einen Devolutionsantrag an den Gemeinderat als zweite Instanz zu stellen. In der Folge erließ der Bürgermeister der beschwerdeführenden Marktgemeinde den Bescheid vom 1. September 1998, mit dem die beantragte Baubewilligung unter der Bedingung der Errichtung der Zufahrtsverbreiterung erteilt wurde.

Nicht nur auf Grund des eindeutigen Wortlautes der hier zu beurteilenden Nebenbestimmung, sondern auch auf Grund der geschilderten Entstehungsgeschichte ist davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Marktgemeinde mit voller Absicht die Baubewilligung unter der Bedingung der Errichtung der Zufahrtsverbreiterung erteilt hat und nicht, wie von der mitbeteiligten Partei gewünscht, eine Auflage als Nebenbestimmung erlassen wurde. Der Zweck dieser Bedingung war offensichtlich, dass die Gemeinde nicht die Auflage gegenüber dem Inhaber der Bewilligung vollstrecken müsste, weil gegen die Exekution gemäß § 37 der Exekutionsordnung auch von einer dritten Person Widerspruch erhoben werden kann, wenn dieselbe an einem durch die Exekution betroffenen Gegenstand mit Recht behauptet, dass dies die Vornahme der Exekution unzulässig machen würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. November 1981, Zl. 06/0640/80, auf das die belangte Behörde selbst - allerdings in anderem Zusammenhang - hingewiesen hat).

Gemäß § 6 ABGB darf einem Gesetz in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet.

Die Wortinterpretation des Inhaltes des Bescheides vom 1. September 1998 weist eindeutig auf das Vorliegen einer unter einer Bedingung erteilten Baubewilligung hin. Auch der Grund, nämlich die Angabe der mitbeteiligten Partei, dass die Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern noch nicht abgeschlossen werden konnten, sowie die Rechtsauskunft, dass der Bescheid ohne Erfüllung einer Bedingung nicht rechtsgültig werden könnte, lässt die klare Absicht der bescheiderlassenden Behörde erkennen, entgegen dem wiederholt vorgetragenen Wunsch der mitbeteiligten Partei, eine entsprechende Auflage in den Baubewilligungsbescheid aufzunehmen, tatsächlich nur eine Baubewilligung unter einer Bedingung erteilen zu wollen. Aus dem Hinweis der belangten Behörde auf das hg. Erkenntnis vom 19. November 1981, Zl. 06/0640/80, dem ein insofern vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde lag, als dem damaligen Konsenswerber die Errichtung einer Zufahrt mit einer Auflage in einem Baubewilligungsbescheid aufgetragen wurde, ist für die Auslegung des Spruches des Bescheides vom 1. September 1998 nichts zu gewinnen, weil der Umstand, dass eine Gemeinde eine Nebenbestimmung als Auflage auferlegt, keinen zwingenden Rückschluss darauf zulässt, dass eine andere Gemeinde bei der Erteilung der Baubewilligung aus besonderen Gründen eine Bedingung ausgesprochen hat und die Wirksamkeit dieses Verwaltungsaktes von einem ungewissen künftigen Ereignis abhängig machen wollte. Auch das Argument der belangten Behörde, eine Vollstreckung käme bei Vorliegen einer Bedingung nicht in Betracht, was unter Umständen zur Folge hätte, dass dann die Aufrechterhaltung des der Nebenbestimmung entsprechenden Zustandes von der Behörde nicht erzwungen werden könnte, weshalb wohl vom Vorliegen einer Auflage auszugehen sei, verfängt nicht, weil damit der Konsens wegfiele.

Entsprechend dem § 6 ABGB ist daher davon auszugehen, dass tatsächlich eine Bedingung und nicht eine Auflage auferlegt wurde.

Es wäre an der mitbeteiligten Partei gelegen gewesen, sich in einer Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid gegen die dort aufgenommene Bedingung auszusprechen. Da der Baubewilligungsbescheid in Rechtskraft erwachsen ist, bleibt auch kein Raum für die Erörterung der Frage, ob die unter einer Bedingung erteilte Baubewilligung rechtmäßig war.

Es ist unbestritten, dass im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 23. November 1998, mit dem die Fortsetzung der Bauausführung untersagt wurde, die Bedingung, nämlich die Errichtung der Zufahrtsverbreiterung, nicht erfüllt war. Damit war die Baubewilligung noch nicht rechtswirksam (siehe auch Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 6. Auflage, RZ 413/1). Die auf § 41 Abs. 3 Oö. BauO 1994 gestützte Untersagung der Fortsetzung der Bauausführung erfolgte damit zu Recht.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden. Wien, am 9. November 1999

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