VwGH 98/06/0158

VwGH98/06/015828.10.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde 1. der H, 2. des P, 3. der D und 4. des H einerseits sowie 5. der G andererseits, alle in E, alle vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen die Bescheide der Salzburger Landesregierung vom 13. Juli 1998, Zl. 1/02-35.928/14-1998 (betreffend die Erst- bis Viertbeschwerdeführer, die Beschwerde protokolliert zu Zl. 98/06/0158), und vom 14. Juli 1998, Zl. 1/02-35.928/15-1998 (betreffend die Fünftbeschwerdeführerin, die Beschwerde protokolliert zu Zl. 98/06/0159), betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. R Wohnbau Ges.m.b.H. in E;

2. Gemeinde Elsbethen, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13a;
AVG §41 Abs2;
AVG §42 Abs1;
AVG §42 Abs2;
AVG §8;
BauPolG Slbg 1973 §21 Abs3;
BauPolG Slbg 1973 §9 Abs1 litg;
BauRallg;
BauTG Slbg 1976 §34 Abs4;
BauTG Slbg 1976 §34 Abs5;
BauTG Slbg 1976 §39;
BauTG Slbg 1976 §60 idF 1995/012;
BauTG Slbg 1976 §62 Z13;
BauTG Slbg 1976 §62;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs2;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3 idF 1992/099;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs4 idF 1992/099;
ROG Slbg 1992 §29 Abs2 Z4;
ROG Slbg 1992 §29 Abs3;
ROG Slbg 1992 §31 Abs5;
AVG §13a;
AVG §41 Abs2;
AVG §42 Abs1;
AVG §42 Abs2;
AVG §8;
BauPolG Slbg 1973 §21 Abs3;
BauPolG Slbg 1973 §9 Abs1 litg;
BauRallg;
BauTG Slbg 1976 §34 Abs4;
BauTG Slbg 1976 §34 Abs5;
BauTG Slbg 1976 §39;
BauTG Slbg 1976 §60 idF 1995/012;
BauTG Slbg 1976 §62 Z13;
BauTG Slbg 1976 §62;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs2;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3 idF 1992/099;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs4 idF 1992/099;
ROG Slbg 1992 §29 Abs2 Z4;
ROG Slbg 1992 §29 Abs3;
ROG Slbg 1992 §31 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Erst- bis Viertbeschwerdeführer haben dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- je zu einem Viertel binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Fünftbeschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Ansuchen der Erstmitbeteiligten wurde das verfahrensgegenständliche, an einem Hang gelegene Grundstück vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 29. November 1995 zum Bauplatz erklärt. Gemäß dem für das vorliegende Grundstück geltenden Einzelbebauungsplan der Grundstufe wurden drei oberirdische Vollgeschoße samt einem Dachgeschoß für zulässig erklärt. Bezüglich der zulässigen Situierung und Lage des Bauwerks im Bauplatz wurden entsprechend dem Bebauungsplan eine Baufluchtlinie zur F-Straße hin sowie entlang der südlichen und nördlichen Grenze des Baugrundstückes eine Baugrenzlinie und weiters offene Bauweise festgelegt. Die südliche dieser beiden Baugrenzlinien verläuft in einem Abstand von 6,7 m zu der Grenze des Grundstückes der Erst- bis Viertbeschwerdeführer. Die beiden Grundstücke der Fünftbeschwerdeführerin grenzen westlich an das Baugrundstück. Als höchster Punkt des Baues (First) wurde eine Höhe von 4,90 m, die Höhe des obersten Gesimses / der obersten Dachtraufe wurde mit höchstens 2,0 m bestimmt. Als Bezugsebene (EGFOK) wurde 452,33 m absolute Höhe (Lokalhöhe 98.86) und der Bezugspunkt P 1 ist mit 453,47 m absolut angegeben, was der Lokalhöhe 100,00 entspricht.

Über das Ansuchen der Erstmitbeteiligten um Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit drei Wohneinheiten auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück (eingelangt bei der mitbeteiligten Gemeinde im Juli 1995) erfolgte die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung für den 3. Oktober 1995 bzw. für den 6. Februar 1995. In beiden Ladungen zur mündlichen Verhandlung war auf das AVG wie folgt verwiesen: "Rechtsgrundlage: §§ 40 bis 42 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes." Die Beschwerdeführer waren bei beiden Verhandlungen anwesend und haben ein Vorbringen erstattet.

Auf Grund einer Aufforderung der erstinstanzlichen Behörde wurde vom Sachverständigen Dipl.-Ing. Z.K. ein Gutachten über den Nachweis über die Versickerung der Regenwässer auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück (vom Oktober 1995) erstattet.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 25. April 1996 wurde die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhausneubaues, von PKW-Abstellplätzen, Geländeveränderungen sowie Stuckmauern gemäß den dem Bescheid zugrundeliegenden Plänen auf dem näher angeführten Grundstück unter Auflagen erteilt. Die im Bescheid unter Bezugnahme auf die Verhandlungsschrift vom 6. Feber 1996 angeordnete Auflage 35. lautete:

"Das Gutachten des Landesgeologen vom 2.10.1995 bzw.

20.11.1995, das Gutachten des Hr. DI. F... vom 22. August 95 sowie

das Gutachten des Hr. DI. Z... K... vom 16.10.1995 und die darin

enthaltenen Auflagen, Bedingungen und Vorschreibungen sind einzuhalten bzw. zu erfüllen."

Die in den Berufungen der Erst- bis Viertbeschwerdeführer bzw. der Fünftbeschwerdeführerin vorgetragenen Einwendungen wurden mit Bescheid der Gemeindevorstehung der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. August 1996 teils zurück-, teils abgewiesen. Der erstinstanzliche Bescheid wurde mit der Maßgabe bestätigt, dass der beantragte Wintergarten amtlich gestrichen werde (es wird dazu auf die Planänderung des bautechnischen Amtssachverständigen vom 9. Juli 1996 verwiesen). Weiters erfolgten ergänzende Vorschreibungen betreffend das Gutachten des Landesgeologen vom 2. Oktober 1995.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer wurde für die Erst- bis Viertbeschwerdeführer im erstangefochtenen Bescheid und für die Fünftbeschwerdeführerin im zweitangefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidungen wurden im Wesentlichen damit begründet, dass in den zur erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung ergangenen Ladungen auf §§ 40 bis 42 AVG verwiesen worden sei. Hinsichtlich der von den Beschwerdeführern erst in der Berufung bzw. Vorstellung vorgetragenen Einwendungen sei somit Präklusion eingetreten. Der Umstand, dass in der Ladung nicht explizit auf die Präklusionsfolge hingewiesen worden sei, habe keine die Präklusion hindernde Wirkung. Die Beschwerdeführer hätten nachweislich eine persönliche Ladung zur Verhandlung erhalten, seien erschienen und hätten in dieser die Möglichkeit gehabt, Einwendungen vorzubringen. Sie hätten auch Stellung genommen. Der fehlende ausdrückliche Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG sei im Hinblick auf die tatsächliche Teilnahme der Beschwerdeführer an der mündlichen Verhandlung aufgrund der rechtzeitigen, persönlichen Ladung nicht geeignet gewesen, die Präklusionswirkung zu verhindern. Außerdem gehe aus der Verhandlungsschrift vom 6. Februar 1996 hervor, dass die Parteien im Sinne des § 13a AVG belehrt und daher spätestens zu diesem Zeitpunkt nochmals ausdrücklich auf die Präklusionsfolgen hingewiesen worden seien. Bei der Verhandlungsschrift handle es sich um eine öffentliche Urkunde. Die belangte Behörde hätte keinen Grund an der Richtigkeit dieser Urkunde zu zweifeln. Die Manuduktionspflicht der Behörde gemäß § 13a AVG gehe nicht soweit, dass eine Partei vom Verhandlungsleiter ausdrücklich zur Erhebung von Einwendungen und zu deren inhaltlicher Ausgestaltung angeleitet werden müsste.

Im erstangefochtenen Bescheid (betreffend die Erst- bis Viertbeschwerdeführer) ist in der Folge weiters ausgeführt, dass dem Anliegen dieser Beschwerdeführer betreffend die Ableitung der Niederschlagswässer und die Standsicherheit des Bodens durch Auflagen im Bewilligungsbescheid entsprochen worden sei. Von Seiten der Erst- bis Viertbeschwerdeführer sei in der mündlichen Verhandlung am 6. Februar 1996 keine weitere Einwendung erhoben worden. Es seien lediglich Forderungen im Zusammenhang mit der Verwirklichung des vorliegenden Projektes gestellt worden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei dem Begriff der Einwendung die Behauptung einer Rechtsverletzung in Bezug auf ein bestimmtes Recht immanent. Eine Einwendung in diesem Sinne sei aus der Stellungnahme dieser Beschwerdeführer nicht herauszulesen, vielmehr die Zustimmung zum Vorhaben bei Einhaltung des verhandlungsgegenständlichen Projektes. Weite Teile des Inhaltes der Stellungnahme anlässlich der Verhandlung hätten zivilrechtliche Vereinbarungen zum Inhalt und könnten ebenfalls nicht "als (unzulässige, weil auf Privatrechtstitel gestützte) Einwendungen" gedeutet werden. Zusammenfassend könne die belangte Behörde keine Verletzung von Parteienrechten darin erblicken, wenn die Berufungsbehörde jene Einwendungen, welche erstmals im Rahmen der Berufung vorgetragen worden seien, als unbegründet abgewiesen hätte. Im Übrigen werde zu den Ausführungen hinsichtlich der Einhaltung des Mindestabstandes gemäß § 25 Abs. 3

Sbg. Bebauungsgrundlagengesetz Folgendes ausgeführt:

Gemäß § 25 Abs. 2 Sbg. Bebauungsgrundlagengesetz gälten die im § 25 Abs. 3 Sbg. Bebauungsgrundlagengesetz geregelten Mindestabstände nur, soweit nicht durch die im Bebauungsplan festgelegten Bebauungsgrundlagen Bestimmungen über die Lage der Bauten im Bauplatz vorgesehen seien. Im gegenständlichen Fall existiere ein Bebauungsplan, der eine Baugrenzlinie zum Grundstück der Erst- bis Viertbeschwerdeführer von 6,70 m vorsehe. Die Bestimmungen des § 25 Abs. 3 Sbg. Bebauungsgrundlagengesetz kämen daher in diesem Fall nicht zur Anwendung. Eine Verletzung des Rechtes auf Einhaltung des Mindestabstandes liege daher nicht vor.

Im Hinblick auf die Vorstellung der Fünftbeschwerdeführerin wurde im zweitangefochtenen Bescheid in der Folge ausgeführt, dass die Fünftbeschwerdeführerin durch den bekämpften Berufungsbescheid in keinen Parteirechten verletzt worden sei, wenn die Berufungsbehörde jene Einwendungen, die erstmals im Rahmen der Berufung vorgetragen worden seien, als unbegründet abgewiesen habe. Dies betreffe vor allem das Vorbringen, dass ihr Recht auf Einhaltung von Mindestabständen zur Bauplatzgrenze verletzt worden sei. Das Gleiche gelte für das Vorbringen, dass die Veränderung der Höhenlage eines Grundstückes nicht bewilligt werden dürfe, wenn es zu Beeinträchtigungen ihres Grundstückes komme. Was das auf die §§ 60 und 39 Sbg. Bautechnikgesetz i.V.m. § 21 Abs. 3 Sbg. Baupolizeigesetz gestützte Vorbringen betreffend die Veränderung der natürlichen Abflussverhältnisse angehe, sei festzustellen, dass diesbezüglich einem Nachbarn kein subjektiv-öffentliches Recht zukomme. Im Übrigen treffe die im Rahmen der Vorstellung vorgetragene Behauptung der fehlenden Darstellung der Anlagen zur Ableitung von Oberflächenwässern nicht zu. Zum einen sei im Rahmen des Ermittlungsverfahrens eine speziell darauf gerichtete Projektsergänzung gefordert worden (Nachweis über die Versickerung der Regenwässer vom 16. Oktober 1995). Zum anderen sei eine Auflagenvorschreibung in diesem Zusammenhang (Punkt 35. des Bewilligungsbescheides) erfolgt. Das Gleiche gelte für Untersuchungen und Nachweise betreffend die Standsicherheit des Bauplatzes (baugeologische Beurteilungen).

In den dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Beschwerden der Erst- bis Viertbeschwerdeführer einerseits und der Fünftbeschwerdeführerin andererseits wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat in beiden Beschwerdeverfahren eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet und ihre Verwaltungsakten vorgelegt. Die mitbeteiligte Gemeinde hat ihre Akten vorgelegt und verwies im Übrigen auf die Ausführungen der belangten Behörde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

In beiden Beschwerden wird geltend gemacht, dass die belangte Behörde im Hinblick auf das in der Berufung erhobene neue Vorbringen der Beschwerdeführer zu Unrecht Präklusion gemäß § 42 Abs. 1 AVG angenommen habe. Gemäß § 41 Abs. 2 AVG müsse die Verständigung über die Anberaumung der Verhandlung "die für Ladungen vorgeschriebenen Angaben einschließlich des Hinweises auf die gem. § 42 AVG eintretenden Folgen enthalten". Unterbleibe ein solcher Hinweis, so liege keine gesetzeskonforme "Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung" im Sinne des § 42 Abs. 2 AVG vor und könnten somit die Folgen des § 42 Abs. 1 AVG in einem derartigen Fall nicht eintreten.

Gemäß § 41 Abs. 1 AVG in der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen und wird nach Bedarf überdies noch durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung bekannt gemacht. Gemäß § 41 Abs. 2 AVG ist die Verhandlung so anzuberaumen, dass die Teilnehmer rechtzeitig und vorbereitet erscheinen können. Die Verständigung (Kundmachung) über die Anberaumung der Verhandlung hat die für Ladungen vorgeschriebenen Angaben einschließlich des Hinweises auf die gemäß § 42 eintretenden Folgen zu enthalten. Falls für Zwecke der Verhandlung Pläne oder sonstige Behelfe zur Einsicht der Beteiligten aufzulegen sind, ist dies bei der Anberaumung der Verhandlung unter Angabe von Zeit und Ort der Einsichtnahme bekannt zu geben. Wurde eine mündliche Verhandlung durch Anschlag in der Gemeinde oder auch durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung bekannt gemacht, so hat dies gemäß § 42 Abs. 1 AVG zur Folge, dass Einwendungen, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht wurden, keine Berücksichtigung finden und angenommen wird, dass die Beteiligten dem Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilden, zustimmen. Gemäß § 42 Abs. 2 AVG erstreckt sich die in Abs. 1 bezeichnete Rechtsfolge im Fall einer nur durch Verständigung der Beteiligten anberaumten Verhandlung bloß auf die Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlungen erhalten haben.

In den im vorliegenden Fall erfolgten zwei Anberaumungen bzw. Ladungen von mündlichen Verhandlungen im erstinstanzlichen Verfahren erfolgte kein Hinweis auf die gemäß § 42 leg. cit. eintretenden Folgen. Der bloße Hinweis auf die §§ 40 - 42 AVG stellt keinen solchen Hinweis betreffend die Rechtsfolgen im Sinne des § 41 Abs. 2 AVG dar. Daraus ergibt sich nach der hg. Judikatur (vgl. die Erkenntnisse vom 8. Juni 1961, Slg. Nr. 5.586/A, und vom 15. September 1992, Zl. 92/05/0076), dass die Beschwerdeführer nicht gehindert waren, auch nach den mündlichen Verhandlungen gegen das Bauvorhaben Einwendungen zu erheben, über die die Behörde eine Sachentscheidung zu treffen gehabt hätte. Die belangte Behörde ist daher zu Unrecht vom Eintritt der Präklusion im Sinne des § 42 Abs. 2 AVG ausgegangen.

Es erübrigt sich daher auf die Frage näher einzugehen, ob in der mündlichen Verhandlung selbst eine Belehrung dahin gemäß § 13a AVG ergangen ist. Anzumerken ist allerdings, dass auch eine Belehrung in der Verhandlung über die gemäß § 42 AVG eintretenden Folgen den Umstand der Kundmachung einer Ladung bzw. der persönlichen Ladung jeweils ohne einen solchen Hinweis nicht sanieren kann. Eine solche Sanierung dieses Mangels kann aber auch nicht durch den Umstand der tatsächlichen Einlassung in die Sache in der Verhandlung eintreten.

Soweit die Beschwerdeführer in der Berufung subjektiv-öffentliche Nachbarrechte geltend gemacht haben, musste sich die Berufungsbehörde bzw. in der Folge die belangte Behörde mit diesem Vorbringen auseinander setzen. Das Nichtbehandeln von Einwendungen stellt einen Verfahrensmangel dar, dessen Wesentlichkeit im Lichte des tatsächlichen Vorgehens der Behörde und im Lichte des Vorbringens in der Beschwerde dazu zu prüfen ist. Der bloße Umstand, dass zu Unrecht Präklusion angenommen wurde, führt im vorliegenden Fall für sich allein noch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Das von den Erst- bis Viertbeschwerdeführern geltend gemachte Recht auf Einhaltung des Mindestabstandes wurde von der belangten Behörde - wie auch von der Berufungsbehörde - behandelt. Diese Beschwerdeführer sind der Auffassung, dass im vorliegenden Fall nicht bis zu der im Bebauungsplan festgelegten Baugrenzlinie hätte gebaut werden dürfen, sondern auch die Mindestabstandregelung des § 25 Abs. 3 Sbg. Bebauungsgrundlagengesetz eingehalten hätte werden müssen.

Mit diesem Vorbringen sind diese Beschwerdeführer nicht im Recht. Gemäß § 25 Abs. 2 Sbg. Bebauungsgrundlagengesetz, LGBl. Nr. 69/1968 in der Fassung LGBl. Nr. 99/1992 (BGG), gelten, soweit nicht durch die im Bebauungsplan festgelegten Bebauungsgrundlagen Bestimmungen über die Lage der Bauten im Bauplatz vorgesehen sind und soweit nicht durch andere Rechtsvorschriften ein größerer Abstand der Bauten zu den Grenzen des Bauplatzes oder der Bauten zueinander vorgeschrieben ist, hinsichtlich der Lage der Bauten im Bauplatz die nachstehenden Bestimmungen. § 25 Abs. 3 BBG sieht u.a. vor, dass Bauten im Bauplatz so gelegen sein müssen, dass ihre Fronten von den Grenzen des Bauplatzes jeweils einen Mindestabstand im Ausmaß von Dreiviertel ihrer Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe, jedenfalls aber von 4 m haben.

Die angeführten Beschwerdeführer sind nicht im Recht, wenn sie meinen, dass es sich bei der Festlegung der Baugrenzlinie im Sinne des § 31 Abs. 3 Sbg. Raumordnungsgesetz nicht um eine im Bebauungsplan festgelegte Bebauungsgrundlage handelt, die eine Bestimmung über die Lage des Baues im Bauplatz im Sinne des § 25 Abs. 2 BGG vorsieht. Gemäß § 31 Abs. 3 Sbg. Raumordnungsgesetz, LGBl. Nr. 98/1992 (ROG 1992), sind Baugrenzlinien Linien gegenüber anderen Flächen als Verkehrsflächen, die durch oberirdische Bauten nicht überschritten werden dürfen. Gemäß § 31 Abs. 5 ROG 1992 sind Baugrenzlinien so festzulegen, dass die auf den jeweiligen und den benachbarten Bauplätzen bestehenden oder zur Errichtung kommenden Bauten eine ihrem Zweck entsprechende Besonnung und Belichtung erhalten und die dem Aufenthalt von Menschen dienenden Räume soweit wie möglich vor Lärmeinwirkung geschützt sind. Auch aus § 29 Abs. 2 Z. 4 i.V.m. Abs. 3 ROG 1992 ergibt sich, dass es sich bei der Festlegung der Baugrenzlinien um im Bebauungsplan der Aufbaustufe festgelegte Bebauungsgrundlagen handelt. Wenn in den Erläuternden Bemerkungen zu § 25 Abs. 4 BGG in der Fassung der Novelle 1992 (abgedruckt in Hauer, Kommentar zum Salzburger Baurecht2, 411) zu den neu eingeführten Baugrenzlinien ausgeführt wird, dass sie "vornehmlich die Einhaltung größerer Abstände von der rückwärtigen und den seitlichen Bauplatzgrenze bewirken" sollen "als gesetzlich vorgeschrieben", ergibt sich daraus nicht, dass im Lichte des Wortlautes des § 25 Abs. 2 BGG durch festgelegte Baugrenzlinien nicht auch geringere Abstände zur Grundgrenze, als in § 25 Abs. 3 Sbg. Bebauungsgrundlagengesetz vorgesehen, festgelegt werden können. Die belangte Behörde hat die geltend gemachte Mindestabstandsverletzung im Hinblick auf die Erst- bis Viertbeschwerdeführer daher zu Recht als nicht zutreffend erachtet.

Diese Beschwerdeführer berufen sich im Übrigen in der Beschwerde darauf, dass sie in der Vorstellung unter Punkt I.3. die Rüge von "mangelhaften Plan- und Einreichunterlagen" dahingehend erhoben hätten, dass nämlich in den erstinstanzlichen Bauplänen und Einreichunterlagen verschwiegen worden sei, dass das Kellergeschoß das Niveau des gewachsenen Urgeländes soweit überrage, dass es sich dabei um ein weiteres Vollgeschoß handle.

Auch diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu. Gemäß der hg. Judikatur (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 19. März 1974, Slg. Nr. 8579/A) hat der Nachbar zwar kein Recht auf Vorlage vollständiger Unterlagen betreffend das Bauvorhaben, er hat aber ein Recht auf Vorlage jener Unterlagen, die erforderlich sind, damit er seine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte verfolgen kann. Die Erst- bis Viertbeschwerdeführer haben in der Berufung die Einreichunterlagen allerdings nur insofern als mangelhaft erachtet, als es die technischen Maßnahmen zur ordnungsgemäßen, die benachbarten Liegenschaften vor Beeinträchtigungen und Nachteilen schützenden Sammlung und Ableitung der Niederschlagswässer betroffen hat. Abgesehen davon ist in diesem Zusammenhang aber auch festzustellen, dass ein Nachbar im Hinblick darauf, dass in dem Bebauungsplan die Gesamthöhe, die Traufenhöhe und die Höhe des Gebäudes im Hinblick auf die zulässige Anzahl der Geschoße festgelegt werden, ein Recht auf Einhaltung der festgesetzten Traufenhöhe bzw. Gesamthöhe hat, nicht jedoch auch ein Recht auf Einhaltung der im Bebauungsplan vorgeschriebenen Geschoße (vgl. u. a. die hg. Erkenntnisse vom 5. Dezember 1961, Slg. Nr. 5680/A, und vom 20. Mai 1963, Slg. Nr. 6033/A).

Soweit sich die Erst- bis Viertbeschwerdeführer in der Beschwerde auf die mangelnden Unterlagen im Hinblick auf die Anlagen zur Ableitung von Oberflächenwässern auf dem Baugrundstück berufen, sind sie darauf zu verweisen, dass sich aus den Sbg. Bauvorschriften das von ihnen in diesem Zusammenhang geltend gemachte Recht, dass es zu keiner Veränderung der natürlichen Abflussverhältnisse der sich auf einem Baugrundstück ansammelnden oder darüber fließenden Gewässer zum Nachteil eines benachbarten Grundstückes kommen dürfe, nicht gibt.

Wenn die Fünftbeschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Behauptung, dass durch das vorliegende Bauvorhaben die natürlichen Abflussverhältnisse und Versickerungsgegebenheiten auf dem Baugrundstück betreffend Niederschlagswässer unzulässigerweise verändert würden, § 21 Abs. 3 Sbg. Baupolizeigesetz ins Treffen führt, ist ihr entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung dem Nachbarn nur im Zusammenhang mit der Einleitung des in dieser Bestimmung vorgesehenen baupolizeilichen Verfahrens ein Nachbarrecht einräumt.

Soweit von der Fünftbeschwerdeführerin in der Berufung und auch nunmehr in der Beschwerde im Besonderen geltend gemacht wird, dass keine Veränderung der natürlichen Abflussverhältnisse und Versickerungsgegebenheiten betreffend Niederschlagswässer eintreten dürfe, und sich dabei auf § 39 und § 60 Sbg. Bautechnikgesetz beruft, ist ihr zu entgegnen, dass im Hinblick auf das Abfließen atmosphärischer Niederschläge dem Nachbar auch nach den Salzburger baurechtlichen Bestimmungen kein Nachbarrecht eingeräumt ist (vgl. zur Oö BO das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1993, Zl. 93/05/0157). Aber auch aus der Regelung über die Abwasserbeseitigung in § 34 Sbg. Bautechnikgesetz, LGBl. Nr. 75/1976 zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 26/1994 (BauTG), ergibt sich - mit Ausnahme des für Klär-, Sicker- und Senkgruben einzuhaltenden Mindestabstandes gemäß § 34 Abs. 4

Sbg. Bautechnikgesetz und betreffend allfällige Belästigungen durch Fallrohre und zu Abwasseranlagen gehörige Lüftungsrohre gemäß § 34 Abs. 5 Sbg. Bautechnikgesetz - kein Nachbarrecht.

Die Fünftbeschwerdeführerin macht ein vermehrtes Zufließen von Oberflächenwässern auf ihr Grundstück im Hinblick darauf geltend, dass auf dem Baugrundstück die Höhenlage im Sinne des § 60 BauTG verändert wurde.

Gemäß § 60 BauTG in der Fassung LGBl. Nr. 12/1995 darf die Veränderung der Höhenlage eines im Bauland gelegenen oder gleich nutzbaren Grundstückes keine Beeinträchtigung der Nachbargrundstücke oder des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes bewirken. § 60 Sbg. Bautechnikgesetz ist in Verbindung mit der im Rahmen des Bautechnikgesetzes taxativen Aufzählung der Nachbarrechte eine Bestimmung (vgl. § 62 Z. 13), in Bezug auf die dem Nachbar grundsätzlich ein Mitspracherecht eingeräumt ist, ausgenommen hinsichtlich der Interessen des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes.

Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings dazu in seinem hg. Erkenntnis vom 16. März 1995, Zl. 94/06/0040, BauSlg. Nr. 44, ausgesprochen, dass ein Mitspracherecht des Nachbarn bei einer Veränderung der Höhenlage eines Bauvorhabens am Hang nur insofern nicht besteht, als im Zuge der Bauarbeiten Abgrabungen auch unterhalb des projektierten Niveaus stattfänden, um das gleichfalls geplante Haus in den Hang "einzugraben" (Aushub der Baugrube). Die Berufungsbehörde hat sich auch mit dieser Einwendung inhaltlich auseinander gesetzt (S. 45 des Berufungsbescheides) und hat auf das Gutachten von Dipl.-Ing. Z.K. vom 16. Oktober 1995 (über den Nachweis über die Versickerung der Regenwässer auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück) verwiesen und darauf, dass die in diesem Gutachten aufgezeigten baulichen Maßnahmen durch die Baubehörde 1. Instanz mit Bescheid vorgeschrieben worden seien. Die Beschwerdeführer hätten dieses Gutachten nicht entkräften können. Auch die Ausführungen in der Beschwerde in diesem Zusammenhang können diese zutreffenden Überlegungen der Berufungsbehörde nicht in Frage stellen. Der Umstand, dass sich die belangte Behörde in diesem Zusammenhang allein auf die Präklusion gestützt hat, bewirkt somit keinen wesentlichen Verfahrensmangel.

Sofern die Fünftbeschwerdeführerin eine Verletzung im Recht auf Einhaltung der im Bebauungsplan festgelegten Bebauungshöhe geltend macht und sich in diesem Zusammenhang auf die im Bebauungsplan festgelegte Anzahl der Geschoße samt Dachgeschoß beruft, ist sie darauf - wie schon die Erst- bis Viertbeschwerdeführer - zu verweisen, dass in dem Falle, dass die zulässige Gebäudehöhe festgesetzt wird und daneben auch die zulässige Anzahl von Geschoßen bestimmt wird, dem Nachbarn ein Mitspracherecht nur im Hinblick auf die Einhaltung der festgesetzten Gebäudehöhe im Hinblick auf die ihm zugekehrte Front hat (vgl. die bereits dazu zitierte hg. Judikatur).

Im Hinblick auf die auch von der Fünftbeschwerdeführerin vorgetragene Mangelhaftigkeit der Einreichunterlagen kann auf die entsprechenden Ausführungen zu dem Vorbringen der Erst- bis Viertbeschwerdeführer verwiesen werden.

Obwohl die belangte Behörde - wie die Berufungsbehörde - zu Unrecht Präklusion angenommen hat, wurden die Beschwerdeführer dadurch nicht in ihren Rechten verletzt, da sich die Berufungsbehörde bzw. die belangte Behörde teils dennoch mit den in der Berufung erhobenen Einwänden befasst hat bzw. das von den Beschwerdeführern in den Beschwerden in diesem Zusammenhang angeführte Vorbringen keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte betraf bzw. die Nichtbehandlung von Einwendungen durch die belangte Behörde keinen wesentlichen Verfahrensmangel darstellte.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Oktober 1999

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