Normen
ABGB §1002;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
BAO §103 Abs2;
BAO §83 Abs1;
BAO §83 Abs2;
BAO §97 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
WTBO §33 Abs1 litc;
ABGB §1002;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
BAO §103 Abs2;
BAO §83 Abs1;
BAO §83 Abs2;
BAO §97 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
WTBO §33 Abs1 litc;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 16. August 1995 beantragte die Beschwerdeführerin die Erstattung von Vorsteuerbeträgen. Auf der Eingabe ist die S-GmbH, eine Wirtschaftstreuhandgesellschaft, als ihre steuerliche Vertreterin ausgewiesen.
Gegen den Bescheid, mit welchem der Antrag der Beschwerdeführerin abgewiesen worden war, brachte die S-GmbH im Namen der Beschwerdeführerin die Berufung von 13. Mai 1996 ein. Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung stellte die S-GmbH für die Beschwerdeführerin den Antrag vom 3. Dezember 1996 auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Die schriftliche Vollmacht, welche die Beschwerdeführerin der S-GmbH erteilt hatte, wurde dem Finanzamt am 28. Jänner 1997 vorgelegt.
Im Verwaltungsakt findet sich ein mit 20. Juni 1997 datierter Aktenvermerk, in welchem ausgeführt wird, dass Frau Mag. M - diese ist beeidete Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin - bei der belangten Behörde angerufen und über die Übernahme der Vollmacht der Beschwerdeführerin informiert habe. Frau Mag. M habe ersucht, "im Sommer zu einer Erörterung des Falles vorbeikommen zu können."
Mit Schreiben vom 25. Juni 1997 teilte die S-GmbH dem Finanzamt auf dessen Anfrage mit, dass sie die Vollmacht für die Beschwerdeführerin zurückgelegt habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. Juni 1997 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie stellte die Entscheidung an Frau Mag. M als Vertreterin der Beschwerdeführerin zu, und zwar am 30. Juni 1997.
Frau Mag. M richtete im Namen der Beschwerdeführerin die Eingabe vom 24. Juli 1997 an die belangte Behörde. Mit dieser Eingabe wurde das Berufungsvorbringen ergänzt. Als Beilage zu dieser Eingabe wurde der belangten Behörde (erstmalig) die (mit 17. Juni 1997 datierte) schriftliche Vollmacht vorgelegt, welche die Beschwerdeführerin Frau Mag. M erteilt hatte.
In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird vorgebracht, der angefochtene Bescheid sei nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Die Zustellung sei an Frau Mag. M erfolgt. Der belangten Behörde gegenüber sei Frau Mag. M jedoch zum damaligen Zeitpunkt nicht als bevollmächtigter Vertreter namhaft gemacht gewesen. Frau Mag. M habe in einem Telefonat mit der belangten Behörde einen Vollmachtswechsel lediglich in Aussicht gestellt. Sie habe angekündigt, allenfalls die Vollmacht mit einem ergänzenden Schriftsatz vorzulegen. Dazu sei es nicht mehr gekommen, weil der angefochtene Bescheid sofort (rechtsirrig) an Frau Mag. M zugestellt worden sei. "Vorsichtshalber wird die Beschwerde aber ausgeführt, als ob der Bescheid gültig zugestellt worden wäre."
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und führt in ihrer Gegenschrift aus, Frau Mag. M habe mit dem Telefonat vom 20. Juni 1997 nicht bloß einen Vollmachtswechsel in Aussicht gestellt, sondern im Namen der Beschwerdeführerin um die Anberaumung eines Vorsprachetermins für die mündliche Erörterung des Falles ersucht. Dieses Einschreiten von Frau Mag. M könne nur als schlüssige und uneingeschränkte fernmündliche Berufung auf eine bereits erteilte Vollmacht iSd § 33 Abs. 1 lit. c WTBO verstanden werden. Wie sich später herausgestellt habe, sei die Vollmachtsurkunde mit 17. Juni 1997 datiert; sie sei der belangten Behörde als Beilage zur Berufungsergänzung vorgelegt worden. Um einem telefonischen Einschreiten eines berufsmäßigen Parteienvertreters für einen Klienten die intendierte rechtliche Relevanz zumessen zu können, sei von einer Bevollmächtigung auszugehen, wenn sich später herausstelle, dass im Zeitpunkt des Einschreitens bereits eine Vollmacht vorgelegen sei. Eine abweichende Beurteilung hätte die realitätsferne und formalistische Konsequenz, dass jegliches telefonische oder mündliche Vorbringen von berufsmäßigen Parteienvertretern vor Behörden ohne vorherige Verwendung bestimmter Formeln (wie zB "Unter Berufung auf die mir nach § 33 Ab. 1 lit. c WTBO erteilte Bevollmächtigung") erst mit der schriftlichen Bestätigung wirksam würde. Die belangte Behörde gehe sohin von einer rechtswirksamen Zustellung am 30. Juni 1997 aus.
Im Zusammenhang mit der Bevollmächtigung ist zwischen dem Auftrag im Innenverhältnis und der Vollmacht im Außenverhältnis zu unterscheiden. Durch die Vollmacht wird dem Bevollmächtigten ein rechtliches "Können" eingeräumt; die Vollmachtserteilung erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Durch die Berufung auf die Vollmacht (etwa iSd § 33 Abs. 1 lit. c WTBO) gegenüber der Behörde oder durch die Vorlage der Vollmachtsurkunde an die Behörde wird die Vollmacht nach außen wirksam. Die Bestellung des Vertreters wird daher erst mit der Vorlage der Vollmachtsurkunde oder mit der mündlichen Erteilung der Vollmacht der Behörde gegenüber oder mit der Berufung auf die Vollmacht gegenüber der Behörde wirksam (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 818). Dies ungeachtet des Umstandes, dass das Bevollmächtigungsverhältnis (im Innenverhältnis) schon vor der Vorlage der Vollmacht bestanden haben kann. Solange die Bevollmächtigung der Behörde gegenüber nicht zum Ausdruck gebracht worden ist, bleibt ihre Wirkung auf das Innenverhältnis beschränkt (vgl. Stoll, aaO).
Beruft sich ein Parteienvertreter auf eine ihm erteilte Vollmacht, so ist für den Umfang der Vertretungsbefugnis seine Behauptung maßgebend (vgl. Ritz, BAO-Kommentar2, § 83 Tz 12).
Im gegenständlichen Fall wird in der Beschwerde behauptet, Frau Mag. M habe beim Telefonat vom 20. Juni 1997 lediglich in Aussicht gestellt, dass sie sich auf eine Vollmacht berufen werde. Nach der Behauptung der belangten Behörde habe Frau Mag. M im Namen der Beschwerdeführerin um die Anberaumung eines Vorsprachetermins für die mündliche Erörterung des Falles ersucht; damit will die belangte Behörde dartun, dass sich Frau Mag. M auf die Vollmacht berufen habe.
Im gegenständlichen Fall kann es aus nachstehend genannten Gründen auf sich beruhen, ob sich Frau Mag. M der Behörde gegenüber auf eine Vollmacht berufen hat. Es kann auch unerörtert bleiben, ob eine telefonische Berufung auf die Bevollmächtigung überhaupt Rechtswirkungen entfalten (gegen eine solche Wirkung Ritz, BAO-Kommentar2, § 83 Tz 10).
Gemäß § 103 Abs. 2 BAO ist eine Zustellbevollmächtigung Abgabenbehörden gegenüber unwirksam, wenn sie sich nicht auf alle dem Vollmachtgeber zugedachten Erledigungen erstreckt, die im Zuge eines Verfahrens ergehen oder Abgaben betreffen, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 BAO zusammengefasst verbucht wird. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Beschlüsse vom 15. Dezember 1994, 94/15/0110, vom 17. September 1997, 97/13/0014, und vom 28. Jänner 1998, 95/13/0273) hat die Abgabenbehörde in den Fällen des § 103 Abs. 2 BAO die Zustellung nur dann an einen (gewillkürten) Vertreter vorzunehmen, wenn dieser die ausdrückliche Erklärung abgibt, dass ihm alle dem Vollmachtgeber zugedachten Erledigungen zuzustellen sind, die im Zuge eines Verfahrens ergehen oder Abgaben betreffen, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 BAO zusammengefasst verbucht wird.
Selbst aus der Sachverhaltsbehauptung der belangten Behörde ergibt sich nicht, dass sich Frau Mag. M nicht nur auf die Vollmacht zur Vornahme einer bestimmten Prozesshandlung berufen hätte, sondern auf alle Erledigungen iSd § 103 Abs. 2 BAO. Solches ergibt sich auch nicht aus dem Aktenvermerk vom 20. Juni 1997. Daraus folgt aber, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid an Frau Mag. M zugestellt hat, obwohl auf Grund der Bestimmung des § 103 Abs. 2 BAO eine wirksame Zustellvollmacht jedenfalls nicht vorgelegen hat.
Es wird im Übrigen von der belangten Behörde auch in keiner Weise eine solche ausdrückliche Erklärung zur Zustellungsbevollmächtigung behauptet, wie sie von der hg. Rechtsprechung zu § 103 Abs. 2 BAO verlangt wird.
Dem Beschwerdevorbringen entsprechend ist sohin davon auszugehen, dass dem angefochtenen Bescheid in Wahrheit mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe iSd § 97 Abs. 1 BAO Bescheidcharakter nicht zukommt.
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Da aber der angefochtenen Erledigung der belangten Behörde Bescheidcharakter nicht zukommt, fehlt es an einer Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Bescheidbeschwerde (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 340, zitierte hg. Rechtsprechung).
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 24. Juni 1999
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