Normen
AVG §38;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §5 Abs2;
AVG §38;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §5 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 9. Mai 1995 beantragte der Beschwerdeführer, ihm für die Errichtung einer Holzhütte und einer Voliere zur Züchtung von Wildhühnern die Bewilligung zur Rodung einer Waldfläche von 800 m2 auf näher bezeichneten Grundstücken zu erteilen. Er beabsichtige, Steinhühner, Birkhühner und Haselhühner zu züchten; die Junghühner sollten an andere Züchter abgegeben werden.
Nach Einholung einer Stellungnahme des Landesjagdverbandes und von Befund und Gutachten eines Amtssachverständigen für Forstwirtschaft wies die BH den Rodungsantrag ab. Begründend wurde dargelegt, durch die Züchtung von Wildhühnern werde nicht zur Arterhaltung beigetragen. Die Vermehrung einer bestimmten Wildart könne in erster Linie durch Verbesserung des Lebensraumes erzielt werden. Eine Züchtung und anschließende Auswilderung der gebietsweise rückläufigen Bestände an Wald- und Feldhühnern sei nicht sinnvoll. An der Züchtung zum Zweck der Abgabe von Junghühnern an andere Züchter bzw. für die Teilnahme an Ausstellungen bestehe nur ein privates Interesse. Ein öffentliches Interesse an der Rodung liege somit nicht vor.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung mit der Begründung, seitens des Waldanrainers und der Gemeinde bestünden keine Bedenken. Es bestehe sehr wohl ein öffentliches Interesse, weil beabsichtigt sei, die Tiere auszustellen und zur Arterhaltung beizutragen.
Der Landeshauptmann von Niederösterreich holte ein forst- und jagdfachliches, ein veterinärfachliches und ein fremdenverkehrswirtschaftliches Gutachten ein.
Der Sachverständige für Forst- und Jagdwirtschaft führte aus, die beabsichtigte Rodung solle im Nordwesten einer Waldparzelle mit einem Gesamtausmaß von 4294 m2 ein Flächenausmaß von 800 m2 umfassen. Diese Teilfläche stelle derzeit nach Schlägerung des darauf stockenden Bestandes eine Blöße dar. Teilweise sei mit Tanne, Weißkiefer und Fichte aufgeforstet worden. Vereinzelt finde sich Laubholznaturverjüngung. Im Nordwesten finde sich eine konsenslos errichtete Holzhütte mit einer Grundfläche von 2 x 3 m. Im Süden grenze die Fläche an Wald an. Die Waldausstattung der Gemeinde betrage 48,1 %, die Waldflächenbilanz sei negativ. Die betroffene Waldfläche liege in einer Funktionsfläche mit den Funktionskennziffern 111 nach dem Waldentwicklungsplan. Nach Aussagen des Beschwerdeführers sollten Wald- und Feldhühner gezüchtet und sodann an Züchter bzw. die Jägerschaft verkauft sowie einmal im Jahr bei Ausstellungen des Kleintierzüchterverbandes der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Es sei unbestritten, daß die Populationsdichte der Wildhühner, deren Züchtung beabsichtigt sei, infolge zunehmender Biotopverluste bzw. starker Biotopbeeinträchtigungen zurückgegangen sei. Seit einigen Jahren würden seitens der Forst- und Jagdwirtschaft verschiedenste Projekte durchgeführt, die zu einem Populationsanstieg bzw. zumindest zum Beibehalten der derzeitigen Populationsdichte beitragen sollten. Dabei habe sich immer wieder gezeigt, daß der einzige erfolgversprechende Weg darin liege, gezielt geeignete Biotopverhältnisse zu schützen bzw. zu schaffen. Das Aussetzen von gezüchteten Tieren habe sich bisher nicht bewährt. Aus jagdfachlicher Sicht bestehe daher kein öffentliches Interesse an der Anlage der geplanten Voliere. Sollte ein anderweitiges öffentliches Interesse an der Rodung bestehen, so sei aus forstfachlicher Sicht anzumerken, daß auf Grund der hohen Waldausstattung sowie der geringen überwirtschaftlichen Wertigkeit der betroffenen Fläche zunächst keine Bedenken gegen die Rodung bestünden. Es wäre jedoch zu prüfen, ob dafür Waldboden überhaupt in Anspruch genommen werden müsse.
Der veterinärfachliche Sachverständige führte aus, die Zucht und Haltung von Hühnern, die nicht in der Produktion von Eiern und Fleisch Verwendung fänden, sei im Sinne der Erhaltung der Artenvielfalt sinnvoll. Das vom Beschwerdeführer bezeichnete Waldgrundstück sei für die beabsichtigte Verwendung geeignet. Der gleiche Zweck könnte aber auch auf anderen, beispielsweise landwirtschaftlichen, Flächen erreicht werden. Das für die Entwicklung der Tiere förderliche Klima könne auch in herkömmlichen Stallungen und Volieren aufrechterhalten werden. Durch entsprechende Abschirmung könne gewährleistet werden, daß die Hühner ungestört brüten können.
Der Sachverständige für Fremdenverkehrswirtschaft führte aus, aus der Sicht des Tourismus hätte der Bau der Voliere weder ins Gewicht fallende negative Auswirkungen (abgesehen von Geruchsbelästigungen) noch wirklich positive Auswirkungen, weil eine Vogelzucht von Wildhühnern wohl kaum zusätzliche Nächtigungen induzieren würde.
Der Beschwerdeführer legte dar, er könne die geplante Zucht nirgendwo anders einrichten. Zu dem in Rede stehenden Grundstück gebe es eine Zufahrt, es liege in einem zersiedelten Gebiet und nicht mitten im Wald. Es handle sich um Waldtiere, die im Wald oder am Waldrand gehalten werden sollten. Innerhalb einer Siedlung wäre die Haltung solcher Hühner Tierquälerei. Die Tiere würden fehlgeprägt werden.
Mit Bescheid vom 22. März 1996 wies der Landeshauptmann von Niederösterreich den Rodungsantrag ab. Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges dargelegt, es sei davon auszugehen, daß die Aufzucht der Wildhühner zu deren Arterhaltung im öffentlichen Interesse gelegen sei. Das Vorhaben könne aber auch ohne Inanspruchnahme von Waldgrund verwirklicht werden, weil der gleiche Zweck auch auf landwirtschaftlichen Flächen erreicht werden könne. Ungeachtet der hohen Waldausstattung sowie der geringen überwirtschaftlichen Wertigkeit der betroffenen Fläche könne die Rodung nicht bewilligt werden, weil die Inanspruchnahme von Waldgrund nur subsidiär erfolgen dürfe.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er seinen Standpunkt wiederholte.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend wurde unter Hinweis auf den Verfahrensgang und die Rechtslage dargelegt, der Landeshauptmann habe zutreffend festgestellt, daß das Vorhaben auch ohne Inanspruchnahme von Waldboden verwirklicht werden könne. Es sei daher davon auszugehen, daß dem forstgesetzlich verankerten Grundsatz der Walderhaltung der Vorrang einzuräumen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 (ForstG) ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten. Unbeschadet der Bestimmung des Abs. 1 kann die gemäß § 19 Abs. 1 zuständige Behörde gemäß § 17 Abs. 2 eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt. Gemäß § 17 Abs. 3 leg. cit. sind öffentliche Interessen im Sinn des Abs. 2 insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- und öffentlichen Straßenverkehr, im Post- und öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung sowie im Siedlungswesen. Gemäß § 17 Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde bei Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinn des Abs. 2 insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage der Waldeigenschaft des Grundstückes eine für die Entscheidung der Forstbehörde in der Frage, ob die beantragte Rodung dieses Grundstückes bewilligt werden kann, präjudizielle Rechtsfrage, über welche dieselbe Behörde in einem anderen Verfahren (§ 5 ForstG) als Hauptfrage zu entscheiden hat, somit eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1995, Zl. 91/10/0082, und die hier zitierte Vorjudikatur). Gemäß § 5 Abs. 1 ForstG hat die Behörde, wenn Zweifel bestehen, ob eine Grundfläche Wald ist, von Amts wegen oder auf Antrag eines gemäß § 19 Abs. 2 Berechtigten ein Feststellungsverfahren durchzuführen. Gemäß § 5 Abs. 2 ForstG hat die Behörde, wenn sie feststellt, daß die Grundfläche zum Zeitpunkt der Antragstellung oder innerhalb der vorangegangenen 15 Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes war, mit Bescheid auszusprechen, ob es sich bei dieser Grundfläche um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt. Weist der Antragsteller nach, daß a) die Voraussetzungen des ersten Satzes nicht zutreffen oder b) eine Rodungsbewilligung erteilt wurde oder c) die Behörde aus einem anderen Anlaß festgestellt hat, daß es sich nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt, und ist inzwischen keine Neubewaldung erfolgt, so hat die Behörde mit Bescheid auszusprechen, daß es sich bei dieser Grundfläche nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt.
Die Beschwerde macht geltend, die Qualifikation der in Rede stehenden Fläche als Wald sei "nicht von vornherein klar". Es handle sich um eine 800 m2 umfassende Teilfläche eines Grundstückes von 4294 m2, das der Beschwerdeführer im Jahre 1985 erworben habe. Schon zum Zeitpunkt des Kaufes seien nur 3500 m2 des Grundstückes bestockt gewesen, während die in Rede stehende Fläche keinen bzw. nur sehr spärlichen Bewuchs aufgewiesen habe. Die Fläche sei somit weder im Zeitpunkt des Ankaufes noch "in der jüngeren Zeit davor" eine im Sinne des § 1 Abs. 1 ForstG bestockte Fläche mit der dort vorausgesetzten Mindestgröße gewesen. Es hätten somit konkrete Zweifel an der Waldeigenschaft der Fläche bestanden; die Behörde hätte ein Waldfeststellungsverfahren einleiten müssen.
Damit zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit auf. Der Beschwerdeführer hatte weder im Rodungsantrag noch sonst im Verwaltungsverfahren die Waldeigenschaft der in Rede stehenden Fläche in Zweifel gezogen. Auch angesichts der Ergebnisse des Verwaltungsverfahrens mußten bei der Behörde keine Zweifel an der Waldeigenschaft entstehen.Im Hinblick auf die vom angefochtenen Bescheid übernommenen Feststellungen der zweiten Instanz, wonach die einen Teil eines Waldkomplexes von mehr als 4000 m2 bildende Fläche von 800 m2 nach Schlägerung des darauf stockenden Bestandes eine teilweise wiederaufgeforstete Blöße darstelle, wird mit der Behauptung, daß im Jahre 1985 kein bzw. nur spärlicher Bewuchs vorhanden gewesen sei und die Fläche das in § 1 Abs. 1 ForstG genannte Ausmaß von 1000 m2 nicht erreiche, kein Grund aufgezeigt, die Annahme der Waldeigenschaft in Zweifel zu ziehen. In diesem Zusammenhang genügt es, in der Frage der Bestockung der Fläche mit forstlichem Bewuchs auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 1993, Zl. 90/10/0047, und vom 19. Dezember 1994, Zl. 91/10/0177, in der Frage der Berechnung des Beobachtungszeitraumes nach § 5 Abs. 2 ForstG auf das Erkenntnis vom 13. Dezember 1995, Zl. 91/10/0082, und in der Frage des Zusammenhanges der zu beurteilenden Fläche mit anderen (Wald)Flächen auf die Erkenntnisse vom 20. Juni 1994, Slg. 14.072/A, und vom 2. April 1998, Zl. 97/10/0244, jeweils mwN, zu verweisen.
Auch der Vorwurf, der Beschwerdeführer sei nicht angeleitet worden, einen Antrag auf Feststellung der (Nicht-)Waldeigenschaft nach § 5 Abs. 2 ForstG zu stellen, ist nicht zielführend. Die Belehrungspflicht der Behörde nach § 13a AVG ist auf verfahrensrechtliche Angelegenheiten eingeschränkt; sie bezieht sich nicht auf die Belehrung in der Sache selbst (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 14. Juni 1993, Zl. 90/10/0100).
Die Beschwerde macht weiters Begründungsmängel im Zusammenhang mit der nach § 17 Abs. 2 ForstG vorzunehmenden Interessenabwägung geltend. Die belangte Behörde habe es unterlassen, die Waldausstattung und die Tatsachen näher zu beschreiben, die das Interesse an der Walderhaltung ausmachen. Die belangte Behörde habe nicht darauf Bedacht genommen, daß es sich um eine nahezu unbestockte Blöße handle, die sich nicht im "unmittelbaren Waldbereich" befinde und in deren Nähe Gebäude lägen. Für die Durchführung der geplanten Maßnahmen müßten keine Bäume gefällt werden. Weiters sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, daß keiner der Gutachter ernstliche Bedenken gegen die geplanten Maßnahmen geäußert hätte bzw. "ein öffentliches Interesse aufgrund der Arterhaltung ausdrücklich bejaht wurde".
Auch diese Darlegungen können keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. § 17 Abs. 2 ForstG trägt der Behörde die Abwägung des öffentlichen Interesses an der Walderhaltung gegen das öffentliche Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche als zur Waldkultur auf. Zunächst hat die Behörde somit zu prüfen, ob überhaupt ein öffentliches Interesse an der begehrten anderen Verwendung des Waldbodens besteht; nur dann kommt - denknotwendig - ein Überwiegen solcher Interesse über jene an der Walderhaltung in Betracht. Liegt jedoch ein im Sinne des § 17 Abs. 2 und 3 ForstG zu beachtendes öffentliches Interesse an der beantragten anderweitigen Nutzung von Waldboden nicht vor, erübrigt sich eine Interessenabwägung und somit auch die Auseinandersetzung mit jenen Tatsachen, die das öffentliche Interesse an der Walderhaltung begründen. Ebenso verhält es sich, wenn die Inanspruchnahme von Waldboden für die Verwirklichung des Vorhabens nicht oder nur im geringeren Ausmaß als beantragt erforderlich ist (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 30. Mai 1994, Zl. 92/10/0458).
Die Beschwerde unternimmt keinen Versuch, die Auffassung der belangten Behörde zu entkräften, wonach für die Verwirklichung des Vorhabens die Inanspruchnahme von Waldboden nicht erforderlich ist. Davon ausgehend war die von der Beschwerde vermißte Auseinandersetzung mit den Grundlagen des Walderhaltungsinteresses und allfälliger anderweitiger öffentlicher Interessen im Beschwerdefall nicht erforderlich.
Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor; die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. März 1999
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