VwGH 96/08/0092

VwGH96/08/009216.2.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des J in P, vertreten durch Dr. Johann Grasch, Rechtsanwalt in 8430 Leibnitz, Schmiedgasse 30, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 7. Dezember 1995, Zl. LA 2/7022/B - Dr. Puy/Fe, betreffend Anspruch auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §36 Abs1;
AlVG 1977 §36 Abs2;
AlVG 1977 §36 Abs3 lita idF 1993/817;
AlVG 1977 §36 Abs3 lita;
AlVG 1977 §36 Abs3 litc;
AlVG 1977 §36 Abs3 litf idF 1993/817;
NotstandshilfeV §5 Abs1;
NotstandshilfeV §5 Abs5 idF 1993/924;
AlVG 1977 §36 Abs1;
AlVG 1977 §36 Abs2;
AlVG 1977 §36 Abs3 lita idF 1993/817;
AlVG 1977 §36 Abs3 lita;
AlVG 1977 §36 Abs3 litc;
AlVG 1977 §36 Abs3 litf idF 1993/817;
NotstandshilfeV §5 Abs1;
NotstandshilfeV §5 Abs5 idF 1993/924;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in Beschwerde gezogenen, angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde - in teilweiser Stattgebung der Berufung des Beschwerdeführers - den erstinstanzlichen Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Deutschlandsberg vom 24. Mai 1995 dahingehend abgeändert, dass "die rückwirkende Einstellung der Notstandshilfe mit 1.1.1994 zu erfolgen" habe. Nach Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 24 Abs. 1 in Verbindung mit 38 AlVG, sowie die §§ 33 Abs. 2 lit. c und 36 AlVG stellt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides fest, dass der Beschwerdeführer seit 16. Jänner 1991 im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung - zunächst des Arbeitslosengeldes und seit 27. Oktober 1991 der Notstandshilfe - gestanden sei. Die Notstandshilfe sei dem Beschwerdeführer "unter Anrechnung des Einkommens (der) Gattin (und unter Berücksichtigung von Kreditrückzahlungen, die Sie, wie Sie angegeben hatten, für den Hausbau bzw. Ihre Wohnraumbeschaffung aufgenommen hatten) gewährt" worden. Ein eigenes Einkommen, wie z.B. aus Vermietung, habe der Beschwerdeführer in seinen Anträgen immer verneint, ausgenommen im letzten Antrag vom 24. April 1995, in welchem er Einkommen aus Vermietung in der Höhe von S 5.700,-- angegeben habe. In weiterer Folge habe er nachgewiesen, dass er seit 1. Dezember 1993 an näher bezeichnete Personen eine Wohnung mit einer Nutzfläche von 160 m2 mit einem monatlichen Mietzins von S 6.300,-- (wozu auch die Mehrwertsteuer, ein Heizkostenanteil und ein solcher für Warmwasser komme) vermietet und den "Zins" auch ab Dezember 1993 erhalten habe. Die regionale Geschäftsstelle habe daher errechnet, dass aufgrund dieses Einkommens ab 1. Dezember 1993 Notlage nicht mehr gegeben sei, habe mit Bescheid vom 24. Mai 1995 den Bezug rückwirkend mit 1. Dezember 1993 eingestellt bzw. ausgesprochen, dass ein Anspruch auf diese Leistung nicht mehr gegeben gewesen sei. In der Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass der Ausbau der Wohnung im Obergeschoß unter der Überlegung vorgenommen worden sei, daraus in späteren Jahren Einkünfte aus Vermietung zu erzielen, dass die Ausbaukosten insgesamt S 1,5 Mio betragen hätten, die Finanzierung über eine Bank erfolgt sei, der Mieter mit der Miete zum Teil im Rückstand sei und die Aufwendungen 1994 zu einem Negativsaldo geführt hätten.

Die belangte Behörde entgegnet diesen Argumenten, dass die vom Beschwerdeführer aufgenommenen Kredite, die als Zurückzahlung der Schulden verwendet würden, nichts daran änderten, dass "die Mieteinnahmen tatsächlich zur Verfügung stehen (und (vom Beschwerdeführer) für welchen Zweck auch immer, verwendet werden können)", weshalb die Nettomiete von S 6.300,-- als Einkommen zu werten sei. Bei Anrechnung von S 6.300,-- monatlich oder S 207,10 täglich auf die zuerkannte Notstandshilfe von S 169,20 täglich, ergebe sich, dass keine Leistung mehr zur Auszahlung hätte gelangen können und Notlage im Sinne des Gesetzes zu verneinen gewesen sei. Es sei daher eine rückwirkende Einstellung der Notstandshilfe ab 1. Jänner 1994 vorzunehmen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrgkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Voraussetzung für die Zuerkennung von Notstandshilfe im fraglichen Zeitraum ab 1. Jänner 1994 (zur Zeitraumbezogenheit der diesbezüglichen Beurteilung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vgl. die Erkenntnisse vom 16. November 1993, Zl. 92/08/0187, vom 5. September 1998, Zl. 95/08/0106, und vom heutigen Tage, Zl. 96/08/0161) war gemäß § 33 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 lit. c und Abs. 3 AlVG das Vorliegen von Notlage.

Gemäß § 36 Abs. 1 und 2 AlVG sind über das Ausmaß der Notstandshilfe Richtlinien (damals) des Bundesministers für soziale Verwaltung zu erlassen. Bei Erlassung dieser Richtlinien waren die in § 36 Abs. 3 lit. a AlVG, in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 817/1993, normierten Grundsätze anzuwenden. Gemäß § 36 Abs. 3 lit. A sublit. c AlVG war danach das "sonstige Einkommen des Arbeitslosen" nach Abzug des zur Erzielung des Einkommens notwendigen Aufwandes auf die Notstandshilfe anzurechnen. Gemäß § 36 Abs. 3 lit. A sublit. f AlVG war bei der Ermittlung des Einkommens aus Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 2, 3 und 5 bis 7 EStG 1988 vom Gesamtbetrag der Einkünfte die darauf entfallende Einkommensteuer abzuziehen.

§ 5 der Notstandshilfeverordnung, BGBl. Nr. 352/1973 in der am 31.12.1993 in Kraft getretenen, hier anzuwendenden Fassung der Verordnung BGBl. Nr. 924/1993, lautete:

"Anrechnung von Einkommen

A. Anrechnung des Einkommens des Arbeitslosen

§ 5. (1) Das Einkommen des Arbeitslosen, das er innerhalb eines Monates erzielt, ist nach Abzug der Steuern und sozialen Abgaben sowie des zur Erwerbung dieser Einkommen notwendigen Aufwandes auf die Notstandshilfe, die im Folgemonat gebührt, unter Bedachtnahme auf die folgenden Bestimmungen anzurechnen. Eine Anrechnung von Einkommen aus einer Beschäftigung, ausgenommen nach Abs. 2, sowie von Einkommen gemäß § 6 Abs. 6 findet nicht statt.

(2) Das Einkommen des Arbeitslosen, das er innerhalb eines Monates aus einer vorübergehenden Beschäftigung erzielt, ist, soweit es den im § 5 Abs. 2 lit. c des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes angeführten Betrag übersteigt, zur Hälfte anzurechnen. § 12 Abs. 3 lit. a AlVG 1977 bleibt dadurch unberührt. Als vorübergehende Beschäftigung gilt eine Arbeit, die für einen kürzeren Zeitraum als für eine Woche vereinbart wurde.

(3) Die im § 3 angeführten Leistungen, Renten, Zulagen und Beihilfen sind nach Maßgabe der Bestimmungen des § 3 außer Betracht zu lassen. Die übrigen Leistungen nach dem Opferfürsorgegesetz, dem Kriegsopferversorgungsgesetz und dem Heeresversorgungsgesetz sowie die Versehrtenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung sind zur Hälfte anzurechnen.

(4) Bei der Ermittlung des Einkommens aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb ist § 140 Abs. 5 bis 9 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes sinngemäß anzuwenden.

(5) Bei der Ermittlung des Einkommens aus Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 2, 3 und 5 bis 7 EStG 1988 ist vom Gesamtbetrag der Einkünfte die darauf entfallende Einkommensteuer abzuziehen.

(6) Sachbezüge sind mit dem entsprechenden Geldwert zu veranschlagen."

Die Notstandshilfeverordnung sah somit - in Übereinstimmung mit den genannten gesetzlichen Vorgaben - vor, dass das Einkommen des Arbeitslosen, das er innerhalb eines Monates erzielt, nach Abzug der Steuern und sozialen Abgaben sowie des zur Erwerbung dieser Einkommen notwendigen Aufwandes auf die Notstandshilfe, die im Folgemonat gebührt, unter Bedachtnahme auf die folgenden Bestimmungen anzurechnen ist, wobei bei der Ermittlung des Einkommens aus Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 2, 3 und 5 bis 7 EStG 1988 vom Gesamtbetrag der Einkünfte die darauf entfallende Einkommensteuer abzuziehen war.

Der Beschwerdeführer bezog im fraglichen Zeitraum Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sohin Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 6 EStG 1988, sodass die belangte Behörde sowohl die Verpflichtung hatte, die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen anhand dieses rechtlichen Maßstabes zu prüfen als auch - gegebenenfalls - die entrichtete Einkommensteuer davon in Abzug zu bringen (in diesem Sinne betreffend Mieteinkünfte vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1992, Slg. Nr. 13659/A, bei vergleichbarer Rechtslage betreffend das Jahr 1991).

Demgegenüber nahm die belangte Behörde auf die einkommensteuerrechtlichen Verhältnisse im angefochtenen Bescheid nicht Bedacht; sie hat vielmehr - ausgehend von ihrer rechtlich unzutreffenden Annahme, dass die mit der Erzielung von Mieteinkünften verbundenen Aufwendungen (insbesondere jene, die zur Schaffung des vermietbaren Wohnraumes aufgewendet werden mußten) nicht abzugsfähig seien - die gesamte Miete von S 6.300,-- als "Nettomiete" der Beurteilung der Notlage des Beschwerdeführers zugrunde gelegt.

Diese mit der Rechtslage im Widerspruch stehende Vorgangsweise führt zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Februar 1999

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