Normen
AuslBG §2 Abs4 idF 1993/502;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §34 Abs11 idF 1993/502;
B-VG Art119a Abs7;
VwRallg;
AuslBG §2 Abs4 idF 1993/502;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §34 Abs11 idF 1993/502;
B-VG Art119a Abs7;
VwRallg;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Arbeitsmarktservice hat den Beschwerdeführern zum erstangefochtenen Bescheid Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.950,-- und den Beschwerdeführern zum zweitangefochtenen Bescheid Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen
Begründung
In einem Antrag vom 20. September 1993 begehrten die zwölf Beschwerdeführer die Feststellung, daß ihre Tätigkeit als Gesellschafter der "S-OHG" (im folgenden: S.OHG), die einen Handelsbetrieb führe, keiner Bewilligung nach dem AuslBG bedürfe (in eventu wolle bescheidmäßig festgestellt werden, daß durch die Beschwerdeführer als Gesellschafter der S.OHG ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung dieser Gesellschaft tatsächlich persönlich ausgeübt werde).
Die Bestimmung des § 2 Abs. 4 AuslBG i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 502/1993 - so die Antragsausführungen - sei auf die Beschwerdeführer nicht anzuwenden, weil diese Bestimmung erst mit 1. August 1993 in Kraft getreten, die S.OHG jedoch bereits vor dem 1. August 1993 gegründet worden sei (Gesellschaftsvertrag vom 25. Juni 1993). Die Gesellschaft habe schon vor dem 1. August 1993 bei der zuständigen Gewerbebehörde das Handelsgewerbe gemäß § 126 Z. 14 der GewO angemeldet; auch das Gesuch zur Registrierung sei beim zuständigen Firmenbuchgericht vor dem 1. August 1993, nämlich am 20. Juli 1993, eingelangt. Alle zwölf Beschwerdeführer hätten eine Kapitaleinlage in der Höhe von jeweils S 25.000,-- einzuzahlen gehabt, sodaß die Beschwerdeführer keinesfalls bloße Arbeitsgesellschafter seien. Weiters sei zu betonen, daß nur die zwölf Beschwerdeführer Gesellschafter der S.OHG und nur sie zur Geschäftsführung berufen seien, die nach § 8 des Gesellschaftsvertrages gemeinsam auszuüben sei. Es gebe also keinen weiteren Gesellschafter, der quasi als Arbeitgeber angesehen werden könnte. Nur den Beschwerdeführern komme wesentlicher und bestimmender Einfluß auf die Geschäfte der S.OHG zu. Die Beschwerdeführer SS, CS und ST (Anm.: d.s. der Zehnt-, Elft- und Achtbeschwerdeführer) seien (selbständig) vertretungsbefugt für die Gesellschaft; soweit es um deren Positionen gehe, könne davon, daß diese Personen Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbrächten, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet würden, wohl überhaupt keine Rede sein. Daß ein Gesellschafter die Funktion eines vertretungsberechtigten Gesellschafters eine OHG ausübe, sei keinesfalls typisch. Primär werde die bescheidmäßige Feststellung angestrebt, daß auf die vor dem 1. August 1993 gegründete S.OHG und deren Gesellschafter die Bestimmung des § 2 Abs. 4 AuslBG überhaupt noch nicht anwendbar sei (ein rechtliches Interesse an einer derartigen Feststellung sei auch gegeben, weil dadurch einer allfälligen Rechtsunsicherheit auf seiten der "Fremdenbehörden" vorgebeugt werde). Nur hilfsweise werde die bescheidmäßige Feststellung beantragt, daß den Beschwerdeführern ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung der S.OHG zustehe und dieser durch die Beschwerdeführer auch tatsächlich persönlich ausgeübt werde.
In einer Vorhaltsbeantwortung vom 13. Jänner 1994 wurde erklärt, die S.OHG habe das Handelsgewerbe bereits ab Juli 1993 betrieben. Sämtliche Gesellschafter der OHG seien nach dem GSVG pflichtversichert. Die Geschäftsführung innerhalb der Gesellschaft erfolge gemäß den dispositiven Bestimmungen des HGB, also den Bestimmungen der §§ 114 ff HGB, zumal eine abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag nicht enthalten sei. Danach sei zwischen alltäglichen Geschäften (gewöhnlichen Handlungen) und ungewöhnlichen Handlungen zu unterscheiden. Die Geschäftsführung stehe nach dem Gesellschaftsvertrag sämtlichen Gesellschaftern zu; zu Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringe, sei daher jeder der Gesellschafter alleine berechtigt; widerspreche allerdings ein anderer geschäftsführender Gesellschafter der Vornahme einer Handlung, so müsse diese unterbleiben. Für die ungewöhnlichen Handlungen, das seien Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgingen, insbesondere für die Bestellung eines Prokuristen, sei ein Beschluß sämtlicher Gesellschafter erforderlich; es sei also die Zustimmung aller Gesellschafter (Einstimmigkeit) vorgesehen. Gerade an dieser für die Geschäftsführung der S.OHG maßgebenden Rechtslage manifestiere sich ausreichend deutlich, daß sämtlichen Gesellschaftern ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung zustehe; dieser werde auch tatsächlich persönlich ausgeübt.
Mit Bescheid des Arbeitsamtes vom 17. Februar 1994 wurde unter Punkt I) festgestellt, daß eine Beschäftigungsbewilligungspflicht für die Erst- bis Neuntbeschwerdeführer bestehe. Unter II) wurde gleichzeitig der Antrag auf Feststellung, daß durch die genannten Gesellschafter ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung der S.OHG tatsächlich persönlich ausgeübt werde, gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG abgewiesen. Unter Punkt III) wurde schließlich festgehalten, daß über den Antrag der Zehnt- bis Zwölftbeschwerdeführer abgesondert entschieden werde.
Zur Begründung ist im erstinstanzlichen Bescheid zu lesen, nach dem vorgelegten Gesellschaftsvertrag vom 25. Juni 1993 betrage das Gesellschaftskapital S 300.000,--; jeder der neun Beschwerdeführer habe eine Einlage auf das Gesellschaftskapital von je S 25.000,-- oder 8,333 % geleistet. Die S.OHG werde von SS, SC und TS selbständig vertreten, die übrigen Gesellschafter seien von der Vertretung ausgeschlossen (§ 7 des Vertrages). Die Geschäftsführung obliege sämtlichen Gesellschaftern gemeinsam. Es habe daher "von jeder Firmenzeichnung sowie von jedem Geschäftsabschluß der handelnde Gesellschafter die anderen in Kenntnis zu setzen". Für den inneren Geschäftsbereich sei eine Geschäftsverteilung vorgesehen und zu beschließen, wobei der SS die Leitung der Geschäfte, insbesondere die Besorgung der Einkäufe, der Korrespondenz sowie der Kassa- und Buchführung, vorzugsweise obliege, während die übrigen Geschäftsführungsagenden den anderen Gesellschaftern zugewiesen seien (§ 8 Abs. 1 des Vertrages). Nach § 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages seien grundsätzlich sämtliche Gesellschafter verpflichtet, ihre volle Tätigkeit dem Gesellschaftsunternehmen zuzuwenden und nur Geschäfte für Rechnung der Gesellschaft zu machen. Im § 11 Abs. 1 des Vertrages werde bestimmt, daß keiner der Gesellschafter in Österreich ohne Zustimmung der anderen in dem Handels- oder Erzeugungszweig der Gesellschaft für eigene Rechnung oder Rechnung Dritter Geschäfte machen oder sich an irgendeinem anderen gleichartigen Unternehmen beteiligen dürfe. Gegenstand des Unternehmens sei u.a. der vollkaufmännische Betrieb eines Handelsgewerbes, namentlich der Handel mit Textilien, mit Lebensmitteln, Waren aller Art und deren Im- und Export. Außer den Gesellschaftern beschäftige die S.OHG keine Arbeitskräfte. Die neun genannten Beschwerdeführer verrichteten tatsächlich Tätigkeiten, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet würden ("Verkaufsberatung, Verkauf"). Weiters habe keiner der angeführten Gesellschafter ein faktisches Einspruchsrecht, da der handelnde Gesellschafter die anderen nur in Kenntnis zu setzen habe und nicht die Zustimmung der anderen für sein Handeln einholen müsse. Die im Antrag geltend gemachte Tatsache, daß Herr T die Gesellschaft selbständig vertrete, wirke sich auf die Stellung der ausländischen Gesellschafter nicht aus, weil jeder Vertretungsbefugte an die Weisungen der Geschäftsführung, die kollektiv ausgeübt werde, gebunden sei. Ein weiteres Faktum, aus dem sich zumindest die Arbeitnehmerähnlichkeit und damit die Beschäftigungsbewilligungspflicht ableiten lasse, sei die persönliche Abhängigkeit der angeführten Gesellschafter, was im vorgelegten Vertrag durch die §§ 8 Abs. 2 (Verpflichtung zur vollen Tätigkeit für das Gemeinschaftsunternehmen) und 11 Abs. 2 (Konkurrenzverbot und Konkurrenzklausel) manifestiert werde.
Es sei daher nicht schlüssig nachgewiesen worden, daß ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung der S.OHG durch jeden der Erst- bis Neuntbeschwerdeführer tatsächlich persönlich ausgeübt werde.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wird betont, die Behörde gehe zu Unrecht davon aus, daß die Vorschriften des § 2 Abs. 4 AuslBG anzuwenden seien, weil die S.OHG bereits vor Inkrafttreten der genannten Bestimmung gegründet worden sei. Im übrigen verbiete sich der Schluß der Behörde, daß für die Beschwerdeführer eine Bewilligungspflicht nach den Bestimmungen des AuslBG bestehe, schon deshalb, weil kein einziger der Beschwerdeführer derartig dominiere, daß angenommen werden könnte, er sei in Wahrheit der "Arbeitgeber" der Mitbeschwerdeführer. Gegen den Willen eines Gesellschafters könne kein anderer Gesellschafter Geschäftsführungshandlungen vornehmen. Eine weitergehendere Einflußnahme auf Geschäftsführungsangelegenheiten als beim gegenständlichen Gesellschaftsverhältnis sei kaum denkbar. Warum ein "faktisches Einspruchsrecht" nicht gegeben sei, sei nicht erkennbar und könne von der Behörde nicht schlüssig dargelegt werden. Die Beschwerdeführer hätten bereits in ihrem Antrag zum Nachweis dafür, daß die Geschäftsführungsrechte auch tatsächlich persönlich von ihnen ausgeübt würden, ihre Einvernahmen beantragt. Dieser Antrag bleibe aufrecht; die Behörde habe keine hinreichenden Beweise aufgenommen. Angeschlossen sei der Berufung eine "Aufgabenverteilung" bei der S.OHG, wobei es sich um eine das Innenverhältnis der Gesellschafter betreffende Referatsverteilung handle (die nichts daran ändere, daß jeder Gesellschafter Geschäftsführungshandlungen der Mitgesellschafter widersprechen könne). Davon, daß Tätigkeiten verrichtet würden, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet würden, könne ebenfalls keine Rede sein (auf die in der Aufgabenverteilung festgelegte Eigenverantwortlichkeit bei Betreuung der Referate, also bei der Aufgabenerfüllung, werde verwiesen).
Die in der Berufung angesprochene "Aufgabenverteilung bei der S.OHG" hat folgenden Wortlaut:
"Die Führung der Kassa mit sämtlichen Abrechnungen und Auszahlungen wird im Innenverhältnis Frau SS, Frau EC und Herrn CS übertragen. Sie sind verpflichtet durch entsprechende Aufzeichnungen ihren jeweiligen Zeitraum der alleinigen Verantwortung zu dokumentieren bzw. entsprechende Übernahmeprotokolle abzufassen. Für Fehler ist jeder einzelne Kassaführer gegenüber den übrigen Gesellschaftern verantwortlich.
Herr ST übernimmt eigenverantwortlich die Kontrolle des Lagers. Er ist somit gegenüber den anderen Gesellschaftern dafür verantwortlich, daß die angelieferte Ware bei Übernahme ordnungsgemäß überprüft wird und Mängelrügen unverzüglich erfolgen. Weiters gibt er die angelieferte Ware an den Verkauf weiter. Er ist gegenüber den übrigen Gesellschaftern für grob fahrlässig verursachte Fehlmengen verantwortlich.
Frau GG und Frau ZP übernehmen den Verkauf und die Warenpräsentation in der Produktgruppe Lebensmittel. Sie haben den übrigen Gesellschaftern über die Umsatzentwicklung zu berichten.
Frau AK und Herr JK übernehmen den Verkauf und die Warenpräsentation in der Produktgruppe Textilien. Sie haben den übrigen Gesellschaftern über die Umsatzentwicklung zu berichten.
Frau KF und Frau SK übernehmen den Verkauf und die Warenpräsentation in der Produktgruppe Radio- und Elektroartikel. Sie haben den übrigen Gesellschaftern über die Umsatzentwicklung zu berichten.
Frau ZG übernimmt die restlichen, nicht oben genannten Warengruppen zum Verkauf und zur Präsentation. Sie hat den übrigen Gesellschaftern über die Umsatzentwicklung in ihrem Bereich zu berichten."
Mit Schreiben vom 22. Juli 1994 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführer zur Beantwortung von Fragen und Erbringung von Nachweisen auf, insbesondere müsse festgestellt werden, welche Abstimmungsmodalitäten vereinbart worden seien. Die aufgetragene Stellungnahme war bis spätestens 12. August 1994 einzubringen.
Am 20. September 1994 langte bei der belangten Behörde eine Stellungnahme der Beschwerdeführer ein, in der darauf hingewiesen wurde, daß sich der Vorhalt im wesentlichen auf Rechtsausführungen beschränke und dazu auf das bisherige Vorbringen der Beschwerdeführer zu verweisen sei. Zum Beweis des tatsächlichen persönlichen Einflusses werde nochmals die Einvernahme der Beschwerdeführer angeboten. Es sei von der Behörde nicht einmal der Versuch unternommen worden, darzustellen, welchem der - gleichberechtigten - Gesellschafter im gegenständlichen Fall die Dienstgeberstellung zukommen sollte.
In einem Postskriptum wurde angeführt, daß überschneidend mit der Erstellung dieser Antwort der (erstangefochtene) Bescheid des Landesarbeitsamtes vom 6. September 1994 betreffend insgesamt neun der Beschwerdeführer zugestellt worden sei; die Stellungnahme werde allerdings dennoch erstattet, und zwar zur Berücksichtigung im noch unerledigten Verfahren betreffend die verbleibenden drei Beschwerdeführer.
Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 6. September 1994 gab die belangte Behörde der Berufung der Erst- bis Neuntbeschwerdeführer gegen den Bescheid des Arbeitsamtes vom 17. Februar 1994 keine Folge. Es werde gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG festgestellt, daß für diese Beschwerdeführer als Personengesellschafter der S.OHG Beschäftigungsbewilligungspflicht bestehe.
Es sei richtig - so die belangte Behörde in ihrer Begründung -, daß § 2 Abs. 4 AuslBG i.d.F. BGBl. Nr. 502/1993 mit 1. August 1993 in Kraft getreten sei. Dies bedeute allerdings nicht, daß diese Bestimmung auf Unternehmungsgründungen vor diesem Zeitpunkt nicht anzuwenden sei. Weil die Stellung eines ausländischen Gesellschafters innerhalb der Gesellschaft durch Absprache und Vertragsänderung nicht ein für allemal festgelegt sei, könne auch nach der Gründung der Gesellschaft eine arbeitnehmerähnliche Stellung des ausländischen Gesellschafters eintreten, die ihn der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterwerfe. Weiters könne der Ansicht, es sei die Absicht des Gesetzgebers gewesen, Personengesellschafter, sofern sie eine Kapitaleinlage geleistet hätten, von der Bewilligungspflicht auszunehmen, nicht näher getreten werden. Daß im Falle ausländischer Personengesellschafter keine Beteiligungshöhe im Gesetz angeführt werde, erkläre sich allein aus den Bestimmungen des Handelsrechtes, die eine Zerlegung des Gesellschaftsvermögens der OHG, an dem Gesamthandeigentum bestehe, in "Anteile" nicht vorsähen. Daher sei beim ausländischen Personengesellschafter die Höhe der geleisteten Einlage immer dann irrelevant, wenn er Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringe, die typischerweise im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geleistet würden.
Die Erst- bis Neuntbeschwerdeführer seien nicht aufgrund eigener Gewerbeberechtigung i.S.d. § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG tätig geworden und "die ihnen durch den Zusatzvertrag zum Gesellschaftsvertrag zugewiesenen Aufgaben" stellten keine spezifisch unternehmerischen Tätigkeiten dar, sondern würden typischerweise im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geleistet. Da die Gesellschafter überdies durch den Gesellschaftsvertrag angehalten würden, ihre Arbeitskraft ausschließlich in den Dienst der OHG zu stellen, werde eine hauptberufliche Beschäftigung nahegelegt, sodaß Arbeitnehmerähnlichkeit für alle Gesellschafter angenommen werden könne, womit Beschäftigungsbewilligungspflicht gegeben sei.
Im § 8 des Gesellschaftsvertrages werde festgehalten, daß die Geschäftsführung allen Gesellschaftern gemeinsam zustehe und gleichzeitig eine Ressorteinteilung eingeführt. Nach den Ausführungen in der Berufung gelte sowohl für den gewöhnlichen wie auch für den außergewöhnlichen Betrieb das Einstimmigkeitsprinzip (Gesamtgeschäftsführung). Aus der der Berufung beigelegten Aufgabenverteilung werde diese Behauptung jedoch nicht erweislich. Dort werde lediglich eine Geschäftsverteilung und eine entsprechende Informationspflicht der einzelnen Gesellschafter vereinbart. Ein beherrschender Einfluß auf die Gesellschaft sei daraus jedoch nicht abzuleiten. Im durchgeführten Ermittlungsverfahren (Parteiengehör) seien keine Beweise für die in der Berufung aufgestellten Behauptungen erbracht worden. Vielmehr sei im Parteiengehör keine Stellungnahme abgegeben worden.
Gegen den erstangefochtenen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 98/09/0178 protokollierte Beschwerde der Erst- bis Neuntbeschwerdeführer wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Mit Bescheid des Arbeitsamtes vom 14. Juni 1994 war mittlerweile auch festgestellt worden, daß für die Zehnt- bis Zwölftbeschwerdeführer Beschäftigungsbewilligungspflicht bestehe; gleichzeitig war der Antrag auf Feststellung, daß durch diese Gesellschafter ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung der S.OHG tatsächlich persönlich ausgeübt werde, gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG abgewiesen worden.
Begründet wurde dieser Bescheid im wesentlichen damit, daß diese Beschwerdeführer tatsächlich Tätigkeiten verrichteten, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet würden ("Verkaufsberatung und Verkauf"). Weiters habe keiner der angeführten Gesellschafter ein faktisches Einspruchsrecht, da der handelnde Gesellschafter die anderen nur in Kenntnis zu setzen habe und nicht die Zustimmung der anderen für sein Handeln einholen müsse. Die Gesellschaft beschäftige außer den Gesellschaftern keine weiteren Arbeitskräfte. Der Umstand, daß die Zehnt- bis Zwölftbeschwerdeführer auch Gesellschafter anderer Gesellschaften seien, sei bedeutungslos, zumal diese Gesellschaften nur formell existierten, aber nicht betrieben würden. Die genannten Gesellschafter bestritten ihren Unterhalt ausschließlich mit der monatlichen Entnahme von S 10.000,-- aus der S.OHG. Es sei von den Beschwerdeführern nicht schlüssig nachgewiesen worden, daß ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch jeden einzelnen der Zehntbis Zwölftbeschwerdeführer tatsächlich persönlich ausgeübt werde.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung hat die belangte Behörde mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 17. März 1995 abgewiesen. Die Entscheidungsgründe sind im wesentlichen ident mit jenen des erstangefochtenen Bescheides vom 6. September 1994 (abschließend wird noch festgehalten, im Rahmen des Parteiengehörs seien keine Beweise für die Berufungsbehauptungen erbracht worden).
Gegen den zweitangefochtenen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 98/09/0179 protokollierte Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat zu beiden Verfahren die Verwaltungsakten mit jeweils einer Gegenschrift vorgelegt und die Abweisung der Beschwerden beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden erwogen:
§ 2 Abs. 4 AuslBG erhielt durch die Novelle BGBl. Nr. 502/1993 folgende Fassung:
"(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 liegt insbesondere auch dann vor, wenn
1. ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder
2. ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 %
Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, das Arbeitsamt stellt auf Antrag fest, daß ein wesentlicher Einfluß auf die Gesellschaftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragsteller zu erbringen."
In den Beschwerden wird die Ansicht vertreten, § 2 Abs. 4 AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 502/1993 hätte nicht zur Beurteilung herangezogen werden dürfen, weil die S.OHG bereits vor dem Inkrafttreten dieser Novelle mit 1. August 1993 gegründet worden sei bzw. ihre Tätigkeit aufgenommen habe.
§ 2 Abs. 4 AuslBG ist gemäß § 34 Abs. 11 leg. cit. mit 1. August 1993 in Kraft getreten. Ab diesem Zeitpunkt - nicht für die Vergangenheit - war die Tätigkeit der Beschwerdeführer als Gesellschafter der S.OHG anhand des § 2 Abs. 4 leg. cit. auf ihre Bewilligungsbedürftigkeit nach diesem Gesetz zu prüfen. Bei § 2 Abs. 4 AuslBG handelt es sich demnach nicht um eine Bestimmung mit rückwirkender Verbindlichkeit. Ihre Anwendung auf Fälle, in denen die Gesellschaft vor Inkrafttreten der genannten Bestimmung errichtet wurde, bedeutet noch keinen verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in "wohlerworbene Rechte", zumal das Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage als solches keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz genießt (siehe das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1993, Slg. Nr. 13.657, den an die Erst- bis Neunbeschwerdeführer ergangenen Ablehnungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 1995, B 2130/94, betreffend den erstangefochtenen Bescheid, sowie weiters die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juni 1994, 94/18/0258, und vom 8. September 1994, 94/18/0454).
Den Beschwerdeführern kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie die Meinung vertreten, die gesetzliche Vermutung des § 2 Abs. 4 AuslBG sei nur auf bloße Arbeitsgesellschafter, nicht jedoch dann anwendbar, wenn die Gesellschafter auch eine Kapitaleinlage geleistet hätten.
Die Regelung des § 2 Abs. 4 zweiter Satz AuslBG spricht zwei Tatbestände an:
"... . Eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 liegt insbesondere auch dann vor, wenn
ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder
ein Gesellschafter eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 %
Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, ..."
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist nicht erkennbar, warum sich aus dem Wortlaut des ersten Tatbestandes der zitierten Bestimmung ergeben sollte, daß lediglich "bloße" Arbeitsgesellschafter ohne Kapitaleinlage angesprochen sein sollten. Auch ist es keineswegs ausgeschlossen, daß ein mit einer Geldanlage an einem Unternehmen Beteiligter zudem Arbeiten für das Unternehmen verrichtet und dabei neben dem Gesellschaftsvertrag ein Arbeitsvertrag in Erscheinung tritt (vgl. Tomandl, Wesensmerkmale des Arbeitsvertrages, 131 ff, sowie Mayer-Maly, Österreichisches Arbeitsrecht I, 33 f).
Die Vorschrift des § 2 Abs. 4 zweiter Satz soll die Umgehung des AuslBG durch Vortäuschen von Gesellschaftsverhältnissen verhindern. Im Zusammenhalt mit dem Gebot, nicht auf die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes, sondern auf seinen wahren Gehalt zu sehen (§ 2 Abs. 4 erster Satz leg. cit.), bringt das Erfordernis einer "tatsächlichen" Ausübung von Gesellschafterbefugnissen nur die Voraussetzung zum Ausdruck, daß die beabsichtigte Tätigkeit nicht nur nach den formellen rechtlichen Gegebenheiten des (vielleicht nur vorgeschobenen) Gesellschaftsvertrages, sondern nach der wahren Absicht der Parteien wirklich als Ausfluß der Gesellschafterstellung in Verbindung mit der hiefür typischen Einflußmöglichkeit auf die Geschäftsführung (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1996, 95/09/0102, und vom 26. September 1996, 94/09/0175) ausgeübt werden soll. Diese Voraussetzung ist nur dann zu prüfen, wenn es sich um beabsichtigte Arbeitsleistungen handelt, die "typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden" - weshalb etwa bloße Geschäftsführungstätigkeiten nicht darunter fallen (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 1998, G 326/97, u.a.).
In der Frage der Arbeitsleistungen, die "typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden", hat die belangte Behörde die angefochtenen Bescheide mit einem relevanten Verfahrensmangel belastet. Diesbezüglich sprechen die angefochtenen Bescheide nämlich nur davon, daß die Beschwerdeführer nicht aufgrund eigener Gewerbeberechtigung tätig würden und "die ihnen durch den Zusatzvertrag zum Gesellschaftsvertrag zugewiesenen Aufgaben keine spezifisch unternehmerischen Tätigkeiten darstellen, sondern typischerweise im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geleistet werden". Damit wird aber nicht in nachvollziehbarer Weise aufgezeigt, worin die "typischerweise in einem Arbeitsverhältnis" geleisteten Arbeitsleistungen in bezug auf die einzelnen Gesellschafter gelegen sein sollen. In den erstinstanzlichen Bescheiden wird nur undifferenziert von "Verkaufsberatung, Verkauf" gesprochen, ohne diesbezüglich konkrete Feststellungen zu treffen. Unklar ist auch, welches Schriftstück mit dem "Zusatz vom Gesellschaftsvertrag" gemeint sein sollte. Ein "Zusatz zum Gesellschaftsvertrag" findet sich nicht in den vorgelegten Verwaltungsakten. Soweit mit dem genannten Zusatzvertrag die Aufgabenverteilung bei der S.OHG gemeint sein sollte, ist nicht erkennbar, warum mit den dort beschriebenen Verantwortungs- und Tätigkeitsbereichen der Beschwerdeführer (die als Neuntbeschwerdeführer aufscheinende Person MM findet sich im übrigen nicht in diesem Schriftsatz) eine über die gesellschaftsvertragliche Ebene hinausgehende Arbeitsleistungsverpflichtung, die typisch für ein Arbeitsverhältnis (mit dem Unterordnungsverhältnis gegenüber einem Arbeitgeber) wäre, statuiert worden wäre. Auch hätte die belangte Behörde Feststellungen dahingehend treffen müssen, wem (allenfalls auch einem außenstehenden Dritten) bei der von ihr angenommenen Stellung sämtlicher Gesellschafter als Arbeitnehmer die Arbeitgeberposition zukäme.
Die angefochtenen Bescheide, die eine Beschäftigungsbewilligungspflicht in Ansehung des § 2 Abs. 4 AuslBG bejahen, waren damit schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, ohne daß auf die Frage des wesentlichen Einflusses auf die Gesellschaftsführung (für den den Antragsteller nach dem dritten Satz des § 2 Abs. 4 AuslBG die Nachweispflicht trifft) einzugehen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Gemäß § 53 Abs. 1 VwGG ist die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz, wenn mehrere Beschwerdeführer einen Verwaltungsakt gemeinsam in einer Beschwerde angefochten haben, so zu beurteilen, wie wenn die Beschwerde nur von dem in der Beschwerde erstangeführten Beschwerdeführer eingebracht worden wäre. Der in den beiden Beschwerden jeweils pro Beschwerdeführer beantragte Schriftsatzaufwand war deshalb je angefochtenem Bescheid nur einmal zuzuerkennen.
Wien, am 21. Oktober 1998
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