VwGH 97/11/0053

VwGH97/11/005326.3.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. Heinz Wille, Rechtsanwalt in Wien IX, Ferstelgasse 1, gegen den Bescheid des Militärkommandos Wien (ohne Datum), Zl. 3056-1111/91E/97, betreffend Feststellung der Eignung zum Wehrdienst, zu Recht erkannt:

Normen

ADV §10 Abs2;
WehrG 1990 §15 Abs1;
WehrG 1990 §23 Abs2;
ADV §10 Abs2;
WehrG 1990 §15 Abs1;
WehrG 1990 §23 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1969 geborene Beschwerdeführer wurde mit Beschluß der Stellungskommission des Militärkommandos Wien vom 4. September 1987 für tauglich erklärt.

Mit Schreiben vom 8. August 1996 teilte er unter Vorlage einer ärztlichen Bestätigung Dris. E., eines Facharztes für innere Medizin, vom 22. Juli 1996 mit, daß er "bei sportlichen Aktivitäten starke Schmerzen bekomme und Kopfschmerzattacken".

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. September 1996 wurde daraufhin gemäß § 24 Abs. 8 Wehrgesetz 1990 (WG) die neuerliche Stellung verfügt.

Bei der am 19. September 1996 durchgeführten Stellung wurde - wegen der vom Beschwerdeführer angegebenen Kreuzschmerzen (bei Belastung) und Kopfschmerzen - die Vornahme fachärztlicher Untersuchungen an der orthopädischen und an der neurologischen Ambulanz des Heeresspitals als notwendig erachtet. Nach Durchführung dieser Untersuchungen, die nach Auffassung der betreffenden Fachärzte keine die Tauglichkeit des Beschwerdeführers ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen ergaben, wurden dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 23. Oktober 1996 das Ergebnis der Beweisaufnahmen und die Absicht, seine Tauglichkeit festzustellen, mitgeteilt.

Mit Schriftsatz vom 7. Jänner 1997 legte der Beschwerdeführer den Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. K., die oben bereits erwähnte Bestätigung Dris. E. und eine Äußerung dieses Facharztes vom 20. November 1996 sowie die Bestätigungen des Facharztes für Neurologie Dr. S. vom 24. September 1996 und vom 18. November 1996 vor und führte aus, Dr. K. habe die selbe Diagnose gestellt wie der von der belangten Behörde beigezogene Facharzt für Orthopädie, gelange aber zum Sportverbot und zur Unzumutbarkeit schwerer körperlicher Belastung. Die Empfehlung des Sportverbotes würde von allen Herren bekräftigt, sodaß die Absicht, ihn für tauglich zu erklären, nicht gerechtfertigt sei. Wenn der Beschwerdeführer schweren körperlichen Belastungen ausgesetzt sei und darauf starke Kreuzschmerzen bekomme, müsse er NSAR und Ambene-Injektionen bekommen, deren häufige Verabreichung gefährliche Nebenwirkungen habe.

Aufgrund des vorgelegten Befundberichtes Dris. K. kamen der leitende Arzt und der Untersuchungsarzt der Stellungskommission zum Ergebnis, daß der Beschwerdeführer "geeignet" sei, aber keinen Sport ausüben dürfe.

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde die Eignung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst mit "Tauglich" fest.

In der Begründung dieses Bescheides führte sie aus, die persönliche Befindlichkeit, insbesondere die vom Beschwerdeführer angegebenen starken Kreuzschmerzen nach körperlicher Belastung, sei von der subjektiven Schmerzgrenze abhängig, welche aber nicht objektivierbar sei. Bezüglich der vom Beschwerdeführer angesprochenen Gefährlichkeit von Medikamenten sei zu bemerken, daß deren Verabreichung nur einen Aspekt der möglichen Behandlung darstelle und andere Behandlungsmöglichkeiten gegeben seien. Ein etwaiges Sportverbot sei keine Frage der Tauglichkeit sondern der Dienstfähigkeit. Aufgrund der im Rahmen der Stellung eingeholten Facharztbefunde und der vom Beschwerdeführer vorgelegten ärztlichen Befunde bestünden aus militärärztlicher Sicht für die Leistung des Grundwehrdienstes gesundheitliche Einschränkungen, die aber nach Art und Grad als nicht so schwerwiegend anzusehen seien, daß dem Beschwerdeführer das Bedienen einer Waffe und ein Mindestmaß an Kraftanstrengung und Beweglichkeit nicht zugemutet werden könne. Der Beschwerdeführer sei im Sinne des § 15 Abs. 1 WG geeignet, auch wenn wegen seines Gesundheitszustandes nur eine eingeschränkte militärische Ausbildung möglich sei. Nur bei gänzlicher Unmöglichkeit einer militärischen Ausbildung wäre die Untauglichkeit gegeben. Auf die beim Beschwerdeführer vorliegende Gesundheitseinschränkung werde bei der Heranziehung zu den einzelnen Ausbildungsvorhaben während der Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes Bedacht genommen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, sie habe im Hinblick auf die Abhängigkeit von der subjektiven Schmerzgrenze die bei körperlicher Belastung angegebenen starken Kreuzschmerzen bei der Beurteilung der Tauglichkeit überhaupt nicht berücksichtigt. Damit unterstellt er jedoch dem angefochtenen Bescheid einen Inhalt, den dieser nicht hat. Die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Ausführungen, daß die persönliche Befindlichkeit im Zusammenhang mit Schmerzen von der subjektiven Schmerzgrenze abhänge, sind richtig, stellen allerdings keine tragende Begründung des angefochtenen Bescheides dar und enthalten insbesondere nicht die Aussage, daß die bei körperlicher Belastung auftretenden Schmerzen im Rahmen der Beurteilung der Tauglichkeit unerheblich seien. Im Gegenteil, die bei Belastung auftretenden Kreuzschmerzen des Beschwerdeführers und deren Ursachen wurden sowohl im orthopädischen Befundbericht des Heeresspitals als auch in dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Befundbericht Dris. K. beschrieben. Dieser Bericht hat zu einer ergänzenden Stellungnahme der Ärzte der Stellungskommission vom 21. Jänner 1997 geführt, in der das von Dr. K. geforderte Sportverbot bestätigt wird. Die belangte Behörde ist im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer angegebenen Kreuzschmerzen von gesundheitlichen Einschränkungen hinsichtlich seiner Verwendung ausgegangen. Ihre Auffassung, daß dennoch eine militärische Ausbildung möglich sei, weil der Beschwerdeführer eine Waffe bedienen könne und auch ein Mindestmaß an Beweglichkeit aufweise, ist jedoch nicht als rechtswidrig zu erkennen, weil selbst nach den vom Beschwerdeführer vorgelegten ärztlichen Befunden ihm nur schwere körperliche Belastungen nicht zumutbar sind. Ist eine militärische Ausbildung im dargestellten Sinn aber möglich, entspricht die Feststellung seiner Eignung mit "Tauglich" der Rechtslage (siehe dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom 4. Juli 1989, Zl. 89/11/0072, und vom 18. Dezember 1997, Zlen. 97/11/0208, 0270).

Soweit der Beschwerdeführer im Rahmen der Rechtsrüge die Auffassung vertritt, daß zum Wesen des Wehrdienstes u.a. das Tragen schwerer Lasten und die Durchführung von Erdbewegungen etc. gehörten und daß es daher erforderlich sei, "körperlich voll fit zu sein", ist ihm zu erwidern, daß diese Auffassung nur bis zum Inkrafttreten des Wehrrechtsänderungsgesetzes 1988 (mit 1. Juli 1988) zutreffend war. Bis dahin war gemäß § 15 Abs. 1 Wehrgesetz 1978 die volle geistige und körperliche Eignung zum Dienst im Bundesheer Voraussetzung für die Aufnahme in diesen. Dies bedeutete nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß eine gesundheitliche Beeinträchtigung dann die Eignung des betreffenden Wehrpflichtigen zum Wehrdienst ausschloß, wenn durch sie die volle Eignung zum Dienst im Bundesheer nicht mehr gegeben war. Seit der durch das Wehrrechtsänderungsgesetz 1988 bewirkten Änderung des § 15 Abs. 1 Wehrgesetz ist nur mehr die notwendige körperliche und geistige Eignung für eine im Bundesheer in Betracht kommende Verwendung erforderlich. Es sind somit auch Personen als tauglich anzusehen, die zwar nur in sehr eingeschränkter Weise militärisch ausgebildet werden können, die aber dennoch für bestimmte Dienstverrichtungen im Bundesheer in Betracht kommen (siehe auch dazu das oben zitierte Erkenntnis vom 4. Juli 1989).

Soweit der Beschwerdeführer Verfahrensmängel im Zusammenhang mit den Ausführungen der belangten Behörde, die Verabreichung der von ihm genannten Medikamente sei nur ein Aspekt der möglichen Behandlung, geltend macht, ist er darauf hinzuweisen, daß sich nicht einmal aus den von ihm vorgelegten ärztlichen Gutachten Hinweise auf die Notwendigkeit der Verabreichung gefährlicher Medikamente ergeben haben. Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer die Notwendigkeit der Verabreichung der von ihm genannten Medikamente nur im Zusammenhang mit den bei starken körperlichen Belastungen auftretenden Kreuzschmerzen behauptet hat. Starke körperliche Belastungen sind aber bei der nur im Rahmen seiner - durch seinen Gesundheitszustand eingeschränkten - Dienstfähigkeit zulässigen Verwendung (§ 47 Abs. 2 dritter Satz WG) vermeidbar.

Die Beschwerde erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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