Normen
GewO 1994 §370 Abs2;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VStG §9;
GewO 1994 §370 Abs2;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VStG §9;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 22. Juli 1997 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H., somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer Gesellschaft m.b.H. & Co. KG, zu verantworten zu haben, daß von diesem Unternehmen an drei verschiedenen Orten in näher bezeichneten Zeiträumen Metallverglasungen, wie Einbau von Isoliergläsern, Brandschutzgläsern und Verbundsicherheitsgläsern, vorgenommen, Aluminiumfenster- und -türkombinationen samt Verglasung, Raumtrennwände inklusive Verglasung und eine Windfangtrennwand inklusive Tür und Verglasung geliefert und montiert sowie Glastrennwände errichtet worden seien, ohne daß die Gesellschaft m.b.H. & Co. KG für die Ausübung des Handwerkes der Glaser eine Gewerbeberechtigung erlangt habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 und § 94 Z. 74 GewO 1994 begangen, weshalb gemäß § 366 Abs. 1 GewO 1994 über ihn eine Geldstrafe von S 8.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe acht Tage) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer im gesetzlich gewährleisteten Recht, entgegen den Bestimmungen des § 366 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 und § 94 Z. 74 GewO 1994 nicht bestraft zu werden, verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes macht er geltend, der angefochtene Bescheid leide insofern an einem Spruchfehler, als sich der Tatumschreibung keine ausreichende Bezugnahme auf die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit, Regelmäßigkeit und Selbständigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 GewO 1994 entnehmen ließe. Die belangte Behörde habe ferner in unzulässiger Weise gegenüber dem Straferkenntnis der Erstbehörde die Tat ausgetauscht, weil von ihr der jeweilige Tatzeitraum eingeengt worden sei. Schließlich habe die belangte Behörde zu Unrecht nicht das Vorliegen eines Rechtsirrtums im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG angenommen. Der Beschwerdeführer habe sich nämlich stets damit gerechtfertigt, das Glas sei von einem gewerblich befugten Unternehmen zur Verfügung gestellt worden und beim Einbau sei auch ein befugter Gewerbsmann stets anwesend gewesen. Der Beschwerdeführer sei also der Auffassung gewesen, damit den Anforderungen der Gewerbeordnung Genüge getan zu haben. Bei dieser Sachlage hätte die belangte Behörde auch eine mündliche Berufungsverhandlung durchführen und im Zuge der Einvernahme des Beschwerdeführers die inntere Tatseite abklären müssen.
Die Beschwerde erweist sich schon auf Grund folgender Erwägungen als berechtigt:
Gemäß § 9 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Zufolge § 9 Abs. 1 GewO 1994 können juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechtes (Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) sowie eingetragene Erwerbsgesellschaften (offene Erwerbsgesellschaften und Kommandit-Erwerbsgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40) bestellt haben.
Nach § 370 Abs. 2 GewO 1994 sind Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines solches angezeigt oder genehmigt wurde.
Nach § 366 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Nach dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut des § 9 Abs. 1 VStG ist diese Bestimmung subsidiär nur dann anzuwenden, wenn über die strafrechtliche Verantwortlichkeit für Handlungen juristischer Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit in den im Einzelfall anzuwendenden besonderen Verwaltungsvorschriften nichts bestimmt wird.
Im Hinblick auf die Spezialnorm des § 370 Abs. 2 GewO 1994 ist nur dann, wenn zur Tatzeit für eine juristische Person oder Personengemeinschaft ein Geschäftsführer nach den Bestimmungen der GewO 1994 nicht bestellt war, das zur Vertretung nach außen berufene Organ der juristischen Person oder der Personengemeinschaft nach § 9 VStG für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1992, Zl. 91/04/0271).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, trifft, wenn eine gewerberechtlich nicht gedeckte Tätigkeit im sachlichen Zusammenhang mit einer durch eine vorhandene Gewerbeberechtigung gedeckten Tätigkeit steht, die strafrechtliche Verantwortung für die unbefugte Tätigkeit den gewerberechtlichen Geschäftsführer (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1984, Slg. N. F. Nr. 11.454/A).
Im vorliegenden Fall bietet die dem Verwaltungsgerichtshof vorliegende Aktenlage Anhaltspunkte dafür, daß die Gesellschaft m.b.H. & Co. KG, als dessen zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid zur Verantwortung gezogen wurde, über eine Gewerbeberechtigung für das Schlosserhandwerk verfügt und von ihr die inkriminierte Tätigkeit auch im Zusammenhang mit der Ausübung dieses Schlosserhandwerkes gesetzt wurde. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 9 Abs. 1 GewO 1994 ist prima facie auch von der Existenz eines zur Ausübung dieses Schlosserhandwerkes bestellten gewerberechtlichen Geschäftsführers auszugehen.
Bei dieser Sachlage wäre es Sache der belangten Behörde gewesen, auf Grund entsprechender Ermittlungsergebnisse Feststellungen darüber zu treffen, ob für die Ausübung des in Rede stehenden Schlosserhandwerkes tatsächlich ein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt ist und in welchem Zusammenhang die mit dem angefochtenen Bescheid inkriminierten Tätigkeiten mit der Ausübung des genannten Schlosserhandwerkes steht. Denn nur dann, wenn entweder in den in Rede stehenden Tatzeiträumen in Wahrheit kein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt war oder die inkriminierte Tätigkeit nicht im Zusammenhang mit der Ausübung des Schlosserhandwerkes stand, träfe den Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als handelsrechtlichen Geschäftsführer der Gesellschaft m.b.H. im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG die Verantwortlichkeit für die ihm mit dem angefochtenen Bescheid zur Last gelegte Tat.
Da die belangte Behörde in Verkennung dieser Rechtslage derartige Feststellungen unterließ, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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