VwGH 91/04/0271

VwGH91/04/027125.2.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des M in D, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 3. September 1991, Zl. Gew-955/3/91, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Normen

AusvG 1985 §2 Abs1;
AusvG 1985 §6 Abs1;
GewO 1973 §370 Abs2;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
AusvG 1985 §2 Abs1;
AusvG 1985 §6 Abs1;
GewO 1973 §370 Abs2;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 3. September 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X-Handelsgesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in D, am 11. Oktober 1989 in der "A-Zeitung" (Seite 21), einen "Totalabverkauf wegen Geschäftsauflösung ..." für den Standort S, V-Straße nn, mit außerordentlich vorteilhaften Preisen angekündigt zu haben, ohne im Besitz einer besonderen Bewilligung der Gewerbebehörde gewesen zu sein. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Ausverkaufsgesetz, BGBl. Nr. 51/1985, begangen, weshalb über ihn nach § 6 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe von S 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, wegen der in Rede stehenden Ankündigung der X-Handelsgesellschaft m.b.H. in der "A-Zeitung" vom 11. Oktober 1989 nicht bestraft zu werden. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer unter anderem vor, nach § 6 Abs. 1 letzter Satz Ausverkaufsgesetz sei bei der Bestrafung auch desjenigen, der den § 2 Abs. 1 übertritt, § 370 GewO 1973 anzuwenden. Das bedeute, daß wegen eines allfälligen Verstoßes der X-Handelsgesellschaft m.b.H. gegen § 2 Abs. 1 Ausverkaufsgesetz eine Strafe gegen deren gewerberechtlichen Geschäftsführer zu verhängen sei. Im vorliegenden Fall sei aber der handelsrechtliche Geschäftsführer bestraft worden.

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Zufolge § 9 Abs. 1 GewO 1973 können juristische Personen im Rahmen ihres Wirkungsbereiches und Personengesellschaften des Handelsrechtes (offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40) bestellt haben.

Gemäß § 6 Abs. 1 Ausverkaufsgesetz 1985 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- oder mit einer Arreststrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer den vorstehenden Paragraphen dieses Gesetzes zuwiderhandelt. Hiebei ist § 370 GewO 1973, bei Übertretungen des § 4 Abs. 3 jedoch nur dessen Abs. 1, anzuwenden.

Nach § 370 Abs. 2 GewO 1973 sind Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde (§ 39).

Nach dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut des § 9 Abs. 1 VStG ist diese Bestimmung subsidär nur dann anzuwenden, wenn über die strafrechtliche Verantwortlichkeit für Handlungen juristischer Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit in den im Einzelfall anzuwendenden besonderen Verwaltungsvorschriften nichts bestimmt wird.

Im Hinblick auf die Spezialnorm des § 370 Abs. 2 GewO 1973 ist nur dann, wenn zur Tatzeit für eine derartige juristische Person oder Personengemeinschaft ein Geschäftsführer nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 nicht bestellt war, das zur Vertretung nach außen berufene Organ der juristischen Person oder der Personengemeinschaft nach § 9 VStG für die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Die belangte Behörde setzte sich im angefochtenen Bescheid zwar mit der Frage, ob für die X-Handelsgesellschaft m.b.H. ein gewerberechtlicher Geschäftsführer im Tatzeitpunkt bestellt war, nicht auseinander, daß dies der Fall ist, ergibt sich allerdings aus der von ihr erstatteten Gegenschrift. Entsprechend der oben dargelegten Rechtslage wäre daher wegen der in Rede stehenden Tat, der gewerberechtliche und nicht der handelsrechtliche Geschäftsführer zu bestrafen gewesen.

Abgesehen davon, daß erst in der Gegenschrift nachgetragene Begründungselemente eine allfällige Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nicht verhindern können, vermag der von der belangten Behörde in der Gegenschrift aufgezeigte Umstand, der Beschwerdeführer sei auch gewerberechtlicher Geschäftsführer der in Rede stehenden Gesellschaft, nichts daran zu ändern, daß sie den Beschwerdeführer in rechtswidriger Weise in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer in Anspruch nahm.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG schon aus diesem Grund aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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