VwGH 95/21/0597

VwGH95/21/059727.11.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, in der Beschwerdesache des JS, geboren am 2. September 1964, vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 20. März 1995, Zl. St 85/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes und Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 FrG,

Normen

FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;

 

Spruch:

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen das über den Beschwerdeführer verhängte Aufenthaltsverbot richtet, als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

2. zu Recht erkannt:

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem genannten im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 iVm den §§ 19 bis 21 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein mit zwei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen (Spruchpunkt I.).

Weiters stellte die belangte Behörde gemäß § 54 Abs. 1 FrG fest, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, daß der Beschwerdeführer in der Republik Bosnien-Herzegowina gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei; seine Abschiebung in die Republik Bosnien-Herzegowina sei somit zulässig (Spruchpunkt II.).

Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei beim Versuch, von Österreich in die Bundesrepublik Deutschland zu gelangen, zurückgewiesen worden. Er habe angegeben, daß er am 21. August 1994 Bosnien-Herzegowina verlassen hätte und nach Kroatien gereist wäre. Nach einem Aufenthalt in einem Flüchtlingslager hätte der Beschwerdeführer letztlich in der Nähe des Grenzüberganges Spielfeld "illegal" die Grenze zur Republik Österreich überschritten. Zu seinen persönlichen Verhältnissen habe er angegeben, an Bargeld derzeit DM 105,-- und S 500,-- zu besitzen, er wäre ledig und hätte keine Kinder. In Bosnien wäre er weder von der Polizei noch vom Gericht gesucht worden.

Seinen gemäß § 54 FrG gestellten Antrag habe er im wesentlichen damit begründet, daß er gegen die offizielle bosnische Armee gekämpft hätte. Er wäre Mitglied der bosnischen Anhänger von Fikret Abdic gewesen. Sollte er nach Bosnien abgeschoben werden, müßte er um sein Leben fürchten, weil er gegen die offizielle bosnische Armee gekämpft hätte und auch von den Truppen des Fikret Abdic desertiert wäre.

Wegen der geringen Barmittel, über welche der Beschwerdeführer verfüge, sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG als erfüllt anzusehen. Der Beschwerdeführer sei unter Mißachtung der Einreisebestimmungen des Fremdengesetzes ohne gültigen Reisepaß eingereist und halte sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf; weiters habe er versucht, ohne den erforderlichen Reisepaß aus dem Gebiet der Republik Österreich auszureisen, und habe sich außerdem bei seiner Einreise der Hilfe eines Schleppers bedient. Aufgrund dieser Tatsachen sei die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt. Durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes werde nicht in relevanter Weise in sein Privat- und Familienleben eingegriffen.

Den Ausspruch gemäß § 54 FrG begründete die belangte Behörde damit, es sei bekannt, daß frühere Anhänger des Fikret Abdic bzw. dessen Familienangehörige teilweise schon wieder in die Moslemenklave nordwestlich der Republik Bosnien-Herzegowina und Bihac zurückgekehrt seien, ohne von den Regierungstruppen bzw. Organen der Republik Bosnien-Herzegowina verfolgt zu werden. Wenn auch jede Rückkehr in ein Bürgerkriegsgebiet mit gewissen Gefahren verbunden sei, habe der Beschwerdeführer eine konkrete, seine Person betreffende Verfolgung bzw. Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG nicht vorbringen können. Er habe selbst angegeben, weder strafgerichtlich verurteilt zu sein noch in Bosnien - Herzegowina von der Polizei oder durch Gerichtsorgane gesucht zu werden. Im übrigen seien seine Angaben zu seiner Person und bezüglich seines militärischen Einsatzes in seinem Heimatstaat durch keinerlei Dokumente belegt. Dem Beschwerdeführer sei es somit nicht gelungen, im vorliegenden Verfahren stichhaltige Gründe gemäß § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG vorzubringen. Aus allgemeinen Lageberichten sei für ihn nichts gewonnen, weil es auf eine konkrete, eine bestimmte Person betreffende Verfolgung ankomme.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten unter Verzicht

auf die Erstattung einer Gegenschrift vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zum Aufenthaltsverbot:

Da die Gültigkeit des mit zwei Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes mittlerweile abgelaufen ist, kann die Rechtsstellung des Beschwerdeführers auch durch ein stattgebendes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht verbessert werden. In einem solchen Fall ist zufolge nachträglichen Wegfalles des Rechtsschutzbedürfnisses die Beschwerde als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen (vgl. u.a. den hg. Beschluß vom 22. November 1995, Zl. 95/21/0032).

Bei der nach § 58 Abs. 2 VwGG vorzunehmenden Beurteilung ist davon auszugehen, daß die Beschwerde erfolglos geblieben wäre, denn entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch dann zulässig, wenn eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 2 FrG hätte verfügt werden können (vgl. das den Bruder des Beschwerdeführers betreffende hg. Erkenntnis vom 4. September 1996, Zl. 95/21/0609). Weiters geht der Hinweis des Beschwerdeführers, daß gegen ihn keine rechtskräftigen Verurteilungen vorlägen, ebenso fehl wie der weitere Hinweis, seine Flucht aus Bosnien-Herzegowina sei aus politischen Gründen erfolgt (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis Zl. 95/21/0609).

Zur Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung:

Im Verfahren gemäß § 54 Abs. 1 FrG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 25. September 1998, Zl. 95/21/0229) vom Antragsteller mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den im Antrag genannten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Verfolgung im Sinn des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen. Ebenso wie im Asylverfahren ist auch bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefahr gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG im Verfahren nach § 54 leg. cit. die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen.

Gegen die diesbezügliche Beurteilung im angefochtenen Bescheid bringt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften lediglich vor, es wäre Aufgabe der belangten Behörde gewesen, "im Zuge ihrer Amtswegigkeit nicht einfach ganz allgemein diese Behauptung (über die gefahrlose Rückkehr von Anhängern des Fikret Abdic) in die Welt zu setzen, sondern anhand konkreter Beispiele diese ihre Behauptung zu belegen". Es gehe nicht hervor, ob die zurückgekehrten Personen aus reinem Zufall nicht der Verfolgung anheim gefallen oder ob sie aus anderen Gründen nunmehr keiner Verfolgung ausgesetzt seien.

Abgesehen davon, daß mit diesem Vorbringen die entsprechenden Feststellungen der belangten Behörde nicht bestritten werden, erfüllt der Beschwerdeführer nicht die ihn treffende Verpflichtung, konkret eine Gefährdung und/oder Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG zu behaupten. Weder der Hinweis auf die Bürgerkriegssituation in seiner Heimat noch der in der Beschwerde erhobene Hinweis auf das "Schicksal der Allgemeinheit" reicht zur Glaubhaftmachung einer Verfolgung im genannten Sinn aus (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis Zl. 95/21/0609).

Der Beurteilung der belangten Behörde, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Gefährdung oder Bedrohung des Beschwerdeführers in Bosnien-Herzegowina im Sinn des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG haftet nach dem Gesagten die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an.

Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. November 1998

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