Normen
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §61;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §61;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, reiste am 7. Juni 1992 in das Bundegebiet ein und beantragte am 9. Juni 1992 die Gewährung von Asyl. Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Oktober 1992, Zl. 4.377.553/1-III/13/92, wurde dieser Asylantrag des Beschwerdeführers, der im Verwaltungsverfahren nicht vertreten war, abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, nunmehr vertreten durch den für das verwaltungsgerichtliche Verfahren bestellten Verfahrenshelfer Dr. Wolfgang Rainer, am 2. Dezember 1992 die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit hg. Erkenntnis vom 15. September 1994, Zl. 94/19/0628, wurde der angefochtenene Bescheid des Bundesministers für Inneres wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, wodurch das Berufungsverfahren mit Zustellung dieses Erkenntisses am 16. November 1994 beim Bundesminister für Inneres wieder anhängig wurde.
Mit der (gegenständlichen) am 18. Mai 1995 zur Post gegebenen, am 19. Mai 1995 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Beschwerde machte der Beschwerdeführer, vertreten durch den sich auf eine Vollmacht berufenden Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Rainer, die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde geltend. Obwohl das Berufungsverfahren in der gegenständlichen Asylsache infolge Zustellung des hg. Erkenntnisses vom 15. September 1994 am 16. November 1994 neuerlich anhängig geworden sei, habe die belangte Behörde nicht binnen sechs Monaten entschieden.
Dagegen wendete die belangte Behörde in der von ihr erstatteten Gegenschrift ein, die behauptete Säumnis bei der Erlassung eines (Ersatz-)Berufungsbescheides liege nicht vor. Die belangte Behörde habe den Asylantrag mit Bescheid vom 19. Dezember 1994, Zl. 4.337.553/11-III/13/94, gemäß § 19 Abs. 1 Z. 2 Asylgesetz 1991 abgewiesen, weil der Beschwerdeführer seinen der Behörde zuletzt mitgeteilten Wohnsitz ohne Bekanntgabe einer neuen Abgabestelle verlassen habe. Dieser Bescheid sei im Wege der Hinterlegung gemäß § 19 Abs. 3 Asylgesetz 1991 (Zustellung ohne vorhergehenden Zustellversuch) beim Bundesministerium für Inneres am 8. Februar 1995 erfolgt. Die belangte Behörde habe zuvor am 15. Dezember 1994 Rücksprache mit dem (nunmehrigen und auch damaligen) Vertreter des Beschwerdeführers im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gehalten, der fernmündlich klargestellt habe, im fortgesetzten Administrativverfahren (nach Aufhebung des Bescheides vom 12. Oktober 1992) nicht bevollmächtigt zu sein. Dazu findet sich unter der OZl. 10 im vorgelegten Verwaltungsakt folgender Aktenvermerk mit Paraphe eines mit der Sache betrauten Mitarbeiters:
"Laut tel. Ausk. v. Herrn RA. Dr. Rainer besteht kein Vollmachtsverhältnis im Asylverfahren.
15.12.1994"
Weiters wurde neben diesem Aktenvermerk durch denselben Mitarbeiter in einem weiteren Vermerk festgehalten:
"Lt. tel. Ausk. des Gemeindeamtes Traiskirchen ist d. Gen. am 24.10.1994 nach London verzogen (nähere Adresse unbekannt). 16.12.1994"
In den Verwaltungsakten selbst wurde als Adresse des Beschwerdeführers zuletzt mit Aktenvermerk vom 26. November 1992 folgendes festgehalten:
"Laut telefonischer Auskunft des Meldeamtes Traiskirchen ist der im Betreff Genannte seit 21.9.1992 an folgender Adresse polizeilich gemeldet:
Otto Glöckel Straße 3
2514 Traiskirchen"
Diese Adresse in Traiskirchen wurde vom Beschwerdeführer selbst in seinem Verfahrenshilfeantrag zur Einbringung der Bescheidbeschwerde vom 2. Dezember 1992 als seine Wohnanschrift im Bundesgebiet angegeben. Eine weitere Mitteilung einer Anschrift des Beschwerdeführers findet sich weder in den Verwaltungsakten noch in dem verwaltungsgerichtlichen Vorakt Zl. 94/19/0628.
In seiner Äußerung zur Gegenschrift bringt der Vertreter des Beschwerdeführers vor, er habe sich bereits im vorerwähnten verwaltungsgerichtlichen Verfahren Zl. 94/19/0628 in einer dort erstatteten Äußerung auf eine gemäß § 10 AVG und § 30 Abs. 2 ZPO erteilte Vollmacht berufen. Die belangte Behörde hätte daher dem Vertreter des Beschwerdeführers im seinerzeitigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren Gelegenheit zur Ergänzung der Berufung im fortgesetzten Verwaltungsverfahren nach Aufhebung des Bescheides vom 12. Oktober 1992 geben müssen (unter Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. Juli 1995, Zl. 94/19/1390).
Ein Telefonat laut Aktenvermerk vom 15. Dezember 1994 sei dem Vertreter des Beschwerdeführers "nicht erinnerlich". Selbst wenn ein solches geführt worden sei, sei "aus der Stellungnahme nicht ersichtlich, ob diese mit dem Vertreter selbst oder mit einem Kanzleiangestellten geführt wurde. Eine - allenfalls - unzutreffende telefonische Auskunft hätte die belangte Behörde nicht von der Verpflichtung enthoben, die Frage des Vorliegens einer Bevollmächtigung zu erforschen". Dazu komme, daß der Vertreter des Beschwerdeführers bzw. seine Kanzleimitarbeiter der belangten Behörde keine telefonischen Auskünfte erteilen, weil dadurch Fehlerquellen vermieden würden. Die belangte Behörde hätte aber auch beim Vertreter des Beschwerdeführers die aktuelle Anschrift des Beschwerdeführers eruieren können, etwa durch - schriftlichen - Vorhalt ihrer "Ermittlungen", sodaß für sie die Anschrift des Beschwerdeführers leicht ausfindig zu machen gewesen wäre. Die belangte Behörde könne sich - ausschließlich - darauf stützen, sie hätte eine Meldeanfrage (fernmündlich) - mit welcher Behörde telefoniert wurde, sei ungenannt geblieben - gestellt. Dies sei keinesfalls ausreichend, weil die Auskunft des Meldeamtes nicht richtig gewesen sein müsse. Das telefonisch erfragte Ergebnis "nach London verzogen" habe die belangte Behörde nicht von der Verpflichtung befreit, weitere Ermittlungsschritte zu setzen. Der belangten Behörde sei durch zahlreiche Eingaben des Beschwerdeführers bekannt gewesen, daß er vom Verein "International Teams, Otto Glöckel Straße 3 in
2514 Traiskirchen" betreut worden sei und dort auch Unterkunft genommen habe. Es hätte daher an diesen Verein eine Anfrage ergehen können und müssen.
Der Beschwerde steht der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung aus folgenden Erwägungen entgegen:
In dem vom Beschwerdeführer zitierten hg. Erkenntnis vom 27. Juli 1995, Zl. 94/19/1390, wurde ausgesprochen, daß die Behörde dann, wenn ein Rechtsanwalt für die Partei des Verwaltungsverfahrens als Vertreter im Verfahren über eine Säumnisbeschwerde unter Berufung auf eine ihm gemäß § 10 AVG erteilte Vollmacht einschreite und die belangte, säumige Behörde davon Kenntnis erhalte, sie im Sinne des § 10 Abs. 2 AVG zu prüfen habe, ob Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis zur Zustellung des nachgeholten Bescheides an den Rechtsanwalt berechtige (und verpflichte). Dabei sei davon auszugehen, daß der gemäß § 10 Abs. 1 AVG Bevollmächtigte auch Zustellungsbevollmächtigter im Sinne des § 9 ZustellG sei. Sei etwa der Rechtsanwalt der vor dem Verwaltungsgerichtshof einschreitenden Partei als Verfahrenshelfer beigegeben, so scheide schon mangels der Berufung auf die erteilte Vollmacht eine Prüfung nach § 10 Abs. 2 AVG aus. Eine ausdrückliche Einschränkung des Vollmachtsumfanges nur auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof würde gleichfalls eine Prüfung im dargelegten Sinne gegenstandslos machen. Sobald aber die belangte Behörde keine Zweifel (mehr) habe, daß Inhalt und Umfang der Vollmacht nach dem objektiven Erklärungswert (auch) für das von ihr in der gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten richterlichen Frist allenfalls abzuführende Verfahren gelten solle, sei sie zur Zustellung an den ausgewiesenen Vertreter berechtigt (und verpflichtet).
Ob diese für die Zustellung von Klaglosstellungsbescheiden im Säumnisbeschwerdeverfahren (ebenso während anhängiger Bescheidbeschwerden siehe auch den Beschluß vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0027; anders allerdings noch das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1990, Slg. Nr. 13.221/A, zur Rechtslage vor der AVG-Novelle BGBl. Nr. 357/1990 und diesem folgend der hg. Beschluß vom 27. Juni 1995, Zl. 94/04/0241) zum Ausdruck gebrachten Rechtsgrundsätze auch auf den hier gegenständlichen Fall der Zustellung eines Ersatzbescheides an einen die Partei im verwaltungsgerichtlichen, aber nicht zuvor im Verwaltungsverfahren vertretenden Rechtsanwalt übertragen werden können, kann hier dahingestellt bleiben, weil die belangte Behörde jedenfalls eine über das verwaltungsgerichtliche Verfahren hinausgehende Vertretungsbefugnis des zunächst ausschließlich für dieses Verfahren als Verfahrenshelfer bestellten Vertreters in Zweifel ziehen konnte (siehe dazu aber das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1998, Zl. 95/20/0411, in dem dazu ausführlich Stellung genommen wird). Daran ändert nichts, daß sich der Vertreter des Beschwerdeführers in einem (weiteren) im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingebrachten Schriftsatz (auch) auf eine erteilte Vollmacht gemäß § 30 Abs. 2 ZPO (§ 10 AVG) berufen hatte. Die belangte Behörde durfte dies jedenfalls so verstehen, daß sich diese Vollmachtserteilung lediglich auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren bezog. Die belangte Behörde hat aber ohnehin laut Aktenvermerk vom 15. Dezember 1994 Rücksprache beim Vertreter des Beschwerdeführers gehalten, um ihre Zweifel über den Umfang seiner Vertretungsmacht auszuräumen. Entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde wurde in diesem Aktenvermerk ausdrücklich festgehalten, daß die diesbezügliche telefonische Rücksprache mit Rechtsanwalt Dr. Rainer selbst erfolgte, womit die belangte Behörde (im Falle der Richtigkeit dieses Aktenvermerkes) die Frage des Vorliegens einer Bevollmächtigung des seinerzeitigen Vertreters für das fortgesetzte Verwaltungsverfahren nicht mehr weiter "erforschen", sondern von einer nicht gegebenen Vertretungsbefugnis ausgehen mußte. Die vom Beschwerdeführer gegen die Richtigkeit des Aktenvermerkes allein erhobene Behauptung, es sei ihm ein derartiges Telefonat "nicht erinnerlich", ist nicht geeignet, die Beweiskraft des festgehaltenen Aktenvermerkes zu erschüttern. Ein derartiger Aktenvermerk hat als öffentliche Urkunde gemäß § 47 AVG iVm §§ 292 und 310 ZPO die Vermutung der Richtigkeit für sich. Zur - zulässigen - Widerlegung bedarf es konkreter Darlegungen. Bloß auf Vermutungen und Erinnerungslücken gegründete Zweifel genügen nicht für einen Gegenbeweis (vgl. dazu die
hg. Erkenntnisse vom 11. März 1986, Zl. 85/07/0266, und vom 20. November 1985, Zl. 84/11/0154, u.a.). Ebensowenig reicht dafür die weiters aufgestellte pauschale Behauptung, weder der Vertreter des Beschwerdeführers noch seine Kanzleimitarbeiter würden der belangten Behörde telefonische Auskünfte erteilen. Diese Behauptung wird zudem wesentlich durch die Aussage abgeschwächt, es sei dem Vertreter des Beschwerdeführers ein solches Telefonat "nicht erinnerlich", weil damit die Möglichkeit eines geführten Telefonates nicht ausgeschlossen wird.
Da der Vertreter des Beschwerdeführers im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Änderung der dort zuletzt dokumentierten Abgabestelle seines Mandanten nicht mitgeteilt hatte und die belangte Behörde aufgrund seiner Erklärung davon ausgehen mußte, dieser sei für eine weitere Mitwirkung im Verwaltungsverfahren nicht befugt, hat die belangte Behörde zutreffend den Versuch unternommen, den Beschwerdeführer in der sowohl im Verwaltungsverfahren als auch zuletzt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bekanntgegebenen Adresse zu kontaktieren. Entgegen dem Vorbringen des Vertreters des Beschwerdeführers ergibt sich aus den Verwaltungsakten nicht, daß der "Verein International Teams,
Otto Glöckel Straße 3 in 2514 Traiskirchen" für den Beschwerdeführer Berufungsschriftsätze verfaßt hätte. Im Verwaltungsakt liegt diesbezüglich lediglich eine bei der Behörde am 13. November 1992 eingelangte Mitteilung des genannten Vereines vor, daß sich der Beschwerdeführer um die Auswanderung nach Kanada bemüht habe. Im übrigen wurden aber die Schriftsätze vom Beschwerdeführer selbst unterfertigt eingebracht und insbesondere von ihm selbst zuletzt seine aktuelle Anschrift am 30. November 1992 mit 2514 Traiskirchen, Otto Glöckel Straße 3, bekanntgegeben. Die vom Beschwerdeführer in seiner vorliegend erstatteten Äußerung angeführten Kontakte mit dem UNHCR führten zwar seinerzeit zu Anfragen durch diesen bei der belangten Behörde, jedoch bereits mehrere Monate vor dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der im Akt festgehaltenen Adresse, an der sich der Beschwerdeführer nach seiner Entlassung aus der Schubhaft am 21. September 1992 polizeilich angemeldet hatte.
Der von der belangten Behörde unternommene Versuch zur Feststellung einer neuen Abgabestelle war daher angesichts des Fehlens jeglichen Hinweises auf eine neue Abgabestelle im Sinn des § 8 Abs. 2 Zustellgesetz ausreichend. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, daß die telefonische Mitteilung der für seine letzte Anschrift zuständigen Meldebehörde in Traiskirchen unrichtig gewesen wäre, sodaß nicht ersichtlich ist, daß eine schriftliche Anfrage ein anderes Ergebnis gebracht hätte.
Da somit die Behörde die nach ständiger Rechtsprechung ausreichenden Ermittlungen zur Feststellung der neuen Abgabestelle, nämlich durch Anfrage bei der Meldebehörde der letzten Abgabestelle, vorgenommen hat (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. September 1995, Zl. 94/19/1280, und vom 30. April 1997, Zlen. 95/01/0551 und 96/01/0287, mwN), und aus diesem Grund keine zusätzlichen Nachforschungen im Hinblick auf die dort aufgelegene Mitteilung "nach London verzogen" - da nicht ohne Schwierigkeiten festzustellen - durchführen mußte, hat sie zu Recht gemäß § 19 Abs. 3 Asylgesetz 1991 die Zustellung durch Hinterlegung bei der Behörde selbst vorgenommen. Mit dieser Zustellung am 8. Februar 1995 wurde der Bescheid vom 19. Dezember 1994 rechtswirksam erlassen, sodaß die belangte Behörde vor Einbringung der Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ihrer Entscheidungspflicht bereits entsprochen hatte. Die Beschwerde war daher mangels Berechtigung zur Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
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