VwGH 97/03/0151

VwGH97/03/01515.11.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des A in E, vertreten durch Dr. Günter F. Kolar und Dr. Andreas Kolar, Rechtsanwälte in Innsbruck, Neuhauserstraße 10, gegen die in einer gemeinsamen Ausfertigung zusammengefaßten Bescheide des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol (Kammer- und Einzelmitglied) vom 12. März 1997, Zlen. 1/17-7/1996, 17/75/1996, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit den in Beschwerde gezogenen Teilen der in einer gemeinsamen Ausfertigung zusammengefaßten, im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheide wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a und b sowie § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 bestraft, weil er am 10. September 1995 gegen 2.00 Uhr an einer näher bezeichneten Örtlichkeit in E einen nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw gelenkt und es nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem er als Lenker eines Fahrzeuges in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, unterlassen habe, sein Fahrzeug sofort anzuhalten und, obwohl Fahrzeugteile auf die Fahrbahn geflogen seien, welche für den nachkommenden Verkehr eine Gefährdung und Behinderung dargestellt hätten, und somit als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten gewesen seien, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen; ferner habe er sich am 10. September 1995 um 7.20 Uhr an einer näher bezeichneten Örtlichkeit in E gegenüber einem ermächtigten Organ der Straßenaufsicht trotz Aufforderung geweigert, seine Atemluft auf Alkohoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, daß er die oben angeführte Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand durchgeführt habe. Hiefür wurden über ihn wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a und b StVO 1960 Geldstrafen von je S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je zwei Tage) und wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 leg. cit. eine Geldstrafe von S 12.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage) verhängt.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer macht mit Recht unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, daß von ihm namhaft gemachte Entlastungszeugen nicht vernommen worden seien. Er hatte sich nämlich im Verwaltungsstrafverfahren - unter anderem - zum Beweis dafür, daß bei ihm zur Tatzeit der ihm zum Vorwurf gemachten Verweigerung der Atemluftuntersuchung keine Alkoholisierungssymptome vorhanden gewesen seien, daß er im Zeitpunkt des Gespräches mit den Gendarmeriebeamten völlig schlaftrunken gewesen sei und daß eine "formelle Aufforderung im Sinne des § 5 StVO" nicht erfolgt sei, auf die Vernehmung der Zeugin AD sowie darüber, daß sich der Verkehrsunfall mit Sachschaden bereits um 0.30 Uhr ereignet habe und daß nach dem Unfall keine zu beseitigenden Hindernisse auf der Fahrbahn vorhanden gewesen seien, auf die Vernehmung der Zeugen GK, HH und HW berufen. Da nicht gesagt werden kann, daß diese Beweisanträge nicht geeignet gewesen wären, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern, also zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen, hätte von der Aufnahme der angebotenen Beweise nicht Abstand genommen werden dürfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. April 1989, Zlen. 88/03/0247, 0248), dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, daß es nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 18. Dezember 1981, Zl. 02/0514/80) nicht genügt, die Aufforderung im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO 1960 an einen offensichtlich Schlaftrunkenen bloß in Form einer Frage zu richten, ob er einen Alkotest durchführen wolle.

Anders verhält es sich hingegen mit der die Unterlassung der vom Beschwerdeführer beantragten Vernehmung des Zeugen MK betreffenden Verfahrensrüge. Das Beweisthema dieses Beweisantrages - daß der Beschwerdeführer am 9. September 1995 knapp vor Mitternacht noch nüchtern gewesen sei - hat für keinen der dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid angelasteten Verwaltungsübertretungen rechtserhebliche Bedeutung, insbesondere auch nicht für die Verweigerung der Atemluftuntersuchung, kommt es doch nicht darauf an, ob allfällige Alkoholisierungsmerkmale tatsächlich auf eine Alkoholbeeinträchtigung zurückzuführen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. September 1988, Zl. 88/02/0079).

Unbegründet ist auch der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf, die belangte Behörde sei ihrer Begründungspflicht, wieso trotz des langen Zeitabstandes zwischen der Beendigung des Lenkens und der Verweigerung der Untersuchung der Atemluft noch verwertbare Ergebnisse der Atemluftuntersuchung zu erwarten gewesen wären, nicht nachgekommen; die belangte Behörde konnte sich diesbezüglich - und zwar auch bei den vom Beschwerdeführer behaupteten zeitlichen Gegebenheiten - auf entsprechende Ausführungen des dem Berufungsverfahren beigezogenen medizinischen Amtssachverständigen stützen (vgl. das einen ähnlich gelagerten Sachverhalt betreffende hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1994, Zl. 93/03/0117).

Dennoch waren die angefochtenen Bescheide aus den dargelegten Gründen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil nur eine Ausfertigung der angefochtenen Bescheide vorzulegen war.

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