Normen
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin brachte am 22. Mai 1997 eine Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Dezember 1996 beim Verwaltungsgerichtshof ein.
Mit Verfügung vom 6. Juni 1997 wurde der Beschwerdeführerin zu Handen ihres Vertreters ein Verbesserungsauftrag im Sinne des § 34 Abs. 2 VwGG erteilt, weil der Beschwerde der angefochtene Bescheid nicht beilag.
Zur Behebung der Mängel wurde eine Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zustellung dieses Auftrages an gerechnet, bestimmt. Ein ergänzender Schriftsatz sei in zweifacher Ausfertigung vorzulegen. Die zurückgestellte Beschwerde sei (einschließlich der angeschlossen gewesenen, gesetzlich vorgeschriebenen Beilagen) auch dann wieder vorzulegen, wenn zur Ergänzung ein neuer Schriftsatz eingebracht werde. Zur Belehrung wurde hinzugefügt, daß die Versäumung der Frist als Zurückziehung der Beschwerde gelte. Die Verfügung wurde am 23. Juni 1997 zugestellt.
Innerhalb der gesetzten Frist legte der Vertreter der Beschwerdeführerin einen Schriftsatz in einfacher Ausfertigung des Inhaltes vor, daß "auftragsgemäß der fehlende angefochtene Bescheid mit der Beschwerde vorgelegt" werde. Es wird im Schriftsatz "1 Beilage" erwähnt. Es lag nur der angefochtene Bescheid bei, nicht jedoch die zurückgestellte Beschwerde.
Dieser Mangel wurde bis zum Ablauf der zweiwöchigen Frist, die am 23. Juni 1997 begann und daher mit Ablauf des 7. Juli 1997 endete, nicht behoben.
Gemäß § 34 Abs. 2 VwGG 1965 sind Beschwerden, bei denen die Vorschriften über die Form und den Inhalt (§§ 23, 24, 28, 29) nicht eingehalten wurden, zur Behebung der Mängel unter Anberaumung einer kurzen Frist zurückzustellen; die Versäumung dieser Frist gilt als Zurückziehung.
Da auch ein nur teilweise befolgter Auftrag als Zurückziehung im Sinne dieser Gesetzesstelle gilt, stellte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren gemäß den §§ 34 Abs. 2, 33 Abs. 1 VwGG mit Beschluß vom 3. September 1997, Zl. 97/01/0490, ein.
Mit Schriftsatz vom 20. Oktober 1997 stellte die Beschwerdeführerin unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Sie führte dazu aus:
"In umseits bezeichneter Verwaltungsrechtssache wurde der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 6. Juni 1997 der Verbesserungsauftrag erteilt, den angefochtenen Bescheid mit der zurückgestellten Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof neuerlich vorzulegen. Zur Behebung dieses Mangels wurde eine Frist von 14 Tagen eingeräumt.
Dieser Verbesserungsauftrag kam dem Vertreter der Beschwerdeführerin am 23. Juni 1997 zu und wurde am 24.6.1997 irrtümlich lediglich der angefochtene Bescheid an den Verwaltungsgerichtshof übersendet.
Mit Beschluß vom 03.09.1997, dem Vertreter der Beschwerdeführerin zugestellt am 20.10.1997, wurde das Verfahren eingestellt mit der Begründung, daß die Beschwerde zusammen mit dem Bescheid nicht eingebracht wurde.
Aufgrund dieser Mitteilung an den Vertreter der Beschwerdeführerin wurde in der Kanzlei desselbigen der bezughabende Akt ausgehoben und war daraus ersichtlich, daß es aufgrund der Postabfertigung in der Kanzlei des Vertreters dazu gekommen ist, daß anstatt das gesamte Konvolut mit der Beilage Bescheid, lediglich der Bescheid an den Verwaltungsgerichtshof rückübermittelt wurde. Anläßlich der Postabfertigung in der Kanzlei des Beschwerdeführerinvertreters ist es dazu gekommen, wobei es sich hiebei um ein Versehen, der in der Kanzlei des Vertreters bereits einiger Zeit, ansonsten völlig verläßlichen Kanzleileiterin Scherf Eva, gehandelt hat.
Das Nichtabsenden des Beschwerdekonvolutes konnte dem Vertreter deshalb nicht mehr auffallen, weil nach dem Schreiben vom 24.6.1997 der Verbesserungsauftrag samt Beilagen noch kontrolliert und unterfertigt, zum Versand freigegeben wurde. Für diesen Postversand war oben angeführte Kanzleikraft zuständig, und wäre es für den Beschwerdeführerinvertreter unzumutbar, auch noch zu kontrollieren, ob die zum Versand freigegebenen Schriftstücke tatsächlich auch zur Post gebracht werden.
Bescheinigungsmittel: eidesstättige Erklärung.
Die Beschwerdeführerin wurde sohin durch ein unvorhergesehenes Ereignis am Nachkommen des Verbesserungsauftrages gehindert und erleidet hiedurch den Rechtsnachteil auf ein abschließendes Verwaltungsverfahren, wobei die Versäumung auf ein Versehen minderen Grades der Angestellten der Kanzlei des Beschwerdeführerinvertreters zurückzuführen ist, welche - wie oben bereits ausgeführt wurde - bis zu diesem Zeitpunkt zur völligen Zufriedenheit penibel und korrekt ihre Arbeiten erledigt hat, sodaß vorliegenden Falls von einem einmaligen Fehlverhalten auszugehen ist.
Gleichzeitig wird dem Verbesserungsauftrag nachgekommen und wird das damals irrtümlich nicht eingepackte Beschwerdekonvolut vorgelegt."
Das Versehen einer Kanzleiangestellten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes stellt ein Ereignis gemäß § 46 Abs. 1 VwGG dar, wenn der Anwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotene Überwachungspflicht jener Bediensteten gegenüber nachgekommen ist, wobei hinzuzufügen ist, daß mechanische Vorgänge, wie etwa das Kuvertieren oder die Postaufgabe, in einen Bereich fällt, der grundsätzlich der alleinigen Erledigung der Kanzlei überlassen werden kann (vgl. die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, z.B. das Erkenntnis vom 15. März 1995, Zl. 95/01/0034). Gleichfalls ist es ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß der Parteienvertreter auf die auftragsgemäße Erfüllung derart einfacher Arbeitsverrichtungen dann nicht vertrauen darf, wenn für ihn Veranlassung besteht, das pflichtgemäße Verhalten seiner Angestellten in Zweifel zu ziehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. März 1995, Zl. 94/13/0215).
Es wurde im ergänzenden Schriftsatz nur "1 Beilage" (auf die anders geartete Ausführung der "Beilagen" samt deren inhaltlicher Umschreibung im nunmehrigen Schriftsatz vom 20. Oktober 1997 wird hingewiesen) angeführt, was trotz des Textes "Auftragsgemäß wird der fehlende angefochtene Bescheid mit der Beschwerde vorgelegt" eine zumindest mißverständliche Anordnung an die Kanzlei des Vertreters der Beschwerdeführerin ist, weil es sich bei der (Rückstellung der) Beschwerde und des angefochtenen Bescheides um zwei Beilagen handelt. Dies hätte dem Vertreter der Beschwerdeführerin bei der Unterfertigung des Schriftsatzes bei Aufwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt auffallen müssen. So man deshalb nicht ohnehin bereits von einem den minderen Grad des Versehens übersteigenden Verschulden des Rechtsanwaltes ausgeht, indem er es unterließ, die zweideutige Anordnung zu korrigieren, bestand aber für ihn Veranlassung, das Verhalten seiner Angestellten bzw. die Erfüllung der mißverständlichen Anordnung in dem Sinne, daß sowohl die zurückgestellte Beschwerde als auch der angefochtene Bescheid dem ergänzenden Schriftsatz beigelegt wurden, in Zweifel zu ziehen. Die mißverständliche Anordnung löste daher die vom Regelfall abweichende, ausnahmsweise Kontrollpflicht des Vertreters der Beschwerdeführerin über eine derart einfache Verrichtung wie die Abfertigung des Verbesserungsschriftsatzes samt notwendiger Beilagen (inklusive der Beschwerde) aus. Daß der Vertreter der Beschwerdeführerin angesichts dieser Umstände jegliche Kontrolltätigkeit seiner Angestellten auf vollständige und rechtsrichtige Erfüllung seines im Rahmen der Verbesserung des vorangegangenen Mangels erteilten Auftrages unterließ, ist ihm als ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden vorzuwerfen.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die mit Beschluß vom 6. Juni 1997 gemäß § 34 Abs. 2 VwGG gesetzte Frist ist daher nicht stattzugeben.
Bei diesem Ergebnis tritt hinsichtlich der dem Beschluß vom 3. September 1997 zugrundeliegenden Sachlage keine Änderung ein, weshalb die ursprünglich eingebrachte Beschwerde nach wie vor als zurückgezogen gilt. Die nunmehr neuerlich vorgelegte Beschwerde war daher wegen Verbrauchs des Beschwerderechtes zurückzuweisen.
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