VwGH 97/01/0248

VwGH97/01/02483.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Unterer, 1.) über den Antrag des Suren Gheorghean in Wien, geboren am 11. Februar (oder Dezember) 1954, vertreten durch Dr. Wolfgang Dellhorn, Rechtsanwalt in Wien I, Gölsdorfgasse 2, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Behebung von anhaftenden Mängeln der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. November 1996, Zl. 4.350.147/1-III/13/96, betreffend Asylgewährung, und 2.) in dieser Beschwerdesache, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

1.) Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

2.) Das Verfahren wird eingestellt.

Begründung

Der Beschwerdeführer brachte am 13. März 1997 eine Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. November 1997 beim Verwaltungsgerichtshof ein, wo sie zur Zl. 97/01/0248 protokolliert wurde.

Mit Verfügung vom 24. März 1997 wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters ein Verbesserungsauftrag im Sinne des § 34 Abs. 2 VwGG erteilt.

Zur Behebung der Mängel wurde eine Frist von sechs Wochen, vom Tage der Zustellung dieses Auftrages an gerechnet, bestimmt. Ein ergänzender Schriftsatz sei in zweifacher Ausfertigung vorzulegen. Die zurückgestellte Beschwerde sei (einschließlich der angeschlossen gewesenen, gesetzlich vorgeschriebenen Beilagen) auch dann wieder vorzulegen, wenn zur Ergänzung ein neuer Schriftsatz eingebracht werde. Zur Belehrung wurde hinzugefügt, daß die Versäumung der Frist als Zurückziehung der Beschwerde gelte. Die Verfügung wurde am 11. April 1997 zugestellt. Die sechswöchige Frist zur Verbesserung der Beschwerde endete sohin mit Ablauf des 23. Mai 1997.

Innerhalb dieser Frist langte kein Verbesserungsschriftsatz des Beschwerdeführers ein. Erst am 15. Juli 1997 überbrachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Verbindung mit einem, als "Beschwerde" titulierten Schriftsatz, welcher bei verständiger Würdigung als Schriftsatz zur Behebung der der ursprünglichen Beschwerde anhaftenden Mängel anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer begründete den Antrag auf Wiedereinsetzung folgendermaßen:

"In der außen bezeichneten Rechtssache wurde dem Verfahrenshelfer der Verbesserungsauftrag des Verwaltungsgerichtshofes am 11.4.1997 zugestellt. Sonja Schery, beim Verfahrenshelfer seit 1980 als Kanzleileiterin beschäftigt, merkte die Frist jedoch nicht richtig mit 23.5.1997 sondern völlig unerklärlicherweise mit 23.7.1997 vor. Der Verfahrenshelfer, welcher anlässlich seines Urlaubsantrittes sämtliche offene Akte durchsah, entdeckte dieses Versehen an seinem letzten Arbeitstag vor dem Urlaub am Freitag, den 11.7.1997.

Sonja Schery ist ein solches Versehen noch nie unterlaufen und war der Beschwerdeführer daher durch eine unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis verhindert, dem Verbesserungsauftrag des Gerichtshofes vom 24.3.1997 fristgerecht Folge zu leisten.

Bescheinigungsmittel: RA Dr. Wolfgang Dellhorn, Gölsdorfg.2, 1010 Wien

Es wird daher gestellt der

A n t r a g

dem Beschwerdeführer Garel "(gemeint wohl: Suren)" Gheorghean wird die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung des Verbesserungsauftrages des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.3.1997 bewilligt."

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist der Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Irrtümer und Fehler von Kanzleibediensteten stehen einer Wiedereinsetzung nicht im Weg, wenn sie trotz Einhaltung der dem Rechtsanwalt gegenüber seinen Kanzleibediensteten zumutbaren und der Sachlage nach gebotenen Überwachungspflicht geschehen. Was der Rechtsanwalt in Erfüllung seiner nach der Sachlage gebotenen Pflicht zur Überwachung allfälliger, für ihn tätig gewordener Kanzleibediensteter hinsichtlich der Wahrung eines Termines bzw. einer Frist vorgekehrt hat, hat er im Wiedereinsetzungsantrag substantiert zu behaupten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 4. März 1994, Zl. 93/02/0256).

Für die richtige Beachtung der vom Verwaltungsgerichtshof im Falle eines Auftrages zur Mängelbehebung im Sinne des § 34 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist ist in einer Rechtsanwaltskanzlei stets der Rechtsanwalt verantwortlich, denn er selbst hat die Frist zu setzen, ihre Vormerkung anzuordnen sowie die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der gebotenen Aufsichtspflicht zu überwachen. Dies gilt auch dann, wenn die Kanzleiangestellte beim Rechtsanwalt seit 1980 als Kanzleileiterin beschäftigt ist und ihr eine versehentlich unrichtige Fristvormerkung bislang nicht unterlaufen sein sollte. Selbst die bloß stichprobenartige Überprüfung vorgenommener Fristeintragungen ist nicht ausreichend (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 27. Jänner 1995, Zl. 94/17/0486, und vom 26. Juli 1995, Zl. 95/20/0242). Sollte man nicht überhaupt der Ansicht sein, die Entdeckung der unrichtigen Fristvormerkung im gegenständlichen Fall beruhe rein auf dem Zufall, daß der Rechtsanwalt vor seinem Urlaubsantritt sämtliche offene Akten durchgesehen habe, sondern gestünde man diesem Vorgang den Charakter einer stichprobenartigen Kontrolle der Fristvormerkung zu, so läge angesichts des Umstandes, daß es sich dann um die einzige Kontrolle zwischen dem 11. April 1997 und dem 11. Juli 1997, sohin im Zeitraum von drei Monaten, gehandelt hätte, ein der völligen Unterlassung der Überwachungspflicht des Rechtsanwaltes gleichzuhaltender grober Verstoß gegen die ihm obliegenden Pflichten vor, von dem nicht gesagt werden kann, es handle sich nur um ein Versehen minderen Grades.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Mängelbehebung muß daher der Erfolg versagt bleiben.

Gemäß § 34 Abs. 2 VwGG sind Beschwerden, bei denen die Vorschriften über die Form und den Inhalt (§§ 23, 24, 28, 29) nicht eingehalten wurden, zur Behebung der Mängel unter Anberaumung einer kurzen Frist zurückzustellen; die Versäumung dieser Frist gilt als Zurückziehung.

Wegen der Nichtbefolgung des Auftrages zur Behebung der der Beschwerde anhaftenden Mängel innerhalb offener Frist war das Verfahren gemäß den §§ 34 Abs. 2, 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.

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