VwGH 96/19/1324

VwGH96/19/132431.10.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des 1970 geborenen TM in Wien, vertreten durch Dr. Richard Soyer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. August 1995, Zl. 302.677/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §1 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1995 §3 Z1;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1995 §3 Z3;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
AufG 1992 §1 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1995 §3 Z1;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1995 §3 Z3;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. August 1995 wurde der am 23. Februar 1994 bei der österreichischen Botschaft in Preßburg überreichte Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt. Ihm seien zweimal Sichtvermerke erteilt worden, wobei der letzte dieser Sichtvermerke am 30. Jänner 1993 abgelaufen sei. Seither halte sich der Beschwerdeführer durchgehend (unrechtmäßig) im Bundesgebiet auf. Mit der gegenständlichen Antragstellung sei der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG nicht Genüge getan.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (30. August 1995) ist für seine Überprüfung die Rechtslage nach Inkrafttreten der Novelle zum Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 351/1995, sowie die Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1995, BGBl. Nr. 408/1995, maßgebend.

§ 6 Abs. 2 AufG in dieser Fassung lautet (auszugsweise):

"§ 6. ...

(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: ...; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältige Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden."

§ 3 Z. 3 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1995, BGBl. Nr. 408/1995, lautete:

"§ 3. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:

...

3. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten und"

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe den gegenständlichen Antrag bei der österreichischen Botschaft in Preßburg eingebracht. Er bestreitet jedoch nicht, nach dieser Antragstellung wieder in das Bundesgebiet eingereist zu sein und sich in Österreich aufgehalten zu haben. Er vertritt jedoch die Auffassung, es sei nicht zumutbar, die Entscheidung der Behörde im Ausland abzuwarten. Überdies sei er als Staatsangehöriger Kroatiens zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt.

Dieser Argumentation ist zunächst entgegenzuhalten, daß nach dem u.a. aus den Gesetzesmaterialien erschließbaren Normzweck des § 6 Abs. 2 AufG die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung bei Erstanträgen nicht nur zur Voraussetzung hat, daß der Antrag vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gestellt wurde, sondern auch, daß - jedenfalls in Ermangelung eines Einreisetitels, welcher den Fremden in die Lage versetzte, in das Bundesgebiet einzureisen, ohne dadurch den Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG zu verwirklichen - die Entscheidung über den Antrag im Ausland abgewartet wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. September 1997, Zl. 96/19/1854, m.w.H.).

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, er habe sich zwischen Dezember 1991 und 30. Jänner 1993 rechtmäßig in Österreich aufgehalten. Für diesen Zeitraum seien ihm (gewöhnliche) Sichtvermerke erteilt worden. Er habe am 13. Dezember 1993 eine in Österreich aufhältige Fremde, für die eine Arbeitserlaubnis mit Geltungsdauer bis 14. März 1996 ausgestellt sei, geehelicht. Am 2. August 1995 sei die gemeinsame Tochter der Ehegatten geboren worden.

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, er sei aus dem Grunde des § 3 Z. 3 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1995, BGBl. Nr. 408/1995, berechtigt, seinen Bewilligungsantrag ausnahmsweise im Inland zu stellen. Wohl sei für ihn noch nie eine Aufenthaltsbewilligung ausgestellt worden, die ihm erteilten gewöhnlichen Sichtvermerke seien jedoch einer solchen gleichzuhalten, weil jede andere Auslegung gegen das Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander verstieße.

Diesem Vorbringen ist jedoch die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach mit "Aufenthaltsbewilligung" im Sinne der zitierten Verordnungsbestimmung die in § 1 Abs. 1 AufG vorgeschriebene besondere Bewilligung gemeint ist. Diese - im Aufenthaltsgesetz "Bewilligung" genannte - Berechtigung ist Gegenstand des Antrages nach § 6 Abs. 2 AufG. § 3 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 bezeichnet diesen als "Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung". Die Verordnung bietet keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Begriff "Aufenthaltsbewilligung" in § 3 erster Satz etwas anderes bedeuten soll als jener in Z. 3 leg. cit. (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1995, Zl. 95/19/0743). Die für den Beschwerdeführer ausgestellten gewöhnlichen Sichtvermerke gehören nicht dazu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1997, Zl. 96/19/1003).

Da die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz an strengere Voraussetzungen (insbesondere an das Vorliegen einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft) geknüpft ist, als es die Erteilung eines Wiedereinreisesichtvermerkes nach dem Paßgesetz 1969 war, bestehen gegen das dem Wortlaut der in Rede stehenden Bestimmung entsprechende Interpretationsergebnis keine Bedenken aus dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Gebotes der Gleichbehandlung von Ausländern untereinander (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1997, Zl. 96/19/1794).

Aber auch der Verweis des Beschwerdeführers auf seine durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten familiären Interessen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Gesetzgeber der Novelle zum Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 351/1995, hat mit den Bestimmungen des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG und des § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG sowie der darin enthaltenen - von der Bundesregierung auch genutzten - Verordnungsermächtigung in Ansehung der Angehörigen von Fremden, die über Arbeitsbewilligungen verfügen, bereits auf die durch Art. 8 MRK geschützten familiären Interessen Bedacht genommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 96/19/0161). Gegen die in dieser Verordnungsermächtigung erfolgte Einschränkung der Zulässigkeit der Inlandsantragstellung auf solche Angehörige, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten, bestehen im Fall des Beschwerdeführers beim Verwaltungsgerichtshof aus nachstehenden Gründen ebensowenig Bedenken wie gegen die aufgrund dieser Ermächtigung erlassene Verordnung BGBl. Nr. 408/1995.

Der Beschwerdeführer zählte nicht zu jenen Fremden, die (nach der Rechtslage vor Inkrafttreten der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 351/1995) auf Basis des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, Slg. Nr. 14.148, trotz Versäumung der Frist zur Antragstellung einen als rechtzeitig geltenden Verlängerungsantrag stellen konnten. Dies war nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes für jene Fremden der Fall, die sich seit vielen Jahren bzw. sogar seit der Geburt rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben und die die Frist zur Antragstellung relativ geringfügig versäumt hatten. Dies ist beim Beschwerdeführer, der sich lediglich etwa ein Jahr lang rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt und die Frist zur Antragstellung um etwa ein Jahr versäumte, nicht der Fall.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, und Art. 6 Abs. 1 MRK dem nicht entgegensteht.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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