VwGH 96/18/0600

VwGH96/18/060012.6.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, dieser vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 6. September 1996, Zl. SD 348/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §22 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §22 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsbürger der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, die Ausweisung verfügt.

Der Beschwerdeführer sei am 23. September 1990 illegal in das Bundesgebiet eingereist; der von ihm am 24. September 1990 gestellte Asylantrag sei - nach einer rechtsunwirksamen Zustellung im Jahre 1991 - mit Bescheid vom 25. April 1994 abgewiesen worden. Der gegen die Versäumung der Berufungsfrist gestellte Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers sei vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 16. Juli 1996, rechtswirksam erlassen am 19. Juli 1996, abgewiesen und zugleich die Berufung gegen den abweisenden Asylbescheid als verspätet zurückgewiesen worden.

Dem Beschwerdeführer komme daher keine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zu, eine andere Grundlage für den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet vermöge er nicht nachzuweisen. Fremde seien gemäß § 17 Abs. 1 FrG - unter Bedachtnahme auf § 19 leg. cit. - mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten.

Der Beschwerdeführer behaupte die Unzulässigkeit seiner Ausweisung gemäß § 19 FrG, weil ein relevanter und massiver Eingriff in sein Privatleben vorliege, den er darin erblicke, daß er seit 1990 in Österreich lebe, arbeite und hier eine Lebensgefährtin habe. Hiebei sei aber zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer nur über eine Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung verfügt habe, aus der sich klar und deutlich ergebe, daß diese vorläufige Aufenthaltsberechtigung mit der Rechtskraft des Feststellungsbescheides erlösche. Wenn man dennoch, was nicht unvertretbar erscheine, einen Eingriff im Sinne des § 19 FrG annehme, so sei dieser Eingriff zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier: ein geordnetes Fremdenwesen als Teil der öffentlichen Ordnung) dringend geboten, weil die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Inland vom Beschwerdeführer nicht beantragt werden könne.

Es stehe der Ausweisung nicht entgegen, daß der Beschwerdeführer nicht im Besitz eines gültigen Reisedokumentes sei, da diese Frage im Rahmen einer allfälligen zwangsweisen Abschiebung zu klären sein werde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde erachtet die Ausweisung für rechtswidrig, weil die belangte Behörde die "entscheidungswesentlichen Feststellungen unterlassen habe, daß ein Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 54 FrG vom 4. Juni 1996 noch offen (...) und auch im Asylverfahren eine Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde anhängig" sei. Allein aufgrund dieser anhängigen Verfahren sei "davon auszugehen, daß sich der Beschwerdeführer jedenfalls rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält".

1.2. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vermag die Beschwerde mit diesem Vorbringen nicht darzutun.

Das Vorbringen zu § 54 FrG ist schon deshalb nicht zielführend, da nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes mit einer Ausweisung - die den alleinigen Gegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens darstellt - nicht darüber abgesprochen wird, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen hat oder daß er (allenfalls) abgeschoben wird (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1996, Zl. 95/18/0449).

Ebenso geht das Vorbringen hinsichtlich der beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde "im Asylverfahren" ins Leere - daß dieser die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet -, vermag diese doch nichts an der Rechtskraft des den Asylantrag abweisenden Bescheides aus dem Jahr 1994 zu ändern.

Nach dem Gesagten kommt auch der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe bezüglich des Antrages des Beschwerdeführers nach § 54 FrG sowie seiner Verwaltungsgerichtshofbeschwerde "im Asylverfahren" entscheidungswesentliche Feststellungen unterlassen, keine Relevanz zu.

1.3. Selbst wenn der Beschwerdeführer, wie die belangte Behörde annimmt, eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz gehabt haben sollte (das Vorliegen einer befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 des Asylgesetzes 1991 wird weder behauptet noch ergeben sich dafür Anhaltspunkte im Verwaltungsakt), hat die belangte Behörde im Beschwerdefall das Vorliegen der Voraussetzung des § 17 Abs. 1 FrG für die Erlassung einer Ausweisung - vorbehaltlich ihrer Zulässigkeit nach § 19 FrG - zutreffend bejaht.

2.1. Der Beschwerdeführer hält den "Entzug der Aufenthaltsberechtigung" (gemeint wohl: die Ausweisung) im Grunde des § 19 FrG für "jedenfalls unzulässig". Der Beschwerdeführer lebe seit 1990 in Österreich, sei jahrelang einer geregelten Arbeit aufgrund "aufrechter Arbeitsbewilligung" nachgegangen und habe darüber hinaus zwischenzeitlich seine Lebensgefährtin, eine österreichische Staatsbürgerin, geheiratet. Der Beschwerdeführer habe sich "sowohl in den österreichischen Arbeitsprozeß als auch in das tägliche Leben" eingegliedert. Durch eine Ausweisung würde er "seinen Lebensmittelpunkt und sämtliche sozialen Kontakte" verlieren und weiters vor die Situation gestellt, "nicht zu wissen, wohin er gehen soll".

2.2. Die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, wonach - unter der erkennbaren Annahme eines im Sinne des § 19 leg. cit. relevanten Eingriffes in das Privat- und Familienleben - die Ausweisung des Beschwerdeführers zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier: der öffentlichen Ordnung) dringend geboten sei, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Zum einen kommt den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 24. Oktober 1996, Zl. 95/18/0435). Andererseits sind die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich (Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsbürgerin, "geregelte Arbeit aufgrund aufrechter Arbeitsbewilligung") - wobei die Dauer seines Aufenthaltes von knapp sechs Jahren in ihrem Gewicht dadurch gemindert wird, daß, sofern die Rechtmäßigkeit gegeben war, sie lediglich auf einen letztlich unberechtigten Asylantrag zurückzuführen war (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 96/18/0119) - nicht so stark ausgeprägt, daß sie schwerer zu gewichten wären als das besagte maßgebliche öffentliche Interesse. Das Vorbringen, der Beschwerdeführer habe zwischenzeitlich (wenige Tage vor Erlassung des angefochtenen Bescheides) seine Lebensgefährtin geheiratet, kann an diesem Ergebnis schon deshalb nichts ändern, weil es sich hiebei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beachtliche Neuerung handelt (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG); davon abgesehen erfolgte diese Eheschließung zu einem Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer nicht mehr zum Aufenthalt in Österreich berechtigt war, weshalb diese Ehe nicht von wesentlichem Gewicht ist und daher nicht zugunsten des Beschwerdeführers auszuschlagen vermag (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. November 1996, Zl. 95/18/0553).

Soweit der Beschwerdeführer im übrigen auf sein "Wohlverhalten während des gesamten Zeitraumes, in dem er sich in Österreich befindet", bzw. darauf hinweist, er sei "bisher in keinster Weise negativ in Erscheinung getreten", tut er keine Tatsache dar, die im Grunde des § 19 FrG zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1997, Zl. 95/18/0721).

5. Mit seinem Vorbringen, eine Rückkehr in sein Heimatland "sei unmöglich", verkennt der Beschwerdeführer, daß mit der Ausweisung lediglich die Verpflichtung des Fremden begründet wird, das Bundesgebiet zu verlassen (siehe § 22 Abs. 1 FrG), nicht aber (auch) ausgesprochen wird, daß er in ein bestimmtes Land auszureisen hat oder daß er (allenfalls) abgeschoben wird (vgl. in diesem Sinne das schon zitierte hg. Erkenntnis vom 28. November 1996).

6. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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