Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565,-- S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war handelsrechtlicher Geschäftsführer der G-GmbH. Mit Schriftsatz vom 28. Mai 1993 beantragte er die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der GmbH. Das Landesgericht Wiener Neustadt wies mit Beschluß vom 2. Juni 1993 den Antrag mangels hinreichenden Vermögens ab und führte zur Begründung aus, aus dem Antrag ergebe sich, daß die G-GmbH außer einem Bankguthaben von 48.055,41,-- S über kein weiteres Vermögen verfüge.
Mit Bescheid vom 2. September 1995 zog das Finanzamt den Beschwerdeführer gemäß den §§ 9 und 80 BAO zur Haftung für aushaftende Abgabenschulden der G-GmbH im Ausmaß von rund 119.000,-- S (davon Lohnsteuer für 1991 im Betrag von 95.811,-- S) heran. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, der Abgabenrückstand sei bei der G-GmbH uneinbringlich, zumal der Antrag auf Konkurseröffnung mangels hinreichenden Vermögens abgewiesen worden sei. Der G-GmbH stehe zwar aufgrund eines rechtskräftigen Titels eine Forderung (gegenüber Brigitte K) zu, diese Forderung sei aber derzeit uneinbringlich.
Der Beschwerdeführer berief gegen den Haftungsbescheid. Der G-GmbH stehe gegenüber Brigitte K eine Forderung zu, die höher sei als die Abgabenschuld. Da der "Fiskus" der einzige Gläubiger der G-GmbH sei, dessen Forderungen unbefriedigt seien, wäre es seine Sache, die Forderung der G-GmbH gegen Brigitte K im Wege der Forderungsexekution und mit den Mitteln der Finanzverwaltung einbringlich zu machen; es stünden ihm schon "wegen seiner EDV" wesentlich bessere Möglichkeiten zur Verfügung als dem Beschwerdeführer als - ehemaligem - Geschäftsführer. Die Untätigkeit der Behörde könne sich nicht nachteilig auf den Beschwerdeführer auswirken. Ein Verschulden des Beschwerdeführers sei nicht hervorgekommen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Vertreter juristischer Personen hätten dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Es sei unbestritten, daß der Beschwerdeführer im haftungsgegenständlichen Zeitraum Geschäftsführer
der G-GmbH gewesen sei. Voraussetzung der Haftung nach § 9 BAO sei die Uneinbringlichkeit beim Primärschuldner. Der Beschwerdeführer habe dem Finanzamt mit Schreiben vom 29. August 1995 die Forderung der G-GmbH gegenüber Brigitte K, für die ein rechtskräftiger Titel vorliege, bekanntgegeben. Aufgrund von Erhebungen des Finanzamtes sei aber festgestellt worden, daß diese Forderung uneinbringlich sei. Auch der Umstand, daß der Antrag auf Konkurseröffnung mangels hinreichenden Vermögens der G-GmbH abgewiesen worden sei, lasse auf die Uneinbringlichkeit schließen. Die belangte Behörde gehe daher von der Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld bei der G-GmbH aus. Da der Beschwerdeführer keine geeigneten Gründe vorgebracht habe, welche die Annahme einer schuldhaften Verletzung seiner Pflichten ausschließen würden, sei er zu Recht zur Haftung herangezogen worden.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Die Beschwerde wendet sich zunächst gegen die Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde betreffend die Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der G-GmbH. Das Finanzamt habe keine rechtlichen Schritte zur Realisierung der Forderung der G-GmbH gegenüber Brigitte K gesetzt; letztendlich könne die Uneinbringlichkeit einer Forderung nur auf exekutivem Weg festgestellt werden.
Die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung unterliegt der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof dahin, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 549). Hievon ausgehend hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde hinsichtlich der Uneinbringlichkeit der Forderung der G-GmbH der verwaltungsgerichtlichen Prüfung stand. Der Beschwerdeführer hat dem Finanzamt auf dessen Vorhalt bekanntgegeben, daß hinsichtlich der Forderung der G-GmbH gegenüber Brigitte K (144.000,-- S samt Anhang) zwei Urteile aus dem Jahr 1991 vorlägen und daß einmal im Jahr 1991, zweimal im Jahr 1992 und einmal im Jahr 1993 (erfolglos) Exekution geführt worden sei. Der Beschwerdeführer hat in seinem im Namen der G-GmbH eingebrachten - in der Folge abgewiesenen - Antrag vom 28. Mai 1993 auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der G-GmbH als Vermögen nur ein Bankguthaben, nicht aber die Forderung gegenüber Brigitte K angegeben. Wenn die belangte Behörde bei dieser Sachlage von der Uneinbringlichkeit der Forderung gegenüber Brigitte K ausgegangen ist, so entspricht ihre Beweiswürdigung den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut. Es trifft nicht zu, daß die Behörde nur dann von der Uneinbringlichkeit einer Forderung ausgehen darf, wenn sie bereits erfolglose Exekutionsschritte gesetzt hat. Der Beschwerdeführer zeigt im übrigen nicht auf, in welcher Weise der "Einsatz der EDV des Fiskus" im gegenständlichen Fall zur Einbringlichkeit der Forderung hätte führen können.
Ist die belangte Behörde sohin ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften von der Uneinbringlichkeit der Forderung der G-GmbH gegenüber Brigitte K ausgegangen, so erweist sich auch ihre Annahme der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gegebenen Uneinbringlichkeit der Abgabenschulden bei der G-GmbH - dieser hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nur die Forderung der G-GmbH gegen Brigitte K entgegengehalten - als frei von Rechtswidrigkeit.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden darf (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 18. Oktober 1995, 91/13/0037, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat; anderenfalls darf von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden.
Der Geschäftsführer haftet für nichtentrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hiezu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, daß er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 91/13/0037, 0038).
Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht, daß er nicht über die Mittel zur Begleichung der Abgaben verfügt oder daß er mangels ausreichender Mittel alle aushaftenden Schulden anteilig befriedigt habe. Vor Erlassung des Haftungsbescheides hat der Beschwerdeführer dem Finanzamt mit Schreiben vom 14. November 1994 zwar bekanntgegeben, daß die G-GmbH im November 1991 ihren Geschäftsbetrieb eingestellt habe und daß ihm die Nichtentrichtung der Körperschaftsteuer nicht zur Last gelegt werden könne. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid nicht zur Haftung für Körperschaftsteuer herangezogen wird, hat er mit dem genannten Schreiben nicht aufgezeigt, in welchem Ausmaß Mittel zur Begleichung der Abgaben zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zur Verfügung gestanden sind.
Jedenfalls hat die G-GmbH, wie sich aus der Begründung des den Antrag auf Konkurseröffnung abweisenden Beschlusses des Kreisgerichtes Wiener Neustadt ergibt, im Zeitpunkt der Einbringung des Antrages im Jahr 1993 über ein Bankguthaben in Höhe von ca. 48.000,-- S verfügt. Bei dieser Sachlage kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer schuldhaft seine Pflicht zur Abgabenentrichtung verletzt hat und diese Pflichtverletzung zum Ausfall der Abgaben geführt hat.
Überdies sei darauf verwiesen, daß im gegenständlichen Fall der wesentliche Teil des Haftungsbetrages Lohnsteuer betrifft. Wird aber Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der GmbH von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 91/13/0037, 0038).
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und
war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
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