Normen
WaffG 1967 §12 Abs1 impl;
WaffG 1986 §12 Abs1;
WaffG 1967 §12 Abs1 impl;
WaffG 1986 §12 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 14. Juni 1994 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG mit der Maßgabe, daß sich das im genannten Bescheid ausgesprochene Waffenverbot auf § 12 Abs. 1 des Waffengesetzes (WaffG) in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 520/1994 stütze. Mit dem Bescheid 1. Instanz war dem Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs. 1 WaffG in der damals geltenden Fassung vor der WaffG-Novelle 1994 der Besitz von Waffen und Munition verboten worden.
Die belangte Behörde führte in der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen aus:
Dem Beschwerdeführer sei am 1. Dezember 1980 eine Waffenbesitzkarte ausgestellt worden. Im Jahr 1986 habe er die Ausstellung eines Waffenpasses beantragt, weil er sich vor der "Unterwelt" schützen wolle und sich von einem Nachbarn bedroht fühle. Dieser Antrag sei mangels Vorliegens eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen abgewiesen worden. In weiterer Folge habe der Beschwerdeführer durch zahlreiche Eingaben an verschiedenste Behörden seiner Entrüstung über ein in seinem Haus wohnendes "Homosexuellen-Paar" Ausdruck verliehen, wobei er immer wieder angegeben habe, von diesen Männern bedroht, beschimpft und bespuckt zu werden. Polizeiliche Erhebungen hätten aber keinen strafrechtlich relevanten Tatbestand ergeben.
Am 21. Februar 1994 sei die Gattin des Beschwerdeführers in seiner Begleitung von der Rettung in das Hanusch-Krankenhaus gebracht worden, wobei der Rettungsärztin die Schußwaffen in der Wohnung des Beschwerdeführers aufgefallen seien. Dies sei den Beamten des Bezirkspolizeikommissariates Schmelz mitgeteilt und gleichzeitig der Verdacht geäußert worden, daß der Beschwerdeführer an Paranoia leide. Zwei Tage später habe der Beschwerdeführer im Journaldienst des Kommissariates angerufen und mitgeteilt, daß er von der Mafia bedroht werde, die ihn und seine Gattin umbringen wolle. Daraufhin hätten sich Kriminalbeamte in die Wohnung des Beschwerdeführers begeben, der zu diesem Zeitpunkt zwei Pistolen und eine Gaspistole griffbereit und in geladenem und gespanntem Zustand neben seinem Bett liegen gehabt habe. Gegenüber den Beamten habe er angegeben, diese Waffen zu benötigen, um sich gegen die Mafia wehren zu können. Außerdem habe er den Beamten mitgeteilt, daß von seinem Radio, das völlig einwandfrei funktioniert habe, "Mörderstrahlen" ausgingen, wodurch er und seine Frau umgebracht würden.
Der Beschwerdeführer sei daraufhin vom Polizeiamtsarzt untersucht worden, der ihn aufgrund seiner Wahnideen und Angstzustände in das psychiatrische Krankenhaus der Stadt Wien eingewiesen habe. Auch anläßlich der von der Behörde erster Instanz veranlassten amtsärztlichen Untersuchung am 5. April 1994 sei vom Amtsarzt festgestellt worden, daß beim Beschwerdeführer paranoide Tendenzen beim Altersabbau und fixe Ideen beherrschend seien. Darüberhinaus sei er schon allein aus körperlicher Sicht (Stützkrücken) nicht in der Lage, eine Faustfeuerwaffe sicher zu handhaben. Letztlich sei auch der Polizeichefarzt, der den Beschwerdeführer am 5. Dezember 1994 untersucht habe, zum Ergebnis gelangt, daß dieser das Bild einer Erkrankung biete, die dem schizophrenen Formenkreis zugerechnet werden müsse, wobei die Verfolgungsideen im Vordergrund stünden. Das Gutachten sei davon ausgegangen, daß die Annahme, der Beschwerdeführer könne durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden, gerechtfertigt sei.
Der Beschwerdeführer bringe dagegen vor, daß das psychiatrische Krankenhaus mit fachärztlicher Bestätigung vom 4. Mai 1994 festgestellt habe, daß bei ihm keine kognitiven Beeinträchtigungen psychopathologisch vorlägen. Dabei übersehe der Beschwerdeführer aber, daß die Untersuchung im psychiatrischen Krankenhaus mehr als ein halbes Jahr vor der polizeichefärztlichen Untersuchung erfolgt sei und andererseits, daß der am psychiatrischen Krankenhaus untersuchende Facharzt angegeben habe, die paranoiden Gedanken des Beschwerdeführers mangels Kenntnis des Umfelds seiner Wohnung nicht beurteilen zu können.
Nach Ansicht der belangten Behörde seien aber gerade die Kenntnisse dieser Umstände für die Beurteilung der Gesamtpersönlichkeit des Beschwerdeführers maßgebend. Alleine die Tatsache, daß sich dieser durch "Mörderstrahlen" aus dem Radio bedroht fühle und zu seinem Schutz drei geladene Faustfeuerwaffen neben seinem Bett liegen gehabt habe, lasse selbst einen medizinischen Laien die krankhaften Verfolgungsängste des Beschwerdeführers erkennen. Aufgrund der von diesem an den Tag gelegten Verhaltensweise sei die hier erforderliche Verhaltensprognose negativ zu beurteilen, eine Gefährdung der durch § 12 WaffG geschützten Rechtsgüter könne nach menschlicher Voraussicht jedenfalls nicht ausgeschlossen werden. Die belangte Behörde gelange daher zur Auffassung, daß die Annahme gerechtfertigt sei, der Beschwerdeführer könnte durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden. Der Berufung habe daher keine Folge gegeben werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer läßt den Teil des von der Behörde angeführten Sachverhaltes, welcher sich auf die Vorfälle im Februar 1994 bezieht, unbekämpft. Er wendet sich jedoch gegen die vorliegenden Gutachten der Amtsärzte und hält diesen die fachärztliche Bestätigung vom 4. Mai 1994 des psychiatrischen Krankenhauses entgegen. Die Feststellungen der Amtsärzte würden kein psychiatrisches Fachgutachten ersetzen, welches festzustellen hätte, ob eine floride Psychose überhaupt vorhanden sei bzw. in absehbarer Zeit eintreten könnte. Die Unterlassung dieses Beweismittels sei relevant und hätte zu unrichtigen Annahmen der belangten Behörde geführt. Es wäre diesfalls hervorgekommen, daß eine akute Erkrankung im Hinblick auf den Geisteszustand des Beschwerdeführers weder vorhanden noch absehbar sei.
§ 12 Abs. 1 WaffG in der Fassung der Novelle
BGBl. Nr. 520/1994 lautet:
"(1) Die Behörde hat einer Person den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese Person durch die mißbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte."
Diese Vorschrift dient, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung bereits wiederholt ausgeführt hat (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 22. Jänner 1992, Zl. 91/01/0175, und vom 20. September 1995, Zl. 94/20/0658), der Verhütung einer mißbräuchlichen (d.i. - "gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch" - vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1994, Zl. 93/01/0337) Verwendung von Waffen und setzt nicht voraus, daß bereits tatsächlich eine mißbräuchliche Verwendung durch jene Person erfolgt ist, gegen die das Waffenverbot verhängt wird. Vielmehr genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, daß von der Waffe ein die Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit beeinträchtigender gesetz- oder zweckwidriger ("mißbräuchlicher") Gebrauch gemacht werden könnte. Hiebei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der auch mit dem Besitz von Schußwaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Jänner 1992, Zl. 91/01/0175, sowie vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0246, und vom 20. September 1995, Zl. 95/20/0658).
Voraussetzung für die Verhängung eines Waffenverbotes ist die gerechtfertigte Annahme der Gefahr eines Mißbrauchs der Waffe. Die Annahme der Mißbrauchsgefahr muß - nach dem Wortlaut des Gesetzes - durch Tatsachen gerechtfertigt sein. Die belangte Behörde stützte ihre diesbezüglichen Annahmen zum einen auf die eingeholten Gutachten der Amtsärzte vom 15. April 1994 und 5. Dezember 1994, zum anderen auf konkrete Vorfälle, die sich vornehmlich im Februar 1994 ereigneten. Die Beschwerde zieht die Eignung dieser Gutachten in Zweifel und stützt sich ihrerseits auf die fachärztliche Bestätigung vom 4. Mai 1994. Der Beschwerdeführer übersieht dabei aber, daß mit dieser fachärztlichen Bestätigung die von den Amtsärzten festgestellte paranoide Neigung des Beschwerdeführers nicht widerlegt wurde. Der Bestätigung vom 4. Mai 1994 ist diesbezüglich nämlich nur der Satz zu entnehmen, daß "paranoide Gedanken bei der jetzigen Untersuchung NICHT BEURTEILBAR sind, da die Ängste des Beschwerdeführers glaubhaft geschildert werden, nachvollziehbar sind und mir das Umfeld seiner Wohnung nicht näher bekannt ist."
Dem steht das polizeiamtsärztliche Gutachten vom 15. April 1994 entgegen, wonach "paranoide Tendenzen beim Altersabbau und fixe Ideen beherrschend seien". Auch das Gutachten des Chefarztes der Bundespolizeidirektion Wien vom 5. Dezember 1994 spricht davon, daß der Beschwerdeführer "völlig uneinsichtig" sei. Er spreche viel und verliere im Laufe seiner Erzählung immer wieder den Zusammenhang. Ganz deutliche Verfolgungsideen seien explorierbar.
Orientierungsstörungen seien keine vorhanden. Bezüglich seiner persönlichen Situation und seines Gesundheitszustandes sei eine völlige Kritiklosigkeit feststellbar. Insgesamt biete der Beschwerdeführer das Bild einer Erkrankung, die dem schizophrenen Formenkreis zugerechnet werden müsse, wobei die Verfolgungsideen im Vordergrund stünden.
Es kann daher der belangten Behörde nicht widersprochen werden, wenn sie angesichts der vorliegenden Gutachten
- zulässigerweise unter stärkerer Berücksichtigung des dem Bescheiderlassungszeitpunkt zeitlich nähergelegenen Gutachtens vom 5. Dezember 1994 - zum Schluß kam, daß das Vorliegen paranoider Tendenzen (Verfolgungswahn) beim Beschwerdeführer erwiesen sei. Sieht man diese Diagnose im Zusammenhang mit den
- vom Beschwerdeführer unbestrittenen - Vorfällen im Februar 1994, insbesondere damit, daß der Beschwerdeführer drei geladene und schußbereite Waffen zum Schutz vor nicht objektivierbaren Gefahren frei herumliegen hatte, so läßt dies die Befürchtung begründet erscheinen, daß der Beschwerdeführer durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
Dabei ist das in der Beschwerde vorgebrachte Argument, der 1913 geborene Beschwerdeführer habe sich während seiner gesamten Lebenszeit keinen derartigen Mißbrauch zuschulden kommen lassen, deshalb unbeachtlich, weil eine schon erfolgte mißbräuchliche Verwendung von Waffen nicht Voraussetzung für die Verhängung eines Waffenverbotes ist (vgl. die obzitierten hg. Erkenntnisse vom 22. Jänner 1992, vom 24. November 1993 u. a.). Anders als etwa bei den Entziehungstatbeständen des § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 WaffG setzt der Verbotstatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG eine zu befürchtende qualifizierte rechtswidrige Verwendung von Waffen, nämlich durch Mißbrauch, voraus. Liegen aber diese Voraussetzungen vor, so hat die Behörde nach § 12 Abs. 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne daß ein bisher untadeliges Vorleben die Zukunftsprognose entkräften könnte. Wesentlich ist die Tatsache, daß einer vom Waffenverbot betroffenen, paranoide Tendenzen aufweisenden Person, die zur Abwehr bloß in ihrer Einbildung existierender Verfolgung bzw. Gefahren mehrere Waffen zum sofortigen Gebrauch bereithält, auf Grund ihres Verhaltens in anderen eingebildeten "Bedrohungssituationen" auch eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder Freiheit Dritter oder fremden Eigentums durch die mißbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist (vgl. u.a. hg. Erkenntnis vom 20. September 1995, Zl. 94/20/0658). Die Behörde hat daher zu Recht das gegenständliche Waffenverbot ausgesprochen.
Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf
die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert werden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse diese Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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