VwGH 95/19/0792

VwGH95/19/079224.3.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Juli 1995, Zl. 106.651/2-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §6 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AufG 1992 §6 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Juli 1995 wurde der namens des Beschwerdeführers durch seinen Rechtsanwalt bei der österreichischen Botschaft in Budapest gestellte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 6 Abs. 2 AufG sei der Antrag vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Beschwerdeführer habe sich nachweislich vor seiner Antragstellung illegal im Bundesgebiet aufgehalten. Der Antrag sei nicht vor seiner Einreise vom Ausland aus gestellt worden, weil er vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eingebracht worden sei, während dieser selbst nicht ausgereist sei und sich "nachweisbar illegal" gemäß § 15 FrG im Bundesgebiet aufhalte. Der Beschwerdeführer wolle zwar in Österreich arbeiten, eine "weitere Auseinandersetzung" mit seinen persönlichen Verhältnissen sei jedoch "unzulässig", "da es sich um Mißachtung von Verfahrensvorschriften" handle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 6 AufG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 351/1995 lautet auszugsweise:

"§ 6. (1) Außer in den Fällen des § 7 Abs. 1 werden die Bewilligung und deren Verlängerung auf Antrag erteilt. In dem Antrag ist der Zweck des vorgesehenen Aufenthaltes genau anzugeben und glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliegt. Der Antragsteller kann den bei der Antragstellung angegeben Zweck im Laufe des Verfahrens nicht ändern.

(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: ..."

§ 60 AVG lautet:

"§ 60. In der Begründung sind die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen."

Der Bestimmung des § 6 Abs. 1 AufG ist nicht zu entnehmen, der Fremde habe von sich aus glaubhaft zu machen, daß der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gestellt wurde. Das Vorliegen der Erfolgsvoraussetzung des § 6 Abs. 2 AufG ist daher gemäß § 39 Abs. 2 erster Satz AVG von der Behörde von Amts wegen zu prüfen, wenn sie - wie hier - nicht aufgrund ihrer Vermutung, die Regelung des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG solle umgangen werden, nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung vorgeht. Dabei trifft die Partei die Pflicht, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz 321).

Dieser Mitwirkungspflicht kam der Beschwerdeführer im vorliegenden Verwaltungsverfahren nicht nach, weil er es unterließ, die Antragsfrage nach seinem Wohnsitz im Zeitpunkt der Antragstellung zu beantworten. Obwohl die erstinstanzliche Behörde bereits den Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 AufG gebrauchte, unterließ es der Beschwerdeführer, in seiner Berufung konkrete Angaben über seinen Aufenthalt im Zeiptunkt der Antragstellung zu machen.

Diese Verletzung der Mitwirkungspflicht hätte die belangte Behörde berechtigt, das diesbezügliche Verhalten des Beschwerdeführers in ihre Beweisüberlegungen einzubeziehen (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 12. Oktober 1982, Zl. 82/11/0162, vom 29. November 1988, Zl. 88/11/0015, und vom 11. Juni 1991, Zl. 90/07/0166).

Die belangte Behörde beschränkte sich jedoch in ihrer Bescheidbegründung darauf, zu behaupten, daß sich der Beschwerdeführer "nachweislich" vor der Antragstellung illegal im Inland aufgehalten habe, nicht ausgereist sei und sich "nachweisbar illegal gemäß § 15 FrG" im Bundesgebiet aufhalte. Eine dem § 60 AVG entsprechende Begründung ihrer zu den wiedergegebenen Feststellungen führenden Beweiswürdigung enthält der angefochtene Bescheid nicht.

Der Beschwerdeführer, welcher in seiner Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof behauptet, er sei vor Antragstellung aus Österreich ausgereist, ist daher im Recht, wenn er der belangten Behörde einen Verstoß gegen die Begründungspflicht durch Unterlassung der Zusammenfassung der bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen vorwirft.

Aus diesem Grunde war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte