VwGH 95/18/1363

VwGH95/18/136326.6.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der V in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. September 1995, Zl. SD 518/95, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 13. September 1995 wurde aufgrund des Antrages der Beschwerdeführerin gemäß § 54 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß sie im Staatsgebiet der "Jugoslawischen Föderation (Restjugoslawien)" gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.

Die Beschwerdeführerin gehöre der albanischen Volksgruppe im Kosovo an. Sie habe ihren Antrag gemäß § 54 Abs. 1 FrG damit begründet, aufgrund der Mitgliedschaft zur "Gruppe Demokratie Kosovo" ihren Posten als Krankenschwester verloren zu haben. Einen Mitgliedsausweis habe sie nicht vorlegen können. Dieses Vorbringen stehe in krassem Widerspruch zu den Angaben der Beschwerdeführerin im Asylverfahren am 29. April 1992, wo sie behauptet habe, nie Mitglied einer politischen Partei gewesen zu sein. Erst als sie von der beabsichtigten Erlassung einer Ausweisung erfahren habe, "fiel ihr ein", daß sie Mitglied der Partei "Gruppe Demokratie Kosovo" gewesen wäre. Für die belangten Behörde sei nicht nachvollziehbar, wieso der Beschwerdeführerin, die keiner Partei angehört habe, wegen der politischen Aktivitäten ihres Mannes - der im Juli und August 1989 eine wegen der Teilnahme an einer verbotenen Demonstration über ihn verhängte 60-tägige Freiheitsstrafe verbüßt habe - eine Gefahr drohen solle, zumal sie erst zweidreiviertel Jahre nach der Bestrafung ihres Gatten die Heimat verlassen habe. Anläßlich der niederschriftlichen Einvernahme im Asylverfahren habe die Beschwerdeführerin zugegeben, die Heimat deshalb gemeinsam mit ihrem Gatten verlassen zu haben, weil dieser einen Einberufungsbefehl erhalten hätte, dem er nicht hätte Folge leisten wollen. Dieser Einberufungsbefehl könne jedenfalls nicht als eine gegen die Beschwerdeführerin gerichtete Verfolgungshandlung interpretiert werden. Im übrigen habe die Beschwerdeführerin nur allgemeine Nachteile vorgebracht, welche Angehörige der albanischen Volksgruppe im Kosovo zu tragen hätten.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sie die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 54 Abs. 1 FrG hat auf Antrag eines Fremden die Behörde mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht ist.

Nach § 37 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß er Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Nach § 37 Abs. 2 FrG ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung eines Fremden in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z. 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974).

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Falle der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. November 1996, Zl. 94/18/1173).

3.1. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht hat die belangte Behörde nicht festgestellt, daß die Beschwerdeführerin Mitglied der Partei "Gruppe Demokratie Kosovo" gewesen sei, vielmehr hat sie ausdrücklich ausgeführt, die diesbezüglichen Angaben im Antrag gemäß § 54 Abs. 1 FrG seien nicht glaubwürdig, weil die Beschwerdeführerin bei ihrer Vernehmung im Asylverfahren ausgesagt habe, nie Mitglied einer politischen Partei gewesen zu sein. Diese Beweiswürdigung kann im Hinblick darauf, daß die unmittelbar nach der Einreise gemachten - unbeeinflußten - Aussagen erfahrungsgemäß am ehesten der Wahrheit entsprechen, nicht als unschlüssig erkannt werden und begegnet daher im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken.

3.2. Der von der Beschwerdeführerin bereits bei ihrer Vernehmung im Asylverfahren vorgebrachte Verlust des Arbeitsplatzes stellt, selbst wenn er aus politischen oder ethnischen Gründen erfolgt wäre, weder eine unmenschliche Behandlung (§ 37 Abs. 1 FrG) noch eine Bedrohung des Lebens oder der Freiheit (§ 37 Abs. 2 FrG) dar (vgl. dazu auch die ständige hg. Judikatur, wonach der Verlust des Arbeitsplatzes - ohne massive Gefährdung der Existenzgrundlage - die Asylgewährung nicht rechtfertigt; etwa das Erkenntnis vom 19. März 1997, Zl. 95/01/0458). Es sei hinzugefügt, daß es sich bei dem Beschwerdevorbringen, die Beschwerdeführerin sei anläßlich der Vertreibung von ihrem Arbeitsplatz als Krankenschwester von "bewaffneten serbischen Kräften" damit bedroht worden, sie würde "die Sonne des nächsten Tages nicht mehr sehen", wenn sie am nächsten Tag zur Arbeit erschiene, um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) handelt.

3.3. Soweit sich die Beschwerde darauf stützt, daß der Ehegatte der Beschwerdeführerin die Ableistung des Wehrdienstes verweigert habe und politischer Verfolgung ausgesetzt gewesen sei, macht sie jedenfalls keine sie selbst betreffende Gefährdung und/oder Bedrohung geltend.

4. Da nach dem Gesagten der im Instanzenzug getroffenen Feststellung der belangten Behörde, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Gefährdung und/oder Bedrohung der Beschwerdeführerin in ihrer Heimat im Sinne des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG, Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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