Normen
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
Spruch:
A. den Beschluß gefaßt: Die Beschwerde wird insoweit als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt, als mit dem angefochtenen Bescheid festgestellt wurde, daß keine stichhältigen Gründe für die Annahme bestehen, daß der Beschwerdeführer in Ruanda i.S. des § 37 Abs. 1 FrG bedroht sei;
B. zu Recht erkannt: Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Feststellung, daß keine sichthältigen Gründe für die Annahme bestehen, daß der Beschwerdeführer in Ruanda i.S. des § 37 Abs. 2 FrG bedroht sei, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
C. Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 28. Oktober 1994 wurde gemäß § 54 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, daß keine stichhältigen Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer in Ruanda gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.
Nachdem die belangte Behörde zunächst die Gründe des erstinstanzlichen Bescheides als auch für ihre Entscheidung maßgebend erklärte, hielt sie fest, daß das Vorbringen des Fremden die zentrale Entscheidungsgrundlage darstelle, wobei es diesem obliege, alles Zweckdienliche vorzubringen, um das Vorliegen der Voraussetzungen des § 37 FrG nachvollziehen zu können. Aufgrund des Vorbringens habe die Behörde zu beurteilen, ob es glaubwürdig sei, daß der Fremde in seinem Heimatstaat aufgrund staatlicher Verfolgung um sein Leben oder seine Freiheit fürchten müsse. Die Behörde könne einen Sachverhalt nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Fremde während des Verfahrens vor den verschiedenen Instanzen und Behörden im wesentlichen gleichbleibende Angaben mache und diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend seien.
Ausgehend davon sei festzustellen, daß der Beschwerdeführer keinerlei konkrete Angaben mache, die seine persönliche Bedrohung i.S. des § 37 FrG darzulegen vermöchten. Der Beschwerdeführer verweise lediglich auf den zwischen den Hutu und den Tutsi in seinem Heimatland stattfindenden Bürgerkrieg und darauf, daß er als Angehöriger der südlichen Hutu, die mit den Tutsi kooperierten, aufgrund dieses Krieges in Ruanda um sein Leben fürchten müßte. Dazu sei darauf hinzuweisen, daß allein die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe, die in diese Kriegshandlungen verwickelt sei, nicht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 37 leg.cit. zu untermauern vermöge, da die Auswirkungen einer Bürgerkriegssituation für alle Angehörigen der jeweiligen Streitparteien in gleichem Ausmaß gegeben sei und daher keine konkrete persönliche Bedrohung des Beschwerdeführers darstellten. Verfolgungshandlungen, die gegen ihn persönlich gerichtet gewesen wären, habe der Beschwerdeführer aber nicht behauptet.
Abgesehen davon habe sich der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Angehörigen im Verlauf des Verfahrens in Widersprüche verwickelt. Habe er anläßlich seiner Einvernahme vor dem Bezirkspolizeikommissariat Simmering am 19. Juni 1994 erklärt, daß sämtliche Verwandte nach einem Putsch getötet worden wären, habe er am 21. Juni 1994 vor dem Fremdenpolizeilichen Büro deponiert, daß seine Familie in Ruanda leben würde und er daher nicht wüßte, was mit seinen Angehörigen geschehen sei.
Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer erklärt, an keinerlei Kampfhandlungen teilgenommen und in seinem Heimatland keiner politischen Partei angehört zu haben. Die bloße Behauptung des Beschwerdeführers, sein Vater sei Mitglied der "Liberalen Partei" gewesen, sei ebenfalls nicht geeignet, eine persönliche Bedrohung des Beschwerdeführers i.S. des § 37 FrG glaubhaft zu machen.
Angesichts des gegebenen Sachverhaltes hätten keine stichhältigen Gründe für die Annahme objektiviert werden können, daß der Beschwerdeführer in Ruanda gemäß § 37 As. 1 oder Abs. 2 leg.cit. bedroht wäre.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Zu Spruchpunkt A.
Im Hinblick darauf, daß der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 13. Juni 1995, B 2652/94 (unter Spruchpunkt I.), zu Recht erkannt hat, daß der Beschwerdeführer, soweit durch den angefochtenen Bescheid festgestellt wurde, daß keine stichhältigen Gründe für die Annahme bestehen, daß der Beschwerdeführer in Ruanda i.S. des § 37 Abs. 1 bedroht sei, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, nicht der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden, verletzt worden ist und den angefochtenen Bescheid insoweit aufgehoben hat, wurde der Beschwerdeführer in diesem Umfang klaglos gestellt. Das gegenständliche Verfahren war daher, soweit sich die Beschwerde gegen die vorgenannte bescheidmäßige Feststellung richtet, gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.
Zu Spruchpunkt B.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Falle der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben dazutun ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 6. Mai 1997, Zl. 97/18/0180, mwN).
2. Die belangte Behörde befindet sich in Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wenn sie die Ansicht vertritt, daß die Zugehörigkeit eines Fremden zu einer ethnischen Gruppe (Volksgruppe) für sich allein nicht ausreicht, um eine ihn individuell betreffende aktuelle Verfolgungssituation (i.S. des § 37 Abs. 2 FrG) darzutun (vgl. nochmals das vorzitierte Erkenntnis Zl. 97/18/0180). Gleichfalls nicht entgegengetreten werden kann der Auffassung der belangten Behörde, daß allgemeine Hinweise auf eine Bürgerkriegssituation im Heimatland des Fremden zur Glaubhaftmachung seiner Bedrohung i.S. des § 37 Abs. 2 leg.cit. nicht geeignet sind (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Februar 1996, Zl. 95/18/0443, mwN). Schließlich entspricht es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, daß der Fremde mit Ausführungen zur allgemeinen (politischen) Situation in dem von seinem Feststellungsantrag erfaßten Staat eine konkrete Bedrohung seiner Person i.S. des § 37 Abs. 2 FrG nicht glaubhaft machen kann (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 18. Dezember 1996, Zl. 96/18/0685, und vom 22. Mai 1997, Zl. 95/18/1183, und Zl. 97/18/0144).
3. Der Beschwerdeführer hat zwar im Verwaltungsverfahren auf alle der vorgenannten Umstände Bezug genommen, allerdings auch - was die belangte Behörde übersieht - dargelegt, daß und weshalb er glaubt, aus diesen eine konkrete Bedrohung seiner Person im Fall einer Rückkehr nach Ruanda ableiten zu können. Insbesondere seinem Vorbringen in der gegen den erstinstanzlichen Feststellungsbescheid vom 28. Juni 1994 gerichteten Berufung ist die Behauptung des Beschwerdeführers - der insoweit auf mit zahlreichen detaillierten Quellenangaben belegte Ausführungen in seiner Berufung gegen das über ihn verhängte Aufenthaltsverbot ("Exkurs zur Verdeutlichung der allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation in Ruanda") verweist - zu entnehmen, sein Heimatstaat sei angesichts des zwischen den verfeindeten ethnischen Gruppen der Hutu und der Tutsi tobenden Bürgerkrieges generell infolge Fehlens einer funktionierenden Staatsgewalt nicht in der Lage, die ihm als Angehörigem der "Südhutu", die mit den Tutsi (der Minderheitenvolksgruppe) zusammenarbeite, von den "Nordhutu" drohende Gefahr für sein Leben und seine Freiheit zu verhindern. Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers ist von rechtlicher Relevanz, weil Verfolgungen bestimmter Bevölkerungsgruppen durch andere im Fall des Fehlens ausreichenden staatlichen Schutzes vor solchen Übergriffen einer vom Staat ausgehenden oder von ihm zumindest gebilligten Bedrohung i.S. des § 37 Abs. 2 FrG gleichzuhalten sind (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 1. Februar 1995, Zl. 94/18/0731, und vom 30. April 1996, Zl. 94/18/1074).
Die belangte Behörde hat es verabsäumt, sich mit den diesbezüglichen Darlegungen des Beschwerdeführers zu befassen. Dies wäre im Hinblick darauf geboten gewesen, daß sich sein Vorbringen nicht als bloße (unsubstantiierte) Behauptung darstellte, es vielmehr durch im einzelnen bezeichnete Quellen untermauert und als solches - in Verbindung mit den übrigen vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren gemachten Angaben (dem im angefochtenen Bescheid aufgezeigten Widerspruch in den das Schicksal seiner Familie betreffenden Angaben unmittelbar nach seiner Einreise kommt nach Lage des Falles keine wesentliche Bedeutung zu) - keineswegs von vornherein ungeeignet war, auch eine seine Person betreffende konkrete Bedrohungssituation i.S. des § 37 Abs. 2 FrG als wahrscheinlich darzutun.
4. Nach dem Gesagten leidet der bekämpfte Bescheid an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG. Er war daher aus diesen Gründen aufzuheben.
Zu Spruchpunkt C.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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