Normen
AdLRegOrgG 1925;
ARG 1984 §11 Abs1;
ARG 1984 §15 Abs1;
ARG 1984 §3 Abs1;
ARG 1984;
ASchG 1972;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs4;
AZG §20 Abs1;
AZG §3 Abs1;
AZG §7 Abs5;
AZG;
KJBG 1948;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
AdLRegOrgG 1925;
ARG 1984 §11 Abs1;
ARG 1984 §15 Abs1;
ARG 1984 §3 Abs1;
ARG 1984;
ASchG 1972;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs4;
AZG §20 Abs1;
AZG §3 Abs1;
AZG §7 Abs5;
AZG;
KJBG 1948;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, Zl. 93/18/0087, hingewiesen. Mit diesem wurde der im Instanzenzug ergangene Bescheid der belangten Behörde vom 13. Jänner 1993, mit dem der Beschwerdeführer wegen insgesamt 31 Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes und 20 Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes, die der Beschwerdeführer in den Monaten Juni und Juli 1990 begangen habe, bestraft worden war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil im Spruch dieses Bescheides die Angabe des Tatortes gefehlt hatte.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde im wesentlichen ihren Bescheid vom 13. Jänner 1993 wiederholt und in Punkt I des Spruches ergänzend festgestellt, daß der Tatort B, gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht auf Einstellung des Verfahrens wegen eingetretener Verfolgungsverjährung, im Recht, dem Spruch eines Straferkenntnisses unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen wurde, im Recht, die bescheiderlassende Behörde unzweifelhaft feststellen zu können, und schließlich im Recht, einen sämtlichen Formerfordernissen des AVG entsprechenden Bescheid zu erhalten, als verletzt und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer meint, "der Nachholung der Angabe des Tatortes steht die eingetretene Verfolgungsverjährung entgegen". Dem liegt offenbar die Auffassung zugrunde, die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10. Dezember 1990 sei deshalb keine - den Eintritt der Verfolgungsverjährung hindernde - Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs. 2 VStG, weil sie den Tatort, nämlich den Sitz der Geschäftsleitung der Aktiengesellschaft, deren Vorstandsmitglied der Beschwerdeführer ist, nicht enthalten, sondern lediglich ausgeführt habe, die Übertretungen seien bei Erhebungen an einer näher bezeichneten Betriebsstätte dieser Gesellschaft festgestellt worden.
Dem Beschwerdeführer ist diesbezüglich entgegenzuhalten, daß es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften für den Ausschluß der Verfolgungsverjährung genügt, wenn sich die Verfolgungshandlung auf die konkrete Filiale bezieht, in der die Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften stattgefunden hat (siehe das Erkenntnis vom 19. November 1990, Zl. 90/19/0479, mwN). Dieser Rechtssatz ist auch hier anzuwenden, weil dem Inhalt der Aufforderung zur Rechtfertigung zweifelsfrei zu entnehmen war, in welcher Betriebsstätte der Aktiengesellschaft es zu den dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretungen gekommen sei. Der vorliegende Beschwerdefall bietet keinen Grund, von der genannten Rechtsprechung abzugehen.
Daß Verjährung nach § 31 Abs. 3 VStG eingetreten sei, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Diese Verjährung ist auch - worauf in der Gegenschrift zutreffend hingewiesen wird - im Hinblick auf das eingangs genannte verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht eingetreten.
2.1. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, die als erwiesen angenommenen Taten seien nicht genügend konkretisiert, weil der genaue stundenmäßige Zeitraum der Arbeitszeit nicht festgehalten worden sei.
Dem ist zu erwidern, daß die im erstinstanzlichen Straferkenntnis vom 24. März 1992 (in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 14. April 1992) enthaltenen (insgesamt 56 Übertretungen betreffenden) Schuldsprüche, die in Ansehung von 51 Übertretungen von der belangten Behörde übernommen und damit zum Inhalt des angefochtenen Bescheides gemacht wurden, die als erwiesen angenommenen Taten durch Angabe der Namen der Arbeitnehmer, der Tage und des Ausmaßes der geleisteten Arbeitszeit umschrieben haben. Die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Spruch eines Straferkenntnisses hat in einer Weise zu erfolgen, daß die Zuordnung der Tat zu der verletzten Verwaltungsvorschrift in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg.Nr. 11.466/A). Die Konkretisierung der Tat soll den Beschuldigten in die Lage versetzen, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen Vorwurf widerlegen zu können, und ihn rechtlich davor schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg.Nr. 11.894/A). Diesen Anforderungen entspricht der angefochtene Bescheid. Der Beschwerdeführer zeigt auch nicht auf, inwiefern er durch die Umschreibung der ihm angelasteten Taten in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt oder der Gefahr der Doppelbestrafung ausgesetzt werde. Sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren läßt vielmehr erkennen, daß ihm völlig klar war, welche Taten ihm angelastet werden.
2.2. Das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, der Spruch des angefochtenen Bescheides entspreche nicht § 44a lit. b VStG 1950 (nunmehr § 44a Z. 2 VStG) geht am Inhalt des angefochtenen Bescheides vorbei. Im Gegensatz zu den Beschwerdebehauptungen hat sich die belangte Behörde (durch die Übernahme der entsprechenden Spruchteile aus dem erstinstanzlichen Bescheid) nicht auf das bloße Zitieren von Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes beschränkt. Dem angefochtenen Bescheid ist vielmehr - insbesondere aufgrund der Numerierung der einzelnen Taten und die unter der entsprechenden Nummer angeführte verletzte Verwaltungsvorschrift - unmißverständlich zu entnehmen, durch welche Tat welche Verwaltungsvorschrift verletzt wurde.
3.1. Soweit sich der Beschwerdeführer im Recht verletzt erachtet, die bescheiderlassende Behörde unzweifelhaft feststellen zu können, ist seinem Vorbringen nicht zu entnehmen, warum diese Feststellung nicht möglich sein soll. Die Fertigungsklausel "Für den Landeshauptmann" läßt keinen Zweifel daran, daß der angefochtene Bescheid dem Landeshauptmann von Steiermark zuzurechnen ist, dieser also die bescheiderlassende Behörde ist. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß im Vordruck der ersten Seite des angefochtenen Bescheides das Amt der Steiermärkischen Landesregierung - das ist der gemeinsame Hilfsapparat der Landesregierung und des Landeshauptmannes - genannt ist (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, unter E.Nr. 19 zu § 1 AVG zitierte hg. Rechtsprechung). Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers ist somit im angefochtenen Bescheid die gemäß § 18 Abs. 4 AVG 1950 erforderliche Bezeichnung der bescheiderlassenden Behörde enthalten.
3.2. Soweit der Beschwerdeführer einen weiteren Verstoß gegen § 18 Abs. 4 AVG 1950 darin erblickt, daß der angefochtene Bescheid weder die Unterschrift des Genehmigenden noch einen Beglaubigungsvermerk der Kanzlei enthält, und deshalb den Bescheidcharakter der angefochtenen Erledigung verneint, genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das denselben Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1994, Zl. 92/18/0366, hinzuweisen, in dem - in einem insoweit gleichgelagerten Fall - ein gleichartiges Beschwerdevorbringen als unbegründet erkannt wurde.
4. Die erstinstanzliche Behörde hat in ihrem Bescheid vom 24. März 1992 von den insgesamt 56 Übertretungen, die Gegenstand ihres Verfahrens gewesen sind, nur hinsichtlich 14 Übertretungen die als erwiesen angenommene Tat im Spruch umschrieben und die weiteren als erwiesen angenommenen Taten erst im Berichtigungsbescheid vom 14. April 1992 angeführt. In der Begründung des Berichtigungsbescheides wurde das Versehen damit begründet, daß die EDV-Anlage den Text der Position 14 nur zum Teil und den Text zu den Positionen 15 bis 56 überhaupt nicht gedruckt habe.
Der Beschwerdeführer macht geltend, daß es sich dabei um keinen "berichtigungsfähigen" Mangel gehandelt habe, weil wesentliche Teile des Spruches geändert worden seien und außerdem nicht geprüft worden sei, ob es sich um einen Programmfehler gehandelt habe, der einem Fehler der behördlichen Willensbildung gleichzuhalten und daher nicht "berichtigungsfähig" sei.
Durch die vom Beschwerdeführer gerügte Vorgangsweise ist eine Rechtsverletzung auch dann nicht erfolgt, wenn die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG nicht gegeben gewesen sein sollten. Beim Abspruch über mehrere Übertretungen, die Gegenstand desselben Verfahrens gewesen sind, handelt es sich um trennbare Absprüche im Sinne des § 59 Abs. 1 zweiter Satz AVG. Es wäre daher zulässig gewesen, zunächst nur über einen Teil der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretungen abzusprechen und erst in weiteren Bescheiden über die anderen Übertretungen. Durch die von der Erstbehörde gewählte Vorgangsweise, die fehlenden Absprüche durch einen Berichtigungsbescheid nachzuholen, wurde der Beschwerdeführer fallbezogen nicht anders gestellt, als wenn die Behörde über die dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretungen ausdrücklich in zwei als solchen bezeichneten Teilbescheiden abgesprochen hätte. Die Verteidigungsmöglichkeiten des Beschwerdeführers wurden nicht beeinträchtigt, wie auch der Inhalt der von ihm erhobenen Berufungen zeigt.
5. Der Beschwerdeführer rügt schließlich, die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, daß er sich auf das Vorliegen außergewöhnlicher Fälle im Sinne des § 20 Abs. 1 lit. b Arbeitszeitgesetz berufen habe.
Der Auffassung der belangten Behörde, die das Vorliegen außergewöhnlicher Fälle verneint hat, kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß außergewöhnliche Fälle im Sinne des § 20 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz Ereignisse sind, die außerhalb des gewöhnlichen Betriebsablaufes liegen und nur nach strengsten Maßstäben zu einer vorübergehenden Durchbrechung der gesetzlichen Schutzvorschriften berechtigen können. Die das Erfordernis der Mehrarbeit bedingenden Umstände dürfen weder regelmäßig noch vorhersehbar sein (siehe das hg. Erkenntnis vom 30. September 1993, Zlen. 92/18/0118 bis 0125, mwN). Das gleiche gilt für die im wesentlichen inhaltsgleiche Regelung betreffend Ausnahmen in außergewöhnlichen Fällen gemäß § 11 Abs. 1 Arbeitsruhegesetz. Wer sich auf das Vorliegen eines außergewöhnlichen Falles im Sinne der zitierten Gesetzesstellen beruft, hat konkretes, durch Beweisanbote untermauertes Tatsachenvorbringen zu erstatten, das - seine Richtigkeit vorausgesetzt - die Anwendung der zitierten Gesetzesstellen rechtfertigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1996, Zl. 94/11/0078, mwN). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht. Soweit er im Verwaltungsverfahren wiederholt von "Problemen" im Zusammenhang mit der Errichtung eines neuen Fabrikationsstandortes (Projektsumme 2,7 Milliarden Schilling) spricht, ist nicht erkennbar, warum im jeweiligen Einzelfall Überschreitungen der Tages- und der Wochenarbeitszeiten bzw. Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes unvermeidlich gewesen sein sollen. Seinem Vorbringen in der Stellungnahme vom 29. Jänner 1991 ist überdies zu entnehmen, daß es nach der Inbetriebnahme im November 1989 zu weit mehr Übertretungen gekommen sei als in den Monaten Juni und Juli 1990, woraus sich ergebe, daß sich die Situation stabilisiert habe. Aus diesem Vorbringen folgt, daß sich die mit der Inbetriebnahme einer Großanlage verbundene Mehrarbeit über mehrere Monate erstreckt hat, sodaß der Beschwerdeführer mit Anträgen nach § 7 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz bzw. § 15 Abs. 1 Arbeitsruhegesetz hätte vorgehen können. Die Tatsache, daß der Beschwerdeführer dies unterlassen hat, steht der Annahme, die mit der Inbetriebnahme der Großanlage verbundenen Mehrarbeiten seien auf einen außergewöhnlichen Fall zurückzuführen, entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1989, Zl. 88/08/0168).
6. Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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